StartseiteMagazinGesundheitDieser blöde Floh im Ohr!

Dieser blöde Floh im Ohr!

Es klingelt, rauscht, dröhnt oder zischt – und das fast dauernd. Im Ohr. Kann mal vorkommen, bei Stress zum Beispiel, nach einer Infektion oder einem viel zu lauten Konzert. Hält das Ohrgeräusch aber länger an, leidet man wohl an einem Tinnitus. Dabei empfängt das Gehirn falsche Informationen.

Tinnitus leitet sich vom lateinischen «tinnire», klingeln, ab. «Wenn es denn nur klingeln würde», seufzen viele Betroffene. Bei ihnen klopft und hämmert es, rauscht und pfeift, brummt oder summt es. Dieser stetige Radau im Ohr stört die Konzentration tagsüber und nachts den Schlaf. Tinnitus kann zu sozialer Isolation führen bis hin zu Depressionen, ist also eine Krankheit, die man ernst nehmen sollte.

Viele Ursachen

Eine Krankheit? Nein, das ist Tinnitus nicht. Es ist ein Symptom, das aufzeigt, dass das Gehör nicht optimal funktioniert. Ohrgeräusche können viele Ursachen haben, vom Hörsturz über ein Knalltrauma, Bluthochdruck, Diabetes, Alkohol- oder Nikotinmissbrauch bis zur banalen Ohrenentzündung oder einem Talgpfropf, der den Gehörgang blockiert. Und manchmal ist es einfach Stress mit nächtlichem Zähneknirschen, Verspannungen im Hals- oder Kieferbereich. Oder zu laute Musik an Konzerten oder via Kopfhörer. Oder ein Altersleiden.

Bei dieser ganzen Auswahl von Ursachen ist auch ein HNO-Arzt erst mal hilflos, zumal sich die meisten Ohrgeräusche gar nicht messen lassen. Zuerst wird sicher mal das Hörvermögen getestet, denn gerade bei älteren Personen tritt ein Tinnitus oft parallel zu einem Hörverlust auf. Da kann ein Hörgerät helfen. Unterschieden wird zudem zwischen einem objektiven, messbaren Tinnitus aufgrund verengter Blutgefässe am Ohr, Muskelbewegungen im Mittelohr oder Gaumen oder eines meist gutartigen Tumors im Bereich der Kopfschlagader.

«Jingle Bells» auf die unangenehme Art: Der Tinnitus.

Weitaus häufiger ist der subjektive Tinnitus, der nur von den Betroffenen wahrgenommen wird. Wie der entsteht, ist auch Fachleuten noch nicht ganz klar. Vermutet werden Ursachen im Bereich der Sinneszellen, die Schallschwingungen empfangen, umwandeln und via Hörnerv an das Gehirn leiten, oder von Nervenbahnen gesendete falsche Signale oder ein Fehler im Hörzentrum, weil Informationen nicht richtig eingeordnet werden. Oder etwas anderes.

Ausprobieren, was vielleicht hilft

Geschätzt wird, dass rund 15 Prozent der Bevölkerung unter einem ständigen Ohrgeräusch leiden. Die meisten arrangieren sich mit ihrem «Floh im Ohr» oder lernen, ihn wenigstens zeitweise aus dem Bewusstsein zu verbannen. Die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde (HNO), die sich mit Tinnitus befasst, hat zwar einige «Rezepte» zur Behandlung auf Lager, von Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamente bis zu der Verhaltenstherapie. Ob Vitamine, Zink, Ginkgo-Extrakt, Knoblauch oder anderes helfen, wird indes in Fachkreisen stark angezweifelt und auch Medikamente werden, wegen ihrer Nebenwirkungen, kaum empfohlen. Erfolgsversprechender sind da kognitive Therapien, in denen Betroffene lernen, sich mit den Geräuschen im Ohr zu arrangieren, indem sie sich auf andere Dinge konzentrieren und lernen, sich bewusst zu entspannen.

Mit Musik oder angenehmen Geräusche wie Wassergeplätscher kann ein Ohrgeräusch überlagert, «maskiert» werden. (Alle Bilder pixabay)

Eine Methode, die bereits seit langem eingesetzt ist, ist die Überlagerung des Ohrgeräuschs mit angenehmeren Tönen. Diese «Maskierung» ist am erfolgreichsten, wenn sie auf die Tonfrequenz des Tinnitus abgestimmt werden kann. Hilft manchen, anderen nicht. Forscher haben zudem versucht, via Vagusnerv – er überträgt die Signale aus dem Ohr zum Gehirn – dem Gehör beizubringen, welche Töne es weiterleiten soll. Dazu wird im Kopf ein kleines Gerät zur Stimulation des Vagusnervs implantiert, das mittels leichter elektrischen Impulsen dem Gehirn beibringen soll, echte Töne von Phantomgeräuschen zu unterscheiden.

Und schliesslich war kürzlich in der Presse zu lesen, dass in Dresden eine App entwickelt wurde, mit der Lieblingssongs, der Frequenz des Tinnitus angeglichen, die Ohrgeräusche vertreiben helfen. Fragt sich nur, ob diese musikalische Berieselung, ob durch Helene Fischer, die Beatles, Mozart oder Bach, nicht einfach ein neues Problem generieren: Hilfe! Ich kann diese Musik nicht mehr hören! Ich will meinen Tinnitus zurück!

