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Märchenblüten – Blumenmärchen

Ernst Kreidolf – war er Botaniker? Zeichner und Maler? Märchenerzähler? – Das Kunstmuseum Bern bringt uns seine einmalige Fähigkeit nahe, mit wirklichen Blumen die blühendsten Träume zu gestalten.

Aufgewachsen ist der 1863 zur Welt gekommene auf dem Bauernhof seiner Grosseltern in Tägerwilen (TG). Schon früh setzt er sich mit Farbstiften hinter seine Versuche, dem Charakter der Blumen und Blüten menschliche Züge zu verleihen. Dabei geht es ihm, als autodidaktischer Botaniker, der sich so wie nebenbei ein umfassendes Wissen über die Pflanzenwelt aneignet, nicht um das rein Pflanzliche, das Morphologische, sondern um den Charakter, die eigenartige Prägung, um das der Pflanze Innewohnende. Er vermag dabei Erspürtes und Erfahrenes nicht anders als mit Personifizierung auszudrücken, indem er den Blumen zeichnerisch menschliche Züge verleiht.

Nach abgeschlossener Lehre als Lithograph folgt eine Periode der Lehr- und Wanderjahre mit zahlreichen Kontakten und zeitweisen Aufträgen als Illustrator. Sein künstlerisches wie handwerkliches Hauptthema jedoch bleibt sein Leben mit den Pflanzen, vor allem den Blumen. Den Durchbruch schafft er mit den Blumen-Märchen 1898, einer gelungenen Verschmelzung zwischen Naturbeobachtung und Phantasie. Das Medium für die Vermittlung seines Schaffens ist das Bilderbuch. Die schlafenden Bäume (1901) und Gartentraum (1911) folgen als weitere Beispiele dafür. Das Lesebuch für die Unterstufe der Bernischen Primarschule, Roti Rösli im Garte, 1925 und 19552 hat zahllose Kinder mit dem Stil von Kreidolfs Bilderbuchsprache vertraut gemacht; auch mich selber als jungen Lehrer 1957.

Ernst Kreidolf, Schicksalsträume und Gesichte: Selbstbildnis, 1916. Aquarell und Gouache auf Papier auf Karton, 27,9 x 25,6 cm. Kunstmuseum Bern, Verein Ernst Kreidolf

Sie zeigten immer schon eine eigenartige Bildsprache, diese Kreidolf-Bilderbücher. Unverkennbar sind die personifizierten Blumen, sind die meist zarten Farben und die stilistisch unverkennbare Gesamtform einzelner Bilder oder ganzer Bildgeschichten. Jugendstil, so hat man es vielfach wahrgenommen. Kreidolf hat anfänglich viele Texte selber geschrieben, später aber mit namhaften Autoren seiner Zeit zusammengearbeitet. Die von Marianne Wackernagel gestaltete Berner Ausstellung wird der Vielfalt von Kreidolfs Werk aufs Eindrücklichste gerecht. Die grossen Formate sind in der Minderzahl. Es braucht das Interesse und die Bereitschaft, sich den Kleinformaten zu nähern, sich ihnen zuzuneigen, um den Reichtum des Dargestellten zu erkennen. Überrascht kann man sich fühlen, wenn man so auf einmal gewahrt, dass diese zartgefärbten Bilder mit den oft ungemein reichen Bewegungen und den klein, fast unerkennbar dargestellten Mienenspielen in den zierlichen Gesichtern gar nicht mehr dem entsprechen, was man ursprünglich in den Bildern mit dem von Jugend an bekannten Label «Kreidolf» gesehen hat. Es ist nicht einfach mehr eine niedliche, zartfarbene Farben- und Figurenwelt. Es bedeutet vielmehr ein Eintauchen in eine Mikrolandschaft, in ein Blütenmärchenreich. Man befindet sich in einer neuen Welt, auf einer Spielwiese voller Leben, Farbe, Charme und Dramatik. Denn Kreidolfs Bilder sind nicht nur lieblich und schön, auch das Bedrohliche, das fürchten machen kann, findet da und dort seinen Platz.

Lenzgesind: Bei den Stiefmütterchen, 1926. Tusche und Aquarell auf Papier, 25,7 × 34,4 cm. Kunstmuseum Bern, Verein Ernst Kreidolf

Löwenzahn, 1918. Aquarell und Gouache auf schwarzem Papier auf beigem Papier, 24,4 x 30,0 cm. Kunstmuseum Bern, Verein Ernst Kreidolf

Alpenblumenmärchen: Primula Auricula, 1918/19. Aquarell 31,5 x 39,5 cm. Kunstmuseum Bern, Ankauf vom Künstler

Die beiden hier einander gegenübergestellten Bilder zeigen überdies deutlich, über was für ein breites Spektrum sich Kreidolfs künstlerisches Schaffen erstreckt: Von märchenhafter Poesie und Grazie bis zu wissenschaftlicher Genauigkeit ist in seinem Werk alles vorhanden.

Ernst Kreidolf ist in Bern geboren, hat seine letzten Lebensjahre in Bern verbracht, wurde 1955 Doktor honoris causa der Universität Bern und ist 1956 da verstorben. Schön und bedeutend, dass das Kunstmuseum Bern, unter dem Titel Wachsen – Blühen – Welken, seinem Leben und vor allem seinem Schaffen eine so vielseitige und eindrückliche Ausstellung widmet! Sie ist noch bis am 10. Januar 2021 offen und anschliessend in der Städtischen Wessenberg-Galerie, Konstanz, zu sehen.

Alpenblumenmärchen: Disteln und Eryngium, 1918/19. Aquarell, 31,5 x 39,5 cm. Kunstmuseum Bern, Ankauf vom Künstler. Ausschnitt als Titelbild verwendet.

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