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Filme, die das Alter deuten

Kurzbeschreibungen von Filmen aus der Zeit von 1924 bis Ende 2011, die sich in irgendeiner Form mit dem Thema Alter befassen, erstellt von Hanspeter Stalder. (Stand 1. Januar 2012: 241 Titel)

 


Bild: Der Schweizer Spielfilm «La petite chambre» von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond erzählt von der Beziehung zwischen einem alten Mann, der sein Leben bis zum Ende ohne Bevormundung leben will, und einer jungen jungen Frau, die nach einem Schicksalsschlag durch ihn ins Leben zurückfindet.

Inhalt:

Was bezweckt diese Zusammenstellung?
Wozu Filme in der Altersarbeit?
Wie kommt man zu den Filmen?
Spielfilme, die das Alter deuten

Dokumentarfilme, die das Alter deuten
Lehrfilme, die das Alter deuten

 


Was bezweckt diese Zusammenstellung?

Seit mehr als hundert Jahren gibt es das Kino. Filme bieten Abbilder der Welt, auch des Alters. Diese sind gleichzeitig Vorbilder für die Welt, auch das Alter. Und diese Vorbilder werden im besten Fall Sinnbilder für das Leben, auch das Alter. Filme verbreiten Bilder, die das Leben, die das Alter deuten.

Die 240 Filme aus der Zeit von 1924 bis Ende 2011, die sich in irgendeiner Form mit dem Thema Alter befassen, zeichnen sich durch die verschiedensten Eigenschaften aus: als Amateur- oder Experimental-Video, als Dokumentation oder Lehrfilm, als Mainstream- oder Arthouse-Film. Sie werden hier kurz vorgestellt und nach ihren Botschaften und Einsatzmöglichkeiten befragt.

Antworten geben die Filme in Form von Geschichten und Dokumentationen, mit Bildern und Tönen, als Emotionen und Reflexionen. Die Besprechungen laden ein, Antworten zu suchen auf die Fragen der Filme: Was heisst Altern? Wie kann, wie soll das Alter sein? Wie erlebe ich mein Älterwerden? Was heisst Altwerden bei anderen Völkern? Was bedeutet das Alter in unserer Gesellschaft? Die Zusammenstellung kann als Bereicherung des persönlichen Bildes des Alters und des Alterns und als Anregung zum Sehen der Filme im Kino, im Fernsehen oder ab DVD dienen.

Auch diese neue, in Spielfilme, Dokumentarfilme und Lehrfilme unterteilte, 241 Titel umfassende Zusammenstellung, die jene vom September 2010 mit 100 Titeln ersetzt, erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ergänzungen von Leserinnen und Lesern sind willkommen für künftige Updates. Die Datei wird von Zeit zu Zeit aktualisiert. – In die Zusammenstellung aufgenommen wurden nur Filme, die entweder deutsch gesprochen, untertitelt oder übersprochen sind.

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Wozu Filme in der Altersarbeit?

Im Alltag und in der Bildung, auch in der Altersarbeit, gilt das Paradigma «Wissenschaft schafft Wissen». Das ist gut und recht und allseits anerkannt. Ich schlage als Ergänzung das Paradigma «Kunst schafft Können» für den Alltag, die Bildung und auch für die Altersarbeit vor. Wissenschaft verhilft zu mehr Wissen; Kunst, zum Beispiel auch der Film, zu mehr Können. Ich denke, dass es heute in vielen Bereichen generell weniger an Wissen, mehr an Können fehlt. Aus diesem Grunde können Filme zum Thema Alter die Altersarbeit unterstützen, bereichern, verbessern.

Noch ein Grund, Filme in der Altersarbeit einzusetzen: Die Wissenschaft, auch die Sozialwissenschaft, arbeitet vor allem mit Mehrheitsaussagen, mit statistischen Werten. So heisst es etwa, «die» Alten, das «dritte», das «vierte» Alter oder ein so oder so grosser Teil der Alten verhält sich so oder anders. Filme hingegen zeigen Einzelne. Wir erleben Einzelschicksale, identifizieren uns mit Einzelpersonen. Das daraus erwachsene Denken und später auch das Handeln meint immer den Einzelnen, die Einzelne. «Probehandelnd» können wir uns mit Filmen auf den Umgang mit Einzelnen im Alltag, in der Altersarbeit zum Beispiel, vorbereiten, dürfte sich unser Können im Umgang mit Einzelnen verbessern.

Drei Wünsche

Aus diesen zwei Gründen lassen sich drei Wünsche ableiten:

  • Erstens, dass die Wissenschaften, sowohl die Gerontologie wie die Filmologie, sich vermehrt mit den Filmen zum Thema Alter beschäftigt.
  • Zweitens, dass in der praktischen Altersarbeit öfter Filme eingesetzt werden: zum Einstieg ins Gespräch, zur Vertiefung eines Themas, zum Finden von Innovationen.
  • Drittens, dass Filmschaffende sich immer wieder mal der Altersthemen annehmen. Sie dürfen versichert sein, sie arbeiten in einer Zukunftsbranche!

Hanspeter Stalder

www.hanspeter.stalder.ch,    www.der-andere-film.ch,    www.seniorweb.ch

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Wie kommt man zu den Filmen?

Sucht jemand den Verleih eines Kinofilms oder den Verleih oder der Verkaufsfirma einer DVD, sind bei folgenden Adressen Auskünfte erhältlich:

DVD: Pro Senectute Schweiz, Bibliothek, www.pro-senectute.ch/bibliothek, Telefon 044 283 89 81, erteilt professionelle Auskunft über die in der Schweiz vorhandenen Medien. Die Filme, die als DVD bei Pro Senectute ausgeliehen werden können, sind am Schluss jeder Besprechung mit «PS» bezeichnet.

Käuflich zu erwerben sind die DVDs unter anderem über www.book.ch, www.amazon.com (Achtung auf Ländercode), www.trigon-film.org, www.artfilm.ch oder www.swissdvdshop.ch. Die ausgeliehenen oder gekauften DVDs dürfen nur zu privaten Zwecken gemäss URG verwendet werden. Siehe www.admin.ch/ch/d/sr/231_1.

Kinofilme. Auskünfte, wo die Filme fürs Kino zu beziehen sind, gibt es bei www.procinema.ch oder www.cinematheque.ch/d/bibliotheques.

Kinofilme im aktuellen Programm. Empfehlenswerte Filme des aktuellen Kinoangebots, die auch ältere Menschen interessieren dürften, werden regelmässig auf der Website www.seniorweb.ch vorgestellt. Zu weiteren interessanten Filmen gibt es Besprechungen unter www.der-andere-film.ch. Zusätzliche Auskünfte und Beratung sind auch beim Autor dieses Beitrages erhältlich.

«Filme die das Alter deuten» steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Unported LizenzCreative Commons Lizenzvertrag.

Und nun Film ab! Tauchen Sie ein in die wunderbaren Bilderwelten des Alters!

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«La tête en friche» von Jean Becker mit Gérard Depardieu und Gisèle Casadesus. Margeritte führt Germain in die Welt der Literatur ein, Germain Margeritte in die Welt des Erlebens.

 

Spielfilme, die das Alter deuten

«About Schmidt»

Traurig vor sich hin starrend, wartet Warren Schmidt (Jack Nicholson) am letzten Arbeitstag, bis der Zeiger der Bürouhr auf Fünf springt. Dann steht er auf und verlässt den Raum. Doch jetzt steht er vor dem Nichts. Lebensangst engt ihn ein, lässt ihn verstummen und macht ihn depressiv. Als auch noch seine Frau nach 42 Jahren Ehe stirbt, verliert er seinen letzten Halt. Erst nach geraumer Zeit des Trauerns entscheidet er sich für eine Tour mit seinem Wohnmobil nach Denver, wo er sich mit seiner Tochter, die gegen seinen Willen heiratet, versöhnen will. Ein Spielfilm von Alexander Payne zum Thema Pensionierung. PS  > Trailer

«Abschied von Matjora»

Für den Bau eines grossen Wasserkraftwerks sollen mehrere Dörfer, darunter Matjora, von einem riesigen Stausee überschwemmt werden. Sitten und Gebräuche zeugen von jahrhundertealten Traditionen einer Bauernkultur am Ort. Zu den Einwohnern des Dorfes gehört die alte Darja, deren Leben unlöslich mit Matjora verwurzelt ist. Stur weigert sie sich, ihr Haus zu verlassen, selbst als der Überflutungstermin bevorsteht. Warum soll man das Alte für etwas Neues opfern, wenn doch beides miteinander existieren könnte? Eindrücklicher Film des Russen Elem Klimow über Tradition und Veränderung. PS

«After life»

Gleich nach dem Himmelstor, an dem die Verstorbenen eintreffen, erwartet sie eine Überraschung. Jede Seele muss aus ihrem irdischen Dasein jene Erinnerung auswählen, die ihr besonders lieb und wertvoll erscheint und die sie als ewige Identität behalten möchte. In der zweiten Wochenhälfte haben sie darüber einen Kurzfilm zu drehen. Aus dieser Anlage entwickelt der grosse Japaner Hirokazu Kore-eda eine universelle Geschichte, die den mehrdeutigen Charakter des menschlichen Gedächtnisses untersucht, wo sich Realität und Fiktion vermischen. Ein Film, der federleicht zwischen Erde und Himmel schwebt und uns über unser Dasein sinnieren lässt. PS

«Azzurro»

Der 75-jährige Giuseppe verbrachte 30 Jahre in der Schweiz bei der Firma Broyer. Nach seiner Pensionierung kehrte er zu seiner Familie nach Apulien zurück, die während dieser Zeit in Italien geblieben war. Giuseppes ganze Liebe gilt nun seiner Enkelin Carla, die blind ist. Die Familie hofft auf eine Augenoperation, weshalb der Grossvater nach Genf reist, in der Hoffnung, dort von seinem alten Chef Geld zu erhalten. Doch die Reise bringt nicht nur das Geld und die Operation, sondern noch mehr. Unterhaltsamer und berührender Film des Schweizers Denis Rabaglia. PS

«Les années lumière»

Eine hintergründige, vielfältig deutbare Parabel über das Verhältnis des Menschen zur Natur. Seit zwanzig Jahren beobachtet der alte Yoshka die Vögel, um von ihnen die Kunst des Fliegens zu erlernen. Als geistigen Erben und als Gehilfen führt er den 25-jährigen Jonas in seine Welt ein. Die Beziehung zur Natur wird nicht nur thematisiert, sie ist in den atmosphärischen Bildern der irischen Landschaft ständig präsent. Eine Dimension der meditativ erzählten Geschichte des Schweizers Alain Tanner ist auch die Frage nach dem Sinn und Auftrag des Alters. PS

«Angst essen Seele auf»

Ein schlichtes, packendes Melodrama von Rainer Werner Fassbinder über die Einsamkeit und die Liebe einer älteren deutschen Frau zu einem jüngeren dunkelhäutigen Marokkaner. Mit diesem einfachen Plot gelingt es dem Meisterregisseur mit feiner Sensibilität, gleichzeitig exakter Analyse und provozierenden Bildern, aufzuzeigen, wie Themen stets miteinander verwickelt sind, wie das Leben, auch jenes älterer Menschen, stets viele Dimensionen beinhaltet. Beispielsweise Sehnsucht nach Geborgenheit, Erfahrung der Einsamkeit oder Kampf gegen Tabus, was uns alle auch betrifft. PS > Trailer

«Another year»

Frühling, Sommer, Herbst und Winter: ein Jahr im Leben von Tom und Gerri, beide um die sechzig und seit Langem glücklich verheiratet. Ein Jahr voller Alltag und Leben im Familien- und Freundeskreis. Ein wunderbarer Film von Mike Leigh, der mit Charme, Herz und feinem Gespür für Komik und Tragik des Alltäglichen aus dem Vorruhestand Funken von Optimismus und Liebe schlagen lässt. Berührendes Porträt von zwei Menschen, die über die Jahre harmonisch und liebevoll zusammengewachsen sind und ein Gemeinschafts- und Nachbarschaftsleben führen, wie man es sich wünscht. PS SW-Besprechung

«Auf dem Weg»

DieKurzspielfilme «René und Prisca», «Rent-a-Rentner», «Verdi in Stereo» und «Tango nuovo» decken die wesentlichen Aspekte ab, die mit der Pensionierung im Persönlichen und im Zwischenmenschen auftreten und manchmal Probleme schaffen. Martin Wirthensohn und Jacqueline Surchat haben die Themen «Neuorientierung in der Partnerschaft», «Lebensgestaltung und Arbeit», «Gesundheit und Offenheit für Neues» sowie «Alte und neue Beziehungen» in kurzen Geschichten aufbereitet. Vor allem geeignet für Gespräche in der Altersvorbereitung. PS

«Away from her»

Der kanadische Film von Sarah Polley erzählt die Geschichte des seit 50 Jahren glücklich verheirateten alternden Ehepaares Grant und Fiona Andersson. Ihr Lebensabend wird radikal verändert, als Fiona an Alzheimer erkrankt. Klug und feinfühlig schildert der Film den Umzug in die Klinik und die Veränderungen in ihrer auch sonst schon bewegten Beziehung. Doch er handelt nicht bloss von dieser tragischen Krankheit, sondern weitet den Blick zu einem substanziellen Beitrag über das Thema Leben und Liebe im Alter: mit einem verheirateten alten und mit einem neuen Partner. PS > Trailer

«Bab’Azis»

Ishtar, ein lebensfrohes Mädchen, und Grossvater Bab’Azis, ein blinder Derwisch, sind unterwegs ans grosse Derwisch-Treffen, dessen Ort sich aber nur jenen offenbart, die mit dem Herzen der unermesslichen Stille der Wüste zu lauschen vermögen. Nacer Khemir, Erzähler von arabischen Geschichten, taucht ein in eine mystische Welt, die sich vom Iran über den Maghreb bis nach Andalusien erstreckt. Er führt uns durch die Wüsten ins Zentrum der Liebe des Sufismus. Der alte Derwisch sieht zwar nicht mehr, dafür ist sein inneres Auge scharfsichtig. Ein Meisterwerk des poetischen arabischen Films. PS

«Il bacio di Tosca»

Der Schweizer Regisseur Daniel Schmid, der 2006 gestorben ist, hat 1984 in seinem Dokumentarfilm über die «Casa di riposo» für ehemalige Künstlerinnen und Künstler der Mailänder Oper Zeugnis abgelegt, wie Musik alte Menschen beflügelt und von vergangener Grösse träumen lässt. Die Frauen und Männer in «Il bacio di Tosca» machen ihre Vergangenheit zur Gegenwart, «auf der Suche nach der verlorenen Zeit», um diese Zeit nochmals auferstehen, diese Erlebnisse nachleben zu lassen. PS > Trailer

«Bäckerei Zürrer»

Kurt Früh ist mit diesem 1957 entstandenen Film, analog dem italienischen Neorealismus, das persönliche Porträt einer anderen, fremden Schweiz gelungen. Dieser spielt rund ums Zürcher Langstrassenquartier, wo fremde Kulturen aufeinanderprallten. So kann der alteingesessene Bäcker Zürrer (Emil Hegetschweiler) sich nicht damit abfinden, dass einer seiner Söhne eine Affäre mit der Tochter des italienischen Gemüsehändlers hat. Erst als sein Leben die schlimmstmögliche Wendung nimmt, kommt er zur Einsicht und bietet Hand zur Versöhnung. PS

«Die Ballade von Narayama»

Dasfriedliche Leben und Sterben ist das zentrale Thema dieses Meisterwerks des Japaners Shohei Imamura. In einem kleinen Dorf am Rande des heiligen Berges müssen alle, die siebzig Jahre werden, die Kommune verlassen und zum Sterben auf den Narayama steigen. Wer sich der Tradition widersetzt, bringt seine Familie ins Unglück. Orin ist 69-jährig und diesen Winter dran, auf den Berg zu steigen. Aber zuerst muss sie sich darum kümmern, dass ihr ältester Sohn endlich eine Frau findet. Der wohl wichtigste Film des Meisters; eine bewegende Geschichte über die Grundfragen des Seins. PS > Trailer

«Be with me»

Eric Khoo lädt ein auf eine Reise zum Sein. Er spinnt drei verschiedene fiktive Lebensfäden und verwebt sie mit der realen Figur der taubblinden Theresa Chan, die seit über fünfzig Jahren ohne Gesichts- und Gehörsinn lebt. Kann es sein, dass sie uns besser sehen und hören macht? In diesem Spielfilm geht es um zentrale Fragen des Lebens, der Liebe, der Hoffnung, des Schicksals und der Sehnsucht nach Nähe. Es sind wunderbare Geschichten über die unterschiedlichen Lebensalter, so auch eines alten Mannes, der den Tod seiner Frau nicht überwinden kann. Ein sinnliches, besinnliches Meisterwerk. PS

«Der Bienenzüchter»

Der alternde Lehrer und Freizeit-Imker Spyros hat nach seiner Scheidung und der Heirat seiner Tochter genug vom Leben, er verlässt sein Dorf und reist mit Bienenkörben nach Süden. Unterwegs nimmt er eine junge Anhalterin mit, zu der eine seltsame Beziehung entsteht, die ihn dennoch nicht von seiner Todessehnsucht abbringt. Grossartiges Altersporträt des Griechen Theo Angelopoulos aus dem Jahr 1986 mit Marcello Mastroianni über das Alter: mit dem schmerzlichen Verlust politischer Ideale, dem Pragmatismus der Jugend, der Sprachlosigkeit in der Ehe. PS

«Der blaue Engel»

Alterkann auch Schuld bedeuten. Reue als einzige Antwort auf ein verpfuschtes Leben. Im Film von Josef von Sternberg aus dem Jahre 1930, nach dem Roman von Heinrich Mann, erlebt dies Jannings als Gymnasiallehrer Rath. Er will seine Schüler vor der verführerischen Lola-Lola (Marlene Dietrich) retten, wird dabei selbst ihr Opfer, erliegt ihrer Sinnlichkeit und verliert seine Würde. Ein Dokument derFilmgeschichte, aber auch der Geistesgeschichte und der Haltungen und der Moral. > Trailer

«Bombón – el perro»

Ein Mann kommt auf den Hund, möchte man sagen, gleichzeitig jedoch anfügen: und entdeckt dabei das Leben neu, findet zu sich und zu einem Auskommen. Wo die Erzählung des Argentiniers Carlos Sorín ansetzt, ist der Mann arbeitslos und versucht auf rührende Art, Messer mit selber geschnitztem Knauf an die Leute zu bringen. Uns als Betrachtende fasziniert und amüsiert das Gewöhnliche der Figur des alten Juan, dessen Leben voller Überraschungen ist, wenn man es nur versteht, sie wahrzunehmen und sich auch offen auf sie einzulassen. PS > Trailer

«The bridges of Madison County»

Liebesfilm von und mit Clint Eastwood und Meryl Streep in der zweiten Hauptrolle. Eine Reportage für das Magazin «National Geographic» führt den Fotografen Robert Kincaid nach Iowa. Dort trifft er, auf der Suche nach einer Brücke, die Farmerin Francesca Johnson, die vier Tage ohne Ehemann und Kinder zu Hause ist. In dieser Zeit entwickelt sich eine spannungsgeladen Beziehung zwischen den beiden. Diese zufällige Begegnung mit dem fremden Fotografen könnte für Francesca eine Wende in ihrem Leben bedeuten.

«The bucket list»

Der Zufall will es, dass ein Milliardär und ein Mechaniker im Spital das Zimmer teilen. Obwohl beide in verschiedenen Welten leben, entdecken sie Gemeinsamkeiten und werden Verwandte angesichts ihres Schicksals, nur noch kurze Zeit leben zu können. Sie brechen zu einer skurrilen, abenteuerlichen Reise auf, werden Freunde, ignorieren die Ratschläge ihrer Ärzte und tun alles, was sie noch möchten. Auch wenn Rob Reiners Film etwas sehr amerikanisch ist, trifft er doch auch bei uns den Wunsch nach dem «Carpe diem» der Römer. PS

«Café Odeon»

Im Café Odeon am Zürcher Bellevue, in dem Künstler, Literaten und leichte Mädchen verkehren, taucht Leni, eine Frau vom Lande, auf. Ihr Mann sitzt im Gefängnis, und sie sucht ihre Schwester Anni. Da diese bald mit ihrem «Freund» nach Mailand fährt, kann sie in deren Appartement wohnen. Dies bringt sie in eine Affäre, in welcher ihr der Oberkellner des Etablissements hilft. Kurt Frühs Comédie humaine aus dem Jahre 1948 im kleinen Zürcher Niederdorf zeigt einen alten Emil Hegetschweiler als Oberkellner und sympathischen Beobachter menschlicher Schicksale. PS

«Candy Mountain»

Julius, ein erfolgloser Musiker, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben, bis er zufällig von Elmar Silk, einem sagenumwobenen Gitarrenbauer, der irgendwo in Kanada untergetaucht sein soll, hört. Er begibt sich auf die Suche nach Elmar und seinen Gitarren, von denen jede 20’000 Dollar wert ist, folgt den Spuren, die der alte Gitarrenbauer auf seiner Odyssee hinterlassen hat. Robert Franks Film aus dem Jahre 1988 überzeugt durch eine beispiellose Komposition der Bilder und seine eigene Komik. Ein Altersporträt der besonderen Art.

«Chanson d’amour»

Gérard Depardieu erobert als Schnulzensänger in der französischen Provinz die Herzen, erst jenes einer jungen Schönen auf der Leinwand, dann nach und nach auch unsere. Die unterhaltsame Liebesgeschichte von Xavier Giannoli mit viel sentimentaler Musik und Nostalgie langweilt keine Sekunde. Wie der Sänger «Quand j’étais chanteur» und anderes aus den 70er-Jahren singt, berührt. Die Chansons sind wohl für viele, doch nicht alle, ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Doch die Romanze des alternden Künstlers, der die Provinzbühnen abklappert bis nochmals Frühling wird, überzeugt. PS > Trailer

«Charles mort ou vif»

Aus dem Geist der 68er-Generation heraus beschreibt Alain Tanner in diesem Film seinen Direktor Dé als Mann, der ein Leben lang nur den Erfordernissen des Betriebes gefolgt ist und alles der Familie gewidmet hat, anlässlich seines fünfzigsten Geburtstages. Er bricht aus, verlässt die vorgegebenen Pfade, verweigert sich. Er sagt Nein für ein besseres Ja und beginnt ein neues Leben. Am Beispiel eines alten Menschen wird hier erlebbar, wie «positive Subversion», wie sie einst Hans A. Pestalozzi gefordert hat, aussehen könnte. > Trailer

«Children of nature»

Der fast 80-jährige Geiri muss seinen Hof auf dem Land aufgeben und zieht zu seiner Tochter nach Reykjavík. Dort wird er jedoch bald als lästig wahrgenommen und in ein Altersheim abgeschoben, wo er seiner Jugendfreundin Stella wieder begegnet, mit der er in den Westfjorden der Insel aufwuchs. Beide fühlen sich in dem Heim nicht wohl und beschliessen, an den Ort ihrer Jugend zurückzukehren. Sie stehlen einen alten Jeep und brechen in das entlegene und fast menschenleere Paradies ihrer Kindheit auf, um in Freiheit zu sterben.

