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Die Männer des Krieges

Jeden Abend sehen wir sie: die Mächtigen und die Ohnmächtigen dieser Welt. Jedes Mal, wenn wir das iPhone konsultieren, um die neuste Nachrichtenlage zu erfassen, uns über den Krieg in der Ukraine ins Bild zu setzen versuchen, begegnen wir ihnen: den unzähligen zivilen Opfern, den verletzten und gefallenen Soldaten, aber auch denen, die den Schrecken verursachen, dafür verantwortlich sind, oder denen, die sich dagegenstemmen, ihre Freiheit, ihre Unabhängigkeit mit Waffen, mit ihrem Leben verteidigen oder mit Diplomatie einen Ausweg suchen, dem Frieden eine Chance geben möchten.

Es sind so unterschiedliche Menschen, die uns immer näher rücken, die uns sympathisch sind, die uns erschrecken, die uns in ein Wechselbad der Gefühle versetzen. Sie sind die Botschafter des Krieges. Zwei eher kleine Männer: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein Antipode, der russische Präsident Wladimir Putin. Der eine, ein Mann des 21., der andere ein Mann des 20. Jahrhunderts. Der eine 44, der andere bald 70 Jahre alt. Der eine im Kampfaufzug auf der Strasse, der andere in einem prunkvollen, herrschaftlichen Büro oder gar Saal, vor sich weit entfernt seine Vasallen mit Anzug und Krawatte. Der eine vertraut mit den neuesten Medien, der andere versunken in der Geschichte des letzten Jahrhunderts. Einer Epoche, die er wieder erwecken möchte. Der deshalb einen mörderischen Krieg gegen den anderen führt, der seinen Landsleuten unsere Werte, die Freiheit, die Demokratie, einen wirtschaftlichen Aufschwung sichern will. Und den Despoten aus Moskau das Fürchten lehrt.

Einer von vielen schon abgeschriebener, älterer Herr zieht immer stärker weltweit die Aufmerksamkeit auf sich, rückt immer stärker in den Vordergrund des Geschehens: Joe Biden, der 79jährige amerikanische Präsident. Er wirkt, wenn er die Treppen zu seiner Präsidial-Maschine emporsteigt, verletzlich, wenn er sich, beinahe im Laufschritt, an das Rednerpult begibt, frage ich mich: Versucht er damit, sein Alter zu übertünchen, kann er als alter Mann Putin überhaupt Paroli bieten? Er kann. Die Nato, das westliche Verteidigungsbündnis, ist einiger denn je. Biden verfügt über Jahrzehnte lange Erfahrung in der Aussen- und Sicherheitspolitik, er weiss, über welchen Kampfkraft seine US-Army verfügt, sieht, wie die russische Armee in der Ukraine an Substanz verliert, an Moral und Kampfkraft bereits eingebüsst hat. Er zeigt Präsenz in Polen, in einem Land, das Putin nächstes Ziel sein kann. Er bezeichnet Putin als das, was er ist: ein Kriegsverbrecher. Er forderte in Warschau unumwunden «einen Machtwechsel» in Moskau, Putins Sturz.

Und ein Mann, weit jünger, ist von einem beseelt: von Europa. Schon bei seiner legendären Versailles-Rede im Juli 2017 vor den beiden Kammern des Parlaments im Schloss von Versailles setzte Emmanuel Macron (45) eloquent, mit voller Kraft auf ein starkes, autonomes Europa, das sich selbst verteidigen kann. Noch mochte ihm selbst Angela Merkel nicht folgen, zu visionär, zu realitätsfern. Und heute: nötiger denn je. Macron wird die Präsidentschafts-Wahlen im April gewinnen, er wird fortsetzen, was er in Bewegung gebracht hat. Und er beindruckt, dass er nicht lockerlässt, sich einmischt, eine Befreiungsaktion für die eingeschlossenen Menschen in Mariupol organisiert, auf die Diplomatie setzt, Putin immer wieder anruft und den Herrn im Kreml an die Menschenrechte erinnert. Im Gegensatz zu seinen Mitbewerberinnen, die sich wegen ihrer bisherigen Nähe zu Putin kaum noch getrauen, Macron anzugreifen.

Selbst in der neutralen Schweiz rückt die Europa-Frage auf die politische Agenda. Die wirtschaftsnahe Denkfabrik Avenir Suisse liess letzte Woche mit einer Studie aufhorchen. Neben höheren Investitionen in die Schweizer Cybersicherheit fordern die Autoren einen «pragmatischeren Umgang mit der Neutralität». Weil ein konventioneller Konflikt die Schweiz nicht isoliert betreffe, sei eine engere Zusammenarbeit mit der Nato nicht auszuschliessen. So müsse dem «Aspekt der transnationalen Kooperation» eine höhere Bedeutung beigemessen werden. Lasst hören.  Verantwortlich für die Studie ist Peter Grünenfelder (54), Direktor der Denkfabrik Avenir Suisse und Kandidat der FDP für den Zürcher Regierungsrat. Die FDP wird’s notgedrungen zur Kenntnis nehmen, die SVP wird’s erschaudern.

Der Ukraine-Krieg öffnet die Augen. Und die Hoffnung steigt, dass die Lehren aus dem Krieg mehr als nur ein weltweites Aufrüsten nach sich ziehen, sondern auch das Bewusstsein fördert, dass ein weltweites, friedliches Zusammenleben keine Utopie sein muss.

