StartseiteMagazinKolumnenTrauer kommt in Wellen

Trauer kommt in Wellen

Mein Vater ist am 5. Februar vor 9 Jahren Vater gestorben. Für meine Mutter war das ein grosser Schmerz. Als sie 21-jährig war, hatten sie geheiratet und waren seither immer zusammen. Sie kannten die guten und schlechten Zeiten: Sie teilten den Alltag, die Freizeit, Zärtlichkeiten und plötzlich war er weg.

Der Trauerprozess ist schmerzhaft und deshalb oft Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen. Viele Modelle beschreiben das Trauern in Phasen. Zuerst will man es nicht wahrhaben, dann schafft man Raum für den Verlust und schliesslich öffnet sich ein Raum für Neues. Diese Phasenmodelle haben etwas Tröstliches. Sie zeigen auf, dass andere Menschen den Schmerz kennen, die man durchleidet, und sie machen Hoffnung, dass man mit dem Fortschreiten der Phasen einen Teil seiner Seelenruhe wieder findet.

Doch neuere Forschungen wenden sich von den Phasenmodellen ab. Jeder Mensch trauert anders. Die neuen Modelle zeigen auf, dass Trauern ein Dualer Prozess ist. Es ist immer gleichzeitig ein Verarbeiten des Verlustes und ein Erarbeiten eines neuen Alltags. Die Trauer geht nicht vorbei, sondern sie kommt immer wieder zurück. Wie Wellen, die kommen und gehen und mit der Zeit kleiner und ruhiger werden. Trauernde pendeln also ständig zwischen positiven Gefühlen und Schmerz hin und her.

Die Forschung beobachtet aber nicht nur den Mechanismus der Trauer, sondern sie zeigt auch auf, was bei der Bewältigung von schweren Situationen hilft. Dazu gehört die Bewegung im Freien, die Körper und Geist neu sortiert. Dazu gehört auch, dass man im Kontakt bleibt mit der verstorbenen Person. Das können Zwiegespräche sein, kleine Botschaften, Grabpflege oder regelmässige Gedenkessen. Um sich aufzubauen, ist es wichtig zu erkennen, was einem gut tut: Ein feines Essen, ein heisses Bad, ein Kaffee am Morgen. Routinen können das Schaffen eines neuen Alltags unterstützen. Manchmal muss man die Trauer auch ausdrücken können durch Weinen, Schreien oder Laufen. Das Bild des Gleichgewichts kann trauernde Menschen ermutigen, mit den ambivalenten Gefühlen umzugehen und gezielt ein Gegengewicht zum Verlust zu schaffen.

Meine Mutter hat das gut gemacht. Sie hat die Trauerkarten sortiert, die Wohnung umgeräumt, ein sorgfältiges Grab gestaltet. Und später hat sie sogar einen neuen Partner kennengelernt, mit dem sie ein paar schöne Jahre verbringen konnte, bevor er vor drei Jahren, ebenfalls am 5. Februar, verstorben ist.


Dr. Antonia Jann ist Gerontologin und Organisationsberaterin. Sie informiert sich regelmässig über neue Erkenntnisse aus dem Bereich der Altersforschung. Antonia Jann führt eine Coaching-Praxis in Zürich und hat sich spezialisiert auf Fragestellungen, die Menschen in der zweiten Lebenshälfte beschäftigen.  www.jann-coaching.ch

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