StartseiteMagazinKolumnenEs grünt nur grün, wenn mans befiehlt

Es grünt nur grün, wenn mans befiehlt

Grüne Werbeversprechen sind irreführend und nützen der Umwelt nichts. Seniorweb hat in den letzten beiden Wochen zwei Artikel zu diesem Thema publiziert. Der Kolumnist glaubt, dass wir uns nur ökologischer verhalten, wenn Gesetze dies vorschreiben, wenn Geld lockt oder wenn wir als Umweltsünder schief angesehen werden.

Nur Handfestes bringts also. Das will der Verfasser am lebenden Objekt beweisen, an sich selber. Ich bin der Mittelwert in Sachen Öko. Beim Einkaufen benütze ich die Mehrwegsäckli für Früchte und Gemüse nur selten. Ebenso selten beachte ich all die Nachhaltigkeits-Zertifikate. Ich fahre Auto und freue ich mich über meine gäbige Ausrede: Rollstuhl. Geflogen bin ich schon eine Weile nicht mehr. Doch wenn ein Reiseziel locken würde − ich weiss nicht. Wenn ich mich umblicke: Die meisten Leute geben sich ebenso grün wie ich − und sind in Wirklichkeit ebenso grüner Durchschnitt wie ich.

Zwang, Lackschaden am Image oder der Griff ins Portemonnaie würden uns Scheinökos auf einen grüneren Pfad bringen.

Paragrafen. Beispiel Katalysator. Seit 1986 müssen Autos eine solche Abgasreinigung haben. Es gab damals viel Geschrei drumherum. Jetzt ist das Ding selbstverständlich geworden. Nun mein Bekenntnis: Wenn ich wählen könnte − ich weiss nicht, ob ich mich für das tausendfränkige Ding entscheiden würde. Hoffentlich.

Bella Figura. Ich war mal Raucher. Ein Nikotin-Junkie. Wenns niemand sah, stahl ich Zigarettenstummel. Das ist vorbei. Gesundheit und so. Heute sind ausser rasselnden Lungen auch andere Störgeräusche zu hören. Man schimpft über die Raucherinnen und Raucher. Man hat sie nicht mehr lieb. Bei vielen Restaurants sind sie im Wortsinne Aussenseiter. Früher galoppierte der Marlboro-Mann durch die Prärie, jetzt muss er im Saloon bleiben. Früher gabs bei der Bahn zwei Abteile. Die Raucher sassen auf roten Sitzbänken, die Nichtraucher im grünen Bereich. Ich habe nichts gegen Rauchende. Ich will nur zeigen, dass das, was früher beliebt war, heute am persönlichen Image kratzt. Dies nicht, wegen der schaurigen Bilder oder den Todesdohungen auf den Packungen. Sondern weil man Bella Figura haben will.

Portemonnaie. Unser Nachbar ersetzt seine Ölheizung und lässt im Garten ein tiefgründiges Loch bohren. Für die Erdwärmeheizung. Das kostet. Auf längere Zeit rechnets sich aber, weil er kein Öl mehr kaufen muss. Umweltschutz per Bankkonto also. Soweit so gut. Nun zum Paradoxon: Nachbars, eine nette Familie, haben einen Stadtpanzer, BMW X7, 2,5 Tonnen schwer. Damit fahren sie gerne ins Migros gleich um die Ecke. Und kehren mit drei Yoghurts zurück, natur, bio.

Bei uns in Bern, beim Bierhübeli, hats ein Plakat, auf dem steht., dass die Lokalbesucher draussen nach Mitternacht ruhig sein sollen. Hält sich Gerre, 19, dran? Kaum. Er wohnt ja nicht hier. Bei uns im Lift hängt eine Affiche, die verkündet, dass wir bescheiden heizen sollen. Beachtet das Frau Wermelinger (Name geändert)? Eher nicht. Bei uns ennet der Aare klebt am Zaun der Hinweis, dass man den Abfall nicht auf die Weide werfen soll. Hält sich Familie N. dran? Nun ja, an einem Butterbrotpapier wird die Kuh wohl nicht sterben.

Paragrafen, Imageschaden, Portemonnaie, das bringts. Affichen, Kampagnen, Aufrufe taugen wenig.

Klima-Kleber finde ich gut. Wenn ich im Stau stehe, finde ich sie blöd.

 

 

 

 

Bilder: Freepik, pst

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