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Agnes Barmettler wiederentdeckt

Die Kunstplattform Akku in Emmen LU  widmet der Künstlerin Agnes Barmettler eine Überblicksausstellung und ermöglicht damit die Wiederentdeckung ihres Schaffens, das in den 1970er- und 1980er-Jahren mit figurativ-expressiven Gemälden und Zeichnungen für grosse Aufmerksamkeit sorgte.

Die 1945 geborene Barmettler wuchs in Engelberg auf. Ihre Eltern betrieben die Klosterkäserei. Nach der Matur in Ingenbohl SZ begann sie ein Medizinstudium, das sie aber bald abbrach. Es folgte eine künstlerische Ausbildung an der Gewerbeschule Basel. 1978 erhielt sie das eidgenössische Kunststipendium. Seit 1993 lebt Barmettler in Wölfinswil AG. Heute arbeitet sie freischaffend als bildende Künstlerin unter anderem ­­im Kunstmuseum Olten.


Hence, 1976, Öl auf Arigal, Musée des beaux-arts Le Locle

Prägend für Barmettler war die matriarchale Kultur und Mythologie der Hopi. Sie besuchte zwischen 1979 und 2005 mehrmals das indigene Volk in Arizona. Ihre Werke wurden zunehmend symbolhaft. Diese Entwicklung setzte Barmettler auch ausserhalb der Leinwand fort, so durch ihre Arbeit im öffentlichen Raum mit dem Thema Labyrinth. Sie gehörte zu den Mitbegründerinnen des Zürcher Labyrinthplatzes auf dem Zeughaushof.

Ehepaar, 1972, Öl auf Leinwand, Susanna Meier, Zofingen

Die weitgehend chronologisch gestaltete Ausstellung im Akku zeigt Werke von den frühen 1970er-Jahren bis heute. Die gezeigten Bilder stammen aus dem Atelier Barmettlers, aber auch aus Privatsammlungen und Museen.

Existenzielle Befindlichkeiten des Menschen sind zentral im Werk von Agnes Barmettler zu sehen. Sie zählt zu einer Generation von Künstlerinnen, die das Frausein bildnerisch befragen und erforschen. Prägend für ihr Weltbild und ihre Bildwelt ist zudem die Beschäftigung mit der Kultur der Hopi in Arizona, die Agnes Barmettler mehrmals besuchte.

Zwischenraum Labyrinth, 1995, Öl auf Baumwolle, Sammlung Anka Schmid

Die zunehmend symbolhafte Bildsprache der Künstlerin findet über die Leinwand hinaus eine Fortsetzung durch ihre Arbeit mit dem Labyrinth: So verschiebt sich ab den 1990er-Jahren ihr kreativer Schwerpunkt hin zu gemeinschaftlich mit der Bevölkerung gestalteten Bildern an Ort. Weder in ihrer Biografie noch als Künstlerin hat sich Agnes Barmettler je festschreiben lassen. Sie bewegt sich in Zwischenräumen, durchlässig und wach, denkt in Zusammenhängen und verbindet Kunst und Leben zu einem dichten Geflecht. Ihr Bild-Kosmos zeigt ein starkes Interesse an Zeichen und Symbolen.

An der Vernissage am 24. Januar 2020 begrüsste Akku-Präsident Dr. Karl Bühlmann die Gäste, und die Kuratorin Patricia Bieder erklärte, wie sie zu dieser Ausstellung kam. Sie habe mit Agnes Barmettler ein Buch geschrieben und wollte beim Antritt als neue Kuratorin in der Kunstplattform akku die Werke von ihr zeigen.


Agnes Barmettler stand vor dem Bild «Wolkenkratzer, um 1986» und beantwortete einige Fragen von Seniorweb.

Was bedeutet für Sie dieses Bild mit dem Wolkenkratzer?

Das ist eine Leiter, die bis zur Wolke geht. Für viele Leute heisst die Leiter, dass es nach oben geht und nicht nach unten. Eigentlich ist beides gleich. Ich lebte in einer Stadt, wo vor jedem Haus eine Leiter stand und wo man die Wolken sah. Es war für mich eine fremde Welt. Die Leiter erinnert daran, dass wir von der unteren in die obere Welt kommen. Das wollte ich aufnehmen. Jetzt sind wir in der vierten Welt.

Jedes Bild erzählt eine Geschichte?

Ja, jedes Bild kann eine Geschichte erzählen, je nachdem, wie man es betrachtet. Jeder kann es auf seine eigene Art interpretieren.

Wissen Sie von Anfang an, wie ein Bild am Schluss aussieht?

Wenn ich mit malen anfange, habe ich keine Vorstellung. Ich mache Flecken mit Farben, sehe etwas und arbeite weiter. Es kann sein, dass im Verlauf der Arbeit etwas entsteht, das ich dann beende.

Welche Inspirationen hatten Sie im Ausland?

Viele, von allen Menschen, auch von den Ausländern, die in die Schweiz kommen, die geben viele Anregungen. Das ist spannend, in jeder Art interessant, selbst diejenigen, die schlimmes Zeug machen. Da nimmt es mich wunder, warum sie das machen. Es ist nicht jeder schlimm.

Sprechen Sie mit den Menschen, die sie malen?

Jetzt male ich selten mehr Porträts. Natürlich rede ich mit Menschen, so lerne ich sie kennen. Wenn ich sie sehe, ist das schön, ihnen in die Augen zu schauen und sie reden zu hören. Dann weiss ich wieder etwas mehr, kann sie besser einschätzen.

Zwei filmische Arbeiten ergänzen die Bilderausstellung. Gezeigt wird der Dokumentarfilm «Techqua Ikachi – Land, mein Leben», den Barmettler 1989 mit Anka Schmid bei den Hopi gedreht hatte, sowie der Experimentalfilm «Labyrinth-Projektionen» von 1997.

Parallel zur Barmettler-Ausstellung zeigt Akku die Arbeit «Schnitt ins Herz» (1988) von Martin Disler. Disler und Barmettler waren von 1967 bis 1977 ein Paar. Disler gilt als wichtiger Vertreter der «Neuen Wilden» in der Schweiz.

Die Ausstellung «Agnes Barmettler – durchlässig dazwischen sein» ist bis am 15. März 2020 zu sehen.

Fotos: Josef Ritler

Mehr Infos: http://www.akku-emmen.ch

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1 Kommentar

  1. Schön, dieses Wiedersehen mit Agnes Barmettler und ihrer Kunst. Sie hat mich einst tief beeindruckt, nämlich damals, als sie bei dem Projekt Labyrinth im Zürcher Zeughausareal beteiligt war, uns interessierten Bewohnerinnen aus dem Quartier erklärte, was ein Labyrinth mit Frauenanliegen und Natur zu tun hat. Sie schuf dann auch das eindrückliche logo für solche labyrinthe, die inzwischen weltweit gebaut wurden (www.labyrinth-international.org). Der folgende Link führt zu einer Geschichte des Zürcher Platzes.
    http://mit-leidenschaft.ch/dabeisein/blog-1/kultur/labyrinthplatz-zuerich/

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