StartseiteMagazinKolumnenDas Milliarden-Spiel um die Pensionskassen

Das Milliarden-Spiel um die Pensionskassen

Diese Woche werden sich die Ständeherren und die wenigen Ständefrauen über die Revision der Beruflichen Vorsorge, der zweiten Säule unserer Altersvorsorge beugen. Sie werden ein Versprechen einzulösen haben, das sie vor der AHV-Abstimmung am 25.September 22 abgegeben haben: Die Revision der 2. Säule wird ganz sicher eine Frauen-Reform werden. Zur Erinnerung: Die Reform der AHV wurde ja bekanntlich nur hauchdünn angenommen, lediglich 50.57% stimmten für die Erhöhung des Frauen-Renteneintrittsalter auf 65 Jahre. 70% der Frauen stimmten dagegen, die Männer überstimmten die Frauen und obsiegten. Und nun: Wird das Versprechen auch nur im Ansatz eingelöst, werden die Frauen aus der Rentenfalle befreit? Wohl kaum.

Die kleine Kammer wird zuerst und mit Vehemenz um den Umwandlungssatz ringen, ihn letztlich von heute 6.8 auf 6,0 % im obligatorischen Bereich senken. Das heisst: Ein angespartes Kapital von beispielsweise 300`000 Franken würde neu eine monatliche Rente von 1500 statt von 1700 Franken auslösen. Eine Kürzung von mehr als 12%. Dann wird er darum ringen, wie diese Kürzung für eine Übergangszeit kompensiert werden könnte. Mit 200 Franken monatlich beispielsweise. Und wo will er Grenzen ziehen? Werden auch weit höhere Einkommen in den Genuss kommen? Beispielsweise der Mann, der in der Arena des Schweizer Fernsehens im Bild in der Badewanne gezeigt wurde, der durchschnittlich 100`000 Franken verdiente und eine Rente von 5500 Franken bezieht?

Natürlich ist auch er von der Teuerung betroffen, wie fast alle aktuellen Rentnerinnen und Rentner. Ihre Kaufkraft sinkt wegen der Inflation von Jahr zu Jahr, und sie werden nie eine Erhöhung aus der 2. Säule bekommen. Im Gegensatz zur AHV, die angelehnt an den Index der Lebenshaltungskosten angepasst wird. Immerhin.

Obwohl die Frauen im Durchschnitt über 30% weniger Renten aus den beiden Säulen beziehen, wird die anstehende Reform kaum etwas bringen, es sei denn, auch die Einkommen unter 21`000 Franken werden künftig obligatorisch in der 2. Säule versichert, der sogenannte Koordinationsabzug gar fallen gelassen, wie beispielsweise in Liechtenstein. Nur das angesparte Kapital aus den tiefen Einkommen wird in der 2. Säule auch eine ganz kleine Rente bringen und das Problem nicht lösen. Und werden die riesigen Kapitalien in der zweiten Säule den Ständerat bewegen? So fliessen jährlich rund 40 Milliarden Franken aus den Pensionskassen an die Rentner, es fliessen aber auch gegen 5 Milliarden an die Finanzdienstleister, welche den Riesenberg von rund 1200 Milliarden angehäuftem Kapital bewirtschaften. Ist das angemessen? Wird der behauptete, zutiefst als ungerecht empfundene Transfer von jährlich rund 4,5 Milliarden von der aktiven Bevölkerung an die Rentnerinnen und Rentner einer genaueren Prüfung unterzogen, wie gefordert wird, gar ausgeschaltet?  Wohl kaum.

Insgesamt ist unser Drei-Säulen-System tatsächlich aus den Fugen geraten. Untrügliches Zeichen dafür ist, dass auch die mittleren und die höheren Einkommen bereits jetzt stark betroffen sind. Das VZ VermögensZentrum legte im August 22 dar, dass ein Mann, der durchschnittlich 100 000 Franken pro Jahr verdient hat, nur noch mit einer Gesamt-Rente von 54% des ursprünglichen Lohnes rechnen kann. Im Jahr 2002 waren es noch 62 Prozent. Bei einem Einkommen von 150 000 Franken fällt nach dem VZ die Rechnung noch schlechter aus, die Reduktion betrage gar 13 Prozent, auf nur noch 45 Prozent des letzten Lohnes.

