Das Studienzentrum des Schweizer Nationalmuseums in Zürich bietet beste Bedingungen für wissenschaftliches Arbeiten
Der Countdown läuft: Das Landesmuseum wird in knapp einem Monat mit einem 26stündigen Fest eröffnet. Während im Erweiterungsbau und in den Aussenräumen, sowie im neuen Foyer und Restaurant noch fleissig gearbeitet wird, ist das Studienzentrum vollendet und wartet fix und fertig eingerichtet auf sein Publikum.
Im Lesesaal können originale Dokumente aus den Sammlungen Grafik und historische Fotos konsultiert werden. © Schweizerisches Nationalmuseum
Museumsdirektor Andreas Spillmann sieht es als Link zwischen dem Sammlungszentrum in Affoltern am Albis – eher schwer zugänglich, und den Ausstellungen, die jeweils nur einen Bruchteil der Sammlung zeigen können. Mit einmaliger Aussicht über die Limmat und begehbarem Balkon gibt es nun eine Handbibliothek und einen Lesesaal, an dessen Tischen man sich am liebsten gleich niederliesse, beispielsweise mit einem Band Kunstgeschichte oder einem (vorbestellten) Original aus der Sammlung Handschriften. Wers gern bequemer hätte, nimmt in den Lounge-Sesseln Platz. Restos begeistert von diesem Ort des Studierens ist Markus Notter, der Präsident des Museumsrats.
Auch Familien-Fotos gehören in eine nationale historische Sammlung
Bei der Medienbegehung, geführt von Chefkuratorin Heidi Amrein, gab es Einblick ins nicht fürs Publikum zugängliche Depot – graue Planschränke, graue Kompaktanlage in rohem Beton – aber vor allem in verschiedene Studiensammlungen, die vom August an zu Öffnungszeiten des Landesmuseums zur Verfügung stehen, fünf an der Zahl.
– Grafik: Eine Auswahl von Handzeichnungen aus verschiedenen Jahrhunderten (darunter die Entwürfe zum Knorrli, der uns mehr als eine Reklamefigur für Fertigsuppen war), ein Bestand an Druckgrafik von Spielkarten über Landkarten, bis zu bekannten und unbekannten Plakaten und Postkarten (die Schweiz sei das Land der Ansichtspostkarte) und schliesslich ein kleiner Bestand mittelalterlicher Buchmalerei, darunter das Stundenbuch des Bischofs von Silenen. Einzigartig der Bestand an Faksimiles der Buchmalerei seit der Zeit Karls des Grossen.
Faszinierend – eine Ansichtspostkartensammlung
– Historische Fotografie: Schwerpunkt der Sammlung sind Fotografien von 1880 bis heute, einerseits gibt es offizielle Bilder und professionelle Fotos, aber das Landesmuseum sammelt auch Firmennachlässe und Familien-Alben. Kuratorin Ricabeth Steiger weist auf die Jahresalben eines Privatmanns hin, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts historische Ereignisse dokumentierte und sie mit persönlichen Eindrücken versah.
Das Studienzentrum erstreckt sich über den so genannten Kunstgewerbeflügel und einen Teil des Neubaus, wo die Handibliothek und der Lesesaal mit Aussicht sind. Nicht nur Universitätsabsolventen oder Studierende dürfen ihre Forschungen in den Räumen tätigen, das Studienzentrum steht auch Museumsbesucherinnen und -besuchern offen, die Lesen, Lernen, Vertiefen möchten. Die drei weiteren Studiensammlungen sind in Räumen des Kunstgewerbeflügels untergebracht.
Hochsicherheitstrakt Münzkabinett: Kurator Christian Weiss erlaubt einen Blick in eine Schublade
– Numismatik: Gesammelt werden Münzen und Münzprägestempel, Medaillen, Wertschriften und Kreditkarten von keltischen Prägungen bis heute. Das Münzkabinett ist ein mehrfach gesicherter Tresor, die meisten Objekte dort sind in hübschen Sammlungskästen aus Holz gelagert.
– Archäologie: die rund 250 Objekte ermöglichen einen Überblick über die ur- und frühgeschichtlichen Epochen der heutigen Schweiz. Da gibt es Bronzefibeln oder auch Stichwaffen, Kuratorin Eva Carlevaro freut sich schon jetzt auf die Lateiner, denn bei ihr gibt es viele Inschriften zu übersetzen und verstehen.
Posamenterie war einst ein bedeutender Aspekt der Seidenindustrie: Muster von Seidenbändern
– Textilarchive: Einen Einblick in die Modewelt des 20. Jahrhunderts erlaubt das Textilarchiv der Firma Abraham AG, eins von zehn Textilarchiven der Zürcher Seidenindustrie, die mit Musterbüchern, Entwürfen, Nähseiden in der Studiensammlung vertreten sind. Für die Archive und Sammlungen ist eine Voranmeldung nötig, die Bibliothek ist frei zugänglich.
Das Bildarchiv mit Fotografien und Fotobüchern ist Teil des Studienzentrums und frei zugänglich. © Schweizerisches Nationalmuseum
Über 80’000 Bücher und andere Medien sowie rund 800 Zeitschriftentitel erfüllen fast jeden Wunsch nach vertiefenden Informationen, ein umfangreiches Bildarchiv gibt unter anderem Einblick in die Baugeschichte des Museum von den Anfängen an. Dort sind auch alle Artefakte und Ausstellungen des Landesmuseums seit den Anfängen fotografisch wieder zu erleben. Die Digitalisierung der Bestände läuft, aber noch ist sehr vieles nur auf Fotos, also analog greifbar.
Nur noch wenige Wochen bis zum Eröffnungsfest Ende Juli/Anfang August
Teaserfoto: Die neue Bibliothek im Landesmuseum-Neubau © Schweizerisches Nationalmuseum