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Vom Charme der Kleinstadt – Bunte Auen

rv 23.5.2019

Auf alten Handelswegen in Spanien (3): Almagro ist kein Touristenort, wurde aber nach dem 16. Jahrhundert die wichtigste Handelsstadt Kastiliens-La Mancha. Und aus dem völlig ausgetrockneten Gebiet der Tablas de Daimiel ist heute für Naturliebhaber ein noch zu entdeckendes Naturparadies geschaffen worden.

Almagro ist eine Kleinstadt in der Provinz Ciudad Real in Kastilien-La Mancha, etwa hundertzwanzig Kilometer entfernt vom Bergwerk in Almadén, zwischen Toledo und Córdoba. Den Aufschwung erlebte Almagro 1525, als König Karl V. die Ausbeutung der Erzminen und die Quecksilbergewinnung von Almadén dem Augsburger Kaufmann und Bankier Anton Fugger (1493-1560) überliess. Fugger gründete daraufhin eine Niederlassung in Almagro und liess seinen Geschäftssitz im Stil der Renaissance erbauen, den Palacio de los Fúcares. Die Fugger blieben die wichtigsten Financiers der Krone von Kastilien. Und Almagro wurde zum einflussreichsten Handels- und Warenumschlagplatz in Kastilien-La Mancha mit regelmässig stattfindenden Messen.

Almagro ist heute eine Kleinstadt, im 16. Jahrhundert wurde sie zum bedeutenden Handelsplatz.

Fuggers Anwesenheit lockte auch andere wohlhabende Familien hierher und Almagro blühte auf. Die Stadt wurde verschönert, Kirchen, Klöster, ein Hospital, Paläste, sogar ein Theater wurden gebaut. Es erstaunt, so viele grosse Kirchen dicht nebeneinander in dieser kleinen Stadt vorzufinden.

Im 16. Jahrhundert erhielt Almagro einen grosszügigen rechtwinkligen Platz: Die Plaza Mayor mit dem Rathaus an der Stirnseite und seitlich zwei langgezogene Häuserreihen mit Ladengeschäften im Erdgeschoss und einem Laubengang. Als Stützen für den Vorsprung der Laubengänge dienen Spolien, Säulen aus römischer Zeit, die damals offenbar noch leicht zu finden waren. Über den Geschäften gibt es zwei Stockwerke, deren Aussenfassaden mit regelmässigen Fensterfronten zum Platz hin horizontal gegliedert sind. Die Fensterrahmen sind alle in der gleichen kräftigen grünen Farbe gestrichen.

Diego de Almagro (um 1479-1538) ist der bekannteste Sohn der Stadt. Doch seine Abenteuerlust kostete ihn in Peru das Leben.

Am anderen Ende des Platzes gegenüber dem Rathaus ist eine kleine Parkanlage angelegt und mitten drin die Skulptur eines Reiters: Diego de Almagro. Er wurde hier geboren und war ein Abenteurer, eroberte zusammen mit Francisco Pizarro das Inkareich und gilt als Entdecker Chiles. 1538 wurde er in Cuzco nach einem Streit hingerichtet.

In einem der Geschäfte auf dem Hauptplatz konnten wir einer Klöpplerin zuschauen und nur staunen, in welchem Tempo sie die vielen Klöppel übereinanderlegte und wie kunstvoll und zierlich am Schluss die Spitzen herauskamen. Klöppelarbeiten gehören zu den Spezialitäten von Almagro.

Almagro wird heute vor allem von Theaterbegeisterten besucht. Denn im Innenhof eines Gebäudes der südlichen Häuserreihe an der Plaza Mayor befindet sich der Corral de Comedias, ein Freilufttheater aus dem 17. Jahrhundert, ähnlich dem Globe Theatre von Shakespeare in London. Dieser Theaterhof wurde 1950 wiederentdeckt.

 

In Almagro ist das Theater aus dem 17. Jahrhundert heute die grösste Attraktion.

