FrontGesundheit8:16, 5:2 oder 100 Prozent?

8:16, 5:2 oder 100 Prozent?

Jetzt wird noch gefeiert, getanzt, gegessen und getrunken. Aber bald beginnt die 40-tägige Fastenzeit. In der christlichen Kultur ist diese Periode nach den fasnächtlichen Ausschweifungen immer noch ein fester Wert. Wobei der christliche Aspekt zugunsten von Wellness und Gesundheit in den Hintergrund rückt.

Fastenzeit – bei den Reformierten heisst sie Passionszeit – hat im christlichen Kirchenjahr ihren festen Platz. Den religiösen Aspekt – Zeit der Busse und der inneren Einkehr – soll da jetzt weggelassen werden. Denn spätestens seit Luther wird die Annahme – oder der Wunsch? – mit Verzicht und Enthaltsamkeit den Himmel in Bezug auf seine Sünden etwas milder zu stimmen, in Frage gestellt. Ist ja auch schwierig einzusehen, weshalb ein Kotelett zur falschen Zeit dem Seelenheil so abträglich sein soll. Zumal früher in Klöstern, dies nur als Einschub, die Mönche kurzerhand den Biber als – in der Fastenzeit erlaubter – Fisch deklarierten, um sich ab und zu an einem fetten Braten gütlich zu tun. Die Sonntage wurden zudem als «fastenfrei» deklariert.

Dass sich die Fastenzeit trotzdem gehalten hat, ja sogar im Trend ist, wenn man all den Artikeln in den Medien glaubt, hat meist weniger mit religiösen Gefühlen als mit einem gesteigerten Gesundheitsbewusstsein zu tun. Wer fastet, will sich etwas Gutes tun, bewusster leben. Was wäre da besser dafür geeignet als der anbrechende Frühling, die Zeit, in der sich die Natur rings um uns erneuert?

Fasten heisst auch, sich bescheiden und auf Genussmittel zu verzichten. 

Fasten ist laut Wikipedia «die völlige oder teilweise Enthaltung von allen oder bestimmten Speisen, Getränken und Genussmitteln über einen bestimmten Zeitraum hinweg, üblicherweise für einen oder mehrere Tage.» Bereits unsere Vor-Vor-Vorfahren in den Höhlen haben wohl, unfreiwillig zwar, gefastet, ist doch nicht anzunehmen, dass pünktlich jeden Mittag ein Mammut vorbeispaziert ist, das im Kochtopf landen konnte.

Fasten hilft dem Körper, sich zu regenerieren

Der zeitweise Verzicht auf Nahrung ist schon in unseren Genen festgelegt und auch von gesundheitlichem Nutzen. Auch wenn, wie schon im Artikel «Entschlacken – ein Januarmärchen» dargelegt, unser Körper kein Bergwerk ist, das regelmässig von Altlasten befreit werden muss. Trotzdem führt fasten zu positiven Veränderungen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich Fett- und Zuckerwerte im Blut regulieren, und die Autophagie, das heisst die körpereigenen Recyclingprozesse in den Zellen, angeregt wird. Zudem wird, ganz einfach gesagt, den Verdauungsorganen wie Magen, Leber, Darm regelmässig etwas Ruhe gegönnt.

Es gibt viele Formen des Fastens. Die «härteren» mit einem weitgehenden Nahrungsverzicht, sollten allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht in einer dafür spezialisierten Klinik durchgeführt werden. Bei Stoffwechselerkrankungen, Bluthochdruck, chronisch- entzündlichen Erkrankungen wie Arthritis, bei Asthma, Schmerzsyndromen, Diabetes und natürlich Übergewicht kann so ein «Heilfasten» positive Auswirkungen haben.

Auch wenn wir nicht mehr auf Mammuts als Nahrungsquelle angewiesen sind, die ja bei unseren Vorfahren nicht täglich vorbeispazierten, längere Essenspausen schaden dem Organismus nicht. Ganz im Gegenteil.

All die in Fastenkliniken praktizierten Methoden – es gibt Reisfasten, Kartoffelfasten, Saftfasten, Proteinfasten und etliche Variationen von alledem – sollten nicht über einen längeren Zeitraum praktiziert werden, denn neben den Fettdepots werden dabei auch die Muskelreserven angezapft. Auch die Sache mit dem schnellen Abnehmen ist leider eine Illusion. Zwar bleiben wohl einige Kilos auf der Strecke. Vor allem ist das aber Wasser, Eiweiss und ganz wenig Fett. Und dieser Gewichtsverlust gleicht sich im Alltag ganz schnell wieder aus.

Fasten für Anfänger

Ältere Personen und solche mit Leber- und Niereninsuffizienz weichen besser auf eine «moderate» Therapie aus. Intervallfasten kann gut zuhause und über einen langen Zeitraum ausgeübt werden. Beim 16:8 Fasten darf täglich nur über einen bestimmten Zeitraum, acht Stunden, gegessen werden. Dabei kann das Morgenessen ausfallen oder aber auf das Abendessen verzichtet werden. Weil ein Grossteil der Fastenstunden in die Schlafenszeit fällt, wird dieser Methode nicht allzu viel Willenskraft abverlangt. Sie eignet sich deshalb auch für Fasten-Einsteiger. Natürlich sollte in der Zeit, wo Essen erlaubt ist, nicht über die Stränge geschlagen werden. So nach dem Motto: Das muss jetzt reichen bis zum späten Morgen.

Essen nach der Uhr ist eine Fastenmethode, die beliebig lange weitergeführt werden kann. (Alle Bilder pixabay)

Beim alternativen Fasten wird an fünf Tagen normal gegessen und sich an zwei, nicht aufeinanderfolgenden Tagen jeweils mit etwa 500 bis 800 Kilokalorien begnügt. Bei beiden Methoden werden dem Körper regelmässige Essenspausen gegönnt. Denn evolutionär sind wir keinesfalls dafür geschaffen, immer und zu jeder Tageszeit zu essen. Dass man auch beim Intervallfasten auf eine gesunde und vollwertige Ernährung achten sollte, versteht sich ja von selbst. Und trinken ist auch in der «Ruhezeit» nicht nur erlaubt, sondern sogar wichtig.

Zum Schluss etwas Erfreuliches: Am 2. März, am ersten Tag der diesjährigen Fastenzeit, sollten Forsythie oder Kirschblütenzweige geschnitten und in eine Vase gestellt werden. Sie werden rechtzeitig zu Ostern aufgeblüht sein. Und wir dank 8:16 oder 5:2 hoffentlich auch, gesundheitlich gesehen.

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