Auch international fallen wir immer weiter zurück. Wie die NZZ berichtet, fällt die Schweiz mit der Gesamtrente von einem Spitzenplatz ins vordere Mittelfeld zurück. Im Mercer-CFA-Institute-Global-Pension-Index, einem in der Branche beachteten Vergleichsbarometer, belege die Schweiz in diesem Jahr nur noch Platz 11 unter 44 Systemen. Und der Kommentator der NZZ folgert: «So bleibt den Versicherten nichts anderes übrig, als ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und verstärkt in die 3. Säule einzuzahlen.» Das mag für Leser und Leserinnen der NZZ gelten. Wer kann sich aber beispielsweis den steuerbegünstigten Maximalbetrag von rund 6800 Franken in der 3. Säule leisten? Die Frauen mit den Teilzeit-Pensen, die Frauen, die unter oder leicht über 21`000 Franken verdienen? Damit wird das Pferd mit dem Schwanz aufgezäumt. Und erstaunlich ist, dass die bürgerlichen Politikerinnen und Politiker unbeirrt an den Details der Altersreform herumdoktern, statt eine umfassende Reform zu wagen, die auch die Probleme der Menschen löst, die 100`000 Franken und mehr verdienen. Mein Vorschlag: Die AHV ist zur existenzsichernden Rente auszubauen, die 2. und 3. Säule zu vereinen, zu einer starken Pension in Eigenverantwortung umzubauen.

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2 Kommentare

  1. Richtig: Der sogenannte Koordinationsabzug MUSS weg! Löst das Problem nicht ganz, doch was immer auch die Idee war – aus heutiger Sicht diskriminiert dies diejenigen welche auf zwei, drei Arbeitgeber angewiesen sind. Dies hat NICHTS mit dem Geschlecht zu tun sondern mit der Arbeitswelt und wäre auch eher dem Volke zu verklickern.

  2. Ja, Herr Schaller, Ihr Vorschlag wäre der richtige Weg. Ich befürchte nur, diese drei Säulen, die unser Alter finanziell absichern sollen, sind auf Sand gebaut und alles, was Ihre These zum totalen Umbau nicht unterstützt, kann nur Flickwerk sein.

    Aus heutiger Sicht und mit den neuen Erkenntnissen aus der Veröffentlichung der parlamentarischen Untersuchungskommission (siehe Sendung SRF „Das Protokoll“), hätte die berufliche Vorsorge BVG niemals obligatorisch werden dürfen. Die bestehende AHV hätte, wie in der Volksinitiative der Arbeiterpartei 1969 gefordert, weiter ausgebaut und die aktuellen BVG-Vermögen der damaligen Rentenversicherungsanstalten in die AHV integriert werden sollen. Was wir heute haben, ist ein Rentensystem, das auf Marktmanagement und Gewinnmaximierung privater Rentenversicherer basiert.

    Ein Skandal, vor allem auch deshalb, weil bis heute die Profiteure dieses Drei-Säulen-Systems nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Die Spirale dreht sich weiter, analog den Krankenkassenprämien und die privaten Versicherungsgesellschaften, Rentenanstalten und Banken sind die Gewinner und die Zahler*innen sind und bleiben die Verlierer*innen. Dieses bisher hochgelobte Drei-Säulen-Rentensystem, das ein Netz aus Abhängigkeiten und Ungerechtigkeiten geschaffen hat und immer komplizierter und undurchsichtiger wird, könnte nur mit Verstand und politischem Willen entwirrt und zum ursprünglichen sozialen Gedanken der existenzsichernden Altersabsicherung zurückfinden.

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