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Kostenbewusste Versicherte mehr belohnen

Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) prognostiziert im von Comparis finanzierten Report für die Jahre 2020 und 2021 einen Anstieg der Gesundheitsausgaben um 3,3 bzw. 3,6 Prozent.

Die Konjunkturforschungsstelle (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) prognostiziert nach einem geschätzten Anstieg der Gesundheitskosten von 2,7 Prozent für 2018 und 3,6 Prozent für 2019 eine etwas stärkere Beschleunigung beim Wachstumstempo der Gesundheitsausgaben: Für 2020 und 2021 schätzt die KOF in ihrer publizierten und vom Online-Vergleichsportal comparis.ch finanzierten «Prognose der Schweizerischen Gesundheitsausgaben» einen Anstieg von 3,3 bzw. 3,6 Prozent.

Nicht berücksichtigt haben die KOF-Prognostiker die 10-Milliarden-Warnung des Krankenkassenverbandes santésuisse. Laut santésuisse sind hauptsächlich neue, teure Gentherapien wie Kymriah von Novartis (1 Milliarde Franken mehr pro Jahr), der neue Tarif für ambulante Leistungen der Ärzte und Spitäler (2,5 Milliarden Franken mehr) und steigende Pflegekosten in Milliardenhöhe für diesen Kostenschub verantwortlich. Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly weist darauf hin, dass die KOF nur Mehrkosten berücksichtigt, die bereits beschlossen sind.

Er kritisiert aber auch den Fokus des Kassenverbandes auf die reinen Kosten: «Die Kassen sollten nicht nur den Kostenteufel an die Wand malen und auch nicht immer mehr Regulierung verlangen. Die Kassen sollten den Spielraum des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) konsequenter nutzen und so die Effizienz sowie die Qualität der medizinischen Versorgung verbessern und damit das Preis-Leistungs-Verhältnis für die Versicherten verbessern.» Ausserdem verlangt Schneuwly, dass die Kassen vom Zwang befreit werden, mit medizinischen Leistungserbringern, die sich nicht an die KVG-Grundsätze Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit sowie transparente Qualität halten, Verträge abschliessen zu müssen.

Grundsätzlich ist die Gesundheitswirtschaft nicht bloss ein Kostenfaktor. Sie generiert auch Wertschöpfung. «Im Gegensatz zu anderen Wirtschafszweigen ist das Gesundheitswesen krisenresistent. Deshalb wirkt es sich in der sich abzeichnenden Konjunkturabschwächung stabilisierend aus», so Schneuwly.

Zu wenig gesetzlicher Spielraum für faire Prämien

Nichtsdestotrotz gilt es, laut Schneuwly, die Systemfehler im KVG zu beheben, die verhindern, dass die Krankenversicherer kosten- und qualitätsbewusste Versicherte mit gerechten Prämien belohnen. «Die Krankenkassen haben heute per Gesetz zu wenig Spielraum, um Versicherte mit fairen Prämien zu belohnen, die mit der Wahl eines alternativen Versicherungsmodells (AVM) auf Effizienz und Qualität der medizinischen Versorgung setzen», kritisiert Schneuwly.

Heute müssen die Versicherten trotz Franchisen- und AVM-Rabatten im Umfang von jährlich 3,1 Milliarden Franken die Unterdeckung der Standardgrundversicherung ausgleichen. Hauptgrund sind die veralteten Rabattierungsregeln für Wahlfranchisen und AVM. Der kombinierte Rabatt setzt sich zusammen aus einem fixen Frankenbetrag von maximal 1540 Franken für die Höchstfranchise von 2500 Franken sowie einer ergänzenden prozentualen Ermässigung auf die Standardprämie für ein AVM.

Die Rabattlimite von 50 Prozent führt dazu, dass Versicherte mit Höchstfranchise und AVM in Kantonen mit tiefen Standardprämien für ihr AVM nicht den Rabatt bekommen, der ihnen aufgrund der Kostenersparnis durch die Einschränkung der freien Arztwahl zustehen würde. In Appenzell Innerrhoden erhalten AVM-Versicherte mit einer Maximalfranchise von 2500 Franken konkret nur halb so viel Rabatt für ihr AVM (14 Prozent) als Versicherte in Basel-Stadt (29 Prozent).

«Alternative Versicherungsmodelle bewirken risikobereinigt Kosteneinsparungen zwischen rund 5 und 25 Prozent. Die Versicherer benötigen darum unbedingt mehr Spielraum zur Förderung der integrierten Versorgung», fordert Schneuwly. Um mehr Anreize für die Wahl alternativer Versicherungsmodelle zu schaffen, sei zum einen die Prämie der Standardgrundversicherung als Referenzprämie für alle AVM-Prämien abzuschaffen. «Die Prämienkalkulation für ein Produkt soll sich nicht mehr an einem anderen Produkt wie der Standardgrundversicherung orientieren, sondern an der Risikostruktur – also im wesentlichen medizinische Kosten und Risikoausgleich – des Versichertenkollektivs, das dieses Produkt gewählt hat», verlangt er. Im Gegenzug zum erhöhten Spielraum bei den AVM-Prämien soll der Maximalrabatt für alle Franchisen auf 25 Prozent der jeweiligen Prämie begrenzt werden.

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