«Cinco días sin Nora»

Nora und José waren einmal ein Paar. Nun sind sie ins Alter gekommen und seit zwanzig Jahren geschieden. Nora plant ihren Tod und will dabei ihren Ex-Mann noch einmal tüchtig auf Trab bringen. Ihr letzter Wille ist, dass er sich um ihr Begräbnis kümmere, das sich der jüdischen Beerdigungsbräuche wegen um fünf Tage verzögert und komplizierter als erwartet gestaltet. Zudem findet José ein kompromittierendes Foto, das ihn in Aufregung versetzt, bis er sich schliesslich mit der Welt und Nora versöhnt. Leichthändig erzählt die Mexikanerin Mariana Chenillo im Film von einem neuen Leben, das entstehen kann, nachdem ein anderes geendet hat. PS > Trailer SW-Besprechung

«Copacabana»

Sorglos und unbeschwert scheint Babou alles gelassen hinzunehmen. Wer braucht schon eine feste Anstellung, einen Ehemann oder Verbindlichkeiten? Als sich dann jedoch herausstellt, dass ihre eigene Tochter sich derart für sie schämt, dass diese sie nicht zu ihrer Hochzeit einladen will, beschliesst sie in ihrem Mutterherzen, sich zu ändern und einen festen Job anzunehmen. Doch dies gelingt ihr nicht, sie bleibt eine Abenteurerin. Isabelle Huppert (*1953) in einer Glanzrolle, in der einmal die Rolle der revoltierenden Jungen und der angepassten Alten umgekehrt wird.

«Cocoon»

Die Bewohner eines Altenheims entdecken, dass der Pool einer Villa ein wahrer Jungbrunnen ist. Ihre Gier nach der Leben spendende Wirkung erschöpft sich schnell; denn er wurde von Aliens angelegt, um ihre seit dem Untergang von Atlantis auf dem Meeresgrund liegenden Artgenossen wieder zum Leben zu erwecken. Der Anführer der Ausserirdischen bietet ihnen an, mit auf sein Raumschiff zu kommen und fortan ewiges Leben zu geniessen. Sie sind hin und her gerissen zwischen dieser Verlockung und dem Verbleib bei den Menschen, die sie auf Erden lieben. Science-Fiction-Film von Ron Howard von 1985. PS

«Le cou de la girafe»

Die neunjährige Mathilde verlässt eines Nachts heimlich das Haus, in dem sie allein mit ihrer Mutter Hélène wohnt, um ihren kranken Grossvater Paul aus dem Altersheim zu entführen. Mit ihm will sie ihre verschollene Grossmutter finden, die vor 30 Jahren Paul und Hélène verlassen hat. Wo sich diese aufhält, glaubt Mathilde aus einem Stapel entdeckter Briefe zu wissen, in denen ihre Grossmutter versucht hat, mit Paul und seiner Tochter in Kontakt zu bleiben. So brechen die beiden nach Biarritz auf. Der Spielfilm über drei Generationen von Safy Nebbou ist zart und gefühlvoll, ohne kitschig zu sein oder ins Lächerliche abzurutschen. PS

«Dad»

Sein Job beansprucht ihn voll und ganz, bis ihm das Schicksal ein Schnippchen schlägt. Als seine Mutter überraschend an einem Herzinfarkt stirbt, muss sich John um seinen Vater Jake (Jack Lemmon) kümmern, den der Tod seiner Frau völlig aus der Bahn geworfen hat. Immer mehr Zeit wendet er dafür auf, seinen Vater wieder Unabhängigkeit und Lebenswillen beizubringen. Gleichzeitig fängt er an, seine Beziehung zu seinem fast erwachsenen Sohn zu überdenken. Unterhaltsamer US-Film von Gary David Goldberg. Ein Film auch übers Abschied-Nehmen, Sterben-Lassen und Wiederaufleben im Alter. PS

«Dällebach Kari»

Dällebach Kari ist ein Begriff über die Grenzen der Stadt Bern hinaus, und er hat tatsächlich  gelebt. Er war ein biederer Berner Coiffeurmeister, seinen Kunden gegenüber allerdings sehr schlagfertig und trotz seiner Sprechbehinderung durch eine Hasenscharte ein famoser Erzähler. In seinem Salon an der Neuengasse brachte er seine träfen und selbstironischen Witze an den Mann und wurde bald zu einer lokalen Berühmtheit. Im Film von Kurt Früh gelangt Walo Lüönd der Durchbruch. Ein berührendes Dokument eines alten, einsamen Menschen. PS

«Departures»

Nachdem der Pechvogel Daigo sich mit dem letzten Ersparten ein neues Cello gekauft hat, verliert er unvermittelt seine Stelle im Orchester. Mit seiner Frau kehrt er in ihre Heimat zurück. Und auf der Suche nach einem neuen Job stösst er auf die Anzeige eines auf «Abreisen» spezialisierten Unternehmens. Der Film des Japaners Yojiro Takita über die Begleitung Sterbender beim Hinübergleiten in den Tod macht aus einem Tabu ein Thema, zeigt das Sterben als Teil des Lebens und verwischt die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits. Der preisgekrönte Film kann anfänglich vielleicht etwas verwirren, berührt jedoch immer mehr und hat auch Westlern sehr viel zu sagen. PS > Trailer

«La dernière fugue»

Die Familie Lévesque ist im Elternhaus vereinigt, um traditionsgemäss zusammen Heiligabend zu feiern. Doch das Bild trügt. Der Vater, der es gewohnt ist, das Dasein seiner Liebsten zu lenken, leidet an Parkinson, ist gefangen in seinem kranken Körper. Die Familie ist darob gespalten. Doch die erstaunliche Liebe der Mutter zu ihrem Ehemann, die eingeschworene Gemeinschaft des ältesten Sohnes André und des Enkelkindes Sam lassen den Vater das Glück erleben, das ihm zuvor immer entgangen war. Grossartiges Werk der in Kanada lebenden Schweizerin Léa Pool.

«Dersu Uzala»

DieGeschichte von einem alten Jäger und einem zaristischen Offizier: Gleichnis eines Lebens in vollkommener Harmonie mit der Natur. Zwei Berichte von W. K. Arsenjew (1872 – 1930) dienten dem japanischen Meisterregisseur Akira Kurosawa als Vorlage für diesen monumentalen und gleichwohl innig verhaltenen Film, der die Stellung des Menschen in der Natur zum Thema hat. Ein breit angelegtes Epos ohne äussere Action, jedoch voll seelischer und sinnlicher Feinheiten, fussend auf einem beeindruckenden Élan vital und einer tiefen Liebe zum Leben. > Trailer

«Dialogue avec mon jardin»

Ein Maler kehrt von Paris in das Haus seiner Kindheit auf dem Land zurück, wo er auf der Suche nach einem Gärtner unverhofft auf einen ehemaligen Schulkameraden trifft, den er aus den Augen verloren hatte. In ihm entdeckt er einen einfachen, offenen Charakter, dessen Wertesystem der gesunde Menschenverstand ist. Die beiden unterschiedlichen Männer freunden sich an und erleben eine Art späte Jugend, in der die Themen ihrer Gespräche sich wild wechseln und sie durch die Augen des andern die Welt in neuem Licht erfahren. Jean Beckers Film ist leicht wie ein warmer Mistral und würzig wie ein Pernod. PS

«Dienstags bei Morrie»

Mitch Albom, erfolgreicher Sportkolumnist mit eigener TV-Show, droht an seinem Arbeitspensum zu zerbrechen. Da wird er auf seinen früheren Lieblingsprofessor Morrie Scharz (Jack Lemmon) aufmerksam, der an einer schweren Nervenkrankheit leidet, das Leben trotz seines Handicaps in vollen Zügen mit Optimismus und Humor geniesst. Sofort beschliesst Mitch, den Alten zu besuchen. Bald ist der Dienstagnachmittag fester Bestandteil in seinem Zeitplan, bis dieser schliesslich weiss, was er wirklich will. Schöner Hollywood-Spielfilm von Mike Jackson aus dem Jahre 1999. PS

«Un dimanche à la campagne»

Ein alternder Kunstmaler in der Provinz erhält an einem schönen Spätsommer-Sonntag des Jahres 1912 den Besuch der Familie seines Sohnes und seiner unverheirateten Tochter. Die Wehmut des allmählich vom Leben Abschied nehmenden Künstlers und seine Erkenntnis, nicht alles geleistet zu haben, was ihm möglich gewesen wäre, spiegelt der Film in Stimmungen mit meisterhafter Farbdramaturgie. Er entfaltet eine Kunst des Details mit Lichteffekten, Farben und Tönen, deren Ästhetizismus nie zum Selbstzweck wird. Vielfach preisgekröntes Werk. PS

«Dinner for one»

NDR-Fernsehproduktion aus dem Jahr 1963, ein 18-minütiger englischer Sketch von Miss Sophie, die ihren 90. Geburtstag feiert. Wie jedes Jahr lädt sie dazu ihre vier engsten Freunde ein: Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom. Da diese alle bereits verstorben sind, muss der Butler James nicht nur seiner Arbeitgeberin das Essen servieren, sondern auch in die Rollen der vier imaginären Herren schlüpfen und auf die Gastgeberin einen Trinkspruch anbringen. Äusserlich eine Ansammlung von Running Gags, dahinter jedoch eine Parabel zum Nachdenken. PS

«Dinosaurier»

Der mit allen Wassern gewaschene, hochbetagte Filou Johann Schneider verliebt sich Hals über Kopf in Lena, die Neue im Seniorenheim. So ist es auch nicht ganz uneigennützig, als er ihr seine Hilfe anbietet, denn der fiese Bankmensch Hardmann hat sie um ihre Bleibe gebracht. Mit einigen Altersgenossen gelingt es Schneider tatsächlich, Hardmann und Konsorten mit einem Plan zu düpieren und das verlorene Geld zurückzugewinnen. Dazu gibt es ein Wiedersehen mit den Stars aus den 50er Jahren, vom Traumpaar Walter Giller/Nadja Tiller bis zur Karl-May-Legende Ralf Wolter. Klamauk von Leander Haussmann. PS

«Dreams»

Mit 80 Jahren schuf Akira Kurosawa diesen Episodenfilm. In acht Träumen beschreibt der grosse Meister des japanischen Films, was ihn zu dieser Zeit bewegte: Themen von der Kindheit bis ins hohe Alter, Episoden aus der japanischen Geschichte, Zeitgenössisches und Zukünftiges umfassend, sowie die japanische Mythologie. Allen Episoden gemeinsam ist der Verlust von etwas, das aus Unachtsamkeit, Gleichgültigkeit oder aus Verantwortungslosigkeit den Menschen verloren zu gehen droht. Doch gelegentlich gibt es einen Funken Hoffnung, den die Menschen jedoch nützen müssen.

«Driving Miss Daisy»

Als Autofahrerin ist die exzentrische, reiche Südstaatenlady Miss Daisy eine Katastrophe. Nachdem sie etliche Luxuswagen beinahe zu Schrott gefahren hat und immer noch nicht an die Abgabe ihres Führerscheins denkt, schreitet ihr Sohn Boolie ein. Er engagiert den farbigen Hoke als Chauffeur. Doch davon ist die starrköpfige Witwe nicht angetan, straft ihren geduldigen Angestellten zunächst mit Ignoranz und Verdächtigungen. Erst allmählich entwickelt sich zwischen den beiden eine ungewöhnliche Freundschaft. Melodrama von Bruce Beresford. PS

«The dust of time»

Im zweiten Teil seiner das 20. Jahrhundert umspannenden Trilogie verknüpft der Grieche Theo Angelopoulos mit grossartigen Schauspielern die private Geschichte von Spyros und Eleni mit den weltpolitischen Ereignissen zwischen 1950 und der Jahrtausendwende. Ihm gelingt ein gewaltiges Fresko mit grandiosen Bildern, aber auch mit vielen offenen Enden. Ein Film über das Erinnern, das Leben über Generationen hinweg und das Sterben. Grossartig inszeniertes Weltkino, das zum Nachsinnen animiert. PS

«Die Eleganz der Madame Michel»

Madame Michel, Abwartin in einem Wohnhaus reicher Leute, erfüllt alle Klischees einer Concierge. Von den Mietern wird sie kaum wahrgenommen, selbst scheut sie Kontakte. Bei der 11-jährigen Paloma verhält es sich ähnlich. Das hochbegabte Mädchen nervt die Familie mit besserwisserischen Kommentaren. Es hat beschlossen, ihrem Leben ein Ende zu setzen. In dieser Situation zieht ein neuer Mieter ein. Kakuro Ozu findet mit seiner freundlichen und offenen Art schnell Zugang zu Madame Michel und zu Paloma. Sie treffen sich und nähern sich einander langsam. Poetischer, leicht surrealer Erstlingsfilm von Mona Achache. PS

«Elegy»

Die«amour fou» eines alternden Literaturprofessors, des heiteren und zynischen Erotomanen David Kepesh, und seiner dreissig Jahre jüngeren Studentin Consuela, die mit ihrer sinnlichen Schönheit noch auf der Suche ist. Der Film von Isabel Coixet zeigt eine weibliche Sicht des höchst männlichen Romans «Das sterbende Tier» von Philip Roth und veredelt sie gleichzeitig zu einem vielschichtigen Gleichnis, indem er Davids Lebenslüge entlarvt, immer wieder auf das Ende der Liebe und des Lebens verweist und so die Abgründe der Sexualität auslotet. PS > Trailer

«Elsa und Fred»

Nach dem Tode seiner Frau zieht der 78-jährige Alfredo in Madrid in ein kleines Appartement. Seine Nachbarin ist die exzentrische Elsa. Sie wiegelt ihn auf zu einer nächtlichen Autofahrt, die mit einem Crash endet, und zu einem teuren Mittagessen hoch über Rom, von wo sie ohne zu zahlen verschwinden. Und sie bringt ihn so weit, dass sie gemeinsam die berühmte Szene aus «La dolce vita» von Federico Fellini mit Anita Ekberg und Marcello Mastroianni in der Fontana di Trevi nachspielen und für sich neu zum Leben erwecken. Ein poetisches Werk des spanischen Regisseurs Marcos Carnevale. PS > Trailer

«Das Ende ist mein Anfang»

Ist das Reden über den Tod in westlichen Gesellschaften wirklich ein Tabu? Das Buch «Das Ende ist mein Anfang» hielt sich jedenfalls wochenlang in den Bestsellerlisten. Jo Baier hat das lange Gespräch zwischen Tiziano Terzani und seinem Sohn verfilmt – mit Bruno Ganz in der Rolle des langjährigen Südostasien-Korrespondenten des «Spiegel». Die Annäherung an das Sterben, wie es der bekannte Protagonist vorlebte und der Schauspieler in beeindruckender Form darstellt, ermöglicht den Zuschauenden einen Nachvollzug. PS

«Die Ewigkeit und ein Tag»

Der letzte Tag im Leben des exilierten krebskranken Poeten Alexander in Thessaloniki, dem zur Vollendung eines Gedichts über das 19. Jahrhundert die Worte ausgehen. Seine letzte Zeit verbringt er mit seiner Tochter, schwelgt in Erinnerungen an seine geliebte Frau und rettet einen kleinen albanischen Jungen vor Menschenhändlern. Ein in extrem langen und ruhigen Einstellungen virtuos komponierter Film über den Verlust der inneren Heimat. Ein filmisches Meisterwerk von Theo Angelopoulos zum Satz: «Nur wenn wir den Tod als unseren Tod denken, wenn wir bedenken, dass die Dinge Grenzen haben, können wir unser Leben besser leben.» PS

«Fanny und Alexander»

Ingmar Bergmans Familiengeschichte aus dem Jahre 1982. Alexander ist ein dem Spiel und Theater zutiefst zugetaner Junge. Wie ein roter Faden durchzieht dies die im Film gezeigten Geschehnisse und ist neben dem Verständnis für Alexanders Angst Schlüssel zu dessen ausgeprägt gezeigtem Charakter, der die Welt eigensinnig und spielerisch wahrnimmt und damit an ihrer Realität zerbricht. Nach dem Tode ihres Vaters heiratet die Mutter Alexanders und Fannys einen Bischof. Sie verlassen ihre angestammte Familie und ziehen in das Domizil des Geistlichen: ein Gefängnis aus Kälte, Askese und Sadismus.

«Les femmes du 6e étage»

Paris in den 60er Jahren. Jean-Louis Joubert, unerbittlicher Börsenmakler und verklemmter Familienvater, entdeckt, dass eine fröhliche Clique spanischer Dienstmädchen im sechsten Stock seines gutbürgerlichen Hauses lebt. Durch Maria, die als eine von ihnen unter seinem Dach arbeitet, entdeckt er ein überschwängliches und folkloristisches Universum, das genaue Gegenteil seines eigenen bürgerlichen Lebens. Berührt von der Lebenslust dieser Frauen, lässt er sich gehen, geniesst und lebt zum ersten Mal die einfachen Freuden des Lebens. Aber kann man im Alter tatsächlich sein Leben ändern? Französische Komödie von Philippe le Guay.

«Frau Amann, Witwe, 58»

Frau Amann ist mit 58 Witwe geworden. Sie kann es noch nicht richtig wahrhaben, dass sie allein ist und versucht erfolglos, ihren Kummer mit Ferien zu vergessen. Sie verfällt in eine Depression, findet keinen Sinn mehr im Leben, fühlt sich einsam und von niemandem gebraucht. Erst langsam lernt sie, dass das Leben weitergeht. Sie kommt aus der Isolation heraus, merkt, dass ihr das Leben noch vieles bieten kann. Die «Videogruppe mitenand», bestehend aus alten und jungen Laien, hat unter Anleitung der Animatorin Margrit Bürer diesen interessanten Film gedreht.

«Das Fräuleinwunder»

Frida Borel, eine millionenschwere Erbin, steht an ihrem achtzigsten Geburtstag ziemlich einsam und verlassen da. Sie hat nie geheiratet und ist kinderlos. Eine geheimnisumwitterte Pille aus der Hinterlassenschaft ihres früh verstorbenen Vaters soll sie von der Tristesse und den Gebrechen des Alts erlösen. Der Effekt ist überraschend und durchschlagend: Frida wird äusserlich wieder jung, im Kopf bleibt sie aber die Alte. Doch wer glaubt schon einer 20-Jährigen, die behauptet, 80 zu sein? Fernsehfilm von Sabine Boss mit Stephanie Glaser. PS

«Gatos viejos»

Isidora und Enrique sind um die 80 und leben in einer Wohnung in Santiago. Nur befindet sich diese im achten Stock und macht Isidora schnell zur Gefangenen, wenn wieder mal der Lift ausfällt. An einem solchen Tag kommt ihre Tochter Rosario mit ihrer Freundin «Hugo». Sie haben es auf ihr Apartment abgesehen. Das ist zu viel für Isidora, die ihre Anflüge von Demenz kaum mehr verbergen kann. Doch plötzlich geht es nicht mehr um Geld, sondern um Liebe, Vergänglichkeit und verpasste Chancen. Ein virtuos inszeniertes Kammerspiel der Chilenen Sebastián Silva und Pedro Peirano, das nahtlos von der Komödie in die Tragödie und wieder zurück gleitet.

«Das gefrorene Herz»

Ein Schirmflicker (Paul Bühlmann) und ein Korber (Sigfrit Steiner) begegnen sich in einer verschneiten Berglandschaft der Innerschweiz. Trotz Schneesturm will der Schirmflicker unbedingt weiter, was ihn teuer zu stehen kommt. Der Korber findet ihn tags darauf erfroren in der Nähe des Grenzsteins zwischen zwei Dörfern. Um dem Kollegen wenigstens ein anständiges Begräbnis zu verschaffen, meldet er den Todesfall beim Gemeindepräsidenten. Diesem passt das nicht, und er schleppt den Toten in die Nachbargemeinde. Tragikomödie von Xavier Koller. PS

«Gianni e le donne»

Gianni, etwas über sechzig, ist ein liebenswerter Mann, hilft seiner Ehefrau und hat tausend andere Verpflichtungen. Einmal beansprucht ihn seine Tochter, dann deren Freund, oder er hilft der jungen Nachbarin, betreut die Hunde im Quartier und kümmert sich um seine Mamma. Eines Tages öffnet ihm sein Freund die Augen, alle gleichaltrigen und sogar älteren Männer hätten eine Geliebte. Zuerst ist Gianni konsterniert, besinnt sich jedoch bald: Da wäre doch Gabriella, Valeria oder Cristina. Er ist umgeben von unzähligen, begehrenswerten Frauen! Doch schliesslich hat er sich seine Eroberungen des schönen Geschlechts doch etwas anders vorgestellt. Spielfilm von Gianni di Gregorio.

«Ginger e Fred»

Noch einmal auf der Bühne tanzen und geniessen, was man früher erlebt hat, ist das Thema in Maestro Federico Fellinis 1985 gedrehtem Spielfilms «Ginger e Fred». Seine Vergangenheit zurückholen, wenn auch nur für Augenblicke, selbst wenn es gelegentlich etwas peinlich wirkt. Den beiden grossen Mimen Marcello Mastroianni und Giulietta Masina gelingt es, ihr Leben als Feier zu geniessen, vorbildhaft für alle, denen dies bisher noch nicht gelungen ist. PS > Trailer

«Giulias Verschwinden»

Ausgerechnet an ihrem Fünfzigsten muss Giulia am eigenen Leib erfahren, dass Alter auch unsichtbar machen kann. Aus Frust geht sie shoppen, trifft dabei einen charmanten, geheimnisvollen Fremden, mit dem sie, statt mit der Geburtstagsgesellschaft, die auf sie wartet, den Abend verbringt. Sie trinken zusammen und plaudern über sich, ihr Alter, ihr Leben, bis eine zarte Freundschaft zu glimmen beginnt. Älterwerden beginnt mit der Geburt und endet mit dem Tod. Der wunderbare Schweizer Film «Giulias Verschwinden» von Christoph Schaub, mit Corinna Harfouch und Bruno Ganz in den Hauptrollen und mit brillanten Dialogen von Martin Suter, handelt vom Altern und wie man es feiern kann. PS > Trailer SW-Besprechung

«Golden girls»

Die letzte Staffel der TV-Kultserie, von der in den USA insgesamt 180 Folgen gedreht und in Deutschland zwischen 1990 und 1994 ausgestrahlt wurden. Mit Blanche, Dorothy, Rose und Sophia, vier älteren Damen, die in Miami in einer Wohngemeinschaft leben. In der lustigen und witzigen Serie werden auch ernste, sozialkritische Themen und damalige Tabuthemen wie Homosexualität, Diskriminierung, Isolation, Sterbehilfe, Finanznöte älterer Menschen oder AIDS angesprochen. 3 DVDs mit total 6 Stunden Film. PS

«Goodbye Solo»

Der alte Solo bietet dem jungen Taxifahrer William 1000 Dollar, wenn er ihn während zweier Wochen herumfährt und am Schluss als Fahrt ohne Rückfahrt zum «Blowing Rock», einem abgeschiedenen Berggipfel, bringt. Behutsam begegnen sich die beiden, und trotz aller Gegensätze entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen einem Menschen, der aus dem Leben scheiden will, und einem, der ihn davon abzuhalten versucht. Der amerikanische Film von Ramin Bahrani handelt von der Freiheit auch des alten Menschen. PS

«Le grand voyage»

Der Marokkaner Ismaël Ferroukhi erzählt in einem Roadmovie von einem alten Vater, der mit einem seiner Söhne als Pilger nach Mekka fährt. Die lange Reise dorthin, im engen Auto beide aufeinander angewiesen, zeigt nach der anfänglichen Blockade ein leises sich Annähern des Alten und des Jungen, macht sichtbar und erlebbar, was sich dabei untergründig alles ereignen kann. Eine Reise unternehmen bedeutet doch, einen Ort verlassen, um einen andern zu erreichen, heisst aber auch, sich verändern, lernen, leben lernen. Und dies geschieht hier über Generationen und religiöse Überzeugungen hinweg. PS > Trailer

«La graine et le mulet»

Den Job als Hafenarbeiter ist Slimane mit Sechzig los. Doch damit findet er sich nicht ab, er packt sofort ein neues Ziel an, realisiert einen alten Traum: ein Restaurant im Hafen von Sète. Er wird «Lebensunternehmer», auch wenn ihm Schicksalsschläge nicht erspart bleiben. Er macht sich auf den Weg, arbeitet wie wild, rennt, pedalt mit dem Fahrrad, und als ihm dieses gestohlen wird, läuft er weiter, bis er zusammenbricht. Doch für ihn gab es, so die Tragikkomödie von Abdellatif Kechiche, wirklich ein Leben nach der Pensionierung und vor dem Tod. PS

«Harold and Maude»

Im Film von Hal Ashby aus dem Jahre 1971 wird das Klischee, jung heisst lebensfreudig und alt lebensverneinend, umgekehrt. Auf provokative Weise zeigt eine alte Frau einem jungen Mann, dass das Leben Sinn macht. Sie steht für das Leben, er für den Tod. Gerade aus ihrer Nähe zum eigenen Ende erwächst ihr diese besondere Lebensbejahung. Ein Film, der gerade in der Rückschau schön zeigt, wie Filme gewisse Trends, wie sie heute etwa zu verspüren sind, vorwegnehmen können. PS > Video

«Harry und Tonto»

Der 72-jährige Harry und sein Kater Tonto stehen auf der Strasse, weil ihre Wohnung in New York abgerissen wird. Da beginnt für die beiden eine abenteuerliche Odyssee durch ganz Amerika, auf der sie mit verschiedenen alten und jungen Menschen Beziehungen aufnehmen. Die Irrfahrt endet am Strande von Santa Monica in Kalifornien, wo für die beiden nochmals eine neue Zukunft beginnt. Unterhaltsamer, einfallsreicher und bedenkenswerter US-Spielfilm von Paul Mazursky aus dem Jahre 1974, der Vertrauen und Optimismus verbreitet. > Trailer

«Heidi und Peter»

Frei nach der Vorlage von Johanna Spyri: der schwarz-weisse erste Teil «Heidi» aus dem Jahre 1952 unter der Regie von Luici Comencini und der farbige zweite «Heidi und Peter» aus dem Jahre 1954 unter der Regie von Richard Schweizer, beide Mal mit Heinrich Gretler in der Rolle des Alp Öhi. Die Doppel-DVD enthält zahlreiches Specials mit den historischen Hintergründen über die Entstehung der Filme, den Stab, die technische Angaben usw. Ein Klassiker der Jugendliteratur, der auch zum Alter etwas zu sagen hat. PS

«Les herbes folles»

Ein Mann findet ein Portemonnaie und verliebt sich in die ihm unbekannte Besitzerin. Er verfolgt sie mit Anrufen und Briefen, bis sie es ihm untersagt. Als sie ihn zu vermissen beginnt, nimmt sie seine Fährte auf. All das erzählt der französische Altmeister Alain Resnais in einem leicht wirkenden und dennoch tiefsinnigen Film. Poetisch erzählt er von einer absurden «amour fou» mit einem offenen Schluss. Schmunzelnd und wehmütig plädiert er dafür, dass es nie zu spät ist für die Liebe, auch nicht im hohen Alter. > Trailer SW-Besprechung

«Herbstmilch»

Die in Niederbayern geborene Bäuerin Anna Wimschneider wählte die Bezeichnung «Herbstmilch»,gebräuchliche Bezeichnung für die magere Sauermilch, als Titel für ihre Lebenserinnerungen. Ihr Roman, auf dem der Film von Josef Vilsmaier beruht, erzählt eine Familiengeschichte vom Anfang des 20. Jahrhunderts in einem kleinen niederbayerischen Dorf. Die vielgliedrige Geschichte dieses modernen «Heimatfilms» schildert am Beispiel einer armen neunköpfigen Familie die schwere Zeit vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges eindrücklich.

