Das Alter im Film

Altersbilder beeinflussen den Alterungsprozess erheblich. Hanspeter Stalder empfiehlt, mit dem Medium Film eigene Altersbilder zu hinterfragen und sich durch Filme auf der abenteuerlichen und vielschichtigen Reise im Alter anregen zu lassen.

Der Medienpädagoge und Filmjournalist Hanspeter Stalder ist den Leserinnen und Lesern von Seniorweb bekannt, hat er doch über dreihundert Filme auf diesem Online-Portal besprochen. Letzthin hielt er an der ZHAW ein spannendes, interaktives Referat zum Thema «Das Alter im Film», organisiert von Dieter Sulzer, dem Fachreferenten für Angewandte Gerontologie der ZHAW Hochschulbibliothek. Dabei zeigte sich, dass es nicht egal ist, welche Filme man mit wem schaut und diskutiert. Der Reihe nach:

Der andere Film

Die von Hanspeter Stalder ausgewählten Filme müssen einige Kriterien erfüllen, wie dies auf seiner Website «der-andere-Film.ch» zu erfahren ist. Sie dürfen nicht bloss «gut gemacht» sein, sondern müssen wirklich gut sein, indem Werte, Sinnfragen und Sinnhorizonte ausgeleuchtet werden und zum Nachsinnen und zu Gesprächen anregen.

Hanspeter Stalder in der ZHAW während seines Referats über das Alter im Film. Foto: bs

Die besprochenen Filme sind nach den folgenden Themen geordnet: Alter, Balkan, EineWelt, Gewalt, Helfen/Sozialarbeit, Jugend, Krankheit/Behinderung, Krieg, Kunst, Liebe/Sexualität, Miteinander, Natur/Ökologie, Palästina, Pädagogik, Religion, Sterben. Unter diesen Rubriken werden mehr als 680 Filme aufgelistet, so dass Lehrpersonen, Vereine, Alters- und Pflegeheime, politisch interessierte Gruppen usw. thematisch fokussiert und kompetent zu attraktiven Filmen geführt werden.

Filme gemeinsam schauen und diskutieren

Am ZHAW-Anlass demonstrierte Hanspeter Stalder, wie wertvoll es ist, wenn Filme gemeinsam angeschaut und diskutiert werden. Zwar wurden nur Sequenzen aus Filmen gezeigt, aber die nachfolgenden Diskussionen darüber veredelten den Filmgenuss auf schönste Weise und führten zu Einsichten, auf die man in seinem einsamen Stübchen nicht so leicht gekommen wäre. Manch einer aus dem Publikum ging wohl nach Hause und überlegte sich, ob er nicht in seinem Umfeld oder in seiner Gemeinde eine Filmgruppe ins Leben rufen könnte, um den passiven, einsamen Filmkonsum zuhause durch eine aktive, gemeinsame Verarbeitung an einem Filmnachmittag oder -abend zu ersetzen. Die Filme, die Hanspeter Stalder mit dem Publikum besprochen hat, und viele weitere Filme können kostenlos in der ZHAW-Hochschulbibliothek ausgeliehen werden.

 Screenshot aus «Bewegter Montag». Regie: Marlies Graf-Dätwyler, Produktion: Pro Senectute Schweiz, Produzent: Hanspeter Stalder. Foto: bs

Vier Fragen an Hanspeter Stalder

Seniorweb: Wie kommt Seniorweb in den Genuss Ihrer Filmbesprechungen?

Hanspeter Stalder: 1988 war ich, angeregt von deutschen und holländischen Websites zum Thema Alter, an der Entwicklung der schweizerischen Website www.seniorweb.ch beteiligt. Diese erlebte im Lauf der Jahre diverse Überarbeitungen. Eine Zeit lang war ich Chefredaktor, dann Redaktor und habe über Film, Kunst, Theater und Israel-Palästina geschrieben. Als ich dann 2004 meine Website der-andere-film.ch startete, hat mir Seniorweb angeboten, alle meine Besprechungen zu übernehmen.

Sie sind 81-jährig und ein Filmliebhaber seit eh und je. Seit wann und wie lange noch können wir von Ihren Filmbesprechungen profitieren?

