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In letzter Stunde nicht allein

Elisabeth Jordi ist Initiantin von PACE, einem ergänzenden Begleitdienst zur Palliative Care in Zürcher Pflegezentren mit dem Ziel, dass niemand nachts beim Sterben oder in einer anderen Krisensituation allein gelassen wird. Seniorweb sprach mit ihr.

Seniorweb: Wofür steht PACE?

Elisabeth Jordi: Als reformierte Seelsorgerin machte ich die Erfahrung, dass Sterbende in Pflegeheimen, heute «Gesundheitszentren für das Alter», nachts mit ihrer Unruhe und ihren Ängsten oft allein gelassen sind. Die Nachtwache schaut zwar auf die Pflegebedürftigen, hat aber nicht die Zeit und Kapazität, sich um Einzelne intensiv zu kümmern.

Viele Menschen möchten unbedingt zu Hause sterben, doch in vielen Situationen ist die Entscheidung für das Spital, Hospiz oder Pflegezentrum besser. Denn auch mit Spitex ist es oft schwierig: Wenn beispielsweise jemand aus dem Bett fällt, braucht es Zeit, bis jemand vor Ort ist. Zudem sind die Angehörigen entspannter, wenn sie zu Besuch kommen, sogar im Zimmer übernachten können, wenn sie wollen.

Als ich vor zehn Jahren ein Legat von einer Privatperson mit der Bitte erhielt, etwas Sinnvolles für Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegezentren zu tun, gab mir dies die Möglichkeit, den Palliative Care ergänzenden Begleitdienst PACE zu gründen.

Wie verläuft eine Begleitung mit PACE?

PACE ist eine mitmenschliche Begleitung, die Bewohnerinnen und Bewohner, aber auch die Angehörigen und das Pflegepersonal entlasten soll. Heute bieten neun von zehn Gesundheitszentren in Zürich das kostenlose Angebot von PACE an. Aus Sicherheitsgründen werden keinerlei pflegerische Tätigkeiten ausgeübt. Zwischen 22.30 Uhr und 6 Uhr morgens wacht eine Begleitperson von PACE am Bett eines Schwerstkranken oder einer Sterbenden und ist ganz für sie da, hält die Hand, spricht und beruhigt mit Worten je nach Situation. Der Verlauf der Nacht und die Vorkommnisse werden protokolliert.

Nach einem meiner Einsätze bedankte sich ein Bewohner bei mir am Morgen, weil er endlich wieder einmal die ganze Nacht durchschlafen konnte. Es geht uns um Würde und Haltung gegenüber dem Menschen am Ende seines Lebens. Unsere Care Begleitperson ist die ganze Nacht anwesend, auch wenn die Person schläft. Denn manchmal erscheinen die Schwierigkeiten erst gegen fünf Uhr morgens. Sollte jemand in der Zeit versterben, kann unsere Begleitung Zeugnis ablegen, wie die Person gestorben ist, was für die Angehörigen hilfreich ist.

Jede Begleitung ist anders, jeder Mensch geht im Sterbeprozess seinen eigenen Weg. Meist entspannt und ruhig, und wir sind nachts einfach für ihn da. Im Vorfeld klären wir das Einverständnis mit den Betroffenen ab, auch mit den Angehörigen und der Pflege und respektieren, wenn jemand die Begleitung ablehnt. Aber manchmal versuchen wir es trotzdem, wie bei der Frau, die fand, sie bräuchte keinen Wachhund am Bett, sie hätte keine Angst, und die nach einer Pause der Begleitperson den Dienst gerne annahm und ruhig einschlief. Auch wenn keine Angehörigen am Bett sind, sind doch viele froh eine Hand, auch von einer fremden Person, zu spüren.

Können Sie etwas zum Konzept von PACE sagen?

Als ich als Seelsorgerin die Projektidee von PACE realisieren wollte, war mir bewusst, ich brauche eine Person mit Managementerfahrung an meiner Seite. Mit Matthias Staub, der ursprünglich aus der Pflege kam und als Qualitätsbeauftragter im Pflegezentrum Witikon tätig war, entwickelten wir zusammen das Konzept mit der nötigen Dokumentation; ich als «geistige Mutter», er als «technischer Vater». Wir starteten 2014 das Pilotprojekt in den Gesundheitszentren Witikon und Riesbach und gaben uns zwei Jahre Zeit: Finden wir Leute für diese Aufgabe, wird das Angebot genutzt und auch von der Nachtwache akzeptiert?

