StartseiteMagazinGesellschaftMauern, wie die Natur sie bauen würde

Mauern, wie die Natur sie bauen würde

Trockenmauern ist ein uraltes Kunsthandwerk. Mauern werden mit lokal vorhandenen Natursteinen und ohne Hilfe von Mörtel errichtet. In jüngster Zeit wird diese Bautechnik wieder gepflegt.

Auf einer Tessiner Alp kann man das Trockenmauern diesen Sommer sogar in einem Kurs lernen. Die beiden Trockenmaurer Nicola Loher und Jonas Jakob erzählen:

Was sind Trockenmauern?

Trockenmauern sind Mauern aus Naturstein, die ohne Hilfe von Mörtel gebaut werden. Es handelt sich dabei um ein altes Kunsthandwerk. Durch die spezielle Bautechnik sind Trockenmauern weniger anfällig auf Erschütterungen, Hangdruck und Wasserdruck. Das macht die Mauern langlebiger als Betonmauern oder gemörtelte Mauern. Die Kunst des Trockenmauerns wurde 2018 von der UNESCO in die Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

Für welche Bauten eignen sich Trockenmauern?

Für eine Vielzahl an Bauwerken, wobei grundsätzlich zwischen Stützmauern und freistehenden Trockenmauern unterschieden wird. Stützmauern wurden zur Geländestabilisierung oder zum Terrassieren von steilen Hängen verwendet. Freistehende Mauern wurden zur Grundstücksabgrenzung, Weideeinzäunung und als Absturzsicherungen gebaut. Früher sind Trockenmauern aber noch vielfältiger eingesetzt worden, wie z.B. beim Haus- und Brunnenbau, beim historischen Wasserbau oder beim Bau von Wehrmauern.

Wer das uralte Kunsthandwerk lernen möchte, kann dies diesen Sommer in speziellen Kursen auf der Alpe Soladino tun.

In welchen Gegenden findet man diese Bauweise? Vor allem in den Alpen?

Trockenmauern kennt man vermehrt aus Berggebieten, jedoch waren und sind sie auch heute noch ein Bestandteil der Kulturlandschaft von flacheren Gegenden. Verbreitung und Vorkommen haben auch damit zu tun, wie etabliert das Handwerk in der jeweiligen Region war und wie die Mauern gepflegt wurden. So gibt es je nach Region und Land leicht unterschiedliche Bautechniken.

War diese Bauart fast vergessen und wurde wiederentdeckt?

Ja, das kann man so sagen. Bis ins frühe 20. Jahrhundert waren sie im Strassen- und Wegebau von grosser Bedeutung und gerieten danach allmählich in Vergessenheit. Richard Tufnell, ausgebildet bei den letzten Trockenmauerpraktikern Schottlands, verbreitete das Wissen wieder in verschiedenen Ländern. Er kam in den neunziger Jahren auch in die Schweiz, um das Handwerk wieder zu lehren.

Und seither wird das Handwerk auch bei uns wieder gepflegt?

Ja, seit damals hat sich vieles verändert, und Trockenmauern werden von Freiwilligen, Zivildienstleistenden sowie professionellen Trockenmaurern wiederaufgebaut und neu angelegt. Die Wiederentdeckung von Trockenmauern hat auch damit zu tun, dass Landschaftsschutz und -pflege vermehrt an Wichtigkeit zugenommen hat. Hinzu kommen ökologische Gründe, die für das Erhalten und Neuanlegen von Trockenmauern sprechen.

Was sind das für Gründe?

Trockenmauern bieten diversen Tieren einen Lebensraum. Von Eidechsen, Spinnen und diversen Insekten bis hin zu Hermelinen, Mauswiesel und sogar der Wiedehopfe nistet in Trockenmauern. Natürlich kommen je nach Region auch Schlangen in Trockenmauern vor.

Trockenmauern werden ohne Mörtel gebaut, sind besonders stabil und eine Heimat für viele Lebewesen. (Fotos: Nicola Lohrer und Jonas Jakob)

Giftige Schlangen? Muss ich bei Trockenmauern besonders vorsichtig sein?

Erhöhte Vorsicht ist höchstens beim Abbruch von alten Mauern gefordert. Die meist sehr scheuen Tiere verschwinden oft bei der geringsten Erschütterung und man bekommt sie nur selten zu Gesicht. Gefährlicher sind da eher die schweren Steine… Trockenmauern gewähren ausserdem Flechten, Moosen und Gefässpflanzen einen speziellen Lebensraum.

Trockenmauern bauen kann man lernen. Zum Beispiel diesen Sommer auf der Alpe Soladino im Maggiatal. Welche handwerklichen Fähigkeiten muss jemand mitbringen, um am Trockenmauerkurs teilzunehmen?

Grundsätzlich werden keine speziellen handwerklichen Fähigkeiten vorausgesetzt. Je nach vorhandenen Steinen und Umständen kann eine Trockenmauer auch ohne Handwerkzeug und Hilfsmittel errichtet werden. Weitaus wichtiger ist die Motivation, körperlich zu arbeiten, und das Interesse, ein Kunsthandwerk mit seinen spezifischen Eigenheiten kennen zu lernen. Eine gute körperliche Verfassung ist wichtig, da das Heben und korrekte Verlegen der Steine eine anstrengende Tätigkeit sind, auch wenn in einem Kurs mehrheitlich mit kleinen Steinen gearbeitet wird. Da der Kurs draussen stattfindet ist auch eine gewisse Wetterfestigkeit von Vorteil.

Und zum Schluss eine Anmerkung des Autors:

Es braucht auch Wanderfreude. Wer das Tessin kennt, weiss, dass es oft steil bergauf geht. Von Someo auf die Alpe Soladino etwa 3½ Stunden zu Fuss. Umso grösser die Freude, ist man oben nahe dem Paradies angekommen.


Unsere Gesprächspartner

Jonas Jakob (links) ist ausgebildeter Steinhauer und Trockenmaurer sowie ausgebildet in Raumentwicklung und Landschaftsarchitektur; Nicola Loher (rechts) hat einen Bacherlor (Bsc) in Umweltingenieurwesen und ist ebenfalls Trockenmaurer.


Die Alpe Soladino (www.alpesoladino.ch) liegt auf 1140m in einem Seitental der Valle Maggia. Von Mai bis Oktober werden dort zahlreiche Tiere gesömmert. Einige von ihnen sind seltene ProSpeciaRara-Rassen, auf deren Gefährdung die Gastgeber aufmerksam machen möchten. Die Tiere können sich auf der Alpe frei bewegen und suchen sich das beste Futter einfach zusammen. Der dort produzierte Ziegenkäse wird an die Wanderer verkauft. Alle Informationen zum Trockenmaurerkurs unter https://www.alpesoladino.ch/trockensteinmauern.

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