Von den Verwandten des Marders ist der Iltis der Unsichtbarste. Nun hat ihn Pro Natura zum Tier des Jahres 2024 erkoren.
Der Iltis (Mustela putorius) wirbt 2024 für gut vernetzte Kulturlandschaften mit vielen Versteckmöglichkeiten. Die Leibspeise des kleinen Jägers sind Frösche und Kröten. In der Roten Liste der Säugetiere der Schweiz ist er als «verletzlich» eingestuft. Er ist zwar in tieferen Lagen noch weit verbreitet, aber wohl nicht häufig. Zudem lässt sich der Iltis selten sehen.
Spielerisch durch den Wald. Drei bis sechs Junge bringt ein Iltis-Weibchen zur Welt. Im Herbst löst sich die Familie auf. Foto: ©Roman Willi
Lieber macht der Iltis einen Umweg, als dass er sich über eine offene Fläche bewegt. Entdeckt man ihn doch einmal, ist er an der weissen Zeichnung um die Nase und entlang der Ohrränder eindeutig zu erkennen. Aber in den meisten Fällen ist der vermeintliche Iltis doch nur ein Steinmarder oder ein Hermelin. Der zu Tode gefahrene Iltis auf der Strasse beweist immerhin, dass die Spezies noch existiert.
Seine Geheimwaffe: Stinkdrüsen
Schon in seiner Dissertation 1987 befasste sich Biologe Darius Weber mit dem Iltis in der Schweiz. In seinem natürlichen Lebensraum hat er ihn trotzdem noch nie entdeckt. «Lebendige Iltisse habe ich nur gesehen, wenn wir sie zur Besenderung eingefangen haben. Ein intensives Erlebnis, da die Tiere, wenn sie sich in Gefahr wähnen, ein übelriechendes Sekret absondern.» Nebst dem Geruch unterscheiden noch andere Merkmale den Ilitis von seinen nahen Verwandten Marder und Hermelin: «Sein Fell ist bis auf die weisse Schnauze und die weissen Ohrränder dunkelbraun, jedoch so dünn, dass die Unterwolle gelblich durchschimmert», erklärt Weber.
Gut getarnt unterm Totholz. Foto: © Stefan Huwyler
Videoclip aus dem Tierpark Goldau
Wegen seiner spärlichen Behaarung – die ihn immerhin vor intensiver Bejagung bewahrt hat – reduziert der Iltis seine Aktivität im Winter stark und zieht sich dafür gern in alte Ställe oder Scheunen zurück. Um dann im Frühling seine Beutetiere wieder aufzustöbern, muss der Iltis in unserer stark überbauten und ausgeräumten Landschaft seine sichere Deckung immer wieder verlassen und Strassen passieren. Ein Wagnis, das er – wie erwähnt – oft mit dem Tod bezahlt.
Seine Leibspeise: Froschschenkel
Iltisse sind als Fleischfresser bei uns spezialisiert auf Frösche und Kröten. Wenn im Frühjahr die Grasfrösche und Erdkröten zu ihren Laichgewässern wandern, lebt der Iltis im Schlemmerparadies. Es gibt so viele Beutetiere, dass der Iltis davon Vorräte anlegt oder nur noch die Froschschenkel verspeist. Diese makabren Spuren verraten seine Anwesenheit. Doch der Überfluss währt nur kurz. Nach dem Laichgeschäft wandern die Frösche und Kröten zurück in ihre Sommerlebensräume. Ab jetzt muss der Iltis seine Nahrung wieder in Wäldern, Feuchtwiesen, Staudenfluren oder anderen Frosch-Lebensräumen aufstöbern.
Lieblingsnahrung des Iltisses: der Frosch. Foto: © Fabrice Cahez
Der Iltis ist ein Nomade ohne fixes Revier. Iltisse sind ausserhalb der Paarungszeit als Einzelgänger unterwegs. Sie sind vorwiegend nachtaktiv. Je nach Nahrungsangebot und Qualität des Lebensraumes sind ihre Streifgebiete zwischen einem halben und mehreren Quadratkilometern gross. Weibchen sind möglicherweise territorial. Hungrige Iltisse durchstöbern systematisch ihren Lebensraum auf der Suche nach Fröschen, Kröten oder anderen Kleintieren. Ist ein Gebiet «leergefressen», ziehen sie weiter.
Seine Lebensgrundlage: stark bedroht
Iltisse können die Kulturlandschaft ausserhalb des Waldes nur durchstreifen, wenn diese reich gegliedert ist und viel natürliche Deckung bietet. Ein Mosaik aus Wassergräben, Hecken, hohen Staudenfluren, Ast- und Steinhaufen, natürlichen Bächen und Feuchtgebieten ist für den Iltis lebenswichtig. Auch viele andere Arten profitieren von solchen Strukturen, zum Beispiel Frösche, Kröten und andere Kleintiere. Der Iltis wirbt als Tier des Jahres 2024 dafür, die Reste dieser Landschaften besser zu schützen und verarmte Landschaften wieder zu beleben.
Sein Wunsch: ein Netz der Natur
Strukturreiche Agrarlandschaften und Feuchtgebiete zählen heute zu den am stärksten bedrohten Lebensraumtypen der Schweiz. Noch Mitte des letzten Jahrhunderts war das Bild der Schweizer Kulturlandschaft stark von Kleinstrukturen geprägt. Da sie den grossflächigen Maschineneinsatz erschweren, werden jedoch seit Jahrzehnten Hecken und Sträucher entfernt, Bäche eingedolt und Weiher zugeschüttet. Dadurch ist auch der Lebensraum des Iltisses und seiner Beutetiere drastisch geschrumpft.
Traumlandschaft der Iltisse: Viel Deckung und ein Wassergraben als Laichplatz von Fröschen © Dominic Tinner
Damit der Iltis und mit ihm unzählige weitere Wildtiere wieder gefahrlos durch unsere Landschaft streifen können, ruft Pro Natura dazu auf, ein schweizweites Netz der Natur zu schaffen. Mit der «Aktion Hase & Co.» und rund 800 Naturschutzgebieten zeigt Pro Natura wie das gelingt. Ausserdem kämpft sie 2024 mit der Biodiversitätsinitiative für eine Schweiz, in der die Natur ihren Platz hat.
Titelbild: Im Winter zieht sich der Iltis gerne an ein geschütztes Plätzchen in einer Scheune oder einem Stall zurück. © Stefan Huwyler
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