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Goldene Gaben von Kaiser Heinrich

Wie Basel den Sprung vom Grenzdorf zur Grossstadt der Humanisten schaffte, zeigt die Ausstellung «Gold und Ruhm» des Historischen Museums im Kunstmuseum Basel anhand der Geschichten rund um die Münsterweihe vor genau tausend Jahren. Zugleich wird mit einer bösen Legende rund um den Münsterschatz endgültig aufgeräumt.

Nein, die angeblich tumben Baselbieter, die den bei der Kantonsteilung 1833 zugeschanzten Drittel aus dem Staatsvermögen verhökerten, sind nicht schuld, dass wir heutzutage nach Paris ins Musée de Cluny reisen müssen, um eins der wertvollsten Stücke des Münsterschatzes, das goldene Altar-Antependium zu sehen. Die Basler selbst trifft ebenso viel Schuld an dieser seit Jahrzehnten bedauerten Panne. Sie verpassten es, dieses den bankrotten Baselbietern und zwanzig Jahre später einem französischen Militär, der die Tafel zu spekulativen Zwecken erworben hatte und ohne Erfolg in halb Europa feilbot, zum Preis von zwei damaligen Professorenjahresgehältern abzukaufen. Das hat Kuratorin Sabine Söll-Tauchert erforscht und im Katalog publiziert.

Die goldene Altartafel. Entstehungszeit vor 1019. © Paris, Musée de Cluny. © Photo: RNM – Grand Palais/Michel Urtado

Aber nun ist das edle Stück bis zum 19. Januar in Basel, trotz des klimatisierten Hochsicherheitsglashauses so ausgestellt, dass man jedes Detail betrachten kann. Darum herum erzählt die Schau Gold und Ruhm. Geschenke für die Ewigkeit mit Kirchenkunst, wertvollen Büchern der Zeit um die Jahrtausendwende sowie mittelalterlichen archäologischen Objekten aus der Region, wie aus dem burgundischen Grenzdorf dank des Basler Bischofs und des Kaisers Heinrich II. eine aufstrebende, bedeutsame Stadt der Neuzeit und der Moderne wurde.

Der Direktor des Historischen Museums, Marc Fehlmann, lieferte ein Abstract dazu, welches hier nochmals zusammengfasst sei: Der Münsterbau vor tausend Jahren brachte einen Investitionsschub, weil der letzte ottonische Kaiser und dessen Nachfolger den Basler Bischof mit Ländereien und weiteren Vermögenswerten ausstatteten. Dank Steuereinnahmen konnte um das Grenzdorf am Rhein eine Mauer, später eine Brücke über den Rhein gebaut werden. Im 15. Jahrhundert war Basel somit bereit fürs längste Kirchenkonzil aller Zeiten, bei dem Papst Pius II. die Gründung der Universität erlaubte. In der Folge kam die chemische Forschung und später die Pharmaindustrie zur Blüte: «Ohne Heinrich II. wären wir nicht hier!»

Das Heinrichskreuz aus dem Basler Münsterschatz. Basel, Römisch-Katholische Kirche Basel-Stadt. © Staatliche Museen zu Berlin / Fotostudio Bartsch

Die berühmte goldene Altartafel kam im klimatisierten Auto mit Polizeieskorte von Paris nach Basel. Zusammen mit dem Heinrichskreuz – im Mittelalter als Reliquiar mit Blut und Holzsplitter vom angeblich richtigen Kreuz noch viel wertvoller als die Goldtafel – ist sie der bescheidene Rest der siebzehn Gaben, die Kaiser Heinrich damals zur Kirchweihe des Basler Münsters schenkte. Die übrigen Gaben wurden später eingeschmolzen. Aber das Kaiserpaar – Heinrich II. war mit Kunigunde von Luxemburg verheiratet – hat in seinem Reich immer wieder Goldschmiedekunst an Kirchen und Klöster verschenkt, von Paderborn über Bamberg und Worms eben bis Basel im Süden des Reichs. Einige der schönsten Kreuze und Elfenbein-Schnitzereien sind nun in Basel versammelt, darunter Objekte, die seit 1919 nie mehr in Europa waren. Nun kann die Kulturgeschichte um die Herrschaft des letzten Ottonenkaisers im deutschen Reich in rund zehn Kapiteln oder Räumen studiert werden. Basel war für Heinrich strategisch wichtig; für die Stadt Basel wurde das schon 1146 und 1200 heilig gesprochene Kaiserpaar Kult.