«Die Herbstzeitlosen»

Den lang gehegten Wunsch, eine Lingerie-Boutique zu eröffnen, kann sich die 80-jährige Martha (Stephanie Glaser in ihrer Glanzrolle) im lauschigen Emmentaler Dorf Trub erfüllen. Mit ihren Freundinnen zusammen kämpft sie gegen allerhand Widerstände und Rückständigkeit und gewinnt schliesslich. Einen wunderbaren Heimatfilm hat uns Bettina Oberli mit diesem Werk geschenkt, das ohne jede Schulmeisterei erleben lässt, was Alte können, was Freude macht und Würde gibt. Ein Beispiel auch, das zeigt, wie einfach und für alle verständlich wirklich wichtige Dinge gesagt werden können. PS > Trailer

«Herr Goldstein»

Herr Goldstein (Lukas Ammann), ein 93-jähriger, beinahe blinder Mann, verbringt seine letzten Tage im Altersheim, stark auf fremde Hilfe angewiesen, was ihm widerstrebt. Seine Pflegerin Vera bringt ihm die Unterstützung mit gleichgültiger Geduld entgegen. Eines Tages erreicht ihn eine Nachricht aus Deutschland. Der Brief scheint für ihn die Zeit plötzlich zurückzudrehen. Emmi, seine grosse Jugendliebe und Verfasserin des unerwarteten Schreibens, vermag damit seinen Alltag unverhofft zu durchbrechen. Sensibler und humorvoller 17-minütiger Regieerstling von Micha Lewinsky. PS

«L’homme qui a perdu son ombre»

Wenn man keine Ideen mehr hat und nicht mehr weiss, warum man die Dinge tut, ist man wie jemand, der seinen Schatten verloren hat, sagt Antonio im Film von Alain Tanner zu Paul. Der Altkommunist Antonio ist nach langem französischem Exil in die andalusische Heimat zurückgekehrt und nimmt Paul bei sich auf, der von zu Hause geflüchtet ist. Doch mit Antonio verschwindet die letzte soziale Utopie aus der Geschichte. Parabel des Westschweizer Filmemachers aus dem Jahre 1991 über das Ende der gesellschaftlichen Utopien.

«Un homme qui crie»

Tschad im 21. Jahrhundert. Der ehemalige Schwimmchampion Adam ist auch mit bald sechzig ein attraktiver Mann und deshalb Chefbademeister in einem Luxushotel in N’Djamena. Als das Hotel von chinesischen Investoren übernommen und einer Rentabilitätsstudie unterzogen wird, muss er den Posten seinem Sohn überlassen und wird zum Parkwächter degradiert. Eindrücklicher Film von Hamamat-Saleh Haroun, der an «Der letzte Mann» von Murnau erinnert, jedoch in einem andern kulturellen Umfeld und zudem in einem vom Bürgerkrieg geplagten Land handelt. PS

«Hors saison»

Schauplatz der Handlung dieses weit gehend autobiografischen Films voll Poesie ist ein stillgelegtes, heruntergekommenes Hotel in den Schweizer Bergen, das seit geraumer Zeit verkauft ist. Dieses hatte einmal den Grosseltern des Erzählers gehört. Dort ist er geboren und aufgewachsen. Er besucht es ein letztes Mal, um sich im alten Gebäude in Erinnerungen zu verlieren. Es wird zum Ort, wo der Schweizer Cinéast Daniel Schmid seine Vergangenheit wieder erstehen lässt. Eine Hommage an das Erinnern, welches zu neuem Leben erwachen kann. PS

«O’Horten»

Ein Zug rollt durchs winterliche Norwegen. In der Führerkabine sitzt Odd Horten bei seiner vorletzten Fahrt. Tags darauf geschieht, was ihm in vierzig Dienstjahren nie passiert ist. Er verschläft sich und verpasst seine letzte Fahrt. Bent Hamer schuf mit «Das neue Leben des Herrn Horten» ein poetisches, melancholisches, humorvolles Porträt eines Pensionärs, der sein Leben, auch wenn es manchmal verrückt spielt, ohne den vertrauten Fahrplan plötzlich in die eigenen Hände nimmt und sich sogar, wie einst seine Mutter, als Skispringer versucht. PS > Trailer

«Innocence»

Ein verwitweter Pensionär, Andreas Borg, trifft in Australien seine erste Liebe, Claire, wieder und beginnt ihr erneut den Hof zu machen. Obwohl sie mit John verheiratet ist, lässt sie sich auf sein Werben ein. Ganz allmählich entwickelt sich daraus eine Liebesgeschichte dreier alter Menschen, worin die törichte Verliebtheit ebenso Platz hat wie die Gelassenheit, die Abgeklärtheit wie der Tod und der seelische Schmerz der Dreierbeziehung. Der Australier Paul Cox erzählt in unterhaltsamer, berührender, aufwühlender und tragischer Weise von der Leichtigkeit und Lebendigkeit des Altseins. > Trailer

«Les invasions barbares»

Der lebenslustige Geschichtsprofessor Rémy, ein linksintellektueller Achtundsechziger, anfangs fünfzig, liegt todkrank im Spital. Um sein Kranken- resp. Sterbebett versammeln sich die Familie, alte Freunde und ehemalige Geliebte und träumen nochmals von den Errungenschaften und Niederlagen ihres gemeinsamen Lebens, also von der guten alten Zeit. Provokativ und witzig geht es in diesem Film zu und her um den sozialen Wandel, das Älterwerden und den Tod. Der Frankokanadier Denys Arcand lädt ein zu einem «letzten Abendmahl», voll Tiefsinn und heidnischer Frivolität. PS > Trailer

«Irina Palm»

Irina will ihrem Enkel eine teure medizinische Behandlung bezahlen, lässt sich dafür in einer Rotlicht-Bar in Londons Soho als «Hostess» engagieren und beginnt damit bewusst ein Doppelleben. Kompromisslos arbeitet sie auf ihr Ziel hin, kümmert sich weder um Klatsch, Vorurteile und ihren Ruf, noch um «political correctness» und die «Moral». Subjektiv handelt sie als freier Mensch im aufrechten Gang. Wem schadet sie? Niemandem. Wem nützt sie? Einem Kind. Also: Sie tut Gutes. Sie lebt das, was gerade Alte sich vermehrt leisten könnten, wenn sie unabhängig und frei werden. Marianne Raithfull in einer Meisterrolle im Film von Sam Garbarski. PS > Trailer

«Iris»

DieSchriftstellerin Iris war seit über vierzig Jahren mit dem Literaturkritiker John verheiratet. In den frühen Tagen ihrer Romanze hatte die Autorin das Sagen. Er stand in ihrem Schatten und akzeptierte, dass sie ihre Freiheit auch mit andern Männern und Frauen zelebrierte. Doch die beiden blieben ein Paar und wuchsen im Lauf der Jahre immer näher zusammen, bis ihre Partnerschaft aufs Schwerste erschüttert wird, als man bei ihr Alzheimer diagnostiziert. Aufopfernd und geduldig pflegt er sie bis zu ihrem Tod. Richard Eyre erzählt diese wahre Geschichte über die wunderbare Kraft der Liebe. PS >Trailer

«Jakob und Adele»

Von 1982 bis 1989 produzierte das ZDF zehn Folgen mit insgesamt 24 Geschichten dieser Vorabendserie, mit Brigitte Horney und Carl Heinz Schroth in den Hauptrollen. Regie Hans-Jürgen Tögel. Als Senioren lernen sich Jakob und Adele durch Zufall kennen und beschliessen, im Alter noch einmal von vorne zu beginnen und ihrer Umwelt zu zeigen, dass das Leben über 65 noch nicht vorbei ist. Mit Witz und Charme kämpfen sie mit Unternehmungen wie Reisen, Discobesuch und Detektivarbeit gegen gesellschaftliche Klischees und helfen verschiedensten Leuten gelegentlich aus Notlagen. PS

«Jane bleibt Jane»

In einem Kölner Altersheim glaubt eine ältere Frau, sie sei die Witwe von Tarzan, im Zoo spricht sie mit den Tieren, zuhause zieht sie am liebsten ein Tigerkostüm an und richtet ihr Zimmer exotisch ein. Witzig und frech lässt dieser Film die Träume und Fantasien einer alternden Frau und den langweiligen Alltag mit viel Ironie und Kritik aneinanderprallen. Die Exzentrik und Verrücktheit dieses Steifens des experimentierfreudigen Filmemachers Walter Bockmayer aus dem Jahre 1977 verlangt die Fähigkeit, verkehrt herum zu denken.

«Jetzt oder nie. Zeit ist Geld»

Carla (80), Lilli (76) und Meta (74) wollen ihren letzten grossen Traum verwirklichen: eine gemeinsame Seereise. Das lange dafür gesparte Geld wird aus ihrer Bank gestohlen. Alles scheint verloren, denn Carla hat nicht mehr viel Zeit. In ihrer Verzweiflung beschliessen die drei, eine Bank zu überfallen. In einer Mischung aus ergreifendem Ernst und sarkastischem Humor, Klamauk und Krimi erzählt Regisseur Lars Bücher die abenteuerliche Geschichte einer Freundschaft, die sich über alle Schranken hinwegsetzt. PS

«Kirschblüten»

Doris Dörrie zeigt poetisch stimmig ein Paar, das im Tode erst wirklich zueinander findet. In einem subtilen und emotionalen «Memento mori» weiss allein die alternde Trudi, dass ihr Mann Rudi todkrank ist. Sie entschliesst sich für ein letztes gemeinsames Unternehmen, eine Reise an die Ostsee. Doch dort stirbt nicht er, sondern unerwartet sie. Das wirft ihn aus der Bahn, er macht sich nach Japan auf und versucht Schritt um Schritt sich dieser fremden Welt, die sie liebte, zu nähern und erlebt so eine seelische Verbindung mit der Verstorbenen. PS

«Klassezämekunft»

Fünfzig Jahre nach ihrem Schulabschluss anno 1938 lädt Senta von Meissen acht ehemalige Schulkameraden zur «Klassezämekunft» auf ihr Schloss ein. Ein Klassentreffen wie jedes andere? Je länger sich die alten Schulkameraden ihrer gemeinsamen Jugend erinnern, desto mehr kommt eine Geschichte hoch: Damals auf der letzten Schulreise ist Teddy, einer aus ihrer Klasse, im Rheinfall zu Tode gestürzt. Eine mysteriöse Geschichte, in die die acht Gäste damals verstrickt waren. Schweizer Melodrama von Walter Deuber und Peter Stierlin. PS

«Komiker»

Da sich der erfolglose Komiker Roni (Beat Schlatter) keine Bleibe leisten kann, lebt er bei seiner Mutter (Stephanie Glaser) im Altersheim. Doch früher oder später wird er vom Heimleiter entdeckt und für weitere Kost und Logis zur Arbeit als Hilfspfleger verdonnert. Dabei begegnet er nicht nur einem Ex-Cabaret-Profi, sondern auch dem Choleriker Alois, dem Heimbesitzer Stefan und dem Börsianer André. Schweizer Unterhaltungsfilm von Markus Imboden im Milieu der alten Menschen. PS

«Kotch – Opa kann’s nicht lassen»

Witwer Joseph Kotcher (Walter Matthau) lebt bei seinem Sohn Gerald und dessen Frau. Sein kauziges und halsstarriges Benehmen lässt beim jungen Paar schnell den Wunsch reifen, den lästigen Alten in ein Seniorenheim abzuschieben. Doch da spielt Kotch nicht mit, er packt seine Sachen und hat schon bald eine neue Aufgabe gefunden: Erica, eine junge Babysitterin, steckt in Schwierigkeiten. Schwanger und vom Ex im Stich gelassen, gibt ihr Kotch Unterkunft und Pflege. Sein Sohn Gerald hingegen beäugt das Frühlingserwachsen seines Vaters mit wachsendem Misstrauen. Hollywood-Film von Jack Lemmon. PS

«Ladies in Lavender»

Cornwall 1936: Die betagten Schwestern Ursula (Jude Dench) und Janet (Maggie Smith) nehmen einen schiffbrüchigen, jungen Polen (Daniel Brühl) bei sich auf, der traumhaft schön Geige spielt. Doch nicht nur mit seinem Geigenspiel berührt er die Herzen der beiden Ladies. Er weckt besonders bei Ursula längst vergessen geglaubte Träume und Gefühle von Jugend und Verliebtsein. Als er sich dann aber in die hübsche Russin Olga verliebt, werden die beiden ebenso eifersüchtig wie der Dorfdoktor, der sich ebenfalls Chancen bei der Schönen ausrechnet. Englisches Melodram von Charles Dance aus dem Jahre 2004. PS

«Länger leben»

Beide haben höchstens noch drei Monate zu leben. Max Wanner (Mathias Gnädinger) braucht eine neue Leber, Fritz Pollatschek (Nikolaus Paryla) ein neues Herz. Nur eine Organtransplantation kann sie noch retten. Doch wie sollen zwei Herren um die siebzig an ein Spendeorgan gelangen? Starchirurg Dr. Egon Schöllkopf hat die Idee: Derjenige, der zuerst stirbt, gibt dem anderen sein Organ. Es beginnt eine verrückte, tödliche und absurd witzige Freundschaft, welche die beiden Herren bis in die Fänge der Mafia treibt. Komödie von Lorenz Keiser. PS

«Last chance Harvey»

Dem New Yorker Musiker Harvey, der seinen Unterhalt mit Werbe-Jingles verdient, droht die Kündigung. Er ist resigniert. So auch die Londonerin Kate, die Umfragen macht und sich von ihrer Mutter terrorisieren lässt. Kälte erlebt Harvey von seiner Familie vor der Trauung seiner Tochter. Er will nach Amerika, um wenigstens seinen Job zu retten, verpasst jedoch seinen Flug. In der Hotelbar begegnet er Kate. Sie plaudern miteinander, freunden sich an, besprechen ihre Sehnsüchte. Damit beginnt ein zweiter Frühling. Beide sind offen, wagen Nähe, glauben, dass es nie zu spät ist. Schöner Good-Feel-Film von Joel Hopkins. PS > Trailer

«The last show»

Robert Altman geht im letzten Film vor seinem Tod von der Annahme aus, dass die aktuelle Sendung der bekanntesten und erfolgreichsten Live-Radioshow aller Zeiten die letzte ist, da der Liquidator bereits vor der Türe steht. Was im Angesicht dieses Endes und – symbolisch – des Todes vor und hinter den Kulissen sich abspielt, ist eine rauschende Feier auf das Leben und gleichzeitig ein moderner Totentanz. Ein Filmereignis der Sonderklasse, voll Sinn und Sinnlichkeit, traumhaft und melancholisch, übermütig und wehmütig zugleich, das berührt und zum Nachsinnen einlädt. > Trailer

«Der letzte Mann»

Der Film von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahre 1924 erzählt die Geschichte des uniformierten Hotelportiers, der altershalber abgesetzt, zum Toilettenwart degradiert wird und seine stolze Uniform verliert. Emil Jannings spielt den Verlierer dieser Tragödie auf ergreifende Weise. Dass Alter auch Verlust, Grenze, Ende bedeuten kann, zeigt dieses Meisterwerk des Stummfilms. Ein filmisches Monument über die Würde des Menschen und deren Verlust. PS > Trailer

«Das leere Nest»

Der Argentinier Daniel Burman erzählt von einem Moment, der das Leben aller Eltern prägt. Es ist die Zeit, in der die Kinder ausfliegen, das Nest verlassen. «El nido vacio» (der Originaltitel) ergründet den Moment der Leere, wenn die Kinder gross geworden sind und selbstständig, wenn sie das erreicht haben, was ihnen die Eltern über die Jahre ihrer Kindheit hinweg wünschten. Das alltägliche Chaos endet, und was folgt? Ein sanfter und kluger Film rund um die Familie, die Träume und Ängste, um Hoffnungen und Ahnungen. PS

«Leergut»

Ein 65-jähriger Lehrer, der weder mit der Arbeit noch mit der Liebe aufhören will, liefert die Vorlage für eine komisch-romantische Geschichte des Tschechen Jan Sverák. Sie handelt davon, wie man sein Glück immer neu versuchen und einen dritten Frühling herzaubern kann; dass ihn dabei zwei junge Dinger in Strapsen bis in die Träume hinein verfolgen und zum Schwitzen bringen, gibt seinem Alter den prickelnden Reiz eines Champagnerfestes. Ein Film der unterhält, zu Überlegungen anregt und Mut macht. PS

«Le Havre»

Marcel, der frühere Autor und Bohemien, hat sich nach Le Havre abgesetzt, lebt zufrieden mit seiner Frau Arletty und geht der ehrenwerten, aber wenig einträglichen Tätigkeit eines Schuhputzers nach. Da kreuzt das Schicksal seinen Weg in Gestalt eines afrikanischen Flüchtlingsjungen. Obwohl seine Frau todkrank ist, stellt er sich zusammen mit den Bewohnern seines Quartiers gegen die Obrigkeit des Staates, die den Jungen fieberhaft sucht. Einer der stärksten Filme des finnischen Meisters Aki Kaurismäki über einen Alten, der es ernst nimmt mit der Nächstenliebe und dabei seine Wunder erlebt. > Trailer SW-Besprechung

«Der Leihopa»

Waldemar Herzog, dem Witwer und Rentner, ist ziemlich langweilig. Ausser den regelmässigen Treffen mit seinem hypochondrisch veranlagten Freund Franz sowie Zänkereien mit dem griesgrämigen Briefträger gibt es kaum Höhepunkt in seinem Leben. Da hört er zufällig von einer Agentur, die Leihomas als Babysitter vermittelt. Er will einsteigen, da gibt es einen Notfall und Waldemar wird engagiert. Bald kann er sich nicht mehr über Langweile beschweren. Eine ORF-Kult-Familienserie mit Alfred Böhm in 26 Folgen zu je 50 Minuten, im Stile von Komödienstadel oder Bernhard-Theater. PS

«Letters to Juliette»

Als die Amerikanerin Sophie mit ihrem Verlobten in Verona schöne Urlaubstage zu verbringen hofft, muss sie feststellen, dass seine Leidenschaft mehr der italienischen Küche als ihr gilt. Deshalb begibt sie sich allein auf Entdeckungstour und findet «Julias Sekretärinnen»: Vier Frauen, die Briefe von Liebenden beantworten, die sich an Julia wenden. Sie macht mit und beantwortet den uralten Brief von Claire. Von ihrer einfühlsamen Antwort berührt, kehrt diese an den Ort ihrer Jugend zurück und sucht nach ihrer grossen Liebe. Hollywood-Film von Gary Winick.

«Limelight»

Charles Spencer Chaplin hat 1952 mit «Limelight» seinen Altersfilm geschaffen. Er erzählt berührend, wie ein alternder Clown durch die Liebe einer jungen Tänzerin neuen Lebensmut bekommt und wie er diese durch sein Umsorgen vor dem Selbstmord rettet. Wie Alt und Jung aufeinander angewiesen sind, sich notwendig brauchen, ist wohl nirgends schöner dargestellt als hier. Vielleicht einer der tiefsten Filme zum Miteinander von Alt und Jung, der zeigt, das Sein immer Mit-Sein ist. PS > Trailer

«Lina Braake»

Gegen die gängigen Denk- und Lebensgewohnheiten verstossen die Alten im Film «Lina Braake» (1975) von Bernhard Sinkel. Eine Gruppe Männer und Frauen versucht eine Bank auszurauben, weil diese sie betrogen und ihrer Freiheit beraubt hat. Sie begeht das Delikt eines höheren Wertes wegen. In die Opposition gehen, weil man unabhängig ist, gilt als Privileg des Alters. Eigentlich ein 68er-Film, der jedoch mit seinem Witz und seinem Mut auch in der heutigen Zeit Gültigkeit hat. PS  > Trailer

«Lola»

Grossmutter Sepas Enkel wurde von einem Handydieb getötet. Für Trauer und Wut bleibt ihr wenig Zeit, denn sie muss sich um das Begräbnis kümmern. Grossmutter Puring will ihren Enkel Mateo, der dieses Mordes angeklagt ist, aus dem Gefängnis holen, kann das Geld für die Kaution nicht aufbringen. An der ersten Gerichtsanhörung stehen sich die beiden Grossmütter gegenüber. Beide sind sie alt, gebrechlich und arm, doch jede ist entschlossen, alles für ihren Enkel zu tun. Der Ausgang des Falles hängt von der grossmütterlichen Liebe ab. Brillante Mendoza aus den Philippinen hat mit diesem Film ein Gleichnis geschaffen über den Wert und die Würde von Grosseltern. PS > Trailer  SW-Besprechung

«The lonely passion of Judith Hearne»

Film von Jack Clayton aus dem Jahre 1987 mit Maggie Smith und Bob Hoskins. Judith Hearne ist eine ältere Orgelspielerin, die sich ihren Lebensunterhalt hauptsächlich mit Klavierunterricht verdient. Eines Tages verliebt sie sich in einen skrupellosen Hotelbesitzer, dessen einziges Interesse an ihr ist, sie so weit auszunutzen, wie es nur möglich ist. Aus unerfüllter Liebe beginnt ihr Abstieg, dessen Anfang von ihrer immer häufigeren Hingabe zum Alkohol markiert ist. Eindrückliches Porträt einer einsamen, alkoholsüchtigen Frau.