Das Wort haben Betroffene:

Drei von Tinnitus Betroffene erzählen aus ihrem Alltag: Da ist Marianne. Die sportliche, schlanke Frau leidet seit dem letzten Winter an einem hartnäckigen Ohrgeräusch. Begonnen hat alles mit einer starken Erkältung mit Hals- und Ohrenschmerzen. Und dann begann dieses Rauschen. Es sei, als ob sie eine grosse Muschel an ihr linkes Ohr halten würde. Besonders störend sei ihr Tinnitus, wenn ringsum alles still sei, oder an einem Konzert, zum Beispiel in der Tonhalle. Eine fachärztliche Abklärung brachte nicht viel und das verschriebene Medikament und die empfohlenen Ginkgotablettten änderten nichts. Ein Hörtest brachte keinen Befund. Stress oder Ärger, aber auch Kaffee oder Alkohol verstärken das Rauschen, das hat Marianne festgestellt. Aber ein interessantes Gespräch lasse sie den Tinnitus oft fast vergessen.

Seit mehr als 30 Jahren leidet Jeanette bereits an einem Tinnitus. Begonnen habe alles auf einer leichten Wanderung. Plötzlich hab es in ihrem Kopf geknallt – «ein richtiger Chlapf» – und dann sei da dieses Summen gewesen – und geblieben, bis heute. Wenn sie darüber spreche, sei das Summen, das auch manchmal von einem Rauschen überlagert werde, besonders stark. Und beim Einschlafen. Auf dem linken, dem betroffenen Ohr, könne sie gar nicht mehr liegen, das sei viel zu laut. Medizinisch abgeklärt worden sei ihr Tinnitus nie – «Alle haben gesagt, da könne man eh nichts machen». So lebe sie halt mit diesem Geräusch im Ohr, sagt die heute über 80 Jahre alte Dame. Wenn sie beschäftigt sei, ob im Garten, im Haushalt oder mit ihren Urenkeln, dann vergesse sie den kleinen Störefried im Ohr manchmal.

Dass ein Musiker mit Tinnitus besonders leidet, kann René, Mitglied einer Jazzband, nicht bestätigen. Natürlich sei das Ohrgeräusch – bei ihm ist es ein hohes Pfeifen – nach einem mehrstündigen Konzert vielleicht etwas präsenter. Aber bis er jeweils zu Hause sei, habe sich der Ton wieder auf seine normale Lautstärke eingependelt. Bereits früher habe er ab und zu ein Tuten im Ohr gehabt, das aber bald wieder verschwunden sei. Vor etwa 15 Jahren dann sei dieser Ton in einer unangenehm hohen Frequenz aufgetaucht – und geblieben.

René hat sich im Internet kundig gemacht, sich in einer spezialisierten Klinik untersuchen lassen und sei so auf einen möglichen Grund seines Tinnitus gestossen: Es könne sein, dass das Gehirn fehlende oder, altersbedingt, beeinträchtigte Frequenzen mit dem Geräusch zu kompensieren versuche. Das zu wissen, ist ja interessant, nur vertreiben lässt sich der Quälgeist im Ohr damit nicht. René hat sich arrangiert. Er weiss, dass Stille kontraproduktiv ist, lässt manchmal via Computer ein Bächlein vor sich hin plätschern und trinkt nur mässig Alkohol. Auch Konzentration hilft, sei es während eines Konzerts, eines Gesprächs oder einer interessanten TV-Sendung. Und er tröstet sich mit dem Gedanken, dass seine Liebe zur Musik und zum Musizieren trotz Tinnitus nicht gelitten hat. Anders als beim tschechischen Komponisten Bedrich Smetana. Der soll unter einem so starken Tinnitus gelitten haben, dass er nicht mehr komponieren konnte.

 

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1 Kommentar

  1. Danke für den schönen Artikel zu einer Krankheit. Ja, ich bin davon überzeugt, das es z.T. mit einer Krankheit zu tun haben.
    Aber…ich gebe auch ihnen recht. Die Frage ist die, wo fängt die Krankheit an und wo hört Sie auf. Bei mir war es im Militär…in Thun. Ein Schiessplatz, wo mein Ohr mit ca. 130dB…geschädigt wurde….und 22 Jahre später..kam der Tinnitus und…70dB..Abfall bei 3000 Hz. im
    linken Ohr. Nun trage ich Hörgeräte. Wenn Sie der Sonne ausgesetzt sind…und Sie Blind werden…ist es einfach eine Ueberlastung…oder eine Krankheit!? Bei Stress nimmt ja der subjektiv zu und das spricht Bände für sich. Wir sind mehr als nur Körper, Seele und Verstand spielen in einer Liga…das Gesamtsystem ist nicht ausbalanciert..es ist im Ungleichgewicht.
    Ah..bevor ich es vergesse…das Entfernen aller Amalgam Füllung hat mir den Tinnitus um ca. gefühlte 50% vermindert.
    Frohe Festtage und allen die hier schreiben…meine Hochachtung und merci vielmols.
    Brunissimo

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