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Stete Verweigerung

Die junge Regisseurin Mélanie Huber zeigt zum Saisonauftakt in der Zürcher Schiffbau-Box „Bartleby, der Schreiber“ nach der Erzählung von Herman Melville.

Die 1853 veröffentlichte Geschichte „Bartleby, der Schreiber“ spielt in der New Yorker Geschäftswelt um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Ein seltsamer, rätselhafter Mann wird in einer Kanzlei als Kopist eingestellt: Bartleby. Während er zunächst durch ungewöhnlich große Zurückhaltung und Schweigsamkeit auffällt, geht er mehr und mehr dazu über, die Ausführung bestimmter Tätigkeiten mit dem Satz »Ich möchte lieber nicht« abzulehnen. Schließlich verweigert er sich jeder Art von Tätigkeit. Als er sich schliesslich auch weigert, die Kanzlei zu verlassen, zieht sein Arbeitgeber, der immer mehr dem Einfluss Bartlebys erliegt, mit seinen schrullig-verschrobenen anderen Mitarbeitern aus und lässt Bartleby im leeren Bürogebäude zurück.

Eine gelungene Inszenierung

Herman Melvilles subversive Geschichte einer Verweigerung ist eines seiner Meisterwerke und einzigartig in ihrer absurden Komik. Der Autor und Dramaturg Stephan Teuwissen hat aus der Erzählung eine exzellente Bühnenfassung gemacht, die zum Auftakt der Theatersaison in der Schiffbau-Box des Zürcher Schauspielhauses Premiere feierte. Um es gleich vorwegzunehmen: Die junge Regisseurin Mélanie Huber zeigt eine eindrückliche, in jeder Beziehung gelungene Inszenierung des Stücks, die am Premierenabend lange beklatscht wurde.

Unheilvolles bahnt sich an: Das ganze Ensemlbe mit Fritz Fenne, Ludwig Boettger, Ingo Ospelt, Steffen Link und den beiden Musikern Pascal Destraz und Fortunat Häfliger. (Bilder: Toni Suter / T+T Fotografie)

Ein mächtiger Backsteinkubus steht in der sonst kargen Bühnenmitte, der sich im Verlauf des Stücks wundersam öffnet und das Innere eines zweistöckigen Bürogebäudes mit zahlreichen schiebbaren Wandtafeln und steilen Treppen freigibt, auf denen laufend stichwortartig das Geschehen gekritzelt wird (Bühnenbild: Nadia Schrader). Eröffnet wird das makabre Spiel wie auf einem Jahrmarkt mit Trompeten- und Paukenmusik, die und weitere Musik- und Gesangseinlagen die Musiker Pascal Destraz und Fortunat Häfliger eigens für das Stück kreiert haben. Was folgt, ist ein groteskes Sprach- und Wortspiel um Bartlebys stete Verweigerung, angereichert mit viel Komik und Klamauk. Geboten wird ein vergnügliches, temporeiches Spiel mit tragischen und heiteren Momenten und hellauf komischen Figuren, das durchaus Parallelen zur heutigen Berufswelt mit ihren Burnouts aufweist.

Grossartige Darsteller

Die Rolle Bartlebys bleibt unbesetzt, weil diese gemäss Regie undefinierbar ist. Zentrale Figur dafür ist der namenlose Notar und Kanzleibesitzer, der erzählend die Geschichte der schweigsamen Gestalt, die anfänglich durch stumme Disziplin und Arbeitswut auffällt, dann jeglichen Auftrag verweigert, vorantreibt, stets darum bemüht, ein korrekter Arbeitgeber zu sein. Assistiert wird er von seinen drei schrullig-überdrehten Angestellten Puter, Krabbe und Keks, die mit Kadavergehorsam allerlei Unfug treiben. Höchst faxenreich und geräuschvoll zelebrieren sie den eintönigen Alltag in der Kanzlei, derweil sich der Notar leidlich abmüht, das makabre Verhalten Bartlebys in sein selbstzufriedenes Weltbild einzuordnen, dabei aber kläglich scheitert.

Grosses Lob verdienen alle Darsteller, vorab Fritz Fenne als namenloser Notar. Mit unglaublicher Energie und spektakulärer Mimik und Gestik plappert er in eigener Sache, derweil seine Welt und seine Zeit dank Bartleby mehr und mehr aus den Fugen gerät. Ein grandioser Auftritt, der haften bleibt. Nicht minder grossartig sind die Auftritte von Ingo Ospelt als Puter, Ludwig Boettger als Krabbe und Steffen Link als Keks, die krümelnd und kleksend das Büroleben ad absurdum führen. Eine rundum geglückte Aufführung, deren Besuch sich lohnt.

Weitere Spieldaten:15.,17., 19., 24., 26., 29., 30. September, 6., 12., 14., 21., 22., 26., 27. Oktober, je 20.15 Uhr; 12. Oktober, 19.15 Uhr.

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