Steckt nicht in jedem von uns ein Baum? Christian Roth hat Bäume im Basler Stadtwald fotografiert: Ihre Formen und Eigenheiten erinnern ihn an die Menschen. Vor allem bei Nacht.
Christian Roth, Jahrgang 1965, kommt ursprünglich aus Allschwil. Er war lange Pressefotograf (v.a. bei der Basellandschaftlichen Zeitung»), fand dies mit der Zeit einförmig und arbeitet seit den späten 1990ern als Kunst- und Werbefotograf. Seit einigen Jahren fotografiert er wieder vermehrt für Magazine (u.a. «echt» und «Visit») und Zeitungen («Volksstimme»).
Im Auftrag der Bürgergemeinde Basel, für die er ein Kunstprojekt hat realisieren dürfen, hat er sich vor ein paar Jahren aufgemacht, die Bäume «mit Licht zu bestreichen».
Roths Motiv sind Bäume, mickrige, prächtige, gerade- und schiefgewachsene. Bildhaft gesprochen die Bewohnenden des Waldes. Von zehn Exemplaren nimmt er je ein Portrait auf. Zusammen ergeben sie eine Gruppe von Baumtypen, sozusagen den Querschnitt der Basler Waldgesellschaft. «Ich will back to the roots», sagt der Basler Fotograf. Zusammen mit Berufskollege Mischa Vogel schiesst er schlichte Aufnahmen, ohne viel Nachbearbeitung. Die Form der Bäume soll für sich sprechen und eine Geschichte erzählen.
Das klingt nach einer etwas beliebigen Reduktion. Deswegen sucht Roth die Bäume in der Nacht auf. In der Dunkelheit werden Aufnahmen mit Verschlusszeiten von 45 Sekunden gemacht. Zu deutsch: Roth lässt die gewählten Motive mit Taschenlampen eine Dreiviertelminute lang mit Licht anleuchten.
«Randständige» als Blickfang
«Anstreichen» nennt er das. Mit schmalen Lichtkegeln werden an Baum und Zweigen auf und niedergefahren; so werden Flächen sichtbar. Das Ergebnis: Starke Kontraste aus Schwärze und studioartiger Helligkeit entstehen. Der Baum erscheint auf dem Bild seltsam überreal. Tags sind die Bäume einfach Bäume, in ihrer nächtlichen Beleuchtung werden sie zu Statuen.
Dem Fotografen Christian Roth geht es um eine Allegorie. Das Erscheinungsbild der Bäume wird zum Abbild der Menschen. «Wir finden so stolze und edle, zerschmetterte, verkrüppelte. Aber auch Verliebte, Fremde. Und – wie im Leben – krebskranke und tote.» Und die normalen? Die sind für Roth eher uninteressant. Denn: «Besonders fotogen sind die Ungewöhnlichen und Schiefgewachsenen – die Randständigen sozusagen»
Als krummer Baum ist man kein Outsider. Das sind gute Nachrichten, allegorisch gedacht.
LINK: Christian Roth (bildfabrik.ch)
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