StartseiteMagazinLebensartDie Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen steigt an

Die Umnutzung von Erst- in Zweitwohnungen steigt an

Das Zweitwohnungsgesetz (ZWG) wirkt: Der Bau neuer Zweitwohnungen ist weitgehend gestoppt. Zu diesem Ergebnis kommt das ZWG-Monitoring des Bundesamts für Raumentwicklung ARE und des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO. 

Die Ergebnisse des Monitorings zeigen, dass die Immobilienpreise in touristischen Hot-Spots stark gestiegen sind. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass Zweitwohnungen stärker nachgefragt werden. Dafür gibt es mehrere Gründe: Das niedrige Zinsumfeld hat das Anlegen in Immobilien attraktiv gemacht, und die Covid-Pandemie sowie das ortsunabhängige Arbeiten haben die Nachfrage nach Zweitwohnungen angeheizt. Der in der ersten Wirkungsanalyse von 2021 festgestellte Angebotsüberhang an Zweitwohnungen ist mancherorts nahezu verschwunden.

In der Folge hat auch die Nachfrage nach altrechtlichen Wohnungen zugenommen. Dabei handelt es sich um Wohnungen, die schon vor der Annahme der Zweitwohnungsinitiative im Jahr 2012 bestanden. Sie sind in der Nutzung frei und werden in vielen Fällen als Erstwohnungen genutzt. Für Eigentümerinnen und Eigentümer ist es jedoch finanziell äusserst attraktiv, altrechtliche Wohnungen als Zweitwohnungen zu verkaufen oder zu vermieten.

Strukturen im Berggebiet verändern sich

Für die einheimische Wohnbevölkerung, Zuziehende und Angestellte im Dienstleistungssektor sind dadurch die Wohnungspreise in den touristischen Hot-Spots häufig unerschwinglich geworden. Die Umnutzung von Erst- zu Zweitwohnungen und die Schwierigkeit, bezahlbaren Wohnraum zu finden, führen zu Verdrängung und Abwanderung. Die strukturellen Veränderungen im Berggebiet, die schon vor dem ZWG eingesetzt haben, nehmen so weiter zu.

Das Monitoring zeigt weiter, dass ältere Menschen tendenziell in zentralere Talgemeinden oder in die nächstgelegene Agglomeration (z. B. Visp-Brig, Chur, Martigny, Monthey, Interlaken) umziehen. Erwerbstätige hingegen ziehen in Gemeinden, in denen die Mieten erschwinglich oder der Erwerb einer Wohnung möglich sind und von denen sie zum Arbeitsort pendeln können. Im Kanton Bern sind dies zum Beispiel Zweisimmen, Frutigen, Interlaken und Spiez. Im Kanton Graubünden sind es Chur, Zernez, Poschiavo, das Unterengadin oder gar Tirano (I) und Chiavenna (I).

Im Baugewerbe und in der Hotellerie setzt sich der Strukturwandel hin zu grösseren Betrieben fort. Die Verlagerung der Bauwirtschaft Richtung Zentren zeichnete sich schon vor dem ZWG ab. Zu regionalwirtschaftlichen Einbrüchen oder mehr Arbeitslosen kam es wegen des ZWG nicht.

Handlungsbedarf: bezahlbarer, lokal verfügbarer Wohnraum

Die Zahl der neu gebauten touristisch bewirtschafteten Wohnungen hält sich bisher in Grenzen. Damit sind Ferienwohnungen gemeint, die nicht allein von ihren Eigentümerinnen und Eigentümern genutzt werden dürfen, sondern auch an andere Personen vermietet werden müssen. Die Analysen zeigen, dass solche Wohnungen künftig an Bedeutung gewinnen dürften. Laut ZWG dürfen Zweitwohnungen in beschränktem Umfang bei Umnutzungen von Hotels gebaut werden oder um Investitionen in Hotels quer zu finanzieren. Wie das Monitoring zeigt, wurde von diesen Möglichkeiten bisher wenig Gebrauch gemacht.

Das ZWG sieht vor, dass Kantone und Gemeinden Massnahmen ergreifen können, um Umnutzungen von Erst- zu Zweitwohnungen einzuschränken. Das sind zum Beispiel vorgeschriebene Erstwohnungsanteile bei Umbauten und Ersatzneubauten oder die Vergabe von Bauland im Baurecht mit Vorgaben zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Einige wenige Gemeinden sind daran, derartige Massnahmen umzusetzen. Der Bund unterstützt die Kantone und Gemeinden unter anderem mit Informationen, etwa mit einer Informationsplattform des ARE zum ZWG, die laufend weiterentwickelt wird.  Darauf sind Planungshilfen, wegweisende Gerichtsurteile oder Anforderungen an die Bewilligung von Wohnungen zu finden. Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat jüngst den Leitfaden «attraktives Wohnen in Berggebieten» publiziert, der den Gemeinden helfen soll, eine aktive Wohnstandortpolitik zu gestalten.

Monitoring über den Vollzug und die Auswirkungen des ZWG

Artikel 19 des Zweitwohnungsgesetzes vom 20. März 2015 (ZWG) verpflichtet das ARE, in Zusammenarbeit mit dem SECO, regelmässig die Auswirkungen des Gesetzes auf die touristische und wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen zu analysieren. Am 12. Mai 2021 hat der Bundesrat die erste Analyse gutgeheissen. Mit dem vorliegenden Monitoring-Bericht wird über den Vollzug und die Wirkungen des ZWG informiert. Dieses Monitoring soll Grundlagen für künftige Wirkungsanalysen schaffen. Die nächste ist für 2025 geplant.

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