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Hilfe, ich kann das Altersheim nicht bezahlen

Falsch, die Furcht ist unbegründet. Ob arm oder reich: Das Personal im Alters- und Pflegeheim umsorgt alle gleich. Allerdings: Wer mehr hat, darf auch mehr fordern.

Wir Senioren fürchten uns vor Krankheit, dem Alleinsein, vor Gebrechlichkeit und, ja, vor dem Tod. Das sind begreifbare Sorgen. Daneben gibt es Ängste, die in unserem Land eigentlich nicht berechtigt sind. Die Besorgnis nämlich, ein anständiges Alters- und Pflegeheim dereinst nicht bezahlen zu können und als Sozialfall entsorgt zu werden, ins Mehrbettzimmer mit Gemeinschafts-WC.

Altersheim- und Pflegekosten: Das tönt kompliziert. Ist es tatsächlich. Ein Heimeintritt ist einschneidend. Auch finanziell. Die Institutionen verrechnen im Durchschnitt monatlich rund 9000 Franken pro Person. Daran beteiligen sich die Krankenkassen. Für den Restbetrag wird das Einkommen herangezogen, also AHV und Pension. Ist Vermögen vorhanden, wird dieses berücksichtigt. Allerdings ist es durch Freibeträge geschützt, für Ehepaare sind dies 60’000 Franken. Vom Mehrbetrag fliesst jährlich ein Fünftel in die Heimrechnung. Krankenkasse, Renten, Zinsen, Vermögensverzehr: Meist reicht all dies nicht aus. Das Manko decken die Ergänzungsleistungen (EL) der AHV. Rund 60 Prozent der Heimbewohnerinnen und Heimbewohner sind darauf angewiesen.

Die EL richtets

Sozialfälle gibt es in unseren Heimen kaum. Die EL richtets. Doch Geld regiert die Welt. Herrscht eine Mehrklassenhierarchie? Müssen Menschen, die ausser AHV und allenfalls PK wenig oder gar kein eigenes Geld beisteuern mit Einbussen rechnen? Mit weniger schönen Mehrbettzimmern, weniger Service, weniger gutem Essen oder gar mit eingeschränkter Pflege?

Daniel Domeisen verneint. Er ist Leiter Gesundheitsökonomie bei Curaviva, dem Verband der Institutionen für Menschen mit Unterstützungsbedarf. Das Personal kenne die finanzielle Situation der Bewohnerinnen und Bewohner nicht, erklärt er. Mehrbettzimmer gebe es kaum mehr. Auf die brutale Vorstellung, dass Minderbemittelte bei der Pflege vernachlässigt würden, reagiert er ganz klar: „Geld beeinflusst weder die Pflegestufe noch die Qualität.“

Premium-Gäste im gleichen Haus

Das zu wissen, tut gut. Ganz unabhängig vom Geld verbringen wir unseren vierten Lebensabschnitt aber doch nicht. Domeisen schränkt ein: „Die Tarife dürfen die kantonalen Vorgaben nicht überschreiten.“ Ausserdem gebe es Institutionen, die diese Ansätze zwar einhielten, darüber hinaus aber Bessergestellten teurere Hotelleistungen ermöglichen. Dies kann bedeuten, dass im gleichen Haus Premium-Gäste in luxuriöseren Zimmer mit Zusatzbedienung wohnen.

Die Pflegefachleute betreuen die Patientinnen und Patienten in den Heimen unabhängig vom finanziellen Hintergrund. 

Auch bei Institutionen ohne diese Oberklassen-Angebote können gemäss Domeisen „zahlungspflichtige Freizeitaktivitäten“ eingeschränkt sein. Damit sind zum Beispiel besonders teure Ausflüge gemeint. Die Beiträge daran sind nach den finanziellen Möglichkeiten abgestuft. Überdies sind bei den Ergänzungsleistungen 420 Franken für persönliche Auslagen enthalten. Dank diesem Sackgeld müssen die Bewohner auch bei solchen Extras nicht beiseitestehen.

