StartseiteMagazinKultur«Geht nicht, gibt’s nicht!»

«Geht nicht, gibt’s nicht!»

Wenn Cecilia Bartoli einen Wunsch hat, dann wird es gemacht. Das Zürcher Opernhaus hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um «ihre» Salzburger Produktion von Rossinis «L’Italiana in Algeri» aus dem Jahr 2018 zu übernehmen – das Premierenpublikum in Zürich war begeistert.

Die Banden zwischen Zürich und Salzburg sind eng. Nicht nur, dass der ehemalige Zürcher Opernintendant Alexander Pereira auch in Salzburg wirkte, Cecilia Bartoli, die in Zürich eine Art Heimatbühne hat, leitet auch die dortigen Pfingstfestspiele.

Überhaupt ist das gesamte künstlerische Team dieser Produktion eine eingeschworene Gemeinschaft. So hat etwa das Regie-Team Moshe Leiser und Patrice Caurier einst dank Pereira in Zürich ein Sprungbrett für die grossen deutschsprachigen Opernbühnen bekommen. Die beiden Regisseure arbeiten immer nur zusammen (und sind auch ein Paar), zudem bringen sie jeweils auch ihr bewährtes Ausstattungsteam mit. Auch Cecilia Bartoli schwört auf diese Truppe.

Eigentlich zu gross für Zürich

Dennoch wurde die Übernahme etwas gar schnell beschlossen, denn das gigantische und sehr abwechslungsreiche Bühnenbild von Christian Fenoulliat sprengte die Dimensionen und die technischen Möglichkeiten der Zürcher Bühne. «Geht nicht, gibt’s nicht!», so das Credo des Technischen Direktors Sebastian Bogatu. Und tatsächlich passte alles und lief am Premierenabend wie geschmiert. Wie nur hat er das geschafft?!

Es ist «ihre» Opernproduktion und sie begeistert nach Salzburg nun auch Zürich damit:  Cecilia Bartoli als Isabella.

Rossinis Frühwerk «L’Italiana in Algeri» ist eine Komödie über den alternden Herrscher Mustafá in Algerien, der seiner Frau überdrüssig ist und sich auch sonst ziemlich langweilt. Er sehnt sich nach einer temperamentvollen schönen Italienerin, und siehe da, wegen eines Unwetters auf hoher See zerschellt ein italienisches Passagierschiff, auf dem auch eine Italienerin namens Isabella mitfährt. Sie ist auf der Suche nach ihrem geliebten Lindoro.

Isabella weiss den verliebten König Mustafá (Ilda Abdrazakov) mit viel weiblicher Raffinesse hinzuhalten.

Mustafá verfällt ihrer Schönheit sofort, doch sie weiss ihn mit weiblicher List hinzuhalten. Isabella findet zufällig auch ihren Geliebten Lindoro, der zu Mustafás Sklave geworden ist. Schlussendlich gelingt ihnen die gemeinsame Flucht. Viel mehr als ein heiteres erotisches Spiel einer selbstbewussten Dame ist diese Oper nicht, und es dauert drei Stunden lang. Es ist Rossinis Genialität, sein Sinn für musikalischen Humor und dramaturgische Effekte, die das Stück so unterhaltsam machen. 

Moderne islamische Welt

In einer eher konventionellen historischen Ausstattung könnte jedoch schnell Langeweile aufkommen. Fenoulliat baute Algier als moderne Stadt, eine Strasse entlang eines orientalischen Häuserblocks, zwischendurch hört man über Lautsprecher wie von weit weg den islamischen Gebetsruf. Einmal fährt auch Mustafá mit einem echten Auto auf die Bühne, und Isabella reitet auf einem lebensgrossen Stoff-Kamel in die Stadt. Bei den Kostümen (Agostino Cavalca) kann man jedoch geteilter Meinung sein: diese Trainingsanzüge der «Streetboys» und die dickbäuchigen liebestollen Männer in Unterhosen verloren im Lauf des Abends ihren komödiantischen Touch.

Trainingsanzüge für die Entourage – und Unterhosen solo für den liebestollen König – sind doch etwas fragwürdig.

Insgesamt ist die Bühne aber herrlich «echt». Da ist Leben von heute drin, und die Regie legt grössten Wert auf schauspielerische Virtuosität, bis in den Chor hinein. Besonders die Annäherungen zwischen Mann und Frau, zwischen Mustafá (Ildar Abdrazakov) und seiner Gattin Elvira (Rebecca Olvera), aber auch zwischen ihm und der Italienerin Isabella sind grandios gespielt, mit vielen darstellerischen Zwischentönen und Raffinessen.

Belcanto mit männlicher Kraft

Ilda Abdrazakov bringt als Mustafá eine mächtige Bass-Stimme mit, deren Agilität im Laufe des Abends deutlich zunahm. Rossini fordert Koloraturen und schnell gesungen «Sillabati», die auch ihre dramaturgische Wirkung tun. Das ist für die schwereren Männerstimmen besonders schwierig. Abdrazakov hat sich da richtig rein gesteigert, und beim Sklaven und echten Liebhaber Lindoro, den der dunkelhäutige Startenor Lawrence Brownlee verkörpert, geriet das Publikum bereits bei seiner ariosen Auftrittsarie aus dem Häuschen. Wie Brownlee diesen liebenswürdigen und witzigen Gehilfen sang und verkörperte, war einfach umwerfend.

Cecilia Baroli singt nicht nur umwerfend, sie reitet auch stilsicher auf einem Kamel (aus Stoff).

Als stets zurückgewiesene Gattin Elvira mit ihrer islamischen Unterwürfigkeit gewann Rebecca Olvera im Widerspiel mit Cecilia Bartoli ein liebenswertes Profil, das sie auch sängerisch leicht und intonationssicher meisterte. Doch was Cecilia Bartoli bei Rossini aufs Parkett legt, ist einfach umwerfend: Stimmlich hat sie bei schwierigsten Koloraturen eine Natürlichkeit, ob der man nur staunen kann. Und alles glockenrein und mit vielen Farbnuancen. Dazu ist sie auch eine temperamentvolle Schauspielerin.

Agile Begleitung auf historischen Instrumenten

Dass sich diese begeisternden Sänger so gut entfalten konnten, ist auch dem sehr transparent und agil begleitenden La Scintilla Orchester der Oper Zürich zu verdanken. Gianlouca Capuano ist nicht nur ein Spezialist für historische Aufführungspraxis, er weiss auch mit der Musik zu «spielen». Rossinis musikantischen Humor hat er jedenfalls treffsicher pointiert.

Zum Schluss wird alles gut und Isabella kann mit ihrem Geliebten Lindoro (Startenor Lawrence Brownlee) flüchten.(Alle Bilder Opernhaus Zürich/ Monika Rittershaus)

Interessant war der Entscheid, für den Continuo der Rezitative kein Cembalo, sondern ein Hammerklavier zu nehmen. Enrico Maria Cacciari spielte diesen Continuo mit delikater Virtuosität, viel Fantasie und orientalisch angehauchten Arabesken. Die hohe Aufmerksamkeit aller Beteiligten machte auch die quirligen Finali, in denen alles drunter und drüber geht, zu einem witzigen «Tohuwabohu» auf höchstem künstlerischem Niveau. Das Premierenpublikum amüsierte sich köstlich und spendete begeisterten Applaus.

Weitere Aufführungen: 8., 10., 13., 15., 17., 20., 25., 31. März

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