Schon nach einem Jahr funktionierte es. Wir fanden genügend Begleitpersonen und weiteten das Projekt aus, heute an neun Standorten. Da wir unseren Begleitpersonen eine kleine Entschädigung ausrichten, gründeten wir einen Verein, der die Finanzen, auch die Spenden, kontrolliert. Aus diesem Grund nennen wir unsere Mitarbeitenden nicht «Freiwillige», sondern «Begleitpersonen». Es soll eine Wertschätzung für ihren Dienst sein, zumal dreiviertel Frauen sind, die auch sonst viel Freiwilligenarbeit leisten. Zudem gibt es der Aufgabe mehr Verbindlichkeit.

Wer ist die Hüterin von PACE und welche Aufgabe hat sie?

In den neun Gesundheitszentren der Stadt, die wir in vier Standortgruppen organisieren, leisten 80 Begleitpersonen etwa 400 Einsätze an 365 Tagen. Jeder Standort hat eine eigene Hüterin von PACE, die darauf sensibilisiert ist, wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner Unterstützung braucht. Sie ist auch mit den Angehörigen und Pflegenden in Kontakt. Es sind erfahrene Fachleute, die den Begleitpersonen bei Fragen und Unsicherheiten zur Verfügung stehen und die Einsätze planen. Jedem Standort stehen zwanzig Begleitpersonen auf Abruf zur Verfügung, die bei Bedarf am Nachmittag einen telefonischen Anruf erhalten.

Jede Begleitperson verpflichtet sich für ein bis zwei Nächte pro Monat, mehr wäre eine zu grosse Belastung. Die meisten sind im Pensionsalter zwischen 65 bis 75, doch der jüngste Begleiter ist 28, die Älteste 80 Jahre alt. 60 Prozent haben einen pflegerischen Hintergrund, andere kommen aus sozialen und ganz unterschiedlichen Berufen. Ehemalige Pflegefachleute sagen, sie wären früher in ihrer Arbeit um PACE froh gewesen, deshalb engagieren sie sich, andere sind durch persönliche Erfahrungen motiviert.

Gibt es eine Schulung für die Begleitpersonen?

Früher wurden Sterbende in der Nacht traditionell oft von Angehörigen begleitet. Heute ist dies nicht mehr möglich. Da unsere Bewohnerinnen und Bewohner in der Regel hochbetagt sind, haben auch die Angehörigen bereits ein höheres Alter. Die Voraussetzung für unsere Begleitpersonen ist, dass sie Nachtarbeit leisten können und interessiert sind, sich mit Grenzerfahrungen auseinanderzusetzen. Wir rekrutieren sie sorgfältig in einem mehrstufigen Verfahren mittels Fragebogen, laden sie zu einem Vorstellungsgespräch mit zwei Fachleuten ein und schliessen eine kleine Vereinbarung ab.

Unsere Ausbildung basiert auf einem auf PACE zugeschnittenen Schulungsprogramm in drei Modulen mit einer Fachperson. Zudem gibt es einen Erfahrungsaustausch an vier Abenden sowie einen Vertiefungstag. Die Stadt Zürich unterstützt uns mit Räumlichkeiten für die Kurse. Die Kosten für die Aus- und Weiterbildung trägt der Verein PACE-Sterbebegleitung.

Dank unserer sorgfältigen Prüfung haben wir kaum negative Rückmeldungen. Es wird auch darauf geachtet, dass nicht missioniert wird. Mitunter kann die Nachtarbeit für eine Begleitperson zu streng sein. Auf die Frage bei langjährigen Begleitpersonen, warum sie immer noch dabei sind, meinen sie, dass diese Aufgabe auch für sie selbst sinnvoll ist, gut organisiert und wertgeschätzt.

Neue interessierte Begleitpersonen sind willkommen bei «PACE Sterbebegleitung»,  Informationen dazu finden Sie hier.

Fotos: rv

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