«Lugares comunes»

Der 60-jährige Fernando Robles ist im Film des Argentiniers Adolfo Aristarain Professor für Pädagogik an einer Universität in Buenos Aires und seit vielen Jahren mit der Spanierin Liliana Rovira verheiratet, die als Sozialarbeiterin arbeitet. Beide respektieren und lieben sich und sind einander treu. Ihr Sohn Pedro ist ebenfalls verheiratet und hat zwei Söhne. Fernandos Ruhe wird erschüttert, als er aus heiterem Himmel einen Brief erhält, der ihn über seine vorzeitige Pensionierung informiert. Ein Ereignis, welches das Leben des Paars vollständig verändert. PS

«Los lunes al sol»

Im Zentrum dieses spanischen Films steht der Werftarbeiter Santa, der wie viele seiner Kollegen seinen Job verloren hat. Schlimmer als die finanzielle Not ist dabei, dass die Arbeitslosigkeit Stolz, Selbstbewusstsein und selbst die sexuelle Identität der Männer nachhaltig erschüttert. Nuanciert, mit psychologischem Gespür und mit Humor schildert der Regisseur Fernando Léon de Aranoadie Situation von drei Männern. Die Beobachtung der Befindlichkeit dieser Männer wird zu einem gerontologischen Traktat über das Alter ohne Arbeit: bitterböse und dennoch tief menschenfreundlich. PS  > Trailer

«Madame Sousatzka»

Der junge Klavierspieler Manek Sen lebt in London bei seiner allein erziehenden Mutter, einer indischen Immigrantin, die sich als Köchin durchschlägt. In der Hoffnung, ihr Sohn möge es rasch zum berühmten Konzertpianisten bringen, meldet sie ihn bei einer renommierten Lehrerin an. Madame Sousatzka (Shirley MacLaine) beharrt darauf, dass ihre Schüler ihr Leben in der gleichen vornehmen, kultivierten Art leben wie sie früher einmal und zerbricht schliesslich an diesen zu hohen Idealen. Überzeugendes sozialkritisches Altersporträt von John Schlesinger.

«Mammuth»

Serge Pilardosse ist 60 geworden, Gérard Depardieu, der ihn verkörpert, 61. Der Metzger Serge arbeitete ein Leben lang, doch nach der Pensionierung stellt er fest, dass ihm Rentenabrechnungen fehlen. Auf Druck seiner Frau besteigt er sein altes Motorrad, eine «Mammuth», der er seinen Spitznamen verdankt, und geht auf die Suche nach seinen Belegen. Ein Roadmovie von Benoît Delépine und Gustave Kervern. Eine verrückte Geschichte über eine absurde Welt, eine Tragikomödie, in der die Verrücktheit Normalität oder zumindest Realität ist. PS

«Midnight in Paris

Woody Allen führt mit viel Dialoghumor in die Welt der Künstler der 20er Jahre in Paris. Selten weckt die Story allein schon Interesse für einen Film wie hier: Owen Wilson verirrt sich als amerikanischer Drehbuchschreiber und sehnsüchtiger Romanautor namens Gil im damaligen Paris. Nach Mitternacht begegnet er ganz unvermittelt F. Scott Fitzgerald, Cole Porter, Ernest Hemingway, Picasso, Braque, Gertrude Stein, Modigliani und andern. Ein Film mit lauter jungen und mittelalterlichen Menschen, und dennoch ein Film übers Alter, weil der 75-jährige Regisseur hier lustvoll seine Alterssehnsüchte feiert.

«Mord hinterm Vorhang»

Das Wochenende im Haus seiner mürrischen Grossmutter Lydia Walliser ist für Nick ein Graus: Nach der Lektüre ihres Bestellers «Mord hinterm Vorhang» beobachtet der Junge in der Nachbarvilla hinter dem Vorhang tatsächlich einen Mord. Lydia glaubt ihrem Enkel erst, als sie im Garten über den toten Körper der jungen Haushälterin des Nachbarn stolpert. Als die Polizei eintrifft, ist die Tote jedoch verschwunden. Und weil ihnen niemand ihre Geschichte glaubt, machen sich Lydia und Nick selbst auf Spurensuche. Stephanie Glaser in ihrer letzten Rolle in einem Sonntagabend-TV-Krimi von Sabine Boss. PS

«The Mother»

May ist eine ganz normale Grossmutter aus der englischen Provinz. Als ihr Mann überraschend stirbt, bleibt sie in der Stadt und quartiert sich bei ihren viel beschäftigten Grossstadtkindern ein. In der Fremde fürchtet sie, zu einer dieser unsichtbaren alten Ladies zu werden, deren Leben mehr oder weniger gelaufen ist. Bis sie sich in Darren verliebt, der halb so alt ist wie sie. Er renoviert das Haus ihres Sohnes und schläft mit ihrer Tochter. Der eindrückliche Film von Roger Michell zeigt eine alternde Frau, die in ihrer Einsamkeit ihre Sexualität entdeckt und dabei tragische Erfahrungen macht. PS

«Die Mutter»

Der nach Maxim Gorkis gleichnamigem Roman 1926 vom Russen Wsewolod Pudowkin gedrehte Film ist der erste Teil seiner Revolutions-Trilogie. Er zeigt eine Arbeiterfamilie in Sankt Petersburg im Jahre 1905. In den politischen und familiären Konflikten der Familie Wlassow verrät die Mutter ohne Absicht das Waffenversteck ihres Sohnes. Während die Protestler vor den zaristischen Soldaten fliehen, steht die Mutter mit der Fahne in der Hand, ungerührt vom Geschehen um sie herum, bis sie von Pferden niedergetrampelt wird und stirbt.

«Nelly & Monsieur Arnaud»

Diejunge Pariserin Nelly steht vor Ehe- und Geldproblemen. Bei ihrer Freundin lernt sie den älteren Monsieur Arnaud kennen, der ihr anbietet, ihre Schulden zu tilgen, wenn sie ihn beim Schreiben seiner Memoiren unterstütze. Ihre anfängliche Distanziertheit verlieren beide bei der Arbeit. Es entsteht eine Beziehung aus Verständnis, Liebe und Zärtlichkeit. Dass sich beide ihre Gefühle eingestehen, dazu kommt es nicht mehr. Arnaud geht mit seiner Ex-Frau auf eine lange Reise. Nelly bleibt allein zurück. Sensibles Drama von Claude Sautet. PS

«Nick’s film: lightning over water»

Ein grossartiges und erschütterndes Dokument über das Sterben: Zwei Männer, getrennt durch eine Generation, verbunden durch das Kino: Der halbdokumentarische Spielfilm gewährt Einblick in die letzten Wochen des Regisseurs Nicholas Ray («Denn sie wissen nicht, was sie tun»). Wim Wenders besuchte seinen an Krebs erkrankten Freund und Kollegen in dessen New Yorker Wohnung und hielt dessen Sterben mit der Kamera fest. Dabei verschmelzen Realität und Fiktion. «Es war letzten Endes sein eigener Mut und sein geradezu übermenschlicher Wille, arbeitend zu sterben», meint der Regisseur. PS

«Oben»

Der pensionierte Ballonverkäufer Carl Fredricksen will sich im Alter von 78 Jahren seinen Lebenstraum erfüllen: eine Reise zum Amazonas. Er befestigt Tausende von Luftballons an seinem Häuschen und entschwebt in den Himmel. Zu spät bemerkt er, dass er den achtjährigen Pfadfinderjungen Russell als blinden Passagier an Bord hat. Ihm bleibt nichts anderes, als die grosse Reise mit dem Jungen weiterzuführen. Carl merkt dabei, dass die grössten Abenteuer manchmal nicht jene sind, die man gesucht hat, sondern jene, die einem zufallen. Computeranimierter Spielfilm aus den Pixar- und den Walt Disney Studios. PS

«The old man and the sea»

Ein bleibendes Gleichnis des Kampfes gegen Natur und Schicksal ist der 1958 gedreht Film von John Sturges. Die Fabel des Nobelpreisträgers Ernest Hemingway setzt ein Dennoch, ein Trotzdem gegen die Resignation. Obwohl es absurd ist, weiter mit dem Fisch zu kämpfen, macht der alte Fischer weiter – und verliert. Der Fisch siegt in der Tat, der Fischer in der Idee. Eine der grossen Fabeln der modernen Literatur angemessen verfilmt und in die Altersdiskussion einzubringen. PS

«On golden pond»

«Was sich liebt, das streitet», gilt für die Jungen – müsste auch bei den Alten vermehrt akzeptiert werden, da sich deren Verhalten in Jahren und Jahrzehnten verfestigt hat. Waches Leben auch älterer Menschen bedeutet brodelnde Auseinandersetzung, intensive Kommunikation. In «On Golden Pond» von Marc Rydell, 1981 in Hollywood gedreht, geschieht das, mit grossartigen Schauspielern, augenzwinkernd und generationenübergreifend. PS > Trailer

«Ein Opa zu Weihnachten»

Die sechsjährige Amanda will zu Weihnachten kein Schaukelpferd und keine Puppe haben, sondern einen Opa! Auf skurrile Weise geht ihr Herzenswunsch in Erfüllung. Amandas Vater Reg kommt gerade rechtzeitig, als der Penner Elmer (Mickey Rooney) sein Auto aufbrechen will. Damit dem Alten die Anzeige erspart bleibt, bietet Reg ihm an, den Schaden bei ihm im Haus abzuarbeiten. Amanda freut sich riesig über den Opa, den ihr bestimmt Santa Claus geschickt hat. Obwohl der Film aus dem Jahre 1990 zeitweilig ins Kitschige abdriftet, geht er zu Herzen. Regie: Peter McCubbin. PS

«Pandora‘s box»

In einem Dorf am Schwarzen Meer verschwindet eine alte Frau spurlos. Ihre drei erwachsenen Kinder reisen aus Istanbul an, um die vermisste Mutter (eine grossartige Tsilla Chelton) in den Bergen zu suchen und in die Stadt mitzunehmen, wo klar wird, dass sie an Alzheimer leidet und Betreuung braucht. Nicht nur das Leben der Kranken wird zur Herausforderung, auch ihre familiären Beziehungen. Der stille, bewegende Spielfilm der türkischen Regisseurin Yesim Ustaoglu handelt von einer Dementen, doch tiefer gesehen von unser aller Krankheit: Abkapselung, Isolation und Egoismus, die nur durch gute Beziehungen zu heilen ist. PS > Trailer

«Pane e tulipane»

Im Alter gilt es, Fantasieren und Träumen, Sinnlichkeit, Lust und Liebe neu zu entdeckt. Im Schweizer Film «Pane e Tulipane» von Silvio Soldini glückt es einer stets bescheidenen und lebenslang angepassten älteren Hausfrau (Licia Maglietta) auszubrechen aus der Tretmühle des Alltags, gelingt einem in einer Vergangenheit ohne Zukunft dahin dösenden Mann (Bruno Ganz) ein neues Leben. Lustvolle, heitere Komödie mit viel Tiefsinn und Lebenserfahrung. PS > Trailer

«Pappa ante portas»

Jeden Rabatt ausnutzend, beschert Einkaufsdirektor Heinrich Lohse (Loriot) seiner Firma Schreibmaschinenpapier für die nächsten vierzig Jahre im Voraus. Deshalb vorzeitig in den Ruhestand versetzt, steht Pappa mittags vor der Haustür und verkündige die «freudige» Überraschung: Ab sofort werde er seine Erfahrungen dem Haushalt und der Familie zur Verfügung stellen. Der 2011 verstorbene Loriot in Bestform! Mit seinem unnachahmlichen Humor versteht er es, die Tücken des Alltags aufzuspüren und mit Liebe zum Detail zu porträtieren – diesmal mit einem Früh- und Zwangspensionierten. PS

«Pauline & Paulette»

Der Spielfilm von Lieven Debrauwer erzählt die Geschichte von Pauline, einem Kind von 66 Jahren, das weder lesen noch schreiben noch korrekt sprechen kann, und ihren zwei Schwestern, die sie bei sich aufnehmen sollten. Was zwischen diesen drei Frauen geschieht, ist ein wunderbares Spiel der Beziehungen: Zuneigung und Ablehnung, Zärtlichkeit und Verweigerung, Annäherung und Rückzug. Heiter, manchmal auch bissig, doch immer menschenfreundlich diese Lektion in Zwischenmenschlichkeit. > Trailer

«La petite chambre»

Der an den Solothurner Filmtagen ausgezeichnete «Schweizer Spielfilm» des Jahres 2010: Stéphanie Chuat und Véronique Reymond erzählen in ihrem berührenden Erstling von der Beziehung zwischen einem alten Mann (Michel Bouquet), der sein Leben bis zum Ende ohne Bevormundung leben will, und von einer jungen Frau (Florence Loiret Caille), die nach einem Schicksalsschlag ins Leben zurückfindet. Bildstark, vielschichtig, bedeutungsvoll, ohne anstrengend oder verschlüsselt zu sein, entdeckt man dennoch beim wiederholten Sehen immer Neues. PS

«Les petits fugues»

Gelegentlich, wie in «Les petits fugues» (1978) von Yves Yersin, gelingt alten Menschen mehr, als nur Nein zu sagen und eigene Wege zu gehen. Nach dreissig Jahren Arbeit auf dem Bauernhof hat der Knecht Pipe seine Freiheit entdeckt. Er beginnt, Schritt um Schritt sich selbst zu verwirklichen, hebt ab mit seinem aus der AHV erstandenen Moped und fliegt über Feld und Wald, gen Himmel. Einer der wichtigen Filme des «neuen Schweizer Films», der auch über die Jahre hinaus noch eine Botschaft hat, die zählt. PS > Trailer

«Il più bel giorno della mia vita»

Durch die unbestechlichen Augen eines Kindes gesehen, entfaltet sich das Bild einer italienischen Familie über drei Generationen. Die Grossmutter (Lisa Virni), eine noch jugendliche ältere Dame, lebt allein in ihrer alten Villa voller Erinnerungen. Für sie sind die Familienzusammenkünfte das Ein und Alles. Zu ihrem grossen Bedauern sind ihre drei Kinder mit dem eigenen Leben schon genug beschäftig. Ein heiter-realistisches Geflecht aus Liebe, Betrug und Selbstbetrug. Am Filmfestival von Montreal gewann der Film von Cristina Comencini 2002 den Grossen Preis. PS

«Les plages d’Agnès»

Agnès Varda, die heute 81-jährige Filmregisseurin, Fotografin und neu auch Schöpferin von (Video)-Installationen, blickt auf mehr als ein halbes Jahrhundert Erfahrung zurück. In dieser Zeit drehte sie über zwei Dutzend Filme, die alle durch ihren Stil der «cinécriture» gekennzeichnet sind: Spontane Zufälle, willkürliche Begegnungen und Lebenserfahrung fliessen in ihren Film ein, der zwischen Wirklichkeit und Spiel, Dokument und Fiktion pendelt. Ein filmisches Selbstporträt, das die Frage thematisiert, «wie man Erinnerung sichtbar machen kann.»

«Die plötzliche Einsamkeit des Konrad Steiner»

Der 75-jährige Schuhmacher (Sigfrit Steiner in einer Glanzrolle) muss im Film des in der Zwischenzeit verstorbenen Pioniers des «neuen Schweizer Films», Kurt Gloor, aus dem Jahre 1976 nach dem Tod seiner Frau Werkstatt und Wohnung räumen, verliert Beruf und Heimat, Aufgabe und Besitz: seine ganze Existenzgrundlage. Er wehrt sich und hat Erfolg, gewinnt eine neue Autonomie und Selbstbestimmung. Ein Film, der auch Leuten in der Altersarbeit etwas zu sagen hat. PS

«Potiche»

Cathrine Deneuve und Gérard Depardieu spielen unter der Regie von François Ozon einen unterhaltsamen Schwank, der im Jahre 1977 spielt und die Geschichte eines weiblichen Emanzipationsversuchs beinhaltet. Vor allem auf einfallsreiche, leicht kitschige Unterhaltung angelegt, bietet der Film, der beiden Protagonisten wegen, etwas mehr: die Geschichte einer früheren, längst vergessenen Lieben, die in den alten Tagen wieder aufflackert, berührt sympathisch und anregend zugleich. PS

«Pranzo di ferragosto»

Gianni, ein Mann mittleren Alters, lebt als einziger Sohn immer noch mit seiner verwitweten Mutter in einem alten Haus im Zentrum von Rom und steht unter ihrer Fuchtel. Seine Tage verbringt er zwischen Haushalt und Osteria. Vor Maria Himmelfahrt macht ihm sein Hausverwalter den Vorschlag, er erlasse ihm sämtliche Schulden, wenn er sich während der Feiertage um seine alte Mutter kümmere, damit er in die Ferien fahren könne. Am Schluss sind es vier lebenslustige Omas, die bei ihm ihren Altweibersommer feiern. Aus Spontaneität und Übermut lebender Altersfilm von Gianni Di Gregorio. PS > Trailer

«Red»

Frank, Joe, Marvin und Victoria waren einst Top-Agenten des CIA, doch ihr geheimes Wissen macht sie als Pensionäre zu Angriffszielen der Agency, und bald sehen sich die Vier mit einem Hagel von Mordanschlägen konfrontiert. Des Pensionärs-Daseins ohnehin überdrüssig, müssen sie besser, schneller und härter als ihre jüngeren Kollegen agieren, und dazu setzen sie ihre jahrlange Erfahrung, ihre Durchtriebenheit und ihr Teamwork ein. Ein spannungsgeladener Actionthriller mit den üblichen Schlägereien und Schiessereien, doch ohne viel Substanz. PS

«Reise nach Tokyo»

Eines der absoluten Meisterwerke der Filmgeschichte. Die Grosseltern Shukichi und Tomi Hirayama besuchen ihre erwachsenen Kinder in Tokyo. Dort erkennen sie jedoch, dass der älteste Sohn und die älteste Tochter wenig Zeit für sie haben. Einzig Noriko, die Witwe des im Krieg gefallen Sohns, bemüht sich um ihre Schwiegereltern. Nach wenigen Tagen werden sie abgeschoben, bis sie nach Tokyo zurückkehren. Bei der Rückfahrt in den Heimatort erkrankt Tomi, zurück in der eigenen Wohnung verschlechtert sich ihr Zustand, die Kinder eilen an ihr Sterbebett, doch nach der Beerdigung reisen alle möglichst schnell wieder ab. PS

«Sarabande»

Dreissig Jahr nach ihrer Trennung treffen sich Johan und Marianne wieder. Johan, ein Professor im Ruhestand, lebt zurückgezogen im Ferienhaus seiner Grosseltern. Unvermittelt beschliesst die Rechtsanwältin Marianne, ihren Ex-Mann Johan aufzusuchen. Nach der herzlichen Begrüssung erleben sie intensive Wochen miteinander und schauen gemeinsam auf ihr Leben zurück. Ein ergreifendes Beziehungsdrama, ein Meisterwerk. Der letzte Film von Ingmar Bergman aus dem Jahre 2003, die Fortsetzung von «Szenen einer Ehe», wiederum mit Liv Ullmann und Erland Josephson, über Macht, Befreiung, Liebe und Versöhnung. PS Trailer

«Satte Farben von Schwarz»

Liebesgeschichte von Anita und Fred, die seit 50 Jahren verheiratet sind. Der Herbst des Lebens hat für sie begonnen, doch sie leben ihre Liebe weiter, selbstbestimmt, nicht symbiotisch. Er ist unheilbar krank, was er vor seiner Familie verheimlicht. Nur sie weiss um seine Krankheit. Der Spielfilm mit Bruno Ganz und Senta Berger in den Hauptrollen ist über weite Strecken eindrücklich und berührend – auch wenn der Schluss unvermittelt kommt und psychologisch und sozial kaum begründet wird. Diplomfilm von Sophie Heldman. PS

«Der Schmetterling»

Der Schmetterlingssammler Julien bricht auf, um Isabelle, einen besonders schönen Nachtfalter, zu suchen. Er freut sich auf schöne Bergwanderungen, hat jedoch die Rechnung ohne Elsa, das oft allein gelassene Mädchen von nebenan, gemacht. Dieses hat beschlossen, die Reise heimlich mitzumachen. Es gelingt ihm nicht, die blinde Passagierin loszuwerden. Gemeinsam auf dem Weg in die Berge, entdeckt der alte Sonderling mit Elsa, die ihm mit ihren unbekümmerten Fragen ganz schön zusetzt, neue Dimensionen des Lebens. Spielfilm von Philippe Muyl. Geeignet auch für Kinder. PS

«Small world»

1997 hat Martin Suter seinen Roman «Small World» veröffentlicht. 2010 haben der französische Regisseur Bruno Chiche mit Gérard Depardieu und Alexandra Maria Lara in den Hauptrollen und weiteren Spitzendarstellerinnen und -darstellern daraus einen spannenden und gleichzeitig bedeutungsvollen Film gedreht. Ein spannender Gesellschafts-Thriller der gleichzeitig eine exakte Studie über die Alzheimerkrankheit ist: eindrücklich und herausfordern wie das Buch, welches für viele zum Besten gehört, was über Alzheimer bisher geschrieben wurde. PS

«Solas»

Maria wird vom Leben nicht verschont. Um ihrem herrschsüchtigen Vater zu entkommen, verlässt sie Dorf und Familie und lebt isoliert im Armenviertel von Sevilla. Als er in die Stadt ins Spital muss, zieht ihre Mutter zu ihr. Maria merkt, dass sie von einem Mann, der zu ihr gleich herzlos ist wie ihr Vater zu ihrer Mutter, schwanger ist. Die Mutter freundet sich mit einem alten, menschenscheuen Nachbarn an und knüpft mit dieser Bekanntschaft ein Band, das der Tochter nach ihrer Abreise hilft. Der Film des Spaniers Benito Zambrano ist ein Hymnus auf die Liebe alternder Menschen. PS > Trailer

«Something’s gotta give»

Harry (Jack Nicholson), der ewige Junggeselle, geht grundsätzlich nur mit Frauen unter 30 aus. Mit seiner neuesten Flamme Marin will er ein romantisches Weekend im Strandhaus ihrer Mutter auf Long Island verbringen, doch plötzliche Schmerzen in der Brust torpedieren seinen Plan. Marins Mutter Erica (Diana Keaton) ist alles andere als begeistert, als sie Harry gesundpflegen soll. Doch als die beiden allein sind, staunt Harry nicht schlecht: Erstmals fühlt er sich zu einer älteren Frau hingezogen, die schliesslich auch die Liebe neu entdeckt. Hollywood-Komödie von Nancy Meyers mit viel Lebensweisheit. PS

«Sonntagsvierer»

Vier frisch gebackene Rentner erfüllen sich mit einem gemeinsamen Golfwochenende in den Bergen einen lang gehegten Wunsch. Kaum angekommen, konfrontiert Emil seine Freunde Bruno, Dieter-Thomas und Fritz mit einer tragischen Nachricht: Er ist unheilbar krank und will sterben. Für seine Freunde ist jedoch klar: Bevor sich Emil aus dem Staub machen kann, muss er sich dem Leben noch einmal stellen. Eine Komödie über Liebe und Verrat, Freundschaft und Versöhnung. Fürs Fernsehen als leichte Unterhaltung mit einem ernsten Thema zugeschnittener Spielfilm von Sabine Boss. PS

«Sous le sable»

Jahr für Jahr verbringen Jean und Marie (Charlotte Rampling) im bekannten Ritual von Menschen, die sich schon lange kennen, ihre Sommerferien am Atlantik. Doch dieses Jahr geschieht etwas Unerwartetes; während die fünfzigjährige Frau am Strand schläft, verschwindet ihr sechzigjähriger Mann. Ist er ertrunken? Geflohen? Sie wird konfrontiert mit dem rätselhaften Verschwinden und versucht, Abschied zu nehmen. Der Franzose François Ozon wurde zu diesem Film von einem eigenen Erlebnis als Kind inspiriert. Er stellt darin bohrende Fragen, die auch uns auf dem Grund der Seele treffen. PS > Trailer

«Der späte Frühling»

Glück, Vergänglichkeit, Tradition, Zerfall, Sorge, Einsamkeit sind einige der Themen des grossen japanischen Regisseur Yasujiro Ozu. Professor Shukichi Somiya ist sechzig und Witwer. Seine Tochter Noriko sorgt für ihn und führt den gemeinsamen Haushalt. Sie ist 24-jährig und sollte verheiratet werden, meint der Vater, im vollen Bewusstsein, dass deren Wegzug ihn einsam machen wird. Die Tochter wehrt sich, weil sie den Vater nicht allein lassen will. Sie ist mit ihrer Situation zufrieden und erfindet zum Schutz eine kleine Geschichte. Am Ende findet dann doch eine Hochzeit statt. PS

«Stelzen»

Elegisch und meditativ kommt der Spielfilm von Carlos Saura daher: Stimmungen einer Altersdepression, sensibel nachgelebt in kultivierten Erinnerungen und erotischen Träumen eines Professors, dessen Frau gestorben ist und der Selbstmord begehen will. Er wird in Theateraktivitäten einer jungen Nachbarin hineingezogen, so dass Kreativität und Liebe kurz seine Lebensgeister wecken. Die stille Versenkung in das lahmgelegte, wieder erwachende und aufs Neue abgewürgte Lebensgefühl des Alten endet endgültig in der Melancholie.

