StartseiteMagazinKulturEs ist zu spät – der Mensch am Ende

Es ist zu spät – der Mensch am Ende

Amüsantes Spiel um die Tod und Feuer bringende Sonne: Regisseur Nicolas Stemann inszeniert am Schauspielhaus Zürich Jelineks Klimastück «Sonne, los jetzt!» mit viel Klamauk.

«50 Prozent Lichtschutzfaktor, 50 Prozent Klimaangst, 100 Prozent Jelinek» verspricht das Schauspielhaus Zürich, wo Regisseur und Co-Intendant Nicolas Stemann dieser Tage Elfriede Jelineks neues Stück «Sonne, los jetzt!» zur Uraufführung brachte. Darin betrachtet die österreichischen Literaturnobelpreisträgerin  «das Irren und Wirren des Menschen in seiner Umwelt», indem sie ihre Stimme der Sonne leiht, wie es in der Ankündigung heisst. Die Menschen leben hier auf einem Küstenstreifen, «einer dünnen Linie zwischen sengender Glut und verschlingender Flut».

Endzeitstimmung mit viel Klamauk

Die Uraufführung «Sonne, los jetzt!» auf der Pfauenbühne zeichnet mit viel Klamauk ein Endzeitbild, das die selbstverschuldete Endlichkeit der Menschheit aufzeigen will. Im Mittelpunkt steht die Sonne, die mit Ausnahme des Küstenstreifens alles erbarmungslos niederbrennt. Anfänglich ertönt im dunklen Bühnenraum die monotone Stimme von Karin Pfammatter, die, belgeitet von feinen Soundtracks, Jelinek-Passagen aus «Sonne/Luft» vorträgt. Es sind mäandernde Sätze, die die zerstörerische Allmacht der Sonne als Folge der Klimakatastrophe bezeugen sollen. Derweil klappt vom Bühnenhimmel langsam eine grosse, mit dünnem Zellstoff bespannte Sonnenskulptur auf, die sich im Verlauf des Abends im Sprühnebel auflösen wird (Bühnenbild: Katrin Nottrodt). Aus dem Dunkeln treten in schwarze Hüllen und Masken gekleidete Gestalten hervor, lamentieren «Es ist zu spät».

Die Sonne als Projektionsfläche für die eigenen Konterfeis (im Bild Sebastian Rudolph)

Doch die Gardinenpredigt der Sonne verfehlt ihre Wirkung. Die Schauspielerinnen und Schauspieler (Alicia Aumüller, Daniel Lommatzsch, Karin Pfammatter, Sebastian Rudolph, Lena Schwarz, Patricia Ziolkowska) schlachten die Untergangsstimmung genüsslich aus, lassen ihr Gesicht per Handy auf die Sonnenscheibe projizieren, hängen sich in bunten Barockgewändern Stromgitarren um und lärmen mit Karin Pfammatters, geschmückt mit einem goldenen Strahlenkranz,  schrillem Gesang  auf der «Highway to Hell» herum oder hauchen das Gutnachtlied «Schmetterling kommt nach Haus» ins Mikrofon, spielen sonnenhungrige Strandurlauber im Bikini, die in der Hitze schmoren und mit Plastikbahnen Meer markieren und Globusbälle ins Publikum werfen, formen die Plastikbahnen zu einem Eisberg, in den sie ein Schweizerfähnchen rammen, zelebrieren mit viel Elektroschrott Konsumwahn.

Der Mensch ist ja ausgestorben

Die szenischen Ausschweifungen enden mit einer Aufzählung von ausgestorbenen sowie jetzt und in Kürze aussterbenden Tieren. Die Tiere könnten übrigens zurückkehren auf die Erde – denn der mörderische Mensch ist ja 2058 ausgestorben, und der kommt vorerst nicht wieder. Dabei schlüpft das Ensemble in Tierfelle und -masken. Aus dem Off vernimmt man wiederholt Greta Thunbergs heiligen Zorn «How dare you?». Und schliesslich meldet sich wie zu Beginn am Ende nochmal Thomas Stearns Eliot mit dem Gedicht von «Hollow Men» – und dem letzten Wort über die Erde, die nicht mit einem Knall, sondern im Wimmern untergeht. Übrig bleibt eine riesige, traurige Mikrobe, die langsam über die dunkle Bühne kriecht.

Abgesang auf die Natur (v.l. Alice Aumüller, Patrycia Ziolkowska, Lena Schwarz, Sebastian Rudolph)

Geboten wird ein makabres Endzeit-Spiel, basierend auf einem nicht leicht verständlichen Bühnenessay von Elfriede Jelinek, gespielt von einem brillanten Schauspieler-Ensemble. Regisseur Stemann, der schon mehrfach Jelinek-Texte inszeniert hat, präsentiert eine unterhaltsame Untergangsrevue, die aber wenig Neues bietet. Die Sonne als Göttin, die ohne Rücksicht auf Verlust über die letzten Tage der Erde schwadroniert, gepaart mit der Dummheit der Menschheit, die das Ende kalauernd auslebt, macht durchwegs Spass, vermag aber unsere fortschreitende Selbstzerstörung nicht zu bremsen.

Titelbild: Karin Pfammatter als Sonne, geschmückt mit einem goldenen Strahlenkranz. Fotos: Philip Frowein

Weitere Spieldaten: 21., 30. Dezember, 3., 5., 9., 12., 22., 24. Januar, 1. Februar

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