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„Ich habe nicht gerne Routine“

Viola Amherd ist seit acht Monaten im Amt als Bundesrätin und Vorsteherin des Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS. Im Interview äussert sie sich über ihre gute Aufnahme durch die Mitarbeitenden des VBS, über ihre Aufgaben und dass ihr die Friedensförderung sehr am Herzen liegt.

Judith Stamm: Frau Bundesrätin, im Vorfeld für dieses Interview habe ich im Internet über Sie recherchiert. Sie bewegen sich in Ihrem Departement wie ein Fisch im Wasser. Offensichtlich gefällt Ihnen die Arbeit im VBS. Ist mein Eindruck richtig?

Viola Amherd: Es gefällt mir sehr gut im VBS. Ich bin auch von allen Verwaltungseinheiten gut aufgenommen worden. Das VBS ist sehr vielseitig. Das war mir früher gar nicht so bewusst, kommt mir aber sehr entgegen. Ich habe nicht gerne Routine.

Sie sind seit dem 1. Januar 19 im Amt. Also acht Monate. Was ist das Schönste am Amt einer Bundesrätin, was ist das Schwierigste?

Das Schönste ist die Zusammenarbeit im Departement. Der intensive Gedankenaustausch mit meinen Mitarbeitenden ist sehr anregend. Nach engagierten Diskussionen finden wir immer zu konstruktiven Lösungen für anstehende Fragen. Das Schwierigste ist die hohe Kadenz der Anforderungen: Konferenzen, Sitzungen, Anwesenheit in Parlamentskommissionen und im Plenum, Medienauftritte, Besuche. Das Tempo ist hoch. Meinen Ausgleich finde ich bei Aufenthalten im Wallis, beim Wandern in der Natur. 

Können Sie mir einige wichtige aktuelle Projekte Ihres Departementes nennen?

Das ist sicher zum einen der Kredit für die Erneuerung der Luftwaffe. Im September berät die Kommission des Ständerates darüber. Für September 2020 ist die Volksabstimmung geplant.

Lächeln für den Fotografen: Bundesrätin Viola Amherd, befragt von Judith Stamm.

Es geht beim Kauf von neuen Kampfflugzeugen um die Sicherheit aller Menschen in der Schweiz, den Schutz unseres Landes und der Infrastruktur. Für den Kauf sind 6 Milliarden Franken vorgesehen. Die Wahl des Flugzeugtyps wird vom Bundesrat auf der Grundlage von objektiven Leistungs- und Preisinformationen später entschieden.

Ferner wird das Gesetz über Bevölkerungs- und Zivilschutz total revidiert und ist in der parlamentarischen Beratung, im Herbst im Plenum des Ständerates. Die aktuellen Bedrohungen und Gefahren für die Schweiz sehen wir heute im Terrorismus, in Cyberattacken, Stromausfällen, Pandemien. Das ergibt für den Bevölkerungsschutz Anpassungsbedarf. Das Verbundsystem von Bevölkerungsschutz mit den Partnerorganisationen (Polizei, Feuerwehr, technische Betriebe, Gesundheitswesen und Zivilschutz) hat sich aber bewährt und wird beibehalten.

Ein grosses Anliegen ist es mir auch, den Frauenanteil in der Armee zu erhöhen. Eine Arbeitsgruppe ist daran, herauszufinden, was die Attraktivität der Armee für Frauen fördert bzw. welche Massnahmen ergriffen werden müssten, damit mehr Frauen sich für den Dienst in der Armee melden.

Es ist doch interessant, dass wir in der Armee nur 0,7% Frauen haben. Demgegenüber beträgt der Frauenanteil für Einsätze bei den Swisscoy, die sich im Rahmen der multinationalen Truppen KFOR im Kosovo für Stabilität und Frieden einsetzen, heute 20%. Da handelt es sich eben um eine ganz konkrete Aufgabe, deren Sinn und Zweck sofort einsichtig ist.

In der Armee spielt auch die Musik eine wichtige Rolle. Es gibt in Aarau ein Kompetenzzentrum für Militärmusik. Warum das? Wir wollen ja heute nicht mehr „mit Trummle und mit Pfyffe“ gegen Mailand ziehen!

