StartseiteMagazinGesellschaftSchwierige Kindheit – und dann?

Schwierige Kindheit – und dann?

Welchen Einfluss eine schwierige Kindheit auf das spätere Leben und mitunter bis ins höhere Alter ausübt, steht derzeit im Fokus einer Studie am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Befragt werden ältere Menschen, die von Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und/oder Fremdplatzierung betroffen waren.

Mit zunehmendem Alter, so scheint es, halten wir vermehrt Rückschau auf unser Leben. Dazu gehören auch Überlegungen, welche Einflüsse aus Kindheit und Jugend uns geprägt haben. War es die verständnisvolle Mutter, ein strenger Lehrer, das Heimweh in der Ferienkolonie? Harmlose Erlebnisse im Vergleich zu dem Unrecht, das den über 600 Kindern angetan wurde, die von der Organisation «Pro Juventute» mit Hilfe der Behörden zwischen 1926 und 1973 ihren Eltern weggenommen wurden, um sie in Pflegefamilien, Erziehungsheimen, Arbeitsanstalten, psychiatrischen Kliniken und Gefängnissen unterzubringen. Die Aktion lief unter der Bezeichnung «Kinder der Landstrasse» mit dem erklärten Ziel, sogenannte ‘Vagantenfamilien’ systematisch aufzulösen. Wie es den betroffenen Kindern dabei erging, interessierte weder die Behörden noch Pro Juventute.

Licht in das Dunkel

Inzwischen wissen wir mehr darüber. Licht in das Dunkel brachte eine 2016 erschienene umfangreiche wissenschaftliche Studie mit dem Titel «Kindswegnahmen». Daraufhin folgten einige Berichte von Betroffenen selbst, die uns einen erschütternden Eindruck davon vermitteln, welches Leid ihnen von den fremden Erwachsenen zugefügt wurde, wie sie oft grundlos bestraft, drangsaliert und immer wieder umplatziert wurden. Bis heute werden viele Opfer der Pro-Juventute-Aktion oder anderweitig angeordneter Zwangsmassnahmen von psychischen oder physischen Krankheiten gequält.

Auswirkungen auf das spätere Leben

Unter der Leitung von Dr. Myriam V. Thoma will nun das Forschungsteam am Psychologischen Institut der Uni Zürich diesen Auswirkungen näher auf den Grund gehen. Insgesamt wurden über 250 Interviews mit Menschen um die 70 Jahre geführt. Rund die Hälfte mit Frauen und Männern, die von Fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und / oder Fremdplatzierung betroffen waren und z.B. auch als Verdingkinder ein bitteres Leben fristeten. Die andere Hälfte der Befragten sind sogenannte ‘Kontrollpersonen’, also gleichaltrige Menschen ohne solche Erfahrungen in der Kindheit und Jugend. Dabei stehen die mentale, psychische und körperliche Gesundheit im Zentrum des Interesses. Nicht jedes Kind reagiert auf schlimme Erlebnisse auf die gleiche Weise. Vielmehr spielen auch sogenannte ‘Resilienzfaktoren’ eine Rolle, d.h. die Fähigkeit, Krisen und Erschütterungen zu bewältigen ohne gravierende Folgen für das weitere Leben. Auch hilfreiche Faktoren aus der Umwelt wie z.B. tragfähige Beziehungen, finanzielle Mittel oder die Möglichkeit, eine höhere Schule zu besuchen, können sich positiv auf den weiteren Lebensweg auswirken. Zusätzlich zu diesen Erkenntnissen soll die Studie Grundlagen liefern für hilfreiche Therapiemassnahmen sowie für eine verantwortungsvolle künftige fürsorgerische Praxis bei Kindern und Jugendlichen.

Momentan sind die Forscherinnen und Forscher dabei, die ersten Datenerhebungen abzuschliessen. Ergebnisse werden voraussichtlich Ende März 2020 vorliegen. seniorweb.ch wird darüber berichten.

Erwähnte Literatur:

Sara Galle: Kindswegnahmen. Das «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse» der Stiftung Pro Juventute im Kontext der schweizerischen Jugendfürsorge. Chronos Verlag Zürich 2016, 712 Seiten, 17 Abbildungen s/w

Foto: © 2019 www.kinderheime-schweiz.ch

 

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