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Wenn Umfragen Wahlen ersetzen

Wenn die Schlagzeilen in Schweizer Medien, insbesondere im Zürcher Tagesanzeiger, in der NZZ nur annährend stimmen, ist ein Urnengang in den nächsten Tagen obsolet. Die SVP wird bei den nationalen Wahlen zur grossen Siegerin emporgeschrieben, die Grünen gehen danach beinahe unter. Die SVP gewinnt gerade mal 2,5% hinzu. Die Grünen verlieren ebenso viele Prozentpunkte, wenn es dann so eintrifft. Könnte es nicht auch so sein, dass viele potenzielle SVP-Wählerinnen und -Wähler jetzt gar nicht mehr zur Urne gehen, weil die ihr nahestehende Partei so oder so gewinnt? Und wenn viele grün Angehauchte, angestachelt durch das schlechte Umfrageergebnis, sich animiert fühlen, nun doch zu wählen? Gleicht sich dann einfach alles aus?

Oder ganz andersrum. Viele möchten eh zu den Siegern gehören und verstärken so das Umfrageergebnis der SVP. Und wer verliert schon gern und lässt deshalb die Grünen fallen? Und jetzt?

So oder so: Viel wird sich doch nicht ändern. Sieht man davon ab, dass die Neuen doch mehr bewegen wollen, wenn sie es dann auch können. Denn meistens ist es so, dass die Neuen erst eine „Lehre“ zu absolvieren haben, bevor sie erahnen, wie die bundespolitische Mechanik tatsächlich funktioniert. Ist der Urnengang also für die Katz? Mitnichten.

Nur wählen kann ganz anstrengend sein. Will man als Wählerin, als Wähler Einfluss haben, kommt man an einer sorgfältigen Auswahl nicht herum. Es lohnt sich, die Kandidatinnen und Kandidaten auszusuchen, die mehr können, als nur treu ihren Parteiparolen zu folgen.

Bundesrat und Parlament stehen tatsächlich vor grossen Herausforderungen im Inland, aber auch laufend vor Überraschungen, die sich im Ausland ereignen; die Schweiz ist keine völlig unabhängige Insel. Im Gegenteil. Gerade jetzt ist die Schweiz durch den brutalen Überfall der Hamas auf Israel direkt herausgefordert, zum Vermitteln und zur Frage, wie wollen wir unsere traditionell guten Dienste zur Verfügung stellen? Zu Fragen, zu denen wir aktuell keine glasklare Haltung haben. Das ist bitter.

Das neu gewählte Parlament, der wiedergewählte und erneuerte Bundesrat sehen sich insbesondere den schon lang bekannten ganz grossen innenpolitischen Politproblemen gegenüber, die uns bedrängen, die einer Lösung harren: das ungeklärte Verhältnis zu Europa, die ungelösten Fragen der Altersvorsorge, die rasant steigenden Gesundheitskosten und nicht zuletzt die Definition der Neutralität. Immer wieder steht der Bundesrat ratlos den internationalen Herausforderungen gegenüber. Soll er beim Ukrainekrieg die Sanktionen gegenüber Russland mittragen, nun auch die weitergehenden? Muss er nun die Hamas als Terrororganisation einstufen, verbieten oder doch als neutraler Staat seine Diplomaten vorschicken, um Verhandlungen einzuleiten, damit die rund 150 israelischen Geiseln in den Händen der Hamas befreit werden können? Gelingt das besser, wenn die Hamas von der Schweiz nicht als Terrororganisation eingereiht wird? Fragen über Fragen. Auf jeden Fall: Ad hoc-Entscheide sind in jedem Fall gefährlich. Der Bundesrat muss sich eine neutralitätspolitische Haltung verordnen, aufgrund der er jeweils zeitgerecht entscheiden kann.

Wahlen sind also mehr als Umfragen, als eine journalistische Form, um die Leserinnen und Leser bei Laune zu halten. Wahlen erfordern Umsicht und Sorgfalt. Gerade von den Medien, die just in diesem Wahlkampf nicht das bieten, was sie bieten müssten: Aufklärung, Grundlagen, Analysen, die das Entscheiden erleichtern.

