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Von Fürsten und Malern

Das Museum Rietberg zeigt in einer Sammlungsausstellung indische Malerei aus dem 16. bis ins 19. Jahrhundert: «Ein Leben als Fürst» heisst die Schau, die den höfischen Inhalt dieser im Auftrag von Herrschern gemalten Bilder passend charakterisiert.

Die Reichen, Mächtigen und Schönen gab und gibt es seit je. Nicht nur im feudalistischen oder finanzaristokratischen Europa, nicht nur in St. Moritz heute oder in Versailles damals, sondern auch am anderen Ende der Welt. Beispielsweise auf dem südasiatischen Subkontinent. Eine Ausstellung mit grosser Kunst im kleinen Format wurde nun im Rietberg-Museum, genauer in der Park-Villa Rieter eröffnet. Das Plakat hier und dort im Land gibt sehr vergrössert ein Fragment des Empfangs am Hof des Mogulkaisers Shahjahan wieder, wer sich dasselbe in der originalen Miniatur von 1640 anschauen will, muss sehr genau hinschauen, so fein ist diese höfische Malerei.

Empfang am Hof des Mogulkaisers Shahjahan, Fragment aus einem einem Padshahnama-Album, Kaiserliche Mogulwerkstatt, Indien, Delhi, Mogul-Zeit, Shahjahan-Periode, um 1640, Geschenk Volkart-Stiftung, Winterthur, Museum Rietberg

Die Ausstellung nimmt sechs unterschiedliche Bereiche dieser höfischen Bilderwelt unter die Lupe. Ein Leben als Fürst zeigt die Mogulkaiser oder andere hochrangige Fürsten im Porträt als Herrscher, wobei individuelle Gesichtszüge weniger relevant sind als Pose und Accessoires oder eher Attribute der Macht, zum Beispiel Waffen oder Greifvögel, auf grösseren Bildern auch Elefanten, Pferde, bei der Jagd erlegte Tiger.

Da die Miniaturen in Alben oder Kästen der Besitzer sorgsam bewahrt wurden, kann der dargestellte Aristokrat meist genannt werden, selten jedoch der Urheber, der den Pinsel führte. In Malereien von höfischen Zeremonien oder Empfängen ist der Herrscher sogleich zu erkennen: Er sitzt in der Bildmitte und seine Gewänder sind kostbarer als die seiner Höflinge oder Besucher. Und manchmal hat er eine Aureole, also einen Heiligenschein.

Sechzig erstklassige Malereien aus der Sammlung des Museums hat die Kuratorin Rosine Vuille ausgewählt für die Präsentation. Nur wenige der höfischen Maler sind bekannt, umso mehr jedoch ihre Mäzene. Aus den Miniaturen ist auch herauszulesen, wie genau das Hofprotokoll befolgt werden musste und wie sich die Regeln im Lauf der Jahrhunderte auch veränderten. Vor allem aber ist auch der Luxus, in dem diese Aristokraten lebten, bis ins kleinste Detail in der höfischen Malerei verewigt. Vorbild war zunächst der Mogulhof, aber die Ikonografie wurde später auch von kleineren hinduistischen Fürstentümern übernommen.

Raja mit schönen Musikerinnen. Indien, Rajastan, Jodhpur, um 1750. Geschenk Sammlung Danielle Porret, Museum Rietberg

Die Herrscher wollten sich nicht nur als mächtige Feudalherren oder auch kühne Jäger dargestellt wissen, ebenso wichtig war ihnen ihre Kunstsinnigkeit und ihre Affinität zu Musik und Dichtung. So gibt es Miniaturen, auf denen der Fürst und seine Entourage Bilder ansehen, beim einen, vermutet Rosine Vuille, könnte sich der Maler gleich in der unteren linken Ecke selbst abgebildet haben.

Wer genau hinschaut, findet da und dort auch Details, die gleich eine Geschichte erzählen. Beispielsweise sitzt der Fürst auf einem Teppich und bekommt von Untergebenen mit dem Fächer frische Luft zugefächelt. Sie stehen natürlich niemals auf dem Teppich, aber auch nicht gleich dahinter, wie man auf den ersten Blick denkt, denn ihre Füsse zeigen sich unter der Vorderkante des Teppichs.

Ganesha und Sarasvati segnen den Hof des Raja Parichit von Datia, Frontispiz aus einer unbekannten Serie, Werkstatt am Hof von Datia in Bundelkand, Indien, Bundelkand, Datia, 1800–1825, Ankauf mit Mitteln von Eberhard und Barbara Fischer, Museum Rietberg

Oder das Bild des Mogulkaisers auf einem Ausflug mit riesigem Gefolge, alle Würdenträger für Insider von damals und Fachfrauen von heute in ihrem Rang erkennbar. Im Vordergrund gibt es neben Höflingen auch Truppen, ganz rechts solche in englischer Uniform. Südindien war noch keine Kolonie, aber der Einfluss der britischen Krone deutlich spürbar. Nur der Luxus an den Höfen blieb vorerst erhalten.