Lustiger und anregender als die Frage «Wie lange noch?» scheint mir die Antwort auf die Frage «Seit wann?». 1959 sah ich in Zug im Stadtkino «Orfeo negro» von Marcel Camus. Ich war damals leidenschaftlicher Leser der Bücher von Albert Camus, war anmassend genug zu meinen, ich sei der einzige, der weiss, dass die beiden Camus› etwas miteinander zu tun haben – was sich übrigens als falsch erwies. Aus diesem Übermut heraus schrieb ich meine erste Filmbesprechung und brachte sie auf die Redaktion der «Zuger Nachrichten». Selbstverständlich waren Redaktion und Kinos froh, dass ich ohne Honorar regelmässig über die am Montag angelaufenen Filme in der Nacht eine Besprechung schrieb und am Dienstag früh auf der Fahrt ins Lehrerseminar in den Briefkasten der Redaktion steckte.

Nach zwei gewonnenen Treatment-Wettbewerben und meinem Vortrag über die Filmgenres in den elf Gemeinden des Kantons Zug hat mich Stefan Bamberger, der Leiter des Katholischen Filmbüros und Redaktor des «Filmberaters», nach Zürich geholt. Der erste Film, den ich dort dann aber zu besprechen hatte, war «Die Försterchristel» – ein kluger Auftrag meines Lehrmeisters.

Als Filmliebhaber werde ich wohl noch so lange Rezensionen schreiben, wie meine Liebe zum guten Film andauert und meine Kräfte es erlauben, mit meiner Filmarbeit etwas zu bewirken.

Was fasziniert Sie an der Filmkunst im Unterschied zu anderen Künsten?

Meine Beziehung zum Film war so etwas wie eine erste Liebe, meine Beschäftigung mit der bildenden Kunst war meine Arbeit. Während meines Studiums in Kunstwissenschaft, Germanistik und Journalismus in Zürich und München war ich Werkstudent. Das heisst, etwas vereinfacht, am Morgen war ich an der Uni und erhielt einen Input an Informationen zur Kunst, am Nachmittag arbeitete ich auf der Redaktion, wo ich Outputs in Form von Filmkritiken zu erbringen hatte.

Mitgeprägt hat mich weiter, was in den 68er-Jahren auf den Strassen, in den Hörsälen sowie den Büchern und Filmen abging. Dieses Transformieren von Kunst und Literatur auf den Film unter Einbezug der gesellschaftlichen Ereignisse und das Switchen zwischen allen Bereichen wurde für mich zu einer Schlüsselerfahrung, die mich auch heute noch beflügelt.

Worauf müssen Engagierte achten, die in ihrem Umfeld einen Filmkreis bilden möchten?
Ich habe bei Entwicklungen mehrerer Filmkreise mitgewirkt und glaube so, einige Erfahrungen gesammelt zu haben. Nachdem am Anfang oft diffuse Vorstellungen für die Gründung eines Filmkreises vorhanden sind, gilt es nach meiner Meinung vier Dinge zu beachten: Erstens muss das Team, intern ausdiskutiert, wissen, für welchen Film der Filmkreis da sein soll. Ein solches Profil steht im Editorial meiner Website. Doch gibt es viele andere mögliche Profile. Zweitens sollte abgeklärt werden, was die Bevölkerung will, Alte, Junge, Vereine, Institutionen. Das kann informell oder mit einer kleinen Umfrage ermittelt werden. Drittens muss die Schnittstelle der beiden Profile gefunden und schriftlich festgehalten werden; erst so ist ein Filmkreis tragfähig und nachhaltig. Viertens sollte untersucht werden, wer von den enthusiastischen Promotoren als realistische Mitarbeitende für das Projekt in Frage kommen.

Besten Dank für das Gespräch!

Titelbild von Isa Karakus auf Pixabay

Website von Hanspeter Stalder

Kurzfilm über Hanspeter Stalder

Der Film «Bewegter Montag» kann ebenfalls gesichtet werden.

Die Filmsammlung der ZHAW Hochschulbibliothek mit mehr als 1200 Filmen zum Thema Alter finden Sie hier

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