«Still walking»

Der preisgekrönte Spielfilm des Japaners Hirokazu Kore-eda erzählt die Geschichte einer Familie mit erwachsenen Kindern, die an einem einzigen Sommertag spielt. Sie treffen zusammen, um des verstorbenen Sohnes und Bruders zu gedenken, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Obwohl alles noch wie früher ist, das gemütliche Haus, das Festmahl der Mutter, haben sich dennoch alle im Laufe der Zeit verändert. Eine Familie, durch Liebe verbunden und Ressentiments getrennt. Zwischen leisem Humor und wehmütigem Kummer balancierend, porträtiert der Regisseur, wie bemühend und wertvoll zugleich das Leben in der Familie sein kann. PS > Trailer

«The straight story»

Der 73-jährige Alvin Straight kann wegen seiner schlechten Augen und eines Knochenleidens nicht mehr Auto fahren, und Geld für lange Reisen hat er auch nicht. Was er sich jedoch in den Kopf gesetzt hat, gibt er nicht auf. Er will seinen in der Ferne lebenden todkranken Bruder Lyle besuchen, den er wegen eines Streites seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Bereit, den Stolz und Ärger zu vergessen, will er Frieden schliessen. Nach einem gescheiterten ersten Versuch macht er sich mit einem motorisierten Rasenmäher auf den Weg. Der Film von David Lynch ist oft skurril, doch nie ohne Tiefsinn. PS > Trailer

«Strangers in good company»

Während einer Busfahrt durch Kanada lernen sich sieben Frauen zwischen 69 und 88 Jahren kennen. Nachdem der Bus einen Motorschaden erleidet, sind die Frauen gezwungen, in einem leer stehenden Haus Unterschlupf zu suchen. Weit entfernt von andern Menschen warten sie, bis jemand auf sie aufmerksam wird. Dabei kommen sie sich durch ihre verschiedenen Erfahrungen näher und erzählen sich aus ihrem Leben und ihren Träumen. Der Film von Cynthia Scott überzeugt durch die Natürlichkeit seiner Darstellerinnen, fast alles Laien, die ihr Leben in den Film einbringen.

«Tanz des Windes»

Fünftausend Jahre alt ist die Tradition, von der Rajan Khosas Film erzählt. Ihr zufolge lehren die Eltern ihre Kinder die Lieder der Weisheit, die es ihnen ermöglichen, das Leben und das Schicksal mit grosser Gelassenheit zu tragen. Der Filmer meint, es fliesse in den Adern des indischen Menschen etwas, was der weltweit vorherrschenden Reizüberflutung standhalte, «das ganz uns gehört». Pallavi ist eine junge, erfolgreiche Sängerin, die diese Kunst bei der Mutter gelernt hat, doch noch nicht beherrscht. Nachdem die alte Frau stirbt, ist die Tochter überfordert und verstummt mitten in einem Konzert. PS

«Tatie Danielle»

Alte habe anständig, gesittet, weise zu sein, heisst es. Alte können aber auch widerborstig, stur, eklig sein, zeigt der 1990 entstandene Film «Tatie Danielle» von Etienne Chateliez. Eine «unwürdige», ja unanständige, freche, böse, gehässige, abgefeimte, zynische Greisin führt darin ihr Regime. Solches sollte auch allen andern Alten zugebilligt werden, erst dann sind sie gleichberechtigt. Provokation, die oft Not tut, die nützlich und notwendig ist. Eine Thematik, die noch nicht genug diskutiert wird. > Trailer

«Teufels Grossmutter»

Unter dem Titel «Teufels Grossmutter» strahlte das ZDF 1986 eine 12-teilige Familienserie zu je 23 Minuten im Vorabendprogramm aus. Die beliebte Serie von Drehbuchautor Justus Pfaue und unter Regie von Rob Herzet handelt von den Sorgen und Freuden der Berliner Dreigenerationenfamilie Teufel, die eine Bootswerft betreibt. Oberhaupt der Familie Teufel ist die gleichermassen temperamentvolle wie auch durchsetzungsfähige Oma Dorothea Teufel, gespielt von Brigitte Horney, die aus zahlreichen Benjamin Blümchen -Episoden bekannt ist. PS

«Tree»

Julie Bertuccelli erzählt eine Geschichte über Liebe und Tod, Wirklichkeit und Träume, Traurigkeit und Glück. Dawn (eine grossartige, reife Charlotte Gainsbourg) und Peter leben mit ihren vier Kindern in einem Haus inmitten der Wildnis Australiens. Am Ende eines Arbeitstages bekommt Peter einen Herzinfarkt und rollt in den grossen Feigenbaum direkt vor dem eigenen Haus. Jäh scheidet er aus dem Leben, verliert die Familie ihren Vater und Gatten. Es beginnt eine Zeit des Trauerns, die jeder und jede anders durchlebt, in und mit einem Baum: ein berührender, poetischer Umgang mit dem Tod.

«La tête en friche»

Jean Becker erzählt eine Geschichte voller Humor und Lebensfreude, mit einem grossartigen Gérard Depardieu und einer begeisternden Gisèle Casadesus. Mit feinem Sprachgefühl ist hier eine Komödie gelungen, die zu Herzen geht, lustig, zärtlich und sentimental ist und immer menschlich bleibt. Sie erzählt davon, dass es nie zu spät ist, Neues zu lernen und glücklich zu werden. Eine wunderbare Dorfgemeinschaft, die Poesie des Landlebens, die an Marcel Pagnol erinnert, und mit viel Charme die Kultur des Herzens der so genannten «kleinen Leute» verbreitet. PS

«A thousand years of good prayers»

Der Witwer Shi aus China besucht seine Tochter Yilan in den USA, die in einer Beziehungskrise steckt, sich aber nicht «bemuttern» lassen will. Sie kommen sich erst näher, als er eine ältere Exil-Iranerin in einem Park trifft und sie sich verstehen. Jetzt kann er sich auch der Tochter gegenüber öffnen und zu seiner Lebenslüge stehen. Er stellt sich seiner Vergangenheit, und dies gibt ihm Hoffnung für die Zukunft. Jetzt beginnt er aus seinem Kern heraus neu zu leben: ein subtiler Film des chinesischen Regisseurs Wayne Wang. PS > Trailer

«Tocar el cielo»

Pedro, ein durchgeknallter alter Kauz und Literaturprofessor, legt sich im Film von Marcos Carnevale meist quer und geniesst die Freiheit und ebenso die Schönheit seiner «aufgestellten» Lebensgefährtin wie die einer jungen Studentin. In seiner Welt nimmt man es im Allgemeinen nicht so genau mit Regeln und Geboten, heisst es eher sowohl-als-auch, nicht entweder-oder, womit er dem unseligen «Mono» der Monokultur, des Monotheismus und der Monogamie (Al Imfeld) entkommt. Diese Befreiung macht ihm das Leben zur Feier. Trailer

«Tod eines Handelsreisenden»

Konflikt zwischen dem 63 Jahre alten Willy Loman und dessen Sohn Biff. Willy ist innerlich zerrissen. Biff hat seinem Vater nie verziehen, dass er seine Mutter betrogen hat, wird selbst zum Versager und schlägt sich mit billigen Jobs durchs Leben. Der Konflikt spitzt sich zu, bis Biff seinem Vater zeigt, wie sehr er ihn liebt. Willy begeht Selbstmord, damit seine verarmte Familie und Biff Geld aus seiner Lebensversicherung erhalten. Verfilmung von Volker Schöndorff eines Theaterstücks von Arthur Miller. PS

«Tout va bien»

Zu Beginn des Films von Claude Mouriéras ist alles im Lot. Drei Schwestern geniessen das Leben: Die älteste kümmert sich um den Haushalt und eine Tangoschule; die zweite ist vom wirtschaftlichen Erfolg geprägt und wähnt sich unentbehrlich; die dritte lebt als verkanntes Klaviertalent, geht allen auf die Nerven und ist dennoch gern gesehen. Das Glück ist ungetrübt, bis ihr Vater nach fünfzehn Jahren auftaucht und es zerstört. Er kommt als fremder, egoistischer Alter, der kein Zuhause mehr hat, sich vor dem Sterben an seine Töchter erinnert und darauf pocht, aufgenommen zu werden. PS > Trailer

«Der verkaufte Grossvater»

Aufzeichnung aus dem Theater der Josefstadt von Anton Hamik, bearbeitet von Franz Xaver Kroetz. Der Hof des Kreithofer-Bauern ist abgewirtschaftet, der Grundbesitz mit Hypotheken belastet, der Sohn Lois hat die ideale Frau noch nicht gefunden, und der Grossvater stellt der korpulenten Magd Zenzi nach. Da kommt das Angebot des reichen Haslinger-Bauern gerade recht, den Grossvater zu verkaufen, um zu Geld und Hof zu kommen. Bauernschwank der derben, billigen Art, der zudem voraussetzt, dass man das Wienerische etwas versteht. PS

«Die verlorene Umarmung»

Ariels Welt ist eine kleine, leicht heruntergekommene Ladenpassage in Buenos Aires, wo seine Mutter ein Geschäft hat, sein Bruder im Import-Export tätig ist. Seine Grosseltern sind auf der Flucht vor dem Holocaust aus Polen nach Argentinien gekommen. Er aber will verstehen, warum sein Vater nach seiner Geburt die Familie verlassen hat, um für Israel zu kämpfen, warum er nie zurückgekehrt ist, was der Familie offenbar gleichgültig ist. Dann steht der Vater eines Tages vor ihm und es kommt zur längst überfälligen Umarmung zwischen den beiden. Eine besondere Familiengeschichte des Argentiniers Daniel Burman. PS

«Vers le sud»

Anfangs der Achtzigerjahre war Haiti ein beliebtes Ferienziel, ein tropisches Paradies. Vor allem Touristinnen suchten dort die Gesellschaft junger Haitianer, die Charme, Zärtlichkeit und Sex gegen ein paar Dollar tauschten. Die Britin Helen und die Amerikanerin Brenda, zwei Frauen reiferen Alters, erlebten solches, bis ihr Flirt mit einem Schwarzen zur leidenschaftlichen Liebesgeschichte wird und schliesslich tragisch endet. Der Film der Französin Laurent Cantet schildert in wertfreier Offenheit die Geschichte einer Passion, gemischt aus Intimität, Macht und Geld, wie sie von Frauen nur selten gezeigt wird. PS > Trailer

«La vielle dame indigne»

In diesem Film zeichnet René Allio 1964, nach der Brecht-Erzählung «Die unwürdige Greisin», das Porträt von Madame Berthe (von Sylvie eindrücklich verkörpert), die nach dem Tod ihres Gatten auflebt, ein neues Leben beginnt: «Sie hatte die langen Jahre der Knechtschaft und die kurzen Jahre der Freiheit ausgekostet und das Brot des Lebens aufgezehrt bis auf den letzten Brosamen.» Grossartiger Schwarzweiss-Film, der viel Lebensweisheit enthält.

«Le vieil homme et l’enfant»

Film von Claude Berri aus dem Jahre 1967. Frankreich, 1944, zur Zeit der deutschen Besatzung. Claude ist acht Jahre alt und Jude, seine Eltern wechseln immer wieder den Wohnort aus Angst, denunziert zu werden. Schliesslich hilft der jüdischen Familie ein ihnen wohlgesinntes älteres Paar und verschont so den Jungen vor den Bombenangriffen. Der antisemitisch eingestellte Grossvater Pépé ahnt nichts von Claudes Herkunft, der geschickt einen katholischen Jungen mimt, und nimmt sich liebevoll des Kindes an, das ihm den heiss ersehnten Enkel ersetzt. PS

«Vitus»

Ein Meisterwerk des Schweizers Fredi M. Murer über das intellektuelle und musikalische Wunderkind Vitus. Dieser hat es nicht leicht, obwohl seine Eltern liebevoll und klug sind. In der Schule langweilt er sich oder nervt die andern. Am Klavier sollte er die Gäste beeindrucken, was er jedoch verweigert. Die Mutter setzt sich für die Karriere ihres Sohnes ein, überspannt jedoch den Bogen. Der Vater ist dagegen von seiner eigenen Arbeit absorbiert. So bleibt nur der Grossvater (Bruno Ganz in einer Glanzrolle) als Vertrauter von Vitus: als Quelle der Fantasie, der Kreativität und eines anderen Lebens. PS > Trailer

«Welcome to the Riley»

Auf einer Geschäftsreise trifft Doug in einem Striplokal in New Orleans auf eine junge Tänzerin. Die Ausreisserin macht sich an ihn heran, denn sie sieht in ihm einen typischen Freier. Doch Doug fühlt sich bei ihr auf schmerzliche Weise an seine Tochter erinnert, die vor Jahren bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Ein Verlust, mit dem weder er noch seine Frau Lois je richtig fertig geworden sind. Die unübliche Begegnung hilft ihnen schliesslich weiter. Eine Eltern-Kind-Beziehung in einem eindrücklichen Melodrama von Jake Scott, die zur Besinnung anregt.

«Weisser Engel»

Um seiner Familie nicht länger zur Last zu fallen, flieht der sterbenskranke Ahmet aus dem Krankenhaus und kommt schliesslich in einem Altersheim unter. Die Bewohner nehmen ihn freundlich auf. Alle miteinander gehen auf eine Reise vom Westen in den Osten der Türkei. Dort finden sie längst vergessen geglaubte Ideale wie Familienzusammenhalt wieder und werden mit dem Respekt behandelt, der ihnen gebührt. Das Regiedebüt des bekannten türkischen Musikers Mahsun Kirmizigül, der mit seinem Charme den Westen erobert, ist ein herzerwärmendes, ländliches Drama über den Familienzerfall – und dessen Gegenwelt. PS

«Whatever works»

Das von chronischem Pessimismus geprägte Weltbild des gescheiterten Physik-Professors Boris Yellnikoff wird schwer erschüttert, als ihm vor seiner New Yorker Wohnung die junge Ausreisserin Melody in die Arme fällt. Mit naiver Selbstverständlichkeit quartiert diese sich beim paranoiden alten Besserwisser ein und verliebt sich in ihn, was in eine ungleiche, doch erstaunlich erfüllte Ehe mündet. Die Ankunft von Melodys sittenstrengen Eltern stört die vermeintliche Idylle und führt zu einer chaotischen Kette aus absurden, romantischen Verwicklungen. Komödie von Woody Allen mit schönem Hintersinn. PS

«The whales of August»

DieSchwestern Libby und Sarah verbringen seit ihrer Jugend den Sommer in einem Holzhaus auf den Klippen einer Insel vor der Küste des amerikanischen Bundesstaates Maine. Früher konnten sie hier im August die Wale vorbeiziehen sehen, doch dies gibt es schon seit Jahren nicht mehr. Beide sind im hohen Alter, Libby ist blind und grantig, Sarah, verwitwet, kinderlos und kümmert sich um ihre Schwester. Die beiden Damen gehen hinaus auf eine Klippe und hoffen, doch noch einmal diese Wale zu sehen. Altersdoppelporträt von Lindsay Anderson.

«Whisky»

Der 60-jährige Jacobo, Besitzer einer heruntergekommenen Fabrik, lebt allein. Marta ist seine rechte Hand. Als sein Bruder Herman meldet, er werde zur Grabsteinsetzung für die Mutter anreisen, gibt Jacobo seine Mitarbeiterin Marta als seine Ehefrau aus. Herman, der wegen Jacobos jahrelanger Pflege der kranken Mutter ein schlechtes Gewissen hat, lädt die beiden zu einem Ausflug ein. Dabei verändern sich ihre Beziehungen, ihr innerer Reichtum offenbart sich. Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll aus Uruguay lieben ihre Figuren, weshalb auch im Film etwas davon auf uns überspringt. PS > Trailer

«Wilde Erdbeeren»

Ein alter Arzt macht sich auf zur 50-Jahr-Feier seiner Promotion, was zu einer Reise in seine Vergangenheit wird. Während eines Krankenhausaufenthaltes schrieb Ingmar Bergman 1957 das Drehbuch zu diesem Film. Obwohl es zu seinen Frühwerken gehört, gilt es als eines seiner besten. Er verwendete hier Sujets und Stilmitteln, die später zu seinen Charakteristika wurden. Wie nur selten in der Filmgeschichte gelingt es hier dem Meisterregisseur, auf gültige Art die entscheidende Frage nach dem Sinn des Lebens und der Liebe zu stellen. PS

«The written face»

Der Film von Daniel Schmid aus dem Jahre 1995 ist der leidenschaftliche Versuch einer Annäherung an den japanischen Kabuki-Star Tamasaburo Bando. Er gliedert sich in vier Akte: Dem Auftakt mit dem Tanz der betrunkenen Schlange, dem ältesten Mythos Japans, folgt der dokumentarische Teil der Begegnung mit einer Geisha und Tänzerin, einer Filmschauspielerin und einem Butoh-Tänzer. Der nächste, «Twilight Geisha», stellt eine spielerische Variation des Geisha-Themas dar, und im vierten Teil tanzt Tamasaburo ein Kabuki-Stück.

«Wolke 9»

Inge geht auf die 70 zu, aber fühlt sich wie 17. Karl wird bald 80. Sie haben sich verliebt, aus Leidenschaft und für Sex. Sie ist aber seit 30 Jahren mit Werner verheiratet und liebt ihren Mann, denn er war immer gut zu ihr. Doch Liebe kann auch tragisch enden. Der Film von Andreas Dresen, ein kleines Meisterwerk, trifft ins Herz, stellt ernste Fragen zum Alter und hat im Publikum eingeschlagen. Sich in diesem Alter, wo nicht mehr viel Zeit bleibt, mit dieser Situation auseinandersetzen, braucht Zeit, kann Kummer machen und Schmerz bereiten. PS  > Trailer

«Yi Yi»

Was der Taiwaner Edward Yang mit seinem vielfach preisgekrönten Film «Yi Yi» vorlegt, ist eines der seltenen Meisterwerke der Siebten Kunst. Er zeigt vordergründig das Leben einer Familie im heutigen Taipeh. Doch Yang behandelt nicht Themen, sondern anhand der Themen das Ganze, das Leben, den Erdkreis. Bei diesen «Spiegelungen des Lebens» spannt er einen Bogen von der Geburt bis zum Tod, einen Lebenskreis von universeller Bedeutung. Er handelt vom Wachsen und Reifen, Älterwerden und Sterben, von Liebe, Trauer und Lust, von Trennung, Sehnsucht, Freude, Streit, Freundschaft, Reue, Erfolg und Sehnsucht. PS

«Zusammen ist man weniger allein»

Die bezaubernde Camille (Audrey Tautou) lebt zurückgezogen in einer heruntergekommenen Dachwohnung in Paris. Ihr Leben ändert sich, als der schüchterne Historiker Philibert ihr Unterschlupf gewährt. Dieser lebt in einer Wohngemeinschaft mit Franck, einem Koch und Schürzenjäger. Die Vierte im Bunde wird Francks Grossmuter Paulette, die sich nicht mit einem Leben im Altersheim abfinden mag. Das Quartett lebt, streitet und liebt fortan gemeinsam, denn zusammen ist man bekanntlich weniger allein. Französischer Wohlfühl-Film von Claude Berri. PS

«2030 – Aufstand der Alten»

12. September 2030: Die Bundesregierung tritt geschlossen zurück. Hat es etwas mit der Rentenproblematik zu tun? Lena Bach, Journalistin des ZDF, nimmt die Recherchen auf und führt in ein erschreckendes Szenario. Dreiteiliger sozialkritischer Thriller, der ein Horrorszenario an die Wand malt, nach dem die Alten in den Heimen durch Roboter abgefertigt werden. In der Form eines Krimis werden mögliche Zukunftsszenarien skizziert und damit Diskussionen provoziert. PS

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«Il Bacio di Tosca» von Daniel Schmid. Ehemalige Künstlerinnen und Künstler der Oper lassen ihre Vergangenheit im Altersheim wieder auferstehen.

 

Dokumentarfilme, die das Alter deuten

«Das Album meiner Mutter»

Eine 94-jährige Mutter erzählt ihr ganz gewöhnliches Leben. Ihr Mann war ein Bauernsohn im Emmental, ihn prägten die Erlebnisse im Zweiten Weltkrieg. Auf dem letzten Bild hält er sein erstes Urgrosskind in den Armen. Er will nicht ins Altersheim, er stirbt zu Hause. Die Mutter muss sich allein zurechtfinden. Sie ist in einem Heim aufgewachsen, leidet an Einsamkeit. Schliesslich liegt sie im Sterben. Die vergangene Welt seiner Eltern ist der Ausgangspunkt für Reflexionen über Bilder, Erinnerungen und Veränderungen in der Zeit in diesem 71-minütigen Filmessay von Christian Iseli. > Trailer

«Eine andere Geschichte»

Eine Filmtrilogie mit politisch aktiven Frauen in der Schweiz von Tula Roy und Christoph Wirsing über die Zeit von 1960 bis 1991. Dreimal 60 Minuten, französisch (deutsch untertitelt) und schweizerdeutsch. Die drei Filme geben einen guten Einblick in die politische Arbeit der Frauen in der Schweiz. Ihre Erzählungen sind illustriert mit Filmausschnitten. Ein spärlich eingesetzter Kommentar funktioniert als Bindeglied und stellt Querverbindungen zwischen den nationalen und internationalen Ereignissen her. Jeder der drei Teile ist in sich geschlossen und stellt eine bestimmte Epoche der Frauenbewegung in der Schweiz dar.

