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Der vergiftete Professor

Zurück in Athen erwartet den Kommissar Kostas Charitos ein brutaler Fall. Ein Uni-Professor wurde vergiftet. Der akademische Betrieb ist marode bis ins Mark. Rosige Aussichten? 

Kommissar Kostas Charitos und seine Frau Adriani machen Ferien. In ihrer alten Heimat Epirus sagen ihnen drei „Grazien“ eine rosige Zukunft voraus. Von wegen: zurück in Athen erwartet Charitos ein wüster Fall: ein ehemaliger Professor wurde vergiftet.

Nach den Ferien ist für Charitos vieles neu und gewöhnungsbedürftig: Sein halbes Team ist neu besetzt, auch in der Chefetage wird vieles anders. Aber dem Kommissar bleibt keine Zeit, um von einer möglichen Karriere zu träumen: auf seinem Tisch liegt der Fall eines vergifteten Professors/Ministers. Ein Bekennerschreiben führt die Ermittler in die Athener Universität.

Rückkehr voller Überraschungen

Charitos kann sich über mangelnde Überraschungen nach den Ferien nicht beklagen:  Sein Vorgesetzter geht vorzeitig in Pension, und er selber wird Interims-Chef. Als solcher erhält er eine Nachricht des Vize-Polizeipräsidenten: Klearchos Rapsanis, Minister für Verwaltungs-Reformen und ehemaliger Professor für Rechtsphilosophie, wurde von seiner Schwester tot in seiner Wohnung aufgefunden.

Der stark übergewichtige Tote liegt im Badezimmer, offenbar hat er sich übergeben und ist dabei zusammengebrochen. Der Arzt schliesst einen Herzinfarkt aus. Verdächtig erscheint eine angebrochene Torte im Kühlschrank. Die dabei liegende Karte ist unterschrieben mit „die anonymen Bewunderer“. Das Gebäck wurde am Vortag von einer jungen Frau geliefert. Die Haushälterin berichtet, der Tote sei ein Vielfrass gewesen, mit einer besonderen Schwäche für Süsses. Alles weist auf einen Giftmord hin. Und tatsächlich, die Torte ist mit einem Pestizid „angereichert“.

Heikle Ermittlungen

Bei einem Minister sind Ermittlungen besonders diffizil. Und in diesem Fall auch besonders schwierig: wie soll die Frau gefunden werden, welche die Torte geliefert hat? Und wie will man beweisen, wer das süsse Stück zubereitet hat? Weil der zu erwartende Medienrummel verhindert werden soll, spricht das Ministerium vorerst von unbekannter Todesursache und Ermittlungen in alle Richtungen.

Der Tote war geschieden, Ex-Frau und Sohn leben in Paris. Laut seiner Schwester gab es bei der Scheidung keine Reibereien. Verdächtig ist vor allem die Frau, welche die Torte gebracht hat. Die Haushälterin sagt, der Minister habe sich unverzüglich darüber her gemacht. Das müssen die Mörder geahnt haben. Auch der Kioskinhaber in der Nähe hat die Frau gesehen: sie kam mit einem neutralen Motorrad, trug einen Helm, Jeans und T-Shirt.

Ein Bekennerschreiben

Beim Fernsehen wird ein Bekennerschreiben deponiert, über das natürlich sofort und ausführlich berichtet und spekuliert wird. Der Brief ist mehr als seltsam: Minister Rapsanis wird darin als Hochverräter bezeichnet, weil er die Studenten um seiner politischen Karriere Willen im Stich gelassen und gleichzeitig den Lehrstuhl behalten habe. Und das in einer Zeit, da die Universität mit grossen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen hat.

Polizei und Antiterroreinheit erwägen das Für und Wider eines Terroranschlags. Dass es ein Bekennerschreiben gibt, weist darauf hin. Anderseits wäre ein Terrorakt mit Insektizid eine Weltneuheit. Auch zu beachten gilt, dass der frühere, eigenbrötlerische Professor offenbar nicht ganz sauber war: er hatte an der Uni zwei Forschungssemester erhalten und während dieser Zeit nicht wirklich geforscht, sondern vor allem Wahlkampf betrieben.

Ein weiteres Opfer

Ein Juraprofessor berichtet, dass Rapsanis nicht nur beim Essen unersättlich war, sondern auch bei seiner beruflichen und politischen Karriere von Gier geradezu getrieben war. Politische Gegner kommen also als Täter in Frage. Oder aber doch die „anonymen Bewunderer“, die vielleicht hinter dem Bekennerschreiben stecken.

Rapsanis war auch aktiv auf Facebook und Twitter. Er hatte – unter Pseudonym agierend – eine Partnerin auf Facebook. Sie soll sich in ihn verliebt und ihn in die Politik getrieben haben. Freunde und Feinde im Netz: eine weitere mögliche Tätergruppe.

Und als ob die Lage nicht genug verworren wäre für Charitos und sein Team, wird ein Staatssekretär, ebenfalls mit einer Akademiker-Vergangenheit an der Uni Athen, brutal überfallen und getötet. Es gibt mehrere Parallelen zum Fall Rapsanis: Auch der Staatssekretär war offenbar ein Einzelgänger und hatte eine Gewohnheit, die es dem Mörder leicht machte. Erneut ist ein Motorrad im Spiel. Und auch zu diesem Mord taucht ein Bekennerschreiben auf.

Bekömmliche Sommerlektüre  

Markaris bleibt Markaris: obwohl Griechenland mit seiner Finanzmisere aus den Schlagzeilen verschwunden ist, bleibt der Schriftsteller am Ball: die Zahl der Unzufriedenen in Griechenland ist hoch geblieben. Es sind jene, die mit dem System, sei es an den Universitäten, sei es in der Politik oder auch im ganz gewöhnlichen Alltag nicht zu Rande kommen und hadern. Auch daraus lässt sich ein trefflicher Krimi machen – wie Markaris es beweist!

Und: keine Angst vor all den griechischen Namen: im Anhang findet sich ein ausführliches, alphabetisch geordnetes und höchst hilfreiches Personenverzeichnis.

Petros Markaris: „Drei Grazien“, erschienen bei Diogenes, 355 S., ISBN 978-2-257-07041-5

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