Reliquienbüsten Heinrichs II. und Kunigundes um 1430/40. © Paderborn, Erzbischöfliches Diözesanmuseum und Domschatzkammer / Thomas Obermeier

Auch davon erzählt die Ausstellung im letzten Bild. Dort sind zwei Reliquienbüsten von Heinrich und Kunigunde, die kinderlos geblieben waren, ausgestellt. Sie stammen aus Paderborn, wo Kunigunde gekrönt wurde und wo das Paar sich oft aufhielt. Dazu gibt es sogenannte Kontaktreliquien, beispielsweise Kämme, die zwar kaum je in ihren Händen waren, weil aus späterer Zeit, aber der Glaube versetzt bekanntlich Berge.

Evangeliar Heinrichs II. Entstehungszeit: vor 1024.  © Biblioteca Apostolica Vaticana

Einige Objekte lohnen die nähere Betrachtung. Beispielsweise das Heinrichsevangeliar, wo die Buchmalereien der Evangelisten zwar in perfekter Malerei gearbeitet vorhanden sind, jedoch statt des Johannes mit seinem Symbol Heinrich als Herrscher dargestellt ist. Kirche und weltliche Macht waren damals sehr eng beieinander.

Gertrudisaltar (Reisealtar). um 1045. © The Cleveland Museum of Art

Erstaunlich auch die Schachfiguren aus Hirschknochen. Das Spiel kam aus der islamischen Welt in die abendländische, wurde freilich sehr schnell aufgenommen und war für die Erziehung der Scholaren und Prinzen bald ein wichtiges Element für das intelligente Spiel.

Was die Ausstellung besonders sehenswert macht, ist das Eintauchen in die ganze Bandbreite des Kunstschaffens jener Zeit, welches mit Buchmalerei, Goldschmiedekunst, Elfenbeinschnitzerei, Bronzeguss und Steinhauerei immer auf die Kirche ausgerichtet war. Wer sich Zeit nimmt, kann die geschickte Lösung Basels aus dem Burgunderreich und Überführung ins ostfränkische durch Heinrich II. anhand von Urkunden studieren. Die Objekte sind alle im reichhaltigen Katalog abgebildet, der mit Textbeiträgen die spannende Zeit des Umbruchs vor tausend Jahren aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet. Was bei der Ausstellung augenfällig wird: Basel ist nicht erst heute Zentrum einer trinationalen Region. Das war vor tausend Jahren schon einmal so.

Germanicus: Aratea. Lateinische Handschrift des astronomischen Lehrgedichts © Historisches Museum Basel, Philipp Emmel

An ein Wunder grenzt, dass der Münsterschatz bei der Reformation nicht vernichtet, verstreut, verkauft wurde wie beispielsweise in Zürich, sondern einfach in der Sakristei der Kirche eingeschlossen war. Den Schlüssel hatten die geflüchteten Domherren, die jedoch nie Anspruch stellten. So blieben die wertvollen Kunst- und Kirchenutensilien dreihundert Jahre lang beisammen, bis sie im 19. Jahrhundert als Besitz des Standes Basel ins Rathaus gezügelt wurden – mit oben erwähnten Konsequenzen für die Altartafel oder das Heinrichskreuz.

Eine Sternstunde nennen die Museumsleute die Münsterweihe vor tausend Jahren – eine Sternstunde der Kunst- und Kulturausstellungen ist nun diese einmalige Schau mit umfassendem Blick in eine Welt vor einem Jahrtausend. Denn wiederholen wird sie sich so nie mehr.

Blick in die Ausstellung: Vitrine mit archäologischen Funden. Im Hintergrund eine Gerber-Siedlung am Petersberg um die Jahrtausendwende

vom 11. Oktober bis 19.Januar 2020
Katalog: Gold & Ruhm. Kunst und Macht unter Heinrich II.
Hier finden Sie weitere
Informationen zur Ausstellung.

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