«Alt-Tage»

Wie einen Fächer breitet die Filmemacherin Marlies Graf mit viel Sensibilität und Empathie Bilder des Alters vor uns aus: nicht einseitig negative oder einseitig positive, sondern differenzierte. Gleichzeitig werden als Begegnungen mit dem Alter, so der Untertitel, Leistungen der Altersarbeit dargestellt. Konkret aufgezeigt werden diese am Beispiel der Pro Senectute. Der 42-minütige Dokumentarfilm eignet sich zur allgemeinen Einführung ins Thema und zur Behandlung der umschriebenen Aspekte. Mehr als ein gewöhnlicher Auftragsfilm, eine Betrachtung über das Alter. PS

«Les années Schwarzenbach»

52-minütiger Dokumentarfilm von Katharine Dominice und Luc Peter. 1970 und 1974 stimmte das Schweizer Volk über die so genannte Schwarzenbach-Initiative ab. Ihr Ziel war, den Ausländeranteil der Bevölkerung auf 10% bzw. 12% zu begrenzen. Ihre Annahme hätte die Ausweisung von mehr als 300 000 Personen zur Folge gehabt, die Hälfte der damaligen Fremdarbeiter im Land. Die beiden Initiativen wurden abgelehnt, wirkten jedoch traumatisierend auf die Einwanderer, die in den 60er-Jahren in die Schweiz gekommen waren, um die Nachfrage nach Arbeitskräften für die Wirtschaft zu befriedigen. PS > Trailer

«Antonia lässt los»

Antonia Bianchi sah den Film «Besser Sterben» und schlug der Filmemacherin Marianne Pletscher vor, über sich einen Film zu drehen, denn sie litt an der unheilbaren Muskelkrankheit ALS. Zu einem Zeitpunkt, als sie fast vollständig gelähmt war, wollte sie mit ihrem Partner Marco nochmals aufs Riesenrad, wollte etwas Verrücktes erleben. So war sie immer. Anderes musste sie mühsam lernen: Geduld und Loslassen, Abschied nehmen vom Körper, dem Tun, den Menschen. Sie hat es gelernt und lebt es hier vor. Eindrucksvoller und berührender Fernseh-Dokumentarfilm zum Thema Sterben und Sterbebegleitung. PS

«Arme Seelen»

Der Dokumentarfilm von Edwin Beeler bereist mystische Landschaften der Zentralschweiz, wo Alteingesessene, aufgewachsen im Selbstverständnis einer katholisch geprägten Welt, sagenhafte Geschichten von den «armen Seelen» und von selbst erlebten, rätselhaften Begegnungen mit Verstorbenen erzählen. Vielleicht ist es wahr, dass der Mensch nach seinem Tod weiterlebt und über sein Erdenleben Rechenschaft ablegen muss; vielleicht ist es Einbildung oder Aberglaube. Der Film lässt diese Fragen offen und regt damit zu Diskussionen an. Die DVD enthält interessantes Zusatzmaterial. PS > Trailer

«Aus Galizien in den Aargau»

Jerzy Czarnecki, der Protagonist des Films, könnte sich damit begnügen, einen ruhigen Lebensabend zu geniessen, nachdem er viele Jahre beim Bundesamt für Energie tätig war. Doch ausgehend von einer Reise nach Mosty Wielkie, der Stadt, in der er seine Jugend verbrachte und die er 1941 verlassen hat, geht der Film den Orten und Ereignissen nach, die für ihn bestimmend waren: Flucht vor den Nazis im Zweiten Weltkrieg, Zwangsarbeit in Deutschland, Aufbau eines neuen Lebens in Polen und schliesslich Emigration in die Schweiz. Eine 45-minütige Reise in die Vergangenheit, von Susanne und Peter Scheiner. PS

«Balade fribourgeoise»

Dreiviertelstündiger Film der Schweizer «Grande dame» des ethnologischen Films. In seinen Erinnerungen an Vergangenheit und Begegnungen in der Gegenwart, spaziert der Alphirt durch die sieben Bezirke des Kantons Fribourg und zeigt dabei viel Sehens- und Wissenswertes auf eindrückliche Weise. Ein weiteres Beispiel der über 60 Filme von Jacqueline Veuve, die schon mit Jean Rouche (Pariser Musée de l’homme) und Richard Leacock (Massachusetts Institute of Technology) gearbeitet hat. Ein eindrückliches Porträt eines Kantons, das sich auszeichnet durch einen Reichtum an menschlichen Einblicken. PS > Trailer

«Besser sterben»

DieSchweizer Dokumentaristin Marianne Pletscher zeigt mit ihrem Fernsehfilm über den Alltag in der geriatrischen Abteilung des Limmattalspitals bei Zürich auf, wie der Umgang mit dem Sterben auf eine gute Weise gelebt werden kann. Im Allgemeinen haben Menschen ja Angst, nicht in Würde sterben zu dürfen, ohne liebe Menschen, allein im Spital gelassen. Der Film bringt dazu vielfältige Gegenbilder, «was man alles darf, wenn man nichts mehr kann». So starben während der Dreharbeiten drei Menschen, und gleichwohl steht nicht der Tod, sondern das Leben im Zentrum des Filmes. PS

«Beyond this place»

Er war ein Hippie-Pionier aus Maui, den Drogen und dem Radsport verpflichtet, «Stoned for 40 Years» betitelt Cloud Rock La Belle sein Leben. Jetzt fordert ihn sein Sohn Kaleo zu einer Fahrradtour durch den Nordwesten der USA heraus. Nachdem Cloud Rock 30 Jahre keine Beziehung zu ihm hatte, versucht er zu verstehen, was sein Vater meinte, wenn er «Ich liebe dich» sagte. Die gemeinsame Tour ist körperlich und emotional anstrengend. Schaffen sie es, über ihren eigenen Schatten zu springen und die Werte des jeweilig anderen zu akzeptieren? Kann der Sohn dem Vater verzeihen? Dokumentarfilm von Kaleo La Belle. PS > Trailer

«Bilder der Erinnerung»

Die DVD mit dem Untertitel «Geschichte und Geschichten der Grenzregion Basel 1933 –1945» entstand in Anlehnung an das Buch «Orte der Erinnerung» von Heiko Haumann, Erik Petry und Julia Richers. Dieses versammelt Aussagen von Zeitzeugen, die Basel und die umliegenden Gebiete während des Nationalsozialismus, der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit erlebt haben. Der Autor und Filmemacher Alex Hagmann veranschaulicht Geschichte anhand von individuellen Schicksalen: Erzählungen aus unterschiedlichen Perspektiven, Ereignisse aus unterschiedlichen politischen Haltungen. Oral History. PS

«Breath made visible»

Dokumentarfilm des Schweizers Ruedi Gerber über da Leben und Wirken von Anna Halprin, einer der einflussreichsten, doch viel zu wenig bekannten Grössen des modernen Tanzes. Seit mehr als sieben Jahrzehnten stellt sich die mittlerweile fast neunzigjährige Tänzerin und Choreografin die Frage: Was ist Tanz? Ihre Suche nach einer Antwort hat in den USA eine Ära der Experimente in Theater, Musik, Happening und Performances eingeleitet und den Tanz neu definiert. Ein Film, der für die kreative Arbeit mit alten Menschen Anregungen und Herausforderungen liefert, indem er einen neuen Zugang zum Körper demonstriert. PS > Trailer

«Charlotte Rampling – The look»

Dokumentarfilm von Angelina Maccarone über und vor allem mit Charlotte Rampling: Filmschauspielerin, Stilikone, Tabubrecherin, Avantgardistin, 1946 geboren. Sie arbeitete mit Visconti, Newton, Allen und am liebsten Ozon und Oshima. Dabei wurde sie oft als Objekt der Begierde inszeniert. Hier aber ist sie das selbst bestimmte Subjekt: eine Frau mit grosser Lebenserfahrung und Lebensweisheit. Sie macht wesentliche Aussagen über Alter, Schönheit, Begehren, Tod und Liebe. > Trailer

«Così siamo arrivate fino adesso»

52-minütiger Dokumentarfilm von Maya Schumacher und Gianni Pauciello über fünf biografische Erzählungen, der berührende Einblicke in die Vergangenheit und Gegenwart der Protagonistinnen bietet: Italienerinnen und Italiener, die in den 50er- und 60er- Jahren als billige Arbeitskräfte in die Schweiz kamen, leisteten einen unermesslichen Beitrag für den Wohlstand des Landes, was heute kaum mehr bestritten wird. In den Berichten über die erste Einwanderungsgeneration stehen meist die Männer im Vordergrund; hier aber wird gefragt, wie es um die Frauen, damals und im AHV-Alter, erging und ergeht? PS > Trailer

«Damen und Herren ab 65»

Der Dokumentarfilm von Lilo Mangelsdorff über eine Choreografie von Pina Bausch (1940 bis 2009) mit Seniorinnen und Senioren öffnet uns die Augen, welche Möglichkeiten ältere Menschen haben, sich mit dem Medium Tanz zu entwickeln, zu entfalten, über sich hinauszuwachsen. Die 25 aus 150 ausgewählten Personen probten ein Jahr lang bis zur Premiere der Neufassung des klassischen Stückes «Kontakthof». Dabei lernten sie sich, ihren Körper, ihre Sinne und ihren Geist kennen, nehmen dies alles erst eigentlich in Besitz. Ein Film, der Mut macht und das Alter als Chance erleben lässt. PS > Trailer

«La famiglia»

Eingerahmt in zwei Familienfotos, aufgenommen 1906 zum Beginn und 1986 zum Ende, entrollt der Italiener Ettore Scola seine Familienchronik, von der er sagt: «Ich hoffe, dass jeder dort seine eigene Familie wiedererkennen wird.» Achtzig Jahre, in denen die Familie von Carlo durch Höhen und Tiefen des Lebens geht, Freude, Kummer, Krankheit, Tod und neues Glück erlebt. Chronik des Mikrokosmos einer Familie und gleichzeitig die Geschichte eines Jahrhunderts und einer Gesellschaft im Wandel.

«Fluten – Wie man wahnsinnig werden kann»

Zweimal in ihrem Leben ist Frau K. in eine schwere Depression gefallen: einmal in den frühen fünfziger Jahren als junge Frau nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes, das andere Mal vor zehn Jahren nach dem Tod des zweiten Mannes. Seitdem lebt die 78-Jährige in einem psychiatrischen Pflegeheim. Vor Kurzem hat sie begonnen, ihre Erinnerungen in Form von fragmentarischen Geschichten und Liedern auszudrücken, deren Themen eine schwere Traumatisierung ausdrücken. Der Regisseur und Kameramann Niels Bolbrinker folgt im Film den Spuren der Erzählungen und Gesängen der Mutter und versucht, sie zu entschlüsseln. PS

«Flying home»

1939 wandert Walter Otto Wyss von Zürich in die USA aus, im Gepäck zwei Leidenschaften: Automobile und Fotografie. In seiner Wahlheimat entwickelt er ein Hybridauto, das jedoch nie produziert wird. Nach einer Liebesbeziehung in Los Angeles lernt er in Tokyo Japanisch und verbringt die letzen 30 Jahre einsam auf Hawaii. Trotz vieler Gelegenheiten, seinen Traum von Freiheit, Erfolg und Geborgenheit zu verwirklichen, kann er sich nie von der Schweiz und seiner Mutter lösen. Auf persönliche Art und Weise erzählt der Dokumentarfilmer Tobias Wyss die Geschichte seines Onkels. > Trailer

«Die Frau des Fotografen»

Gerti Gerbert wurde von ihrem Mann Eugen, dem Filmautor, während mehr als vierzig Jahren fotografiert. Von ihrer Heirat bis zu Eugens Tod entstanden neben den obligatorischen Familienfotografien zahllose Fotos von Gerti: in Unterwäsche, in selbst genähten Sommerkleidern oder ganz nackt, am Strand, im Wald, im Auto oder zuhause auf dem Fussboden. Anhand des Bildarchivs der Gerberts, Gesprächen mit Gerti und Aufzeichnungen von Eugen umkreist der halbstündige Dokumentarfilm die Frage, was am Ende vom Leben und von der Liebe bleibt. Sich wohlfühlen in seiner Haut. PS

«Frau Mercedes – Alt werden auf dem Autostrich»

Sie hatte Tausende Männer, liebt aber eigentlich Frauen, sie verkauft ihren Körper, aber nicht ihre Seele, könnte reich sein, hat aber alles verlebt. Frau Mercedes arbeitet seit 35 Jahren auf dem Autostrich in Bern. Ein intimes Porträt über das Altwerden als Prostituierte: Der Dokumentarfilm über ein untergehendes Stück Schweizer Sittengeschichte ist das Porträt einer besonderen Form des Älterwerdens, die viel Allgemeinmenschliches enthält. Gespräch mit Vertretern der Kriminalpolizei und einer Sozialarbeiterin von Xenia. 52-minütiger Dokumentarfilm von David Fonjallaz, Simon Jäggi und Louis Mataré aus dem Jahr 2007. PS > Trailer

«Die Frau mit den fünf Elefanten»

Svetlana Geier, die inzwischen 85-jährige Übersetzerin, hat die fünf grossen Romane Fjodor Dostojewskijs, die «fünf Elefanten» genannt, darunter «Die Brüder Karamasow» und «Verbrechen und Strafe» (so der Titel ihrer Neuübersetzung von «Schuld und Sühne»), vom Russischen ins Deutsche übertragen. Der Regisseur Vadim Jendreyko hat sich mit dieser aussergewöhnlichen Persönlichkeit auseinandergesetzt und einen sympathischen und bewegenden Dokumentarfilm über sie realisiert. Geduldig begleitet er sie und ihre Enkelin durch ihren Alltag und auf einer Reise in die Ukraine, den Ort ihrer Jugend, an den sie seit ihrer Flucht nie mehr zurückgekehrt war. PS > Trailer SW-Besprechung

«Früher oder später»

Der Berner Dokumentarist Jürg Neuenschwander begleitete sieben todkranke Menschen bis zum Sterben. Diese konnten «ihren» Film nicht mehr sehen, bieten uns jedoch an, sie in diesen schweren Stunden zu erleben: zum Nachdenken und zur Besinnung auf unsern eigenen Tod. Der Film macht das Intime des Sterbens öffentlich. Ehrfurcht vor dem Leben und dem Sterben durchdringt das Werk des Regisseurs und seines Kameramanns. «Man braucht den letzten Atemzug nicht zu filmen. Er findet in meinem Film im Kopf statt», meint der Autor und gibt an, wie wir damit umgehen können. PS

«Gente di mare»

Die«Casa di riposo per la gente di mare» in Camogli, südlich von Genua, gibt es seit 1934. Bei den Aufnahmen für diesen Dokumentarfilm begegnete der Schweizer Bruno Moll 1992 dort 30 betagten Seeleuten. Ein beschaulicher und meditativer Film über ein besonderes Altersheim. Ein Gedicht über die Beziehungen alter Seeleute zum Meer: als profaner Arbeitgeber und nie versiegende Quelle vielfältigster Emotionen und Projektionen. Die «an Land gespülten» Männer finden sich hier auf dem «zweiten Schiff» zu ihrer letzten irdischen Fahrt.

«Gottliebs Heimat»

Dokumentarfilm über den in Gösgen aufgewachsenen und kurz nach 1900 in die USA ausgewanderten Gottlieb Hoser. Der Film des Schweizer Filmemachers Bruno Moll zeichnet das Porträt eines Menschen, der in seinem Leben immer wieder aufgebrochen ist und immer wieder neu begonnen hat. Der mit einfachen Mitteln geschaffene Erstlingsfilm aus dem Jahre 1978 besticht durch seine Einfachheit, Unambitioniertheit und Bescheidenheit, ist authentisch und aussagekräftig.

«La grande eredità»

Eine makaber-ironische Familienrecherche von Fosco und Donatello Dubini, die sich immer tiefer in die Chronologie der Ereignisse seit dem Brand eines geerbten Hauses und der dazugehörigen Familiengeschichte der Dubinis als italienische Einwanderer im Tessin heranarbeitet. Ein familiärer Krimi, eine Reflexion über Erinnerung und Vergänglichkeit, ein Stück «Oral History». Die komplexe Erzählung der Geschichte dieser materiellen Hinterlassenschaft erweist sich als ein Stück privater und zugleich gesellschaftlicher Alltagsgeschichte. PS

«Herbstgold»

Frei nach dem Motto «Kopfstand statt Ruhestand» wollen Ilse, Alfred, Jiri, Herbert und Gabre hoch hinaus. Alfred, der 100-jähige Kugelstösser aus Kiel, der 93-jährige Herbert aus Stockholm und Gabre aus Italien: Alle verbindet der Sport. Beim Hochsprung, Diskuswerfen und Kugelstossen laufen sie zu Hochform auf und fürchten weder Tod noch Teufel. Der Dokumentarfilm von Jan Tenhaven erzählt von erfüllten Träumen. Der Regisseur zeigt den etwas trotzigen, ehrgeizigen, manchmal aber auch humorvollen Wettlauf der Senioren gegen die Zeit. Eine Hommage an das Leben und das Alter. PS > Trailer

«Heritage»

Porträt des 1990 im Alter von 84 Jahren verstorbenen Komponisten und Malers Peter Mieg. In Jahrzehnten hat er sein Haus zum Kunstwerk umgestaltet. Als Maler ist er jemand, sein Name als Musiker reicht über die Grenzen. Er ist ein Mensch, der, Thomas Mann paraphrasierend, von sich sagt, er sei aus gutem Haus zum Künstler degeneriert. Im Film ist er der Schauspieler seiner selbst. Der einstündige Film aus dem Jahre 1980 von Reni Mertens und Walter Marti, ebenfalls zwei Alten des jungen Schweizerfilms, ist ohne Worte wie ein Konzertfilm gestaltet. PS

«Herr Zwilling und Frau Zuckermann»

Cernowitz war einst Zentrum jüdischer Kultur in der Bukowina, wo die Juden zeitweilig die Hälfte der Bewohner ausmachten. Im Mittelpunkt stehen Herr Zwilling und Frau Zuckermann, die zu den letzten noch im Ort geborenen Juden gehören. Täglich besucht er die 90-jährige Frau. Sie sprechen von früheren Zeiten, der Politik, Literatur und den alltäglichen Sorgen. Mit ihren Erinnerungen verknüpft der Film Episoden aus dem jüdischen Leben im heutigen Czernowitz. Volker Koepp, einer der Grossen des deutschen Dokumentarfilms, schuf ein weiteres Werk, frei von Folklore und Ideologie. PS

«Heute ist nicht morgen»

Der 50-minütige Schweizer Dokumentarfilm von Nico Gutmann enthält Interviews mit drei von Demenz betroffenen Paaren und Szenen aus ihrem Alltag, ergänzt durch Informationen. Er ermöglicht eine Sicht auf das Thema, die nah am individuellen Erleben ist und gleichzeitig den verbreiteten Schreckensbildern eine differenzierte Sichtweise gegenüberstellt. Es ist dem Regisseur gelungen zu zeigen, wie die Kranken und Angehörigen mit persönlich abgestimmten Massnahmen ihren Alltag meistern, ihr Leben den sich ändernden Umständen anpassen und ein sinnvolles Leben führen können. PS

«L’Histoire c’est moi»

Vielfältige Einblicke in die Schweizer Geschichte von 1939 – 1945 auf 4 VDs. Wie haben die Menschen in der Schweiz den Zweiten Weltkrieg erlebt? Wie erinnern sie sich heute daran? Antworten auf diese Fragen geben 64 Sequenzen der multimedialen Ausstellung «L’Histoire c’est moi. 555 Versionen der Schweizer Geschichte 1939 – 1949». Ihre Erinnerungen bieten lebendige, wenig bekannte Einblicke in die Zeit vor und während des Krieges und ergänzen die Geschichtsschreibung mit persönlichen Erinnerungen von Menschen unterschiedlichster Herkunft und politischer Haltung. PS > Trailer

«Ich will dich – Begegnungen mit Hilde Domin»

Die 30-jährige Filmemacherin Anna Ditges hat die fast 70 Jahre ältere Hilde Domin (1909 bis 2006), die grosse alte Frau der deutschen Lyrik und Jüdin, studierte Volkswirtschafterin, Soziologin und Philosophin, während fast zwei Jahren porträtiert. Die Themen der Dichterin sind Heimat, Identität, Liebe, Verlust, aber auch die Menschen ihrer Umwelt, die Umwelt selbst, ihre langjährige Ehe, ihre Kinderlosigkeit und ihre Einsamkeit. Und so ist dieser Künstlerfilm gleichzeitig eine sensible und tiefsinnige Schilderung des Älterwerdens und ein Versuch, das letzte Jahrhundert in Deutschland zu deuten. PS > Trailer

«I’m just a simple person»

«Als mein Grossvater kurz vor Weihnachten 1990 überraschend in seiner Wohnung verstorben war, hielt er einen Brief mit der Anrede «Liebe Kathrin» in der Hand.» «Wer war diese Kathrin?», fragte sich der damals 29-jährige Filmemacher Stefan Haupt und machte sich auf Spurensuche. Bis anhin hatte er nichts von dieser Frau, seiner Schwägerin in Kanada, gehört. In der Folge wurde sie ihm jedoch als «aussergewöhnliche und couragierte Frau» geschildert. Und als 1996 eine Cousine aus Kanada zu Besuch kam und ebenfalls von ihrer Grossmutter Kathrin und deren «unglaublichem Leben» erzählte, entschloss er sich, sie zu besuchen und ihre Lebensgeschichte zu filmen. Und sie fasziniert auch uns. PS

«Das Internat. Schule wie vor 50 Jahren»

Vom 25. Juli bis 13. August 2005 tauchten 16 Schülerinnen und Schüler in einen besonderen Internatsalltag ein. Während dreier Wochen paukten sie den Schulstoff, der vor 50 Jahren gelehrt wurde, in den Tenüs jener Zeit; ohne Handy, Fernsehen und iPod. «Das Internat» führte das Fernsehpublikum zurück in die 50er-Jahre, rekonstruierte die damaligen Lebensbedingungen in einem alpinen Internat, zeigte die Regeln der damaligen Erziehungsmethoden und beleuchtete den Zeitgeist möglichst authentisch. Als Kulisse diente das Hotel Schatzalp ob Davos. DVD mit insgesamt 225 Minuten. PS

«Jugendwahn und Altersstarrsinn»

32-minütiger Dokumentarfilm der Süddeutschen Zeitung über alte, selbstbewusste Senioren. Mit Begriffen wie «Lebensabend» und «Ruhestand» wollen sie nichts zu tun haben. Die 56-jährige Bete hat den Schritt gewagt und arbeitet heute erfolgreich als Senior-Model. Wie der Traum vom Bühnenerfolg im Rentenalter noch in Erfüllung gehen kann, führt eine Theatergruppe vor, deren jüngstes Mitglied 63 ist. Und auch im zwischenmenschlichen Bereich muss mit 60 nicht Schluss sein: Seniorenpartnervermittlungen boomen und locken mit dem zweiten Frühling im Herbst des Lebens. Autorin ist Katja C. Vogler. PS

«Kleine Freiheit»

Engagierter, sozialkritischer Dokumentarfilm von Hans-Ulrich Schlumpf aus dem Jahre 1978 über die Zerstörung der Schrebergärten im Gebiet der Zürcher Herdern. Parallel dazu drei Porträts von Menschen, die sich selbst verwirklichen: einer mit Modelleisenbahnen, ein anderer mit Holzplastiken, ein dritter mit Modellflugzeugen. Die differenzierte Beschreibung gibt keine Pauschalantworten, sondern löst differenzierte Beurteilungen beim Zuschauer aus. Ein Film, der eine eingehende Diskussion verlangt und dabei ungewohnte Zusammenhänge aufdeckt.

