StartseiteMagazinKolumnenDas musste einmal einer sagen

Das musste einmal einer sagen

Früher galten Gefühle als weiche Währung. Sie gehörten zu den sanften und samtenen Dingen, die zwischen Menschen ausgetauscht wurden, und sie waren weitgehend privat. Romantiker wie Mörike und Eichendorf und viele andere besangen die Natur und die zwischenmenschlichen Gefühle und beglückten damit die Leserinnen und Leser. Mit der Zeit wurde die Romantik abgewertet und die technische Veränderung der Welt trat in den Vordergrund. Jetzt hat sich die Situation aber wieder rapide geändert. Gefühle gehören heute zu den harten Währungen, mit denen man Aufmerksamkeit erlangen möchte, während das aufgeklärte Wissen zur Meinung und damit zur weichen Sache wird.

Ich lese gerade im Tagesanzeiger das Schlagwort: «Die Walliser Emotionmaschine unter Christian Constantin hat sich totgelaufen». Mich interessiert weniger, ob der Walliser Fussballclub in die zweite Liga abgestiegen ist, vielmehr finde ich den Begriff «Emotionsmaschine» bedenkenswert. Sie beherrscht weitherum die Medien. Am Ende bedauert die Fussballschweiz, dass der Club nicht mehr in der obersten Liga spielt. Es war doch ein erregendes Schauspiel, dem emotional agierenden Constantin zuzuschauen, wie er häufig seine Trainer wechselte.

Der zeitkritische Journalist Peer Teuwsen schreibt einen bemerkenswerten Artikel in der NZZ am Sonntag (4. Juni) mit dem Titel «Ausverkauf der Gefühle». Das eigene Befinden sei zu härtesten Währung im Kampf um Aufmerksamkeit geworden. Wenn etwa ein neues Album oder ein neuer Film erscheine, werde ein Shitstorm von Gefühlen inszeniert und die gespannten Nutzer würden im Netz dabei die Gratiswerbung übernehmen. Ähnliches geschieht bei Verlagen, die einen Bestseller vorbereiten. Es kann dem Buch nichts Besseres geschehen, als wenn vor seiner Veröffentlichung eine Empörungswelle über das Thema oder den Autor durch den Äther rauscht. Dies nennt Teuwsen die Kommerzialisierung der Gefühle.

Diese «Gefühlsduselei» – auch ein Wort von Teuwsen – hat enorm zugenommen. Will eine bisher unbekannte Person medienöffentlich werden, braucht sie sich nur darüber aufzuregen, dass ein gut bekannter Mann Schätzchen zu ihr gesagt habe, und dies mit dem Unterton, er habe sie angemacht. Der Aufschrei der Frau geht durch alle Medien und wir müssen, ob wir wollen oder nicht, davon Kenntnis nehmen. Wollen Prinz Harry und seine Frau Meghan nicht auf die Aufmerksamkeit des Publikums verzichten, stellen sie Fotos ins Netz. Löst dies Kritik aus, empört sich Harry mit dem Vorwurf, die Medien würden seine Ehe zerstören.

Nun ist es so, wie Teuwsen sagt: «Wir wissen heute nicht mehr, welche Gefühle inszeniert und welche echt sind». Darum sei es so schwierig über Gefühle zu reden. Es muss deshalb darum gehen, den Ausverkauf der Gefühle zu beenden und die Emotionsmaschine zu durchschauen. Immer wenn Emotionen einen Zweck verfolgen, geht es nicht um echte Gefühle. Wenn Abstimmungsplakate lärmend verkünden, mit dem Klimagesetz wolle der Bund die Benziner verbieten oder friedlichen Menschen den Elektrostecker herausziehen, appelliert das darin enthaltene Nein an Gefühle und versucht die Emotionsmaschine in Gang zu setzen.

Es muss immer wieder klar gesagt werden, dass Emotionen Argumente nicht ersetzen, und es ist zu hoffen, dass sich etwas mehr Vernunft etabliert. Wir sollten versuchen, trotz dem Herumschwirren von Fakes News und wilden Emotionen den gesunden Menschenverstand nicht einfach still zu legen.

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2 Kommentare

  1. Die Emotionalität des Menschen ist für mich etwas Positives, das Gegenteil wäre ja die Unfähigkeit etwas empfinden zu können. Der Umgang mit der eigenen, privaten Gefühlslage ist das Eine, die Handhabung der Emotionen in der Öffentlichkeit, heutzutage enorm verstärkt und verzerrt durch die Medien, etwas ganz anderes. Durch diese Diskrepanz, habe ich gelesen, gibt es immer mehr seelisch Abgestumpfte sowie zunehmend mehr Hochsensible, besonders bei den Jugendlichen.

    Es ist wohl ein Balanceakt, bei der heutigen Flut von emotionalen Informationen, bei sich zu bleiben. An die letzte öffentliche Flutung meiner Emotionen kann ich mich noch lebhaft erinnern. Es war die bewegende Rede von Greta Thunberg am UNO-Klimagipfel 2019
    https://www.youtube.com/watch?v=Ga7HdASzK_0
    Seither habe ich begriffen, was authentische und starke Gefühle in der Öffentlichkeit auslösen können.

  2. Emotionen sind für mich nicht einfach positiv, oft sind sie egoistisch. Es wurden schon Kriege aus emotionalen Gründen geführt! Ohne Vernunft und Verstand können Emotionen sehr gefährlich sein.

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