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3 Kommentare

  1. Es gibt nur einen „Mann“ des Krieges, den altersparanoiden, vom imperialistischen Grössenwahn Russlands besessenen Despoten Putin. Und wer Putin wirklich ist, haben die westlichen Politprotagonisten schon seit 20 Jahren gewusst und sind mit ihrer naiven Appeasement Politik und Ignoranz krachend gescheitert. Vorab Deutschland, das auch einen Monat nach dem Überfall des Putin Regimes auf die Ukraine, eine erbärmliche und schwache Vorstellung bietet. Die EU zahlt weiterhin täglich 660 Mio. € für Erdöl und Gas an Russland! Deutschland mehr als die Hälfte davon und finanziert so die die russische Kriegsmaschinerie! Und verkauft gleichzeitig noch ein paar Abwehrwaffen an die Ukraine. Das ist Zynismus in Reinkultur und wird sich rächen. Alles andere als ein sofortiger Boykott von russischem Erdgas- und -Oel des Westens ist feige und kontraproduktiv. Wir müssen bereit sein für unsere Freiheit und Unabhängigkeit Rationierungen und Preisexzesse in Kauf zu nehmen.

    Der politerfahrende Präsident Biden macht in diesem Krieg auf europäischem Boden bisher den überzeugendsten Eindruck. Putin kennt nur eine Antwort: Die der Stärke und klaren Worte. Das Wahlkampfgetöse des Politnaivlings Macron und seine Anrufe wird Putin nicht im Geringsten beeindrucken. Deutschland ist zu schwach und abhängig und Scholz ein Schwächling, um irgendetwas zu erreichen. Historische Politgrössen à la Churchill, De Gaulle und Margaret Thatcher fehlen heute schmerzlich, um dem freien Europa eine klare und unmissverständliche Stimme zu geben!
    Wie dieser Krieg mal beendet wird und unter welchen Bedingungen wissen wir alle nicht. Aus russischen Insiderkreisen in GB ist zu hören, dass Putin spätestens bis zum 8. Mai, dem Friedenstag des 2. Weltkrieges, in Russland ein hoher Feiertag, die „Operation Ukraine“ abgeschlossen haben möchte. Dazu wäre eine weitere Brutalisierung des Krieges notwendig, um die Ukraine an den Verhandlungstisch und zu einem Waffenstillstand oder einem „Friedensvertrag“ zu zwingen.

    Sorge bereitet weiterhin die EU und die internationalen Organisationen wie die UNO, die im 21 Jahrhundert immer noch nicht imstande sind, völkerrechtlich verbindliche Antworten auf einen Angriffskrieg einer Atommacht zu geben! Wenn 141 Staaten den Überfall Russlands auf die souveräne Ukraine verurteilen, muss dies zwingend mit rigorosen Wirtschaftssanktionen verbunden werden, die dann auch zwingend umgesetzt werden! Die EU wurstelt weiter und die Deutschen machen jetzt unter Schock, husch husch Rüstungseinkäufe, wie ein Raketenabwehrsystem aus Israel. Unkoordiniert, unabgesprochen im EU und Nato-Kontext! Dabei müsste jetzt die EU sofort zusammenrücken und ihre gemeinsame Verteidigungspolitik zwingend koordinieren. Ebenso muss der technologisch an der Spitze liegende Westen imstande sein, Raketenabwehrsysteme wie PATRIOT derart zu entwickeln und einsatzfähig zu machen, dass es nach einem Angriff mit russischen Atomraketen bereits auf russischem Territorium abschiessen kann und den Russen die Drohung mit Atomwaffen endgültig zunichtezumacht.

    Und noch das: Geschrieben und gelafert wird nun sehr viel über diesen Überfall Putins auf die Ukraine. Wenn ex Botschafter Ambühl in der NZZ von sich gibt: Der Westen und auch die Schweiz müsse dann beim Wiederaufbau der Ukraine in grosszügiger Manier helfen und auch die Millionen Kriegsflüchtlinge grosszügig versorgen… dann überkommt mich ein Gefühl der Wut. Wir lassen also einen Despoten ein europäisches Land zerstören, zehntausende sterben und Millionen flüchten und sollen dann für den Schaden aufkommen? Sind wir als Völkergemeinschaft noch nicht weiter und immer noch so zynisch und naiv?! Viele Fragen, die wir uns selbst beantworten aber auch Konsequenzen fordern müssen!

  2. Die aktuelle Debatte um den Krieg in der Ukraine kommt mir vor wie ein Schachspiel. Der eine macht diesen Zug, der andere kontert und nach langem hin und her, plötzlich heisst es «schachmatt» (Spiel verloren) oder «Patt» (unentschieden). Kriegsspiele und «Schachzüge» gibt es seit Jahrhunderten, von Machthabern jeglicher Couleur angewandt.

    Unser menschliches Leben ist jedoch kein Spiel. Es geht um Menschenleben, es geht um Identität, um menschliche Bedürfnisse, die wir alle auf diesem Planeten gemeinsam haben. Alleinige Macht ist das Schwert, das ein friedliches Miteinander spaltet und unmöglich macht. Es wird taktiert, argumentiert, vergangene Zeiten zitiert, neue Waffen kreiert und eingesetzt, um die eigene egoistische Vorstellung durchzusetzen.

    Wohin hat uns diese Denkweise und dieses Vorgehen gebracht? Es herrschen zur Zeit über 20 Kriege weltweit. Wir haben klimabedingt und zum Teil von Menschen verursacht, ein Artensterben, eine Umweltverschmutzung, ein Raubbau an für alle Lebewesen fundamentalen Ressourcen wie es sie noch nie gegeben hat.

    Dieser sinnlose Krieg Putins kann auch eine Chance sein, unser bisheriges Denken und Handeln kritisch zu überdenken und langfristig einen anderen Weg einzuschlagen.

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