Eine Serie Miniaturen zeigt die Fürsten bei der Ausübung der Religion. Zum Beispiel ist der Vishnu-Kult mit dem Holi-Fest (in diesem Jahr am 9./10. März), dem Fest der Farben, bei dem das Helle über das Dunkle siegt, in einer Miniatur dargestellt. Die Freizeitbeschäftigungen wie etwa die Jagd, an der auch Hofdamen teilnehmen, erlauben es dem Maler, Tiere und Landschaften darzustellen.

Liebespaar, Indien, Rajasthan, vermutlich Kishangarh, 18. Jahrhundert, Museum Rietberg

Während die Herrscherbilder regelrechte Macht-Inszenierungen sind, stellen die Miniaturen aus dem Harem die Frauen in ihrem Alltag dar, bei der Toilette, beim Besuch einer Asketin, beim Spiel mit Haustieren. Hier dürfen Gefühle gezeigt werden, die Sehnsucht nach dem Geliebten, aber auch der Liebeskummer. Auffällig, dass Kinder in dieser Bilderauswahl weitgehend fehlen, obwohl bekannt ist, dass die Frauen oder Konkubinen am Hof die Kinder bis zum achten Lebensjahr bei sich behalten konnten. Die Maler durften die Frauen ohnehin nie sehen, malten daher den Idealtypus ihrer Zeit, gekleidet in die neueste Mode, und gaben mit den Szenen dennoch einen Einblick in die fremden Augen verbotenen Frauengemächer.

Fürstliches Liebepaar, Muhammad Faqirullah Khan, Indien, vermutlich Lakhnau, Spätmogulzeit, 1760–1770, Ankauf mit Mitteln von Balthasar und Nanni Reinhart, Museum Rietberg

Zu einem der Bilder erzählt Kuratorin Vuille die Geschichte von einem Maler, der auf dem Bauch der Geliebten, die er im Auftrag des Fürsten zu malen hatte, einen Tintenspritzer genau dort hinterliess, wo sie ein Muttermal hatte. Fast wäre er schwer bestraft worden, weil damit angeblich bewiesen war, dass er der Dame näher war, als er sollte, doch diese erklärte den Spritzer als Resultat ihrer magischen Fähigkeiten, den Pinsel des Malers zu führen.

Sogar das Wetter lässt sich in den Darstellungen erahnen: In einem Lustgarten ist ein leichtes Bett über einem kanalisierten Wasserlauf aufgebaut. Darauf liegen der Fürst und seine Geliebte. Er ist halb nackt und raucht Wasserpfeife, während zwei Musikerinnen Tabla und Sitar in Händen miteinander eine leise Unterhaltung pflegen: Hier muss es sehr heiß gewesen sein. Diese Federzeichnung mit fast transparenten Farben ist ein spezieller Stil, der im 16. Jahrhundert aufkam.

Wintermonat: ein aristokratisches Paar beim Schachspiel, Folio aus einer Barahmasa-Serie, Indien, Pahari-Gebiet, 1820–1830, Geschenk Sammlung Horst Metzger, Museum Rietberg

Als klimatisches Gegenstück gibt es in der Schau auch ein Winterbild: Ein Paar sitzt, eingehüllt in weiche Kuscheldecken, an einem Tischchen beim Schachspiel – natürlich im Haus drin.

So bieten die für Ungeübte zunächst sehr ähnlichen Miniaturen bei eingehender Betrachtung einen vielfältigen Einblick ins Luxusleben der indischen Fürsten und ihrer Entourage, zur Mogulzeit, eingeschlossen deren Kunstsinnigkeit und Kenntnis der Literatur, der Religion und der Mythen, die sie als Mäzene und Auftraggeber von den Maler ins Bild setzen liessen. Auch einige Hofdamen waren Mäzeninnen, manche blieben als begabte Dichterinnen oder Musikerinnen in Erinnerung.

Beitragsbild: Ausschnitt aus: Rawat Medini Pal von Basohlj. Fürstenporträt Meister am Hof von Mankot, ev. Meju. Indien, Pahari-Gebiet um 1730. Legat Sammlung Alice Boner. Museum Rietberg
Bis 7. Juni
Hier gibt es weitere Informationen für den Besuch der Ausstellung «Ein Leben als Fürst» und zum Museum Rietberg

 

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