StartseiteMagazinGesundheitErstmals in der Schweiz: komplexe Operation mit Roboter

Erstmals in der Schweiz: komplexe Operation mit Roboter

Viszeralchirurgen des Universitätsspital Zürich (USZ) haben einen Tumor der Bauchspeicheldrüse minimalinvasiv mit dem Operationsroboter «Da Vinci» erfolgreich entfernt – mit gewichtigen Vorteilen für den Patienten. Dass Operationsroboter für derart grosse und komplexe Operationen jemals geeignet sein würden, wurde bis vor einigen Jahren noch bezweifelt.

Tumoren der Bauchspeicheldrüse gehören zu den häufigsten Krebsarten und Todesursachen. Allein im Jahr 2018 wurden weltweit 500’000 neue Fälle diagnostiziert. Diese werden in der Regel mit einer grossen offenen, «klassischen» Bauchoperation entfernt. Dabei ist die Prognose für die betroffenen Patienten aufgrund der komplexen Lage des Tumors und der meist späten Diagnosestellung schlecht. «Während wir diese Krebsart früher primär bei älteren Menschen beobachteten, werden die Patientinnen und Patienten zusehends jünger», sagt Prof. Pierre-Alain Clavien, Direktor der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am USZ. Die Ursachen dieser Entwicklung seien indes nicht bekannt.

Vorteile für die Betroffenen

Dass jetzt zum ersten Mal in der Schweiz eine der anspruchsvollsten Bauchoperationen ausschliesslich mit minimalinvasiver robotergestützter Bauchchirurgie durchgeführt werden konnte, eröffne den Patientinnen entscheidende Vorteile: «Man weiss heute, dass Patienten nach minimalinvasiven Operationen grundsätzlich weniger Komplikationen haben und sich schneller erholen als nach traditionellen offenen Operationen, die einen grossen Schnitt im Bauchraum erfordern», so Pierre-Alain Clavien. Das dürfte gerade auch bei Pankreastumoren bedeutsam sein. Der Grund: Rund die Hälfte der Operierten ist nach dem offenen Eingriff so geschwächt, dass die anschliessende standardmässige Chemotherapie nicht durchgeführt werden kann. Mit entsprechend fatalen Folgen in der Tumortherapie.

Operation mit dem Operationsroboter – in komplexen Fällen mit zwei Konsolen.

Der erste am Universitätsspital Zürich erfolgreich robotisch operierte Patient mit Krebs im Bereich des Bauchspeicheldrüsenkopfes ist ein 75-jähriger Mann. Er war insgesamt 10 Tage in stationärer Behandlung am Universitätsspital Zürich. «Es geht mir sehr gut und ich bin dankbar dafür. Dass ich nur kleine Narben habe anstelle einer grossen, kommt mir auch gelegen».

Operieren per Joystick

Bei Operationen mit dem Operationsroboter sitzen die Chirurgen an einer Konsole im Operationsraum und steuern mittels spezieller Joysticks Kameras und unterschiedliche chirurgische Arbeitsinstrumente. Diese sind am Ende von Roboterarmen montiert, die durch bis zu sechs kleine Bauchwandöffnungen ins Operationsgebiet geführt werden. Auf den Bildschirmen profitieren die Operateurinnen von einer bis zu zehnfachen Vergrösserung des Operationsgebiets. In solch komplexen Fällen können zeitgleich zwei Operateure an zwei verschiedenen Konsolen sitzen und gemeinsam operieren. Sie sehen die Organe nicht nur von vorne, wie bei einer traditionellen offenen Operation, sondern aus unterschiedlichen Perspektiven. Der Roboterarm und die an ihm befestigten Instrumente vermögen auch Bewegungen auszuführen, die einer menschlichen Hand aus anatomischen Gründen verwehrt bleiben. Für die erstmalige Realisierung dieser komplexen Operation am USZ war die intensive Trainingsvorbereitung des Teams mit Prof. Pierre-Alain Clavien, Prof. Henrik Petrowsky, PD Dr. Christian Oberkofler und der Operationsgruppenleitung Loredana Stursi ein essentieller Erfolgsfaktor.

Operationsrobotik: ein unaufhaltsamer Trend

Im Jahr 2008 kam Prof. Pierre-Alain Clavien zusammen mit anderen Autoren in einer Studie* zum Schluss, dass roboterassistierte Bauchoperationen zwar einen sicheren und deshalb wertvollen Ansatz darstellten, dass jedoch die Kosten des Roboters zu hoch seien, ohne wesentliche Vorteile für die Patienten. Ein Einsatz der Technologie sei deshalb bei komplexen bauchchirurgischen Eingriffen vorerst nicht zu empfehlen. «Heute hat sich dies dramatisch geändert», erklärt Pierre-Alain Clavien, «die Kosten sind gesunken, die Technologie hat sich mit der neusten Generation moderner Operationsroboter sprunghaft weiterentwickelt, wodurch sich die Behandlungsqualität stark verbesserte». Zudem konnte das Einsatzgebiet der robotergestützten Chirurgie erweitert werden. 2016 startete die Viszeralchirurgie am USZ mit 4 roboterassistieren Eingriffen. Im Jahr 2020 waren es bereits über 71. Die Entfernung von Pankreaskopftumoren wird weltweit neben dem USZ erst an wenigen Zentren mit Robotern durchgeführt. Insgesamt seien aber schon rund 500 solche Eingriffe vorgenommen worden. Heute ist Pierre-Alain Clavien überzeugt: «Dank der Operationsrobotik werden überdies die Kosten für die Gesellschaft geringer – etwa durch bessere Ergebnisse und kürzere Spitalaufenthalte».

«Mir geht es gut»: Der operierte Patient mit seinem Arzt, Prof. Pierre-Alain Clavien. (Fotos: zvg)

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