Ein Projekt wie die DVD-Sammlung und Film-Datenbank zum Thema Alter, das hier vorgestellt wird, entsteht nicht zufällig. Dahinter stehen eine langjährige seriöse Beobachtung der Altersthematik und der Mediensituation, eine Kenntnis der dazu gehörenden Theorien. Und schliesslich braucht es eine Vision, mit der Menschen zur Mitarbeit motiviert und gewonnen werden können. Ab Start sind ein Durchhaltewille verlangt und im Verlauf eine ständige Anpassung an die sich verändernde Situation in der Altersarbeit und in der Medienwelt.
Stichwortartig soll hier die Entstehung der DVD-Sammlung und Film-Datenbank zum Thema Alter der Bibliothek von Pro Senectute Schweiz referiert und in Beziehung gesetzt werden zu Medien- und Alterstheorien und deren praktischer Anwendungen im Alltag.
Das Alter erobert das Kino: (k)eine Behauptung?
Acht Fakten sollen die Behauptung, dass das Alter das Kino erobert, belegen:
1. Seit 1979 arbeitete die AV-Medienstelle von Pro Senectute Schweiz an einer Konvergenz der Alters- und der Medienfragen, praxisorientiert und systematisch.
2. 2010 umfasste eine daraus entstandene Sammlung von Spiel- und Dokumentarfilmen im Kino zum Thema Alter bereits 100 Titel. Ein Trend wurde erkennbar und aufgenommen.
3. Neu sind alle Titel auf www.alexandria.ch, dem Schweizerischen Bibliotheken-Zusammenschluss, aufgenommen worden.
4. Ein Jahr später starteten zusätzlich zwei Dutzend Filme zum Thema in den Kinos, also kam alle zwei Wochen ein neuer Titel dazu, und dies mit Erfolg bei Alt und Jung.
5. 2012 gab es auf www.seniorweb.ch bereits 241 Filme über das Alter. Was vermuten lässt, dass Filmkonsum und Filmproduktion sich gegenseitig beeinflussen.
6. Ein Jahr später umfassten Film-Datenbank und DVD-Sammlung bereits 743 Titel in Deutsch und Französisch, und deren Nutzung stieg an.
7. 2015 ging der Trend weiter: Am 17. Dezember umfassten Sammlung und Datenbank 878 Titel. Öffentlichkeit und Fachleute nahmen dies zur Kenntnis.
8. Am 8. Januar 2016 waren es 1064 Titel, am 3. April 2017 bereits 1136. Tendenz steigend. Neu besteht auch die Möglichkeit der Online-Bestellung.
Im Internet mit Trailer vorgestellt, hier «Il bacio di Tosca» von Daniel Schmid, 1984
Gründe für diese Eroberung des Kinos durch die Alten
Wer eine Entwicklung verstehen will, muss deren Gründe kennen. Hier eine Auswahl:
1. Es gibt mehr Alte, also auch mehr alte Kinogänger: ein demografischer Grund.
2. Die Älteren haben Zeit und sind auch fürs Kino motiviert: ein demografischer Grund.
3. Das Alter wir vermehrt Thema des öffentlichen Diskurses: ein soziologischer Grund.
4. Alter betrifft nicht nur die Finanzen, sondern ist umfassend: ein kultureller Grund.
5. Ältere mischen sich vermehrt in gesellschaftliche Belange ein: ein politischer Grund.
6. Altersthemen betreffen auch die Leistungen alter Menschen: ein gesellschaftlicher Grund.
7. Neu gibt es im Film brennende Themen wie den Alters-Suizid: ein ethischer Grund.
Soweit möglich sind die Beschreibungen der Filme mit einem Trailer versehen.
Anmerkungen zur Bedeutungen dieser Tatsachen
Grundsätze, welche die AV-Medienstelle im Lauf der Jahr zum Thema aufgearbeitet hat:
1. Filme sind audiovisuelle «Worte», die «Antworten» verlangen. Das betrifft auch die Alten als Teil der gesellschaftlichen Massenmedienkommunikation.
2. Filme zeigen Einzelpersonen, z. B. einen Alten. Wissenschaft zeigt den Durchschnitt, also z. B. die Alten. Für Praktiker sind eher Einzelne, für Wissenschaftler der Durchschnitt wichtig.
3. Filmbilder sind Ab-Bilder, Vor-Bilder, Sinn-Bilder. Dies die allgemeinen gesellschaftlichen Funktionen der Medien, so auch die Filmbilder des Alters.
4. Ab-Bilder: Filmbilder zeigen das reale Leben, z. B. das Alter. Wir lernen aus Filmen, wie das Leben, wie das Alter sein kann.
5. Vor-Bilder: Filmbilder sind Nachrichten, und Nachrichten sind Informationen, nach denen man sich bewusst oder unbewusst richtet.
6. Sinn-Bilder: Wenn ein Film ein Kunstwerk wird, vermittelt er Werte, kann er Sinn stiften, für das Leben, auch das Leben im Alter.
7. Zwei Denkmuster bezüglich Umgang mit Medien und bezüglich Lernen mit Medien sind zu beachten. Erstens das bekannte Paradigma: Wissenschaft schafft Wissen, z. B. Alterswissenschaft, zweitens das weniger bekannte: Kunst schafft Können, z. B. Lebenskunst.
In der Datenbank mit Kurzbesprechung, Trailer, Filmkategorie, Schlagworten und Suchbegriffen vorgestellte Filme
Über 1000 Spiel-, Dokumentar- und Lehrfilme zum Thema Alter enthält die Website der Pro Senectute Bibliothek. Diese sind mit Trailern und Besprechungen vorgestellt und als DVD in der Fachbibliothek zum Thema Alter und Altern, Bederstrasse 33, 8002 Zürich, 044 283 89 81, archiviert, frei zugänglich und verfügbar.
Die Titel der Film-Datenbank können unter Filmkategorien, Schlagworten und Suchbegriffen recherchiert und gratis ausgeliehen werden. Die Zusammenstellung wurde 2010 unter dem Titel «Filme, die das Alter deuten» für Seniorweb gestartet und wird zwischenzeitlich in der Pro Senectute Bibliothek weiter ausgebaut. Diese Filmdatenbank und DVD-Sammlung der Bild- und Tonträger zum Thema Alter ist europaweit einmalig.
100 Jahre Pro Senectute – 50 Jahre Filmproduktion
Rechtzeitig zum 100-Jahrjubiläum der Stiftung hat die Pro Senectute Bibliothek auf Ihrer Webseite eine Auswahl an Archivperlen zusammengestellt: Plakate, Kunstdrucke, Jahresberichte, Zeitschriften, Glasdias, Tonbildschauen – und auch Filme. Ein Juwel bildet ein Auftragsfilm aus dem Jahr 1958, bei dem der bekannte Schweizer Schauspieler Heinrich Gretler als Sprecher fungiert.
Titelbild: Blick auf das DVD-Angebot in der Bibliothek in Zürich