StartseiteMagazinKolumnenBanklehre hat goldenen Boden

Banklehre hat goldenen Boden

Er habe zwei Top-Leute an der Hand gehabt, sagte der Ire Colm Kelleher (65), Verwaltungsratspräsident der UBS, vor den Medien, als er für die neue Grossbank UBS/Credit Suisse den Mann bestimmte, mindestens vorschlug, der die Fusion an die Hand zu nehmen hat. Und er stattete ihn wohl gleich mit dem ultimativen Auftrag aus, die Fusion sofort voranzutreiben und vor allem: erfolgreich durchzuführen. Ohne Wenn und Aber. Diesen kennen wir nicht erst seit dem letzten Mittwoch: Sergio Ermotti (62), den ehemaligen Banklehrling mit Migrationshintergrund aus Lugano, überaus erfolgreicher Investment-Banker, schon mal von 2011 bis 2020 CEO der UBS, seit 2021 in der für einen baldigen AHV-Rentner besonders erstrebenswerte Funktion eines Verwaltungsratspräsidenten der noblen Swiss Re, der Schweizerischen Rückversicherungsanstalt mit einem Umsatz von 50 Milliarden Franken. Der zweite Top-Mann blieb bis jetzt unbekannt. Ich setzte in meiner letzten Kolumne auf Philipp Hildebrand, den ehemaligen Nationalbank-Präsidenten, heute Vice Chairman beim Vermögensverwalter Black Rock, der grössten US-Investmentgesellschaft. Oder vielleicht meinte Colm Kelleher gar sich selbst? Es ist nicht unüblich, dass sich Präsidenten eines Aufsichtsorgans in Krisensituationen hinunterbewegen und die Geschäftsleitung selbst an die Hand nehmen. Der zweite Mann wird wohl Kellehers Geheimnis bleiben.

Nun soll es also Ermotti richten, jetzt zum zweiten Mal. Nicht verwunderlich, dass sich der Banker aus Lugano 48 Stunden Zeit ausbedungen hatte, um sich zu entschieden. Und er entschied sich. Er nimmt Abschied vom obersten Aufsichtsjob bei der Swiss Re und wechselt vom Mythenquai wieder zurück an den Paradeplatz. Er, der als 15jähriger dem Traum nachhing, Fussball-Profi zu werden, wird nun ab dem 5. April gleichsam doch noch seinen Traum verwirklicht sehen: Er wird die Kapitänsbinde nicht nur der grössten Schweizer Bank, sondern eben auch einer der 10 grössten Banken dieser Welt tragen. Er wird auf dem globalen Feld der einflussreichsten Weltbanken das Spiel lesen, die Bälle annehmen und verteilen und ab und zu gar selbst das entscheidende Tor schiessen, wie Granit Xhaka, der Kapitän der Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, der unsere «Nati» wieder an die Spitze des Weltfussballs führt.

Beide sind Einkommens-Millionäre, Ermotti soll gar der reichste Bänker der Welt sein, wie der Blick orakelt. Er, ein Migrantenkind der schon bald vergessenen, heute integrierten Einwanderer im letzten Jahrhundert aus Italien, Xhaka aus der Einwanderungswelle in der Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen unter den Ethnien auf dem Balkan in den Jahren 1991-95. Beide schafften es an die Spitze. Im Sport, weil viele davon beseelt sind, erfolgreich zu sein. Im Beruf, weil das schweizerische Bildungssystem den Aufstieg ermöglicht, besonders in der Bankenwelt, wo die Lehre goldenen Boden hat, auch für strebsame Schweizer.

Einen Aufstieg erlebte ich hautnah. Robert Studer (87) war unser Vorbild auf dem Fussballplatz und weit darüber hinaus. Er absolvierte eine KV-Lehre in der Stadt, ging anschliessend nach Fribourg, um Französisch, nach London, um Englisch zu lernen, heuert bei der SBG an. Uns Jüngeren blieb er in dieser Zeit treu; immer wieder kehrte er nach Reussbühl (heute Stadt Luzern) zurück. Mit der Zeit trennten sich unsere Wege. Überraschend traf ich ihn 1969 in Beirut wieder, wo er mich mit seinem Stellvertreter bekannt machte, einem Palästinenser, später in New York, immer eine Stufe höher in der Hierarchie der SBG, regelmässiger in der Armee, wo er es bis zum Oberst im Generalstab brachte. Und als er in der Bahnhofstrasse in Zürich das Büro des Präsidenten der Generaldirektion der SBG (heute UBS) bezog, wies er mich bei meinem ersten Besuch auf das grandiose Bild von Leopold Pöldi Häfliger (1929-1989) an der Wand hin, das er als erster Katholik in der Generaldirektion der stark reformiert geprägten Zürcher Bank SBG hat aufhängen lassen. Ein Luzerner Katholik ist im reformierten Zürich angekommen. Mehr noch: Er ist sichtlich stolz drauf. Politisch exponierte er sich – für einen SGB-Banker eher ungewöhnlich – bei der EWR-Abstimmung für ein Ja und zog damit gegen Christoph Blocher ins Feld.

Jetzt kommt einer aus dem katholischen Tessin in der nicht mehr so stark reformiert geprägten Stadt Zürich an, nicht in die SBG, nicht in die UBS, sondern in die UBSplus: Sergio Ermotti, genauso gutaussehend und charmant wie Robert Studer, genauso polyglott, genauso weitergebildet, genauso politisch an der Schweiz interessiert. Ermotti hat keine breiten Offiziersstreifen am Hut, ist aber nicht weniger ehrgeizig. Im Gegenteil. Für ihn war schon lange klar, dass die Schweiz nur e i n e ganz grosse Bank, diese aber zwingend braucht, weil sich nicht nur die UBSplus, sondern auch die Schweiz im globalen Wettbewerb nur so behaupten kann. Jetzt hat er sie. Er wird aber von der Politik dafür schon jetzt heftig kritisiert, weil er durch sein Handeln vorwegnehmen könnte, was die Bundespolitik allenfalls mit einer Parlamentarischen Untersuchungskommission PUK erst klären und danach aus den Ergebnissen Schlüsse ziehen will. Dafür wird Bundesbern Zeit brauchen, viel Zeit: mindestens ein halbes Jahr, wenn nicht länger. So lange wird Ermotti nicht warten können. Er ist zum schnellen Handeln gezwungen, denn die internationalen Finanzmärkte, die globalen Anleger reagieren jeden Börsen-Tag und erwarten jeden Tag Zeichen, die Vertrauen schaffen. So gnadenlos ist das globale Finanzgebaren.

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