«Lavoratori immigranti in Svizzera negli anni 70»

Zwischen 1970 und 1990 hat der engagierte Amateurfilmer Alvaro Bizzarri Spiel- und Dokumentarfilme, zum Teil auf Super-8 oder 16mm, über die Situation der Immigranten festgehalten. Mit Heimkino-Mitteln beschloss der einfache italienische Arbeiter und filmischer Autodidakt seine Situation und diejenige von Hunderttausenden anderer aufzuzeigen. Sein persönlicher Blick auf diese Sachverhalte besitzt auch heute noch Aktualitätswert. 2 DVDs mit fünf Filmen, einem Porträt des Regisseurs und einem Booklet. PS

«Der letzte Coiffeur von der Wettsteinbrücke»

Charly Hottiger, mit über 80 Jahren einer der dienstältesten Frisöre der Schweiz, ist als «Kischtli-Coiffeur» in Basel bekannt. In den Fünfzigern und Sechzigern wurden die Waisenkinder zum Haare Schneiden zu ihm geschickt, da sein Laden neben dem Bürgerlichen Waisenhaus, «Kischtli», liegt. Heute kommen noch «Ehemalige», Sportkollegen, Nachbarn und Freunde zu ihm. Charly arbeitet trotz seines hohen Alters von Mittwoch bis Samstag und oft ohne Mittagspause, um seine magere Rente auszugleichen. Seine Bude im Kleinbasel dient als Ort der Begegnung. Mittellanger Dokumentarfilm von Jacqueline Falk. PS

«Leben in Anderswo»

1951 kommt Ursula Bodmer zur Welt. Das Kind ist blind und taub. Die Ärzte prognostizieren eine kurze Lebensdauer, doch heute ist das Mädchen von einst eine 60-jährige Frau. Seit fünf Jahrzehnten hat Anita Utzinger das Kind in Obhut. In den 60er-Jahre hat Rolf Lyssy am Film «Ursula oder das unwerte Leben» von Reni Mertens und Walter Marti mitgewirkt. Jetzt hat er Ursula und Anita Utzinger wieder getroffen und frägt: Woher nimmt Ursula die Kraft zu leben, Anita Utzinger Helfen? Davon erzählt der Dokumentarfilm mit bewegenden Bildern von einst und jetzt. > Trailer

«Die letzten Knechte der Schweiz»

Sie haben viel geschuftet, wenig verdient und wurden im Alter häufig vom Hof gejagt: Knechte und Mägde in der Schweiz. Ohne sie hätte die Landwirtschaft früher kaum existieren können, heute bilden sie eine aussterbende Berufsgruppe. Eveline Falk erzählt in ihrem halbstündigen Film berührende Geschichten von den wenigen, die trotz allem der Landwirtschaft treu geblieben sind: Knechte und Mägde, oft waren es Verdingkinder, die das Kulturland Schweiz gehegt und gepflegt haben, ohne je die verdiente Anerkennung zu finden. PS

«Mañana al mar»

Die Wellen kommen und gehen am einsamen Strand von Barcelona. Der fast neunzigjährige José joggt durch den Sand, und die gehbehinderte alte Paulina singt kubanische Boleros aus ihrer Jugend im eisigen Wasser, der achtzigjährige Antonio sitzt auf seinem selbst gemauerten Thron auf der Mole und lässt seinen Blick über die See schweifen. Beeindruckender Dokumentarfilm von Ines Thomsen über Menschen, die in ihrem Leben am Meer das grosse Glück suchen und finden. Eine berührende Liebeserklärung an das Leben im Alter und die geborgte Zeit im Hier und Jetzt. PS > Trailer

«Meerdolen»

Im Schatten einer Palme entdeckt eine vornehme alte Dame mitten auf der Ramblas den jungen Sonderling Hannes Bossert. Für ihn hat jedes Senkloch ein Gesicht. Ein «Beseler» sei er, sagt der Alte von sich selber, während er die Dole von Dreck und Asphalt befreit, die Dinge mit dem Besen beseelt. Schicht für Schicht legt er mit dem Besen und andern Werkzeugen die Schönheit des Unscheinbaren frei. Sein Lohn ist der Abrieb, die Frottage der Dole auf einen Bogen Papier. 37-minütiger Dokumentarfilm nach einer Idee von Peter Spörri, gefilmt von Peter Guyer. PS

«Les métiers du bois»

Neun Filme der Schweizer Dokumentaristin Jacqueline Veuve, zwischen 1987 und 1992 entstanden: «Schlittelmacher», «Rosa Sand der Berge», «Säger und Holzbildhauer», «Geigenbauer», «Küfer», «Schindelmacher», «Holzschlepper», «Dreher» und «Spielzeugmacher». Schlichte und gleichwohl eindringliche Darstellungen der letzten Vertreter dieser Holz-Berufe. Eindrückliche Beispiele, was Hand-Werk bedeuten kann, dies vor allem für alte Menschen. Die welsche Filmemacherin, die wichtigste Vertreterin des ethnologischen Films in der Schweiz, schuf damit wichtige humanistische Dokumente. PS > Trailer

«Mürners Universum»

Dokumentarfilme von Jonas Meier über den alten Sonderling und Künstler Erwin Mürner. Dieser bewegt sich zwischen Realität und skurriler Vision, betätigt sich als Filmemacher, Ufologe, Fantast und Träumer. An speziellen Filmabenden teilt der Winterthurer seine Überzeugungen mit Rentnerkollegen. Aber sein Handeln und Denken stösst nicht nur auf begeisterte Zuhörer, sondern vielfach auch auf Unverständnis und heftige Skepsis. Doch Mürner geht seinen Weg beharrlich weiter. Der Film pendelt zwischen emphatischer Schilderung und unfreiwilliger Blossstellung.

«Mutter»

Das bewegende und aussergewöhnliche Leben der Alice Gimes, die alle Lucy nannten, die Mutter des Filmautors Miklós Gimes. Ein gespaltenes Leben: die eine Hälfte in Ungarn, die andere in der Schweiz, die eine Hälfte in der Wirklichkeit, die andere in der Traumwelt, um die Wirklichkeit ertragen zu können. Nach dem Fall der Mauer darf sie endlich zurück in ihre ungarische Heimat, wo ihr hingerichteter Mann als Held verehrt wird. Aber die Vergangenheit lässt ihr keine Ruhe. «Eine meisterhafte Mischung von persönlichem Schicksal und Weltgeschichte» nannte «Variety» den Dokumentarfilm. PS

«Näkkälä»

Für den Emmentaler Hans Ulrich Schwaar ist Näkkälä, ein Dorf in der weiten finnischen Tundra, seine zweite Heimat geworden. Dort wohnt er bei seinem samischen Freund und Gastgeber, dem Besitzer der grössten Rentierherde. Der Rhythmus der Natur und die Rentiere bestimmen den Alltag. Peter Ramseier hat dieses Leben und die Freundschaft der beiden Menschen aus unterschiedlichen Kulturen in grossartigen und poetischen Bildern eingefangen. Diesmal ist es ein alter Schweizer, der auswandert, sind es nicht Ausländer, die einwandern. Porträt eines reichen armen Menschen. PS > Trailer

«Onore e riposo»

In Italiens einzigem Heim für Kriegsveteranen gedreht, folgt der Dokumentarfilm dem Alltag der Veteranen der Casa militare Umberto  1 in Turate in der Nähe von Como. Der Besuch einer Schulklasse wird für einige der alten Männer zu einer schönen Gelegenheit, sich den Kindern gegenüber dahin zu äussern, dass sie dafür sorgen sollen, künftig keine Kriege mehr zuzulassen. Mittellanger Dokumentarfilm von Fernando und Ronaldo Colla aus dem Jahre 1979, der durchaus auch in der Schweiz Gültigkeit hat.

«Pensioniert Aufbruch zu neuen Ufern»

Die grossen Geburtenjahrgänge der Babyboom-Generation werden derzeit pensioniert. Beginnt für sie eine grosse Freiheit oder der Anfang vom Ende? Annemarie Friedli hat für «DOK» sechs Frischpensionierte durch das erste Jahr ihres neuen Lebens begleitet. Entstanden ist ein 55-minütiger Film über Lebensfreude, Lebensfragen, Lebensängste, Loslassen und Aufbruch. Locker hat keiner der Porträtierten den Übergang von der Erwerbstätigkeit in die grosse Freiheit und Unabhängigkeit geschafft. Gemeinsam ist allen die Suche nach neuen Inhalten und neuen Formen und Bestätigung. PS > Trailer

«Un petit coin de paradis»

Der poetische Kinofilm der Westschweizer Dokumentaristin Jacqueline Veuve, mit einem Werk von über sechzig Filmen, erzählt vom zweiten Leben in einem kleinen Dorf im Wallis, das in den 60er Jahren von seinen Bewohnern verlassen wurde und heute als Agrotourismus-Projekt wieder auferstehen soll, bei welchem so genannt schwierige Jugendliche aus Haiti, Marokko und Sitten zwischen 14 und 16 eine Hauptrolle spielen. Bei der Mithilfe beim Wiederaufbau entsteht eine natürliche Gemeinschaft von Alten und Jungen im Dorf. PS

«Les plages d’Agnes»

Agnès Varda, 1928 in Brüssel geboren, eine der Mitbegründerinnen der «nouvelle vague» und seit Jahrzehnten Streiterin für neue Formen des Kinos und der verwandten Künste, hat sich in diesem Dokumentarfilm lustvoll und ernst zugleich mit sich selbst auseinander gesetzt. Entstanden ist dabei ein phantasievolles und besinnliches Filmprojekt über eine alten Frau, eine unkonventionelle Filmemacherin und Fotografin, innovative Installationskünstlerin und engagierte Intellektuelle, das auch beim Publikum befreiend wirken kann, die eigene, oft verschüttete Vergangenheit neu Gestalt werden zu lassen. PS > Trailer SW-Besprechung

«Der Puppenspieler»

Der Taiwanese Hou Hsiao-hsien zählt zu den zentralen Figuren des asiatischen Kinos. Ein ganzes Jahrhundert spiegelt er am Leben eines berühmten taiwanesischen Puppenspielers. Mit einer enormen Stilsicherheit blendet er zurück aus den Erzählungen des steinalten Mannes, der jahrzehntelang spielend durchs Land zog. Mit ruhiger Kamera hält er Ausschnitte seines Lebens fest, in dem das Leben sich bewegt oder ruht. Die grossen Gesten sind nicht jene dieses Menschen; der bewegt gleichlaufend mit den Wogen des politischen und des historischen Geschehens. PS

«Le quattro volte»

Die zweite Arbeit von Michelangelo Frammartino ist still und kontemplativ. Äusserlich geschieht kaum etwas, und dennoch ist man Zeuge des Lebens an sich, des Werdens und Vergehens, mit Respekt und Würde und dennoch Ehrlichkeit und Lebensweisheit gezeigt. Dem Autor geht es um die verschiedenen Reinkarnationen, die der Mensch, hier ein alter Ziegenhirt, durchmacht. Was nach einer hinduistischen Gedankenübung klingt, beruht erstaunlicherweise auf die Lehren des Philosophen Pythagoras. Demzufolge sei der Mensch nicht nur menschlich, über einen Verstand verfügend, sondern auch tierisch, pflanzlich und mineralisch. > Trailer

«Que sera?»

Kindertagesstätte und Altersheim unter einem Dach in der «Schönegg» in Bern: Eine Utopie, die Wirklichkeit wurde! Der Schweizer Dokumentarfilmer Dieter Fahrer hinterfragt dieses bekannte Modell kritisch und hoffend zugleich. Denn die Frage, wie Alt und Jung in Zukunft zusammenleben werden, ist mitentscheidend, wie das Leben für die einen wie die andern gesellschaftlich aussehen wird. «Que sera?» hiess es im bekannten Schlager von Doris Day aus dem Jahre 1956: «Wohin gehen wir? Welches Ziel haben wir?» So haben auch wir uns immer wieder neu zu fragen und diese Frage zu beantworten. PS > Trailer

«Reife Liebe»

Mut zum Neuanfang lohnt sich. Die geschiedene Erika und der Witwer Justus haben jeden Tag Sex und geniessen es in vollen Zügen. Die Familienväter Reinhard und Josef wagten ihr Coming-out und sind so glücklich wie noch nie. Margrit Mondavi, die Witwe des Weinmagnaten Robert Mondavi, denkt an ihre romantische Liebe zurück. Allen gemeinsam: Sie haben ihren Partner erst nach 50 kennengelernt. Der Paartherapeut Klaus Heer berichtet, wie Sex auch im Alter Spass macht. Alexandra Haas hat Hilfsmittel für spezielle Momente. Halbstündiger Beitrag von NZZFormat von Annette Frei Berthoud. > Trailer

«Reisen ins Landesinnere»

Martin von Gunten hat 1988 anhand von sechs ausgewählten Personen einen wichtigen Dokumentarfilm über die damalige Befindlichkeit in der Schweiz gemacht: eine faszinierende Montage aus Szenen, die das alltäglich Leben schrieb, wo im Kleinen das Grosse erkennbar wird, wo die Gleichzeitigkeit des andern sich spürbar vermittelt, wo unspektakulär Dimensionen aufschimmern und Fragen auftauchen, denen sich auszusetzen einen bereichert. Darunter ist auch das berührende Porträt einer alten Frau aus Münchenstein.

«Die Rentner-WG»

Sechs viertelstündige TV-Beiträge: ein witziges filmisches Brainstorming für Leute, die in eine Alters-WG einziehen oder eine gründen wollen. Was tun, wenn man alt wird und sich nicht so fühlt? Wenn man den Kindern nicht zur Last fallen will und ein Altersheim nicht in Frage kommt? Die Alternative heisst Senioren-WG. Sechs rüstige Rentner mit unterschiedlichen Lebenserfahrungen und Ansprüchen, eine Villa und der Vorsatz, es miteinander zu versuchen, zumindest mal sechs Wochen lang. Eine Wohngemeinschaft auf Probe und am Ende die Frage: zusammenbleiben oder auseinander gehen? PS > Trailer

«Rentner GmbH»

Das Durchschnittsalter bei Vita Needle Co nahe Boston liegt bei 74 Jahren. Der Chef Frederik Hartmann schwört auf seine 35 arbeitenden Rentner. Sie bescherten ihm in fünf Jahren ein Umsatzplus von 100 Prozent. Die Angestellten auf Lebenszeit, alle zwischen 75 und 95, haben in der Firma ein neues Zuhause gefunden, fühlen sich in der Gemeinschaft wohl und werden gebraucht. Die Interviews offenbaren Selbstwertgefühl, Lebensfreude und das neue Glück in der Gemeinschaft. Das innovative Modell stellt das übliche Rollenverständnis der Gesellschaft in Frage. Anregender Dokumentarfilm von Bertram Verhaag. PS > Trailer

«Sardinien – Insel der Hundertjährigen»

Giovanni Vacca ist kürzlich hundert Jahr alt geworden und hat seinen Humor nicht verloren. Mariantonia Loddo, 103 Jahre alt, ist stolz auf ihre schönen Hände und singt von der Jugend, die viel zu schnell vergeht. Rosa ist sogar 108 Jahre alt. Jeden Tag montiert sie ihre Kopfhörer und hört Radio. In Sardinien gibt es überdurchschnittlich viele Hundertjährige, nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Das Phänomen der Langlebigkeit wird von einem Forscherteam untersucht. Inzwischen scheint das Geheimnis gelüftet zu sein. Halbstündiger Beitrag von NZZFormat von Annette Frei Berthoud. PS

«SF bi de Lüt – Die Alten kommen»

Sechs Rentnerinnen und Rentner aus Herisau lassen die 1960er Jahre wieder aufleben, indem sie unter dem Motto «Back To The Sixties» eine Bühnenrevue veranstalten, mit welcher sie Erinnerungen an die Beatles, Elvis Presley, Schlaghosen und Flowerpower auferwecken. In einer achtteiligen Doku-Serie zeigt «SF bi de Lüt» die Freuden und Leiden des Appenzeller Organisationskomitees auf dem Weg zur grossen Show und gewähren Einblick in das aktive Privatleben der Beteiligten. Die zweite DVD zeigt die Bühnenrevue, die am 26. März 2011 im Casino Herisau aufgeführt wurde. PS

«Sieben Mulden und eine Leiche»

Ausgerechnet an seinem vierzigsten Geburtstag erfährt der Filmemacher Thomas Haemmerli vom Tod seiner Mutter. Der nächste Schock ist die komplett «vermüllte» Wohnung der Verstorbenen. Einen Monat lang räumt er mit seinem Bruder auf und findet im Chaos Familienaufnahmen, die bis in die Dreissiger Jahre zurückreichen. Es ergeben sich zwei Handlungsstränge: zum einen der Kampf gegen das Chaos, bei dem die Wohnung zunehmend leerer und sauberer wird; zum anderen die Geschichte der Familie, die immer chaotischer wird. Der Film setzt sich offen mit dem Messie-Syndrom auseinander. PS

«70 Jahr’ – graues Haar»

Alte Frauen betreten ihren Coiffeursalon und reflektieren ihr Verhältnis zu Schönheit und Alter. Während die Haare gewaschen, geschnitten oder gefärbt werden, beginnen sie aufzublühen, und der Mythos «Anti-Aging», die biologische Alterung hinauszuzögern, gerät ins Wanken. Ermöglicht wird dies durch den freundlichen, liebevollen Umgang mit den Coiffeusen und Coiffeuren. Durch jahrelange Beziehungen und Berührungen entsteht Vertrautheit. Ein halbstündiger Dokumentarfilm von Anne-Marie Haller, nach einer Idee von Monika Streit Steiger über ein aufrichtiges und ungeschminktes Älterwerden. PS > Trailer SW-Besprechung

«Sira – Wenn der Halbmond spricht»

Der von Sandra Gysi und Ahmed Abdel Mohsen sorgfältig und unprätentiös realisierte Dokumentarfilm folgt Sayyed el-Dawwy, dem 80-jährigen letzten lebenden Dichter der Sira, des grössten arabischen Epos. Nur er kennt ihre fünf Millionen Verse auswendig und hält so die Geschichte vom Volk des Halbmonds am Leben. Der Film gefällt, ohne dass er zutiefst berührt, er berührt, ohne dass er zutiefst gefällt. Das beschreibt exakt die hohe Qualität des Werkes; denn die beiden Filmemacher versuchen keine billige Anbiederung im Sinne einer oberflächlichen Multikulturalität; was fremd ist bleibt fremd und fordert heraus. > Trailer

«Steam of life»

Aus seinem eigenen Leben weiss der Regisseur Joonas Berghall, dass die unzähligen öffentlichen und privaten Saunen in Finnland Orte sind, wo wichtige Themen des Lebens verhandelt werden: von der ersten Liebe bis zur Scheidung, von der eigenen problematischen Kindheit bis zum Kinderkriegen. Die Essenz des Lebens tritt zutage im Dampf der Sauna. In diesem Film sind die zum Teil improvisierten Schwitzbäder in ihrer kathartischen Dimension zu erleben. In ruhigen Bildern sieht man, wie Menschen aller Altersklassen ihr Inneres nach aussen kehren, von ihren Hoffnungen, Verletzungen und ihrer Einsamkeit sprechen. > Trailer

«Tulpenbaum»

Der Filmemacher Beat Kuert und die Psychotherapeutin Simone Kriesemer zeigen in ihrem Dokumentarfilm über die 92-jährige Henriette Hardmeier, wie der Alltag im Alter nicht zwangsläufig in Abhängigkeit und Isolation führen muss. Der Film macht Mut, über das eigene Altwerden nachzudenken und als «Lebensunternehmerin» anzupacken. Henriette hat fast ihr ganzes Leben am gleichen Ort am Zürichsee verlebt. Erst vor Kurzem ist sie ins Altersheim gezogen, wo sie jedoch weiter ihren vielseitigen Interessen nachgeht und sich für die Gesellschaft interessiert. PS

«Unser Garten Eden»

In den Schrebergärten im Bottigenmoos bei Bümpliz bebauen Menschen aus 20 Nationen 148 Parzellen und bilden einen Mikrokosmos von Träumen, Einsamkeit, Heimweh, Freude und Konflikten. Schweizer Ordnungssinn trifft auf fremdländisches Improvisationstalent. Alle Gartenfreunde geniessen jedoch, was in unserer Gesellschaft am kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum. Ihr buntes Neben- und Miteinander stellt zugleich ein Abbild der gesellschaftlichen Veränderungen dar. Dokumentarfilm von Mano Khalil. PS > Trailer SW-Besprechung

«Unspektakulär gut»

Die Genossenschaft Durachtal überzeugt die Jury von Age Award 2003 mit einer «unspektakulär guten» Antwort. Das Projekt wurde vor kaum fünf Jahren in Betrieb genommen, ist als Gemeinwesenprojekt der Dorfgemeinden Bargen und Merishausen im Kanton Schaffhausen entstanden. Der sorgfältig durchgeführte Planungs- und Bauprozess hat in ein Wohnprojekt gemündet, das den Bewohnerinnen und Bewohnern autonomes Wohnen mit sozialen Kontakten und aktives Mitgestalten ermöglicht. 18-minütige Fernsehdokumentation von Paul Riniker. PS

«Il vento di settembre»

Viele nach Süditalien zurückgekehrte Fremdarbeiter und Fremdarbeiterinnen führen als Rentner ein gutes Leben, aber in Gedanken sind sie bei ihren Kindern und Enkeln in der Schweiz. Und diese, obwohl gesellschaftlich «integriert», fühlen sich oft als halbe Schweizer und halbe Italiener. In «Septemberwind» geht Alexander J. Seiler 2002 auf die Spurensuche nach den Menschen, die er 1964 in seinem berühmte Film «Siamo italiani» gültig porträtiert hat, und aus welchem der berühmte Satz von Max Frisch stammt: «Wir holten Arbeiter, und es kamen Menschen». – Siamo italiani» ist auf derselben DVD. PS

«Warda. Unter einer anderen Sonne geboren»

Dokumentarfilm von Susanne Hausammann und Jens-Peter Rövekamp über die Geologin, Paläontologin, Botanikerin und Künstlerin Warda Bleser-Bircher, die 101 Jahre alt wurde und mit ihren Briefen eine Fundgrube bietet über das Leben und ihre Zeit. Eindrückliches Porträt einer Frau in einer Zeit vor der Emanzipation. Sie lebte in der Schweiz, in Ägypten und Persien und unternahm viele Reisen in fremde Länder, was sie zu einer Pionierin machte. Eine grossartige Frau, die die rasende Entwicklung der Technik miterlebte und mit 100 Jahren begann, am Computer Briefe zu schreiben und E-Mails zu versenden. PS

«Das Wolkenschattenboot»

1995 drehte Friedrich Kappeler einen Dokumentarfilm über den Schweizer Schriftsteller Gerhard Meier: eine Einführung in das Werk des 1917 in Niederbipp geborenen Autors. Sein neuer Film, «Das Wolkenschattenboot», erweitert den ersten um Beiträge aus seinem letzten Werk «Ob die Granatbäume blühen» (2005) und Gespräche mit und über Dorli, seine Frau. Nun haben wir einen umfassenden Film über Leben und Werk des Dichters, der 2008 in Langenthal verstorben ist, und gleichzeitig eine tief berührende Liebesgeschichte zweier alter Menschen, wie man sie sich schöner kaum vorstellen kann. PS

«Young@heart»

Eine Senioren-Rockband tourt durch Amerika und Europa. Die Alten proben, reisen und treten auf. Ihre Songs bringen das Publikum zum Toben und ihnen Erfüllung: mit den Melodien, den Rhythmen, aber vor allem dem Leben in einer schönen Gemeinschaft. Wie selbstverständlich als Teil des Lebens stirbt immer wieder ein Freund oder eine Freundin der Gruppe. Dies verleiht ihrem Leben Grösse und tiefe Freude. Der Dokumentarfilm von Stephen Walter ermuntert, das Leben bis zum letzten Atemzug mit Freude zu geniessen. PS > Trailer

«Zimmer 202 – Bichsel in Paris»

Er ist wie eine hintersinnige, kluge Verkörperung des Schweizertums, der einzige populäre Schweizer Intellektuelle: Peter Bichsel. Aber kennen wir ihn auch wirklich, unsern modernen Volksschriftsteller? Der Dokumentarfilm von Eric Bergkraut (Regie), Pio Corradi (Kamera) und Sophie Hunger (Musik) vermittelt auf wunderbare, kluge und völlig überraschende Art die nötigen Informationen zur Person und einiges mehr: über das Schauen, Hören und Verstehen, über Reisen, Politik und Kunst, über die Schule und das Alter. PS > Trailer SW-Besprechung

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25073

«Demenz: Verlorene Erinnerung». Ein Lehrfilm aus NZZFormat, der mit aktuellen Informationen und eindrücklichem Anschauungsmaterial zum Weiterdenken anregt.

