In ihrem hohen Alter sei es Zeit abzutreten, sagte eine Bekannte oft. Und zwar möglichst «elegant»: einschlafen, tot, fertig.
Im Moment allerdings käme ihr das höchst ungelegen. «Ich gehöre zur grössten Risikogruppe!», klagt sie aufgebracht. Das Corona-Virus habe es vor allem auf sie abgesehen. Aber sie habe gerade noch so viel zu tun, und schon gar nicht habe sie mit ihrem Ableben gerechnet.
In ihrer vollen Agenda steht jedenfalls nichts davon. Und der eigene Tod ist überhaupt nirgends eingetragen.
Dabei ist sie der Meinung, es gebe zu viele Menschen auf der Welt. Sich selbst rechnet sie allerdings nicht dazu. Oder dann vielleicht in ein paar Jahren oder so.
Sind die paar Jahre dann vorbei, kommt ihr der Tod wahrscheinlich wieder ungelegen.
Natürlich könnte man vorsorgen. Das tun vor allem diejenigen, die ein qualvolles Ende befürchten, was ihnen ebenfalls nicht gelegen käme. Darum werden sie Mitglied bei Exit. Das heisst allerdings gar nichts. Auch Exit kann plötzlich sehr ungelegen kommen, wenn einst für unerträglich Gehaltenes unerwartet doch ganz erträglich erscheint.
Der Sensenmann tut, was er will, er fragt nicht nach einem geeigneten Termin. Und mit Eleganz hat er leider nur selten etwas am Hut. Er soll, so geht das schauerliche Gerücht, manchmal sogar völlig gesunde Menschen holen. Und auf jeden Fall mit der Zeit einfach alle.
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Christine Steiger schreibt regelmässig Blogs in der Zeitschrift Spuren. Sie ist Buchautorin und Journalistin und veröffentlichte während Jahren in der Weltwoche die Kolumne «Grüne Welle».
Abdruck des Blog mit freundlicher Genehmigung von «Spuren».