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Alles digital und neu

Selbstlernende Algorithmen, seltene Erden oder segnende Roboter: Für die Ausstellung «Planet Digital« der Universität Zürich und des Museums für Gestaltung Zürich treffen innovative Forschungsteams auf kreative Köpfe aus Gestaltung und Kunst.

Ursprünglich bezeichnete «Digitalisierung» lediglich die Umwandlung von analoger Information in digitale Daten. Mittlerweile ist klar, dass die Digitalisierung die Welt grundlegend verändert. Um diesen Wandel sichtbar zu machen, setzt die Ausstellung Planet Digital in den Räumen des Museum für Gestaltung Zürich auf die kreative Zusammenarbeit von Forschung und Gestatung: Vom 11. Februar an treffen hier Computerlinguistik auf Interaktionsdesign, Psychologie auf Vitual-Reality-Kunst oder Politikwissenschaften auf visuelle Kommunikation.

Eine Vermessung des digitalen Planeten

Wer wissen will, was hinter dem digitalen Wandel steht, muss tief schürfen, denn für unsere elektronischen Gadgets sind Gold und seltene Erden unabdingbar. Um die komplexen globalen Zusammenhänge hinter der glänzenden Oberfläche der Mobiltechnologiebranche sichtbar zu machen, gibt ein Team um das Geographische Institut der Universität Zürich und den Immersive Arts Space der ZHdK in der Installation «Kamituga | Digital Gold» Einblicke in die prekären Abeits- und Lebensbedingungen von Goldschürfern in der Demokratischen Republik Kongo.

Till Sieberth dokumentiert in seinem Projekt 3D Personen, Dokumentation von Lebenden, 2021. (Bild: ©IRM-UZH, Till Sieberth)

Ebenfalls einen Blick hinter die Kulissen wirft «Behind the Scenes»: In einem innovativen Audio-Spaziergang, der in Zusammenarbeit zwischen einer Historikerin und einem Designstudio entstand, kann das Publikum entdecken und erforschen, was hinter der Internet-Infrastruktur steckt. Um die Internetkommunikation sicher zu gestalten, sind komplizierte Algorithmen und Verschlüsselungstechnologien notwendig. Wie das genau funktioniert, zeigen zwei Mathematiker mit einer fotogenen Lavalampenwand und einer visuellen Installation aus dem Hause Hubertus Design auf.

Intelligente Software

Wie zentral Algorithmen für digitale Technologien sind, zeigt das Beispiel der automatisierten Entscheidungsunterstützungssysteme, die immer öfter darüber urteilen, wer zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird, wer einen Kredit erhält oder wie hoch eine Versicherungsprämie ausfällt. Doch entscheiden diese Systeme stets gerecht? Dieser Frage gehen vier Kurzfilme nach, für die Forschende der ZHAW mit der gemeinnützigen Organisation AlgorithmWatch Schweiz und dem Designstudio Tristesse zusammengespannt haben.

Eng damit verknüpft ist die Angst vor Überwachung, die in einer fiktionalen Geschichte namens «M.D. trinkt abends gerne ein Bier» thematisiert wird. Sie basiert auf einer Sammlung von Überwachungsprotokollen und wurde gemeinsam mit einer Storytelling-KI von einem Psychologen, einem Designer und einem Historiker zusammengetragen.

Screenshot von Studio Okomotive (FAR: Lone Sails, 2018). Bild: ©Mixtvision Digital

Auch in der Tierökologie kommt heute vermehrt künstliche Intelligenz zum Einsatz: Machine-Learning-Anwendungen helfen Forschenden unter anderem dabei, einzelne Tiere zu identifizieren oder zu zählen. Welche gewaltigen Datenmengen dafür ausgewertet werden müssen, zeigt die Installation «Triggered by Motion» auf. Der begehbare Videopavillon, der aus recycelten PET-Flaschen besteht, versammelt Aufnahmen von Wildtierkameras von 21 Standorten aus aller Welt. Neben der Universität Zürich sind daran zahlreiche weitere Forschungs- und Umweltschutzorganisationen beteiligt.

Künstliche Kunst

Während die Natur immer mehr Teil des digitalen Raums wird, werden Maschinen immer naturähnlicher. Das indisch-dänische Künstlerduo Pors & Rao entwickelte mit «PATHOS» einen Werkzeugkasten, der Roboter wie belebte Objekte erscheinen lässt. In der Installation «ANIMA II» entstehen so aus unbelebtem Material schwebende und pulsierende «Unterwasserlebewesen», die dynamisch auf die Betrachtenden reagieren. Basis dafür war ein gemeinschaftlicher Prozess des Ideenaustauschs zwischen zwei Künstlerinnen und einem Biologen der Universität Zürich.

Überhaupt bietet die Digitalisierung viele neue Möglichkeiten für die Kunst: Die Werke «Big Sister» und «Vertigo» nutzen Technologien zur Aufzeichnung von Augenbewegungen, wie sie sonst in der Medizin genutzt werden, um interaktive Werke zu schaffen, und eine Historikerin lässt mit einer Zeichenmaschine von Jürg Lehni Flow Charts entstehen.

Eine Zusammenarbeit von Interaction Design der ZHdk mit dem Departement der Politikwissenschaft der UHZ: Stop Hate Speech, 2021-22, (Bild: ©Rebecca Morganti-Pfaffhauser & Luke Franzke)

Die Ausstellung von Universität Zürich und Museum für Gestaltung Zürich wurde gemeinsam mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und AlgorithmWatch Schweiz entwickelt und durch die Digitalisierungsinitiative der Zürcher Hochschulen (DIZH) sowie die Stiftung Mercator Schweiz ermöglicht. Ziel der Präsentation ist es, Wissenschaft mit und über Digitalisierung in rund 25 Installationen mit allen Sinnen erlebbar zu machen. Wir werden später über die Ausstellung berichten.

Titelbild: Sich wie in einem anderen Körper fühlen (The Machine to Be Another: Body Swap, 2013-2021) ist ein Projekt von BeAnotherLab. (Bild: ©NonFiction Media)
Ausstellung «Planet digital» 11. Februar bis 6. Juni 2022

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