Lehrfilme, die das Alter deuten

«Demenz: Verlorene Erinnerung»

Drei sehr informative und einfühlsame Lehrfilme aus der Reihe NZZFormat von Ursula Bischof Scherer über das Thema Demenz. Die insgesamt 214 Minuten  enthalten nebst den Hauptfilmen «Leben mit der Diagnose», «Pflege am Limit» und «Explodieren die Kosten?» auch Bonusmaterial mit ausgewiesenen Experten.  Die DVD bietet sehr viele Informationen über den aktuellen Stand (2011) der Forschung und lässt dabei die  Empathie dennoch nicht zu kurz kommen. Sehr gut einsetzbare Filme für eine einführende und auch für eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Thema Alzheimer. PS > Trailer

«Die etwas anderen Clowns»

Der Film fokussiert sich auf den Bereich der institutionellen Humorarbeit in der Betreuung und Pflege betagter und dementen Menschen und vermittelt einen Einblick in die Arbeit mit Marcel Briand, Katharina Schwitter, Ursula Jucker und Bettina Staubli. Der Regisseur Nico Gutmann setzt sich ernsthaft mit dem Thema Humor auseinander und lässt auch eine allgemeine Reflexion über Humor im Leben und in der Kunst zu, mit Dimitri und den Clowninnen sowie den Professoren W. Ruch und I. Bischofberger. Etwas Theorie und viele Anschauung bietet der Dokumentarfilm für die Ausbildung. PS

«Nicht still stehen – Gespräch zum letzten Lebensabschnitt»

Alt werden bedeutet nicht einfach nur, dass sich das Leben in der Welt, die einem offen gestanden ist, auf Zimmer und Bett im Altersheim reduziert. Auch wenn die Realität oft so ist, kann der letzte Lebensabschnitt selbst mit all seinen Einschränkungen noch viel bieten. Diese Erfahrung hat die 57-jährige Filmautorin Barbara Bosshard gemacht, als sie die 94-jährige Emy Baum in ihrem 55-minütigen Dokumentarfilm zum letzten Lebensabschnitt befragte. Bilder und Sätze, die Gefühle streifen und im Wortlosen neue Räume öffnen, um über Gesehenes und Gesagtes nachzudenken. PS

«Suizidbeihilfe und würdiges Sterben»

Die Sterbehilfeorganisationen «Dignitas» und «Exit» begleiten Menschen mit Hilfe von rezeptfreiem Heliumgas in den Tod, was für Empörung sorgt und die Ethik auf den Plan ruft. Wer soll und darf Suizidbeihilfe leisten? Wem gehört der Tod? Soll der Mensch den Zeitpunkt seines Todes selbst bestimmen? Ja, muss der unheilbar Kranke seinem Leben ein Ende breiten? In der «Sternstunde Philosophie» erläutert der Ethiker Markus Zimmermann-Acklin die philosophisch-ethischen Fallstricke, welche die aktuelle Debatte um Suizidbeihilfe und würdiges Sterben aufwirft. PS

«Zeitrandgespräche»

Der philosophische Dokumentarfilm unternimmt in Gesprächen mit alten und jungen Menschen eine Reise an die Ränder der Zeit. Wie stellen wir uns das Leben vor? Welche Lebensbilder begleiten uns? Wie können wir über das Leben nachdenken? Trotz Differenzen stehen Alt und Jung vor denselben philosophischen Fragen. Gesprächsleiter: Daniel Bremer, Lehrbeauftragter für Philosophie und Ethik, in Zusammenarbeit mit der Klinik für Akutgeriatrie im Stadtspital Waid Zürich. Anspruchsvoll, theoretisch ambitioniert. Elitär oder nützlich? So oder so: Arbeit ist nötig, um den 40-minütigen Film auszuwerten. PS

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«Mit Filmen sein Altersbild und die Altersarbeit bereichern»

«Mit Filmen sein Altersbild und die Alterarbeit bereichern»

 

Etwas Praxis zum Apéro

 

1. Bibliothek

Ich denke, es ist für die meisten von Ihnen neu: In der Bibliothek von Pro Senectute Schweiz gibt es heute 526 DVDs und jährlich 60 bis 100 neue mit Filmen zum Thema Alter: Lehrfilme, Spielfilme und Dokumentarfilme. Das ist einmalig im deutschen Sprachraum.

 

2. Seniorweb

Neu gibt es seit dem 1. Januar 2012 auf www.seniorweb.ch unter dem Titel «Filme, die das Alter deuten» 241 Filme, mit Kurzinhalt, Wertung, Empfehlung und zum Teil mit Link auf einen Trailer. Vorläufig nur mit Titeln in deutscher Sprache, deutsch synchronisiert oder untertitelt. Auch dies über die Landesgrenze hinaus einmalig.

 

3. Booklet

Und seit heute gibt es in der Bibliothek von Pro Senectute Schweiz ein Booklet mit den gleichen 241 Filmbesprechungen, erhältlich auf Abruf zu Fr. 10.-. Die Titel sind identisch mit jenen der Website, verschlagwortet sind jene Titel, die als DVD in der Bibliothek stehen.

Soweit der Apéro. Und nun zum Hauptgang: Das, was ich Ihnen heute Abend vorlege, und im nachfolgenden Referat andenke, soll ein Anfang sein. Ein Text, der nicht mit einem Punkt, sondern mit einem Doppelpunkt enden sollte.

 

13 Häppchen Theorie zum Hauptgang

Wie wir unser eigenes Altersbild und damit auch unsere Altersarbeit bereichern können, dafür erlaube ich mir einige theoretische und praktische Bemekungen, die vielleicht da und dort ein bisschen der wissenschaftlichen «political correctness» zuwider laufen. Es ist ja das Privileg von uns Alten, von dieser Freiheit profitieren zu können. Und das mache ich auch heute.

Der Text versteht sich als eine Sammlung von 13 Argumenten, die sich zu einer Gesamtschau fügen, oder als ein Haufen farbiger Steine, die sich für ein Mosaik verwenden lassen. Das Gesagte soll im Anschluss in der Diskussion und mit Filmausschnitten überprüft, angewandt, illustriert, belegt und nachvollzogen werden.

 

1. Wissenschaft schafft Wissen

In der Volksschule und in den meisten nachfolgenden Bildungseinrichtungen ist das Paradigma «Wissenschaft schafft Wissen» allgegenwärtig und selbstverständlich. Stehen wir beruflich oder privat vor einem Problem, suchen wir im Allgemeinen sofort Hilfe in der Wissenschaft, wir suchen Bücher, Fachartikel, Internetsites, noch lange bevor wir uns selbst nur eine Minute Zeit genommen und persönlich mit dem Problem auseinandergesetzt haben, in Ruhe nachgedacht oder andere um Hilfe angegangen sind.

Ich erinnere mich noch gut, wie wir als Studenten im Seminar der Kunstgeschichte sofort nach der Abgabe neuer Seminarthemen aus dem Vorlesungssaal rannten, um uns sofort mit der nötigen Literatur einzudecken. Wir glaubten, so meine heutige Rückschau, der Literatur und der Wissenschaft mehr als dem eigenen Denken und Fühlen, den eigenen Erfahrungen und Einsichten und den Erfahrungen und Einsichten anderer. Nur selten oder erst spät merkten wir, dass das, was wir auf diesem Weg erhalten haben, zwar Antworten, aber nicht unsere Antworten waren, dass generell in diesen Prozessen leicht unsere Rolle als Subjekt des Fragens aufgeben wird und wir zum Objekt der Wissenschaft werden, dass wir unsere Person von den Fragen abkoppeln und die Fragen den Bezug zu uns verlieren.

 

2. Kunst schafft Können

Zehntausende von Filmen, die ich im Laufe meines Lebens gesehen habe, lassen mich immer wieder fremde Lebensgeschichten und unbekannte Welten, auch die «terra incognita» des Alters, erfahren, zumindest medial erleben. Beim Surfen durch das Seniorweb und im Pro-Senectute-Booklet ist dieses Erlebnis nachvollziehbar in der Zusammenstellung «Filme, die das Alter deuten». Diese und andere Erfahrungen haben mich bewogen, dem Paradigma «Wissenschaft schafft Wissen», das ich selbstverständlich nicht negiere, ein anderes gegenüber zu stellen, das nicht in der Wissenschaft, sondern in der Kunst gründet, nämlich: «Kunst schafft Können».

Erlauben Sie mir einen kritischen Exkurs: Nachdem ich mehr als dreissig Jahre an den meisten Sozialen Schulen der deutschen Schweiz Kurse gegeben hat, stelle ich fest, dass heute in den Hochschulen für Sozialarbeit, etwas zugespitzt formuliert, nicht mehr Sozialarbeiter, sondern Sozialwissenschaftlicher ausgebildet werden, die viel wissen, jedoch wenig können. Beim Lehrererberuf scheint es mir nicht anders, an den Pädagogischen Hochschulen erwirbt man ein Maximum an Wissen und ein Minimum an Können. Vor einiger Zeit sagte mir eine junge Lehrerin, deren Schulpfleger ich einmal war, nachdem sie sich zur Schulischen Heilpädagogin hat ausbilden lassen, jetzt aber wieder als gewöhnliche Primarlehrerin arbeitet, sie sei frustriert, sie kenne jetzt zwar viele Theorien, komme in der Praxis damit jedoch nicht weiter.

 

3. Lebenskünstler

Zurück zum Film: Ich bin überzeugt, dass nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Kunst befragt werden kann und soll, um die Situation der Welt und der Menschen, also auch älterer Menschen kennen zu lernen. Begründen möchte ich dies mit der Beobachtung, dass man bei Künstlern immer wieder feststellen kann, welch grossen Erfahrungsschatz sie über den Menschen und das Leben haben, der uns oft mehr bringt als blosses Wissen, nämlich im Ansatz ein Können.

Für die Altersarbeit sind das, was Künstler in Fülle besitzen, Erfahrungen über alte Menschen, ihr Leben, ihre Umwelt, ihre Freuden und Sorgen. Sie können zu Lebenshilfen werden. Im Volksmund spricht man bekanntlich auch nicht von Lebenswissenschaftlern, sondern von Lebenskünstlern. Lebenskunst im Sinne einer «ars vivendi», einer Kunst, glücklich zu altern, können wir erfahren. Ob wir vielleicht doch dem Wissen der Wissenschaft zu viel und dem Können der Kunst zu wenig trauen? Ich frage bloss.

 

4. Das Leid mit den Zahlen

Wissenschaftliche Aussagen bestehen doch grösstenteils aus statistischen Mehrheitsaussagen: So ist das Alter, so verhält sich der junge Alte, so lebt der Mensch im vierten Alter usw. Dabei basieren diese Aussagen doch meist auf nichts anderem als den Aussagen oder Feststellungen von beispielsweise 80, 70 oder auch nur 55% der Befragten. Was sind dann die andern 20, 30 oder 45%? Sind das keine Alten, keine jungen Alten, keine Menschen im vierten Alter? Ist eine statistische Minderheitsaussage eigentlich eine «quantité negligéable? Sind nur die Mehrheitsaussagen relevant? Fragen sie sich bitte solches, wenn ein alter Mensch in seiner konkreten und einmaligen Situation, in seiner konkreten und einmaligen Befindlichkeit vor Ihnen steht!

 

5. Wissenschaft versus Erfahrung

Erlauben Sie mir einen zweiten Exkurs. Er besagt, dass die Auseinandersetzung zwischen Wissenschaft und Erfahrung nicht nur als Thema bei der Rezeption von Filmen über das Alter relevant ist, sondern allgemein und grundsätzlich. Der Kriminologe Martin Killias schrieb (im Magazins des Tages-Anzeigers, Nummer 39/2010): «In der heutigen Gesellschaft ist die Überzeugung weit verbreitet, dass Wissenschaft – also „Experten“ – unsere Probleme besser verstehen als gewöhnlich Sterbliche. Gewiss erleichtert Fachwissen, Tendenzen besser zu überblicken und allenfalls auch zu erklären. Gefährlich wird es hingegen, wenn die Ablehnung der Laiensicht gerade zu einem Merkmal der Wissenschaftlichkeit emporgehoben und jeder Versucht, die Wahrnehmung der „unaufgeklärten“ Menschen ernst zu nehme, als populistisch verdammt wird.»

Ohne diese Wissenschaft verteufeln zu wollen, plädiere ich erstens für einen vermehrten Einbezug der Künstler, die oft wie Seismografen beschreiben, was wir Allgemeinsterblichen nicht sehen, nicht hören, nicht merken. Und zweitens für einen vermehrten Einbezug der Laien, der Amateure, was wörtlich ja nicht anderes heisst als der Liebhaber, mit ihren persönlichen, einmaligen Lebensgeschichten, in alle Fragen, auch jene des Alters und des Alterns.

 

6. Andere Perspektiven

Künstler besitzen Erfahrungswissen in Fülle. Ihre Arbeitsmaterialien sind ja vor allem Erfahrungen, Erlebnisse und die Texte, Bilder und Töne davon. Vielleicht liegt hier ein Grund für das Befreiende, das Kunst bei uns auslösen kann. Künstler sehen anders, denn sie stehen an einem andern Ort. Haben einen andern Standpunkt, weil sie unabhängiger und freier sind als die Professionellen, auch die Professionellen der Altersarbeit.

Künstler ermöglichen uns, anders wahrzunehmen, mit einer andern Perspektive, «avec un certain regard» zu sehen. «Un certain regard» heisst an verschiedenen Filmfestival die Sektion, welche Neues und Anderes präsentiert. Um ebenfalls von dieser andern Sichtweise zu profitieren, hat beispielsweise alt Bundeskanzler Helmut Schmidt 1975, den Schriftsteller Max Frisch als Begleiter auf seine China-Reise mitgenommen. Schmidt hat davon erzählt, Frisch darüber geschrieben.

 

7. Medien wirken

Eine Grundaussage der Medienkommunikation heisst: Medien wirken! Filme machen etwas mit dem Publikum, auch mit den Alten. Generell ist dies zwar jedermann klar und eindeutig. Doch im konkreten Fall bleibt es unklar und mehrdeutig. Man weiss, dass sie wirken, doch nur ansatzweise und punktuell, wie sie wirken. Die Folgen dieser Wirkungen der Medienkommunikation umschreibt, ganz unwissenschaftlich, doch treffend, ein französisches Diktum in Kürzestform: «Mal vu, mal dit.» (Wer falsch sieht, spricht falsch), was ich ergänzen möchte mit: «Mal fait» (und der handelt dann auch falsch). Die Bedeutung und Nachhaltigkeit der Rezeption von Medien, also auch eines Films über das Alter, wird damit offensichtlich.

 

8. Worte und Ant-Worten

Die Antworten, die wir aus der Kunst erhalten, haben immer etwas mit uns zu tun. Denn in der Ästhetik – «Aísthesis» bedeutet ja nichts anderes als «Wahrnehmung» – sind wir Rezipienten immer als Subjekte involviert. Der Künstler spricht das «Wort», wir entgegnen diesem, geben unsere «Ant-Wort». Damit beginnt der Dialog, aus dem im Idealfall, wie Martin Buber meint, Bildung entstehen kann. Bei der Rezeption von Kunst sind wir also nicht bloss Empfänger, Konsumenten, sondern immer auch Sender, Produzenten. Vereinfacht gesagt: Die eine Hälfte des Films macht der Regisseur oder die Regisseurin, die andere mache ich: mit meinen Erfahrungen, meinem Wissen, meiner ganzen Persönlichkeit. Ich assimiliere die Bilder und Töne, ich integriere sie zu etwa Eigenem, zu einem Teil von mir. «Das Bild wird (…) im Gehirn nach meiner Identität umkodiert und erzeugt so eine konsistente Lebensgeschichte», meint der deutsche Hirnforscher Ernst Poppel (Tages-Anzeiger, 25. 11. 2010). Es geht also darum, etwas als wahr anzunehmen und in mein Bewusstsein und meine Persönlichkeit einzubauen.

 

9. Mehrdeutige Aussagen

Die Bilder und Töne von Filmen über das Thema Alter sensibilisieren also für das, was Alter ist oder sein kann: für seine Vielfalt und Widersprüche, Mehrdeutigkeit und Offenheit. Ich denke, dass diese, unsere Antworten auch bei Filmen zum Thema Alter wichtig sind. Wir erweitern im Film-Sehen den Singular der alltäglichen und der wissenschaftlichen Antworten zu einem Plural, dem Plural der Erfahrungen.

Filmbilder widersprechen der selbstsicheren Eindeutigkeit der Alltagskommunikation und den wissenschaftlichen Schlüssen mit der in den Kunstwerken inhärenten Zwei- oder Mehrdeutigkeit. Sie führen bei den wesentlichen Dingen des Lebens – und das Alter zählt wohl dazu – in das grundsätzliche Sowohl-als-auch. Sie verwischen die Schärfe der trivialen, oberflächlichen Fakten zur Unschärfe des Vielleicht, des Eventuell, des Möglichen. Der Physiker Werner Heisenberg scheint mit seiner Theorie der Unbestimmtheitsrelationen dem näher zu kommen als viele Humanwissenschaften.

 

10. Probehandeln

Bilder und Töne im Film evozieren bei uns Bilder und Töne, die gespeichert sind als Erinnerungen, Vermutungen, Hoffnungen und Befürchtungen und aktualisieren sie, transportieren sie ins Hier und Jetzt. Das Lächeln und Sinnieren während und die Kommentare und Spontanäusserungen nach der Vorführung eines Films sind Ausdruck dafür, dass die «Worte» der Filmschaffenden angekommen sind, bei mir «Ant-Worten» gefunden und etwas ausgelöst haben.

Nachdem wir einen Film gesehen haben, sind wir «erfahrener», ganz im Sinne von Günter Anders, der Erfahrung gleichsetzt mit einem Fahren durch eine reale oder irreale Landschaft. «Probehandelnd» können wir im Kino etwas er-fahren, etwas mit-machen, etwas mit-leben. Und wir können dabei reicher werden, weil wir virtuell in einer andern Welt mit andern Menschen ein anderes Leben gelebt haben. Persönlich habe ich manchmal das Gefühl, ich hätte in meinem Leben schon viele Leben gelebt, wenn auch nur im Kino.

 

11. Abbilder

Eine weitere Grundsatzfrage ist noch anzugehen: Welches sind überhaupt die Funktionen der Medien in der Gesellschaft? Als Erstes meine ich: die Medien sollen die Wirklichkeit abbilden. Beim Dokumentarfilm scheint das evident, beim Spielfilm schon weniger. Doch auch Spielfilme bilden ab, was ein Künstler als seine Wirklichkeit erfahren hat. Dass diese Abbilder nie objektiv sind, nicht die ganze Wahrheit, sondern immer nur einen Teil zeigen, dürfte klar sein. Franz Zöchbauer, der Pionier der Medienpädagogik im deutschen Sprachraum hat es schon vor Jahrzehnten so formuliert: «Nichts ist so subjektiv wie das Objektiv der Kamera.»

Die Abbilder dieser Teil-Wahrheiten können unklar oder verzerrt sein, beabsichtigt oder unbeabsichtigt manipuliert, also mit den Hände bearbeitet. Vielleicht hilft uns hier der Satz eines Sufimeisters aus dem 13. Jahrhundert im Grundsätzlichen etwas weiter: «Die Wahrheit ist ein Spiegel, der vom Himmel gefallen ist, er ist in tausend Stücke zersplittert, jeder besitzt einen kleinen Splitter und glaubt, die ganze Wahrheit zu besitzen» (Dschaelal ed-din Rumi).

 

12. Vorbilder

Komplizierter und folgenschwerer scheint mir die Tatsache, dass der Prozess des Abbildens immer gleichzeitig einen Prozess des Vorbildens auslöst. Die Abbilder werden zu Vorbildern, und diese Vorbilder sind dann Nachrichten, nach denen man sich richtet. In der Verzahnung dieses Abbild-Vorbildprozesses verstecken sich Probleme.

Ich mache einen dritten Exkurs über das Thema «Medienwirkungen am Beispiel Gewalt». Ein Journalist bildet in einem Dokumentarfilm kriegerische Gewalt, eine Künstlerin in einem Spielfilm seelische Gewalt ab, weil sie die Wirklichkeit so sehen. Solche Abbilder können entweder ängstigen (nach der Inhibitions-These), abstumpfen (nach der Habitualisierungs-These) oder gelernt werden (nach der Stimulations-These). Wir sehen, es gibt nicht eine Wirkung, sondern verschiedene. Welche konkret aktiv wird, ist schwierig zu eruieren. Solches gilt analog für alle andern Wirkungen, nicht nur für die Mediengewalt. So entstehen beispielsweise Klischees und Vorurteile im Sehen, Gewohnheiten und Regeln beim Sprechen und schliesslich Begründungen und Ideologien für das Handeln in der Gemeinschaft und in der Politik.

 

13. Sinnbilder

Das Abbild, das gleichzeitig als Vorbild wirkt, kann im Idealfall zum Sinnbild werden, d. h. ein Bild, das Sinn stiftet: für eine Zeit, ein Land, eine Gesellschaft, für Menschen, wenn dieses allgemeinmenschlich, welthaft, universell ist und nicht bloss am Einzelfall und an der Oberfläche hängen bleibt. Das sind dann die Highlights jedes Medienkonsums.

Ich denke dabei im Bereich des Alters an einen Roman wie «Der alte Mann und das Meer» von Ernest Hemingway, ein Theaterstück wie «Der Tod eines Handlungsreisenden» von Arthur Miller, eine Erzählung wie «Die unwürdige Greisin» von Bert Brecht und an Filme wie «Angst essen Seele auf» von Rainer Werner Fassbinder, «Der letzte Mann» von Friedrich Wilhelm Murnau, «Die plötzliche Einsamkeit des Konrad Steiner» von Kurt Gloor, «Die Mutter» von Pudowkin, «Il bacio di Tosca» von Daniel Schmid, «Les herbes folles» von Alain Resnais, «Les plages d’Agnès» von Agnès Varda, Les petits fugues» von Yves Yersin und für mich am vollkommensten an «Limelight» von Charles Spencer Chaplin oder «Sarabande», dem letzten Film von Ingmar Bergman.

Mit diesen beiden Meisterwerken der Filmgeschichte möchte ich meine Anmerkungen zum Thema «Mit Filmen sein Altersbild dund die Altersarbeit bereichern» schliessen und danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

dass der Prozess des Abbildens immer gleichzeitig einen Prozess des Vorbildens auslöst. Die Abbilder werden zu Vorbildern, und diese Vorbilder sind dann Nachrichten, nach denen man sich richtet. In der Verzahnung dieses Abbild-Vorbildprozesses verstecken sich Probleme.

Ich mache einen dritten Exkurs über das Thema «Medienwirkungen am Beispiel Gewalt». Ein Journalist bildet in einem Dokumentarfilm kriegerische Gewalt, eine Künstlerin in einem Spielfilm seelische Gewalt ab, weil sie die Wirklichkeit so sehen. Solche Abbilder können entweder ängstigen (nach der Inhibitions-These), abstumpfen (nach der Habitualisierungs-These) oder gelernt werden (nach der Stimulations-These). Wir sehen, es gibt nicht eine Wirkung, sondern verschiedene. Welche konkret aktiv wird, ist schwierig zu eruieren. Solches gilt analog für alle andern Wirkungen, nicht nur für die Mediengewalt. So entstehen beispielsweise Klischees und Vorurteile im Sehen, Gewohnheiten und Regeln beim Sprechen und schliesslich Begründungen und Ideologien für das Handeln in der Gemeinschaft und in der Politik.

 

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