Die bedrohte Artenvielfalt in Schweizer Gewässern kommt in Zusammenarbeit der Eawag und der Post auf neuen Briefmarken ins Blickfeld der Öffentlichkeit.
Bei Auswahl und Gestaltung der dargestellten Tier- und Pflanzenarten haben zwei Forschende des Wasserforschungsinstituts Eawag die Post wissenschaftlich beraten. Beide beschäftigen sich seit langem mit der Biodiversität in Gewässern.
Vom Aussterben bedroht
Flüsse, Bäche und Seen sind Hotspots der Artenvielfalt. Aber gerade diese Lebensräume stehen durch die Eingriffe des Menschen besonders stark unter Druck, etwa durch die Verbauung der Ufer, die Nutzung der Wasserkraft oder den Eintrag von Nähr- und Schadstoffen. Die in Gewässern lebenden Tier- und Pflanzenarten sind daher besonders stark bedroht: Rund ein Fünftel ist bereits ausgestorben oder vom Aussterben bedroht.
Der ganze Markenbogen umfasst 16 Briefmarken und ist mit Glanzlack für einen Wassereffekt ausgestattet.
Einigen dieser Arten widmet die Post ihre beiden neuesten Sondermarken wie sie im neu erschienenen Briefmarkenmagazin Die Lupe bekannt gibt. Gestaltet wurden die vom 2. Mai an gültigen 120-er Marken von Anne Seeger, Winterthur.
Eine der beiden Marken zeigt den Thunerseebalchen, eine Felchenart, die nur im Thuner- und im Brienzersee vorkommt, zusammen mit Armleuchteralgen sowie Teichmuscheln im Sediment des Sees. Auf der zweiten Marke sind drei Bewohner des Doubs zu sehen: der Dohlenkrebs, der Rhone-Streber, der auch als Roi du Doubs oder Apron bekannt ist, sowie das Quellmoos.
Der Rhone-Streber ist eine sogenannte Schirmart: Überlebt er, überleben mit ihm viele andere, weniger empfindliche Arten (Foto: Lukas Rüber, Naturmuseum Bern)
Das Wasserforschungsinstitut Eawag beschäftigt sich seit langem mit der Erforschung und Erhaltung der aquatischen Biodiversität. Ole Seehausen, Leiter der Abteilung Fischökologie und Evolution, und Christoph Vourger, Leiter der Abteilung aquatische Ökologie, haben die Post daher bei der Auswahl der abgebildeten Arten und deren Gestaltung wissenschaftlich beraten.
Der seltenste Fisch der Schweiz
Insbesondere beim Rhone-Streber habe der Bestand in den letzten Jahren dramatisch abgenommen, erklärt Ole Seehausen. «Bei der letzten offiziellen Zählung 2021 wurde gerade mal noch ein Exemplar gesichtet.» Allerdings sei der Fisch ein wahrer Tarnungskünstler. Da er sehr hohe Ansprüche an seinen Lebensraum hat, ist er besonders sensibel auf Veränderungen seines Lebensraums. Aber: «Überlebt er, überleben mit ihm viele andere, weniger empfindliche Arten», erklärt der Fischexperte. Das mache den Rhone-Streber besonders schützenswert.
Daher wird viel unternommen, um seinen Lebensraum aufzuwerten. Das allein reicht aber nicht, um diese sehr stark bedrohte Art zu retten. Daher gibt es derzeit Bemühungen, ihn nachzuzüchten. In Frankreich, wo der Rhone-Streber ebenfalls vorkommt, habe man das bereits erfolgreich getan, erzählt Ole Seehausen. «Heute wächst die Population dort wieder».
Wettbewerb der Unterwasser-Briefmarken
Die beiden neuen Sondermarken gehören zu einer europaweiten Serie. Neben der Schweizer Post geben daher viele weitere europäische Postorganisationen Briefmarken zum diesjährigen Thema Unterwasserfauna- und flora heraus. Vom 9. Mai an kann man auf der Website die verschiedenen, landestypischen Sujets anschauen und im Rahmen eines Wettbewerbs bewerten.
Titelbild: Die neuen Briefmarken mit dem Thunerseebalchen und dem Rhone-Streber, dem seltensten Fisch der Schweiz.
Die Sonderbriefmarken sind vom 2. Mai an gültig und bereits jetzt vorbestellbar.
Der Text basiert auf einem Beitrag von Claudia Carle, Wissenschaftsredaktorin EAWAG.