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Supereliten über Eliten

Über den Begriff Elite herrscht Verwirrung. Zeit darüber nachzudenken.

Populisten fallen über die Eliten her und versuchen, das Volk gegen sie aufzustacheln. Es ist interessant, dass nun plötzlich wieder eine Diskussion um die Eliten entsteht. So fragt das «Magazin – Philosophie» in einer Nummer: «Brauchen wir Eliten?» und lässt über diese Frage namhafte Autoren sinnieren. Ich glaube nicht, dass diejenigen Parteien, die die Eliten und mit ihnen die «Classe politique» verunglimpfen, dem Volk einen Dienst erweisen. Es ist klar, dass ein Volk ohne Menschen, die zu einer Elite zu zählen sind, nicht auskommt. Nur fragt es sich, wer zu den Eliten zu zählen ist. In der NZZ (25. Oktober 2018) unterscheidet Ulrich Gumbrecht zwischen Establishment und Eliten. Diese Unterscheidung eignet sich, um etwas Klarheit zu schaffen.

Als Kaspar Villiger nach seiner Wahl in den Bundesrat von einem Journalisten gefragt wurde, mit welcher Vision er sein Amt antrete, antwortete er kühn, er habe keine Visionen. Das war eine ehrliche Antwort. Sie setzte den Journalisten in Erstaunen. Villiger wusste, dass Visionen nicht von Politikern entwickelt werden. Sie entstehen vielmehr ausserhalb der politischen Kreise. Sie zwingen aber Politiker zu reagieren, wenn diese Ideen öffentlich Gestalt annehmen. Die Kunst des Regierens besteht dann darin, darauf zu achten, dass die Gleichgewichtslage gewahrt bleibt oder sie herzustellen. Darin besteht die Grundbestimmung des politischen Handels. Visionäre finden in der Politik vorerst kein Gehör, denn in der Politik regiert das Establishment und unter ihm diejenigen, die sich an meisten Gehör zu verschaffen wissen. Dies sehr oft mit populistischen Angriffen auf die Eliten.

Das ist paradox, weil sich darin eine auf sich selbst und seinesgleichen gerichtete Aggression manifestiert. Sehr oft tun Populisten dann so, als ob sie nicht zur Elite gehörten. Weil sie aber dennoch dazugehören, bewegen sie sich in einem in sich geschlossenen Kreis, in einem circulus vitiosus, übersetzt in einem Teufelskreis, der in eine Abwärtsspirale führt. In diesem Teufelskreis wird sehr viel Vertrauen zerstört und Misstrauen geschürt. Dies geht solange weiter, bis die angreifende Elite sich selbst schadet.

Um also die angegriffene Elite von der angreifenden zu unterscheiden, muss man diese zweite als Superelite bezeichnen. Sie erhebt sich über normale Eliten und wird zum Supermoralisten. Sie weiss alles besser. Sie folgt ihrer Ideologie. Sie versucht, das Volk in ihr Gedankengut einzuspinnen. Dabei verlieren die Eliten insgesamt im nun entstandenen labilen Gleichgewicht an Handlungsfreiheit. Es braucht hier nicht ausgeführt zu werden, dass sich die Schweiz bei vielen Fragen inzwischen in einem Teufelskreis befindet, so dass sie gedankliche stagniert.

Wäre es nicht an der Zeit, über den Begriff der Elite nachzudenken? Vielleicht müsste man den Elite-Begriff einengen und ihn nur den schöpferischen, anregenden Kreisen zubilligen. Jenen Menschen, die jenseits von aller Ideologie ihr Augenmerk auf den Hauptauftrag der Staatsführung richten. Eliten wären dann jene Persönlichkeiten, die durch ihre volkswirtschaftlichen, künstlerischen und geistigen Impulse das Land weiterbringen. Die Banker, die Manager, die meisten Politiker gehörten dann zum Establishment. Darunter müsste man jene Bankfachleute zur Elite zählen, die man früher Bankier oder Unternehmer nannte und jene grosse Zahl von Wissenschaftlern und Künstlern, die ohne monetäre Absicht ihre Sache vorwärtsbringen und ihr Werk zu vollenden versuchen. So bliebe der Begriff der Elite nicht beschmutzt.

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