EL-Bezüger können für den Lebensabend auch zügeln – vom nebligen Mittelland in den sonnigeren Süden etwa. Das Heim im Tessin darf allerdings keine höheren Tarife verrechnen, als der Herkunftskanton vorgibt. Nicht möglich sind eigentliche Luxus-Residenzen, die teurer sind, als die Kantone vorsehen. Wichtig zu wissen ist, dass der Finanzierungsmodus über die EL zwar für die Heime, aber nicht für die Alterswohnungen gilt. Das könnte sich ändern: Die Parlamente haben den Bundesrat beauftragt, ein finanzierbares Modell für betreutes Wohnen zu erarbeiten.

Nach der Luxusreise ins Heim

Immer mal wieder hört man von Senioren, die mit ihrem Alterskapital allzu sorglos umgehen. Sie leisten sich etwa Luxusreisen und tolle Autos, und wenn sie blank sind, hoffen sie, sich dank EL nicht allzusehr einschränken zu müssen. Manche Gemeinden reagieren darauf, indem sie die Ergänzungsleistungen eine Zeitlang reduzieren. Müssen derart freigiebige Rentner und Rentnerinnen mit Konsequenzen rechnen, wenn sie ins Altersheim wollen? Daniel Domeisen sind keine solchen Fälle bekannt. „Die Leistungen sind gesetzlich gedeckt.“ Das Geld verprassen und dann schnell im Heim unterschlüpfen, das geht also. Ob dies zu empfehlen sei, ist allerdings eine andere Frage.

Alt oder jung, arm oder reich: Ein gutes Heim will vermeintliche Gegensätze zusammenführen. Bilder: Curaviva

Ob arm oder reich: Das Altersheim schaut nicht auf die finanziellen Hinter- oder Abgründe. Existenzangst braucht niemand zu haben und niemand muss in einer gut geführten Institution befürchten, respekt-oder würdelos behandelt zu werden. Doch auch für den letzten Lebensabschnitt gilt: Wer mehr hat, dem wird auch mehr gegeben.

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8 Kommentare

  1. Solidariität wäre die Lösung und wird teilweise auch schon gelebt. Senioren WG . Wer genug Raum hat, Hilfe braucht und nicht ins Heim will könnte eine Senioren WG machen und gemeinsam mit anderen Senioren eine Hilfe einstellen. Jeder Mitbewohner hilft da wo er noch kann,z, B, beim Kochen. Da gewinnt jeder, auch finanziell.

    • Hallo Frau Wirz, gute Idee das mit der Senioren WG!
      Darf ich fragen, sind Sie aus Sissach?
      Freundlche Grüsse, Walter Schumacher, Zunzgen

  2. Genau Frau Wirz, das ist eine gute Möglichkeit. Leider sind halt unsere Bestimmungen nicht so, dass sie dieses Modell unterstützen, Krankenkasse, teilweise EL. Immerhin bewegt sich doch einiges, vgl. in meinem Artikel, Bundesrat untersucht EL und betreutes Wohnen.l

  3. Das scheint eine sehr präzise und gründliche Zusammenfassung der Lage von Senior°innen zu sein, was den Kanton und den Bund betrifft, auch Anregungen angeht und den Bereich EL.

  4. Leider geht in diesem Beitrag vergessen, dass sich nebst den Krankenkassen (vom Bund festgelegte Tarife) auch die Kantone und/oder Gemeinden als Restkostenfinanzierer mit namhaften Beiträgen an der stationären Langzeitpflege (Heimkosten) beteiligen.

    • Danke, Frau Egger für den Hinweis. Nein, ich habs nicht vergessen. Ich wollte/musste mich bei einem journalistischen Beitrag beschränken – zuviele Infos machen das eh schon komplizierte Thema noch schwerer verständlich.

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