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Warum philosophieren wir?

Wir alle sind Philosophen, auch wenn wir uns nicht so nennen. Wir haben ein Leben zu bestehen, das nicht nur ein Honiglecken ist. Ein Chefarzt meinte, als ich ihm vom Tod meiner Frau erzählte: «Unter jedem Dach, ein Ach!» und er berichtete, was in seinem Haus passierte. Ohne philosophische Gedanken stehen wir leer da. Es gibt viele Gründe, warum wir nicht gedankenlos durch unser Leben kurven können. Die alten Griechen fanden, das Philosophieren beginne mit dem Staunen. Staunen wir nicht mehr, geht uns Wesentliches verloren. «Der Staunende sieht, was anders ist; der aufhört zu staunen, sieht nur noch, was gleich ist; nein, er sieht nicht einmal das Gleiche, er hört überhaupt auf zu sehen; registriert nur noch; oder so: wer nicht mehr staunt, der hat die Zwischenräume, oder Durchlässe, verloren.» Peter Handke rät uns, Räume zu schaffen, wo wir die Dinge anders und neu sehen.

Die Wirklichkeit des Bösen zwingt uns kritisch, das Gute vom Bösen zu trennen und zu überlegen, wie sich beide zueinander verhalten. Blicken wir in die Kriegsgebiete oder hören von kriminellen Handlungen, fragen wir uns, warum tun sich die Menschen all das Schreckliche an? Diese Frage liess schon früh die Menschen zweifeln, ob der allwissende und barmherzige Gott die Erde geschaffen hat. Der grosse Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) behauptete, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben. Eine bessere gebe es nicht. Gott anzuklagen, helfe nicht weiter. Jeder müsse selber sehen, wie er mit dem Bösen fertig werde. Er könne nicht auf einen allmächtigen Gott hoffen. Das zwingt uns zu überlegen, wie wir – und wir alle sind angesprochen – eine bessere Welt schaffen.

Wir sind dem Zwang, unserem Leben Sinn zu geben, ausgesetzt. Sinn suchen ist ein weiteres Motiv, zu philosophieren. Die Frage nach dem Sinn des Lebens wirft uns zurück auf uns selbst. Es gibt niemanden, der für uns die Frage beantwortet, was ein sinnvolles Leben sei? Wir müssen erkennen, dass es keinen Sinn gibt, ausser wir finden ihn für uns selbst. Mit der Zeit kristallisiert sich innerhalb einer Gemeinschaft ein gewisser Konsens heraus. Er besteht darin, dass wir uns für Menschen nützlich machen sollen. Diese Einsicht setzt Kräfte frei, die den Menschen überraschen. Gelingt ihm, wo auch immer und für wen auch, nützlich zu sein, erlebt er eine Prise Glück und ist zufrieden. Er braucht sich nicht in der unermesslich grossen «Glücksliteratur» umzuschauen. Sie hilft ihm nicht.

Das stärkste Motiv für philosophische Gedanken ist der Tod, das Wissen, dass wir sterben werden. Der noch ausstehende Tod führt das Denken an die Grenzen des Daseins, zur Metaphysik, also über das materielle, leibliche Leben hinaus zur Frage, was sein wird, wenn wir tot sind? Damit betritt der Mensch die Sphäre des Glaubens und der Religion. Die Religion kann Antworten geben. Sie befriedigt aber Philosophen selten. Wofür, fragt er, soll ein ewiges Leben gut sein und worin besteht es? Ist es nicht vielmehr so, dass es in den theologischen und philosophischen Schriften keinen Gottesbeweis gibt, der das logische Denken befriedigt. Am Ende wirft die Frage den Menschen auf das nackte Dasein, auf unsere Existenz zurück und kommt wieder beim Staunen darüber an, dass es überhaupt etwas gibt und nicht nichts.

So dreht sich das Philosophieren in einem ewigen Zirkel, der nur durch den Glauben aufgebrochen werden kann. Im Glauben kann der Mensch aus der Realität flüchten, in eine, die er annimmt oder für sich konstruiert. Sie schenkt ihm Gewissheit, wenn er die Freiheit des Nicht-Wissens nicht auszuhalten vermag. Letztlich ist dieses Nicht-Wissen-Können der tiefste Beweggrund für das Philosophieren. Das Wort des Sokrates, bevor er zum Tode verurteilt wurde, lautete: «Ich weiss, dass ich nichts weiss.» Und Sokrates dachte wohl, dass er von den letzten Dinge nichts wissen könne. Vielleicht nahm er den glücklichen Gedanken mit ins Grab, dass er Menschen durch die Gespräche viel gegeben hatte.

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