Für mich sind die Musikformationen unserer Armee sehr wichtig. Sie treten etwa 500 Mal im Jahr auf. Im In- und Ausland, in der Öffentlichkeit und bei internen Anlässen. Sie schaffen die Verbindung zwischen Armee und Bevölkerung. Und auch sie sind Teil unserer Milizarmee.

Frauenanteil in der Armee soll erhöht werden: Bundesrätin Viola Amherd betrachtet ein zeitgenössisches Gemälde.

Für die hohe Qualität spricht, dass das Symphonische Blasorchester des Schweizer Armeespiels im September auch am diesjährigen „World Band Festival Luzern“ einen Auftritt hat (wind band-gala, 22.9.19). 

Attraktiv stelle ich mir die Tätigkeit eines Kochs in der Armee vor. Ich war in einem Altersheim zu Besuch, da hat eine Koch-Rekrutenschule ein leckeres Menü präsentiert. Wird in der Armee auf die Essgewohnheiten der einzelnen Angehörigen, vegetarisch, vegan, usw. Rücksicht genommen?

Wie überall ist auch in der Armee das Essen ein ausschlaggebender Faktor für die Stimmung der Truppe. Im Gegensatz zu früher wird heute auf die Essgewohnheiten der einzelnen Armeeangehörigen Rücksicht genommen. Eine Laufbahn als Koch in der Armee bietet ausgezeichnete Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Und die Köche sind, besonders in den Wiederholungskursen, dem Feedback ihrer Kolleginnen und Kollegen, die sie verpflegen, dauernd und direkt ausgesetzt!

Am 3. September wurde der schweizerische Digitaltag begangen. Wie in der Vergangenheit traten auch dieses Jahr wieder Bundesräte auf. Wie packt das VBS diese Herausforderung der Digitalisierung an?

Natürlich hat sich unser Departement auch diesem Bereich geöffnet. Unter Cyber-Defense verstehen wir, dass wir die Armee vor Angriffen schützen aber auch Private in ihren Bemühungen unterstützen wollen. Wir haben einen Cyberlehrgang, in Form eines Durchdienerlehrgangs entwickelt. Er bietet 20 Plätze, dauert 40 Wochen und wird zum zweiten Mal durchgeführt. Der Andrang ist gross. Wir bilden hier Experten für Cybersicherheit aus. Der Vorteil unseres Milizsystems ist es auch hier, dass solche Kenntnisse, Fertigkeiten, Erfahrungen durch die spezialisierten Armeeangehörigen immer auch der Zivilgesellschaft zugutekommen.

Jetzt haben wir vom dritten Bereich Ihres Tätigkeitsgebietes, dem Sport, noch nicht gesprochen. Welche Erfahrungen haben Sie hier gemacht?

Ich war zur Badminton-Weltmeisterschaft (Federball) in Basel eingeladen, die zeitgleich mit dem Eidgenössischen Schwingfest in Zug stattfand. Bei den Schwingern war der Bundesrat mit Bundespräsident Ueli Maurer vertreten. Das gab mir die Gelegenheit, nach Basel zu fahren zu einem Sportereignis, für das ich, als ehemalige Tennisspielerin, grosses Interesse habe. Die weltbesten Spielerinnen und Spieler aus rund 50 Nationen nahmen an diesen Ausscheidungen teil. Dabei war Parabadminton, also der Wettkampf von Teilnehmerinnen und Teilnehmern mit einer Behinderung, integriert. Es war für mich eindrücklich und unvergesslich, mit welchem Einsatz, mit welchem akrobatischen Können diese Sportlerinnen und Sportler aus ihren Rollstühlen heraus gekämpft haben.

Freude an der Herausforderung: Bundesrätin Viola Amherd an ihrem Arbeitsplatz.

Möchten Sie noch weitere Punkte ansprechen, die Ihnen in Ihrer Tätigkeit im VBS besonders am Herzen liegen?

Mein Departement ist auch in der internationalen Friedensförderung engagiert. Auch hier wird ein Bericht erarbeitet, wie sich das VBS in diesem Bereich noch besser einbringen kann. Seit Jahrzehnten leben wir in einem friedlichen Teil der Welt. Ich empfinde es als unsere Pflicht und unsere Verantwortung, alles daran zu setzen, den Frieden auch weltweit aktiv zu fördern!

Frau Bundesrätin, ich danke Ihnen für das Gespräch!

Bilder: Josef Ritler

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