Der Corral de Comedias hat heute dreihundert Zuschauerplätze. Der Raum direkt vor der Bühne ist bestuhlt, früher waren hier die Stehplätze wie in London. Auf drei Seiten hin gibt es zwei Ränge mit Sitzplätzen, ehemals für die Damen. Um Schlägereien zu vermeiden, war während der Aufführungen Alkohol verboten, dafür diente ein Ziehbrunnen als „Bar“. Wenn es sehr heiss ist, oder vielleicht auch bei leichtem Regen, wird ein Sonnensegel an Schnüren über die obere Öffnung zum Himmel hin gezogen. Leider hatten wir für den Besuch einer Theateraufführung keine Zeit, zudem sind die Vorstellungen lange im Voraus ausgebucht.

Das Theatermuseum zeigt die Entwicklung des Theaters auf lustvolle Art.

In Almagro gibt es noch ein zweites Stadttheater, erbaut 1861 im neuklassizistischen Stil. Während im Corral de Comedias vor allem Komödien gespielt werden, führt man hier Konzerte, Ballett und klassisches Theater auf.

In einem anderen alten Palast zeigt zudem ein modern eingerichtetes Theatermuseum auf anschauliche Weise die Geschichte des Theaters. Die verschiedenen Bühnenmaschinen und Vorrichtungen zur Erzeugung spezieller Geräusche, wie Regen, Donner, Wellen und vieles mehr kann man selber in Bewegung setzen. Und nicht nur Kindern und Jugendlichen gefiel dies, auch wir waren überrascht über die raffinierten alten Theatertricks.

Ein Paradies für Vögel und Schweine

Mitten in Kastilien-La Mancha liegen die Tablas de Daimiel am Zusammenfluss des Guadiana mit seinem Zufluss Cigüela und mit grossem Grundwasservorkommen. Seit je her jagten in dieser Auenlandschaft Könige und Generäle Wasservögel. 1956 wurde gesetzlich angeordnet, die Feuchtgebiete entlang der Flüsse der Mancha trocken zu legen und Kanäle zu bauen, zudem zapfte man für die Bewässerung Grundwasser ab. Das führte dazu, dass die Gegend 2005 fast vollständig ausgetrocknet war und sich die unterirdischen Torflager immer wieder entzündeten.

Besuchersteg im Naturschutzpark Tablas de Daimiel.

Die Tablas de Daimiel wurden 1973 zum Nationalpark erklärt und dieser steht heute mit etwas mehr als dreitausend Hektaren Land unter UNESCO Schutz. Es dauerte Jahre, die alten Wasserentnahmerechte abzulösen und zusätzliches Land aufzukaufen, bis das Gebiet wie einst wieder zur Auenlandschaft und zum Vogelparadies – auch für Zugvögel – wurde. Zwei verantwortliche junge Männer führten uns durch die Anlage mit den von Schilfrohr bewachsenen Wasserflächen, wiesen uns auf die bunte Flora und die vielen Vögel mit ihren Gesängen, wie die Nachtigall, die Schilfrohrdommel, den Wiedehopf und ganz besonders die blaugefiederte „Carraca“, die Blauracke oder Mandelkrähe. Zahlreiche Störche kreisten über unseren Köpfen, Wildgänse sahen wir in der Ferne.

Steineichenhaine sind Weideland für die iberischen Schweine.

Nach einem ausgiebigen Gang durch die Auenlandschaft brachte uns der Landrover gegen Abend zur Dehesa, die zum Naturpark gehört. Dehesa ist die spanische Bezeichnung für beweidete Steineichenhaine oder Hutewälder, in denen vom November bis anfangs März die iberischen Schweine weiden. Der Schinken „Patanegra“ oder „Jambón Iberico“ mit seinem würzigen Aroma ist das Resultat dieser speziellen Fütterung. Ende April weideten die Schweine natürlich nicht mehr hier, dafür freuten wir uns über die bunten Blumenwiesen unter den alten imposanten Steineichen.

 

Alle Fotos: Ruth Vuilleumier

Teil 1, Teil 2, Teil 4 des vierteiligen Reiseberichts

 

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