Am nächsten Sonntag, wenn die Prognosen von gesicherten Hochrechnungen abgelöst werden, wird Gewissheit, wie die Schweiz parteipolitisch regiert wird, nicht aber, ob das neue Parlament und der „neue“ Bundesrat in der Lage sind, die Zukunftsfragen auch zu lösen. Immerhin: In unserm direktdemokratisch verfassten Land haben wir ja immer wieder die Möglichkeit, an der Urne mitzubestimmen.

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5 Kommentare

  1. Das Volk hat nicht immer recht, im Gegenteil. Nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten nimmt das Privileg der Mitbestimmung bei Abstimmungen war. Diejenigen die noch wählen gehen, tun sich immer schwerer mit einem Bundesrat und gewählten Volksvertreter*innen im National- und Ständerat, die es nicht zustande bringen, gemeinsame Ziele für eine moderne Schweiz zu beschliessen und diese Botschaft sowohl nach innen wie nach aussen klar zu vermitteln. Im Vorfeld von Wahlen immer das gleiche Szenario: Ein Hick-Hack der Parteien und das Spiel auf den Mann resp. die Frau, zum Nachteil der Sache, um die es in erster Linie gehen sollte. Und was zum Teufel sollen diese “Prognosen” der vermeintlichen Wahlgewinner*innen? Ich nenne das unlautere Beeinflussung der Meinungsbildung, so kurz vor dem Urnengang.
    In Europa herrscht Gewalt und Krieg und Not. Völker werden wegen ihrer Religion unterdrückt und bekämpft. Demokratien verlieren zu Gunsten diktatorischer und konservativer Regierungsformen zusehends an Boden. Die Flüchtlingsströme werden infolge Krieg und Elend nicht abreissen, und die vom Mensch ausgebeutete Natur hält uns die tragischen und einschneidenden Folgen unseres langjährigen Tuns vor Augen.
    Angesichts dieser Fakten, müssten wir mit unseren Wahlstimmen nicht dafür sorgen, dass diejenigen Kräfte unterstützt werden, die willens und fähig sind, die grossen Herausforderungen der Zeit anzunehmen und sich solidarisch mit unseren europäischen Nachbarn und gegenüber Schwächeren zeigen und die ein friedliches, Kompromiss bereites Miteinander im In- und Ausland anstreben?

  2. I HAD A DREAM
    ich träumte unlängst, die junge würden den vorsprung der einthemenpartei neutralisieren, indem sie wählen gehen. und zwar diejenigen wählen, die ihre zukunftsaussichten verbessern wollen. und dass sie erst nach dem wählen ans konzert von taylor swift oder an eine party gehen.
    sind träume schäume herr freud?

    • Träume sind ganz sicher keine Schäume, Herr Lehmann. Im Gegenteil, sie können uns auf ganz neue Denkebenen im realen Leben bringen. Träumen Sie bitte weiter.

  3. Es ist immer das Gleiche = Also wozu soll ich – und vor allem wen – noch wählen? Im Endeffekt sehe ich kaum Unterschiede.

    1. Vor jeder Wahl wird gesagt was sie nach der Wahl machen wollen. Nämlich all das, was sie schon vor der Wahl vorher versprachen.
    2. Nach der Wahl wird sich selber selbstgefällig gefeiert, taktiert, Pöstchen einander zugeschonen und seinesgleichen begünstigt und versorgt.
    3. Keine Partei hat je etwas gemacht was mich wirklich spürbar entlastet hat. Ich war stets derjenige, der die Stimme geben durfte, danach wurde hemmungslos abkassiert.

    • Geben Sie Ihre Meinungsäusserungen nicht auf, Herr Ruckstuhl. Jede*r kann in seinem kleinen Universum etwas zum Ganzen beitragen. Wir alle sind wichtig.

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