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Anlaufstelle für Familienfragen

Unter dem Slogan «Walk-in» hat die Burgergemeinde Bern ein niederschwelliges, kostenloses Gesprächsangebot für ratsuchende Familien geschaffen. Konflikte mit Grosseltern sind auch ein Thema.

Lehrpersonen berichten, dass Verhaltensprobleme von Schülerinnen und Schülern in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Die Ursachen sind vielfältig: Kinder leiden unter der bevorstehenden oder erfolgten Trennung ihrer Eltern. Im täglichen Hamsterrad eskaliert der Streit am Familientisch regelmässig. Handy und Computer sorgen bei Jugendlichen für eine permanente Überreizung. Der Druck, etwas zu bekommen, was Mitschülerinnen oder Mitschüler bereits besitzen, sorgt für Konflikte. Die Höhe des Taschengelds ist ein Dauerthema. Schulverweigerer sind heute keine Seltenheit mehr.

Als Folge der familiären Stressmomente werden Grenzen nicht mehr respektiert, Hausaufgaben nicht mehr erledigt. Gewalt auf dem Pausenplatz oder auf dem Schulweg ist alltäglich geworden. Eltern erwarten, dass Lehrpersonen mit geeigneten Massnahmen für Abhilfe sorgen. Diese aber sind überfordert, da bekanntlich auch an Schulen Fachpersonal gespart wird. Eine Kindergartenklasse mit zwei bis drei «Problemkindern» kann nicht mehr von einer einzigen Lehrperson betreut werden. Die Anzahl verhaltensgestörter Kinder in einer Klasse ist nach Aussage von langjährigen Lehrpersonen im Kanton Bern deutlich höher als noch vor 20 oder 30 Jahren.

Im Generationenhaus der Burgergemeinde Bern am Bahnhofplatz können ratsuchende Eltern unkompliziert Hilfe holfen. Foto zVg.

Um die Beratung von Familien mit Kleinkindern bis fünf Jahre kümmert sich im Kanton Bern traditionell die «Väter- und Mütterberatung». Doch ab dem Kindergarten- respektive Schulalter fehlen vergleichbare Angebote. Um diese Lücke zu schliessen und den wachsenden Herausforderungen im Konfliktdreieck «Eltern – Kinder – Schule» zu begegnen, hat die Burgergemeinde Bern ein einfaches, präventives Gesprächsangebot für ratsuchende Eltern geschaffen. Die neue Dienstleistung ist niederschwellig, kostenlos, erfolgt persönlich und kann auch von Grosseltern in Anspruch genommen werden.

Ziel ist es, gestresste Familien möglichst früh mit persönlichen Beratungen bei der Lösungssuche zu unterstützen. Via Webseite oder am Empfang des Generationenhauses bucht man einen Termin und erscheint an dem vereinbarten Datum mit oder ohne Kinder. In einem bis zu einstündigen Gespräch priorisieren geschulte Fachleute zusammen mit den Eltern deren Bedürfnisse: Nach einer Auslegeordnung der Konflikte werden gemeinsam mögliche Lösungen diskutiert. Die Beraterinnen und Berater teilen ihr Fachwissen und geben praktische Ratschläge. Wo nötig, wird auf Fachorganisationen verwiesen, welche weiterführende Hilfe anbieten könnten.


Das Beratungszimmer im Generationenhaus. Foto PS.

Nach Aussage von Sonja Pihan, Co-Leiterin der burgerlichen Familien-Institution SORA, ist eine möglichst frühe Unterstützung der Eltern bei Erziehungsfragen wichtig, um dem steigenden Leidensdruck in den Familien und an den Schulen zu begegnen. Zentral beim sogenannten «Eltern Walk-in» ist es, ohne Scham zum Gespräch zu kommen und alle Probleme auf den Tisch zu legen. Niemand muss einen Ausweis vorlegen. Beraten werden auch Personen, die nicht zur Burgergemeinde gehören, sowie Familien mit Migrationshintergrund.

Laut Reto Züblin, ebenfalls SORA-Co-Leiter, wird Elternsein immer anspruchsvoller. Die Erziehungsaufgaben veränderten sich schleichend. Input von aussen sei deshalb heute unverzichtbar. In dem geschützten Raum des «Eltern Walk-in» könnten Reflexion und neue Ideen entstehen.


Das Beratungsteam (v.l.n.r.): Sonja Pihan, Stephan Strauss, Sina Egger, Fabian Näf, Tiina Kouva. Foto Jeroen Seyffer

Nach Angaben von Fachleiter Stephan Strauss ist das neue Angebot sowohl niederschwellig als auch komplex. Die Gespräche würden privat-persönlich geführt, beträfen aber die ganze Gesellschaft. Sie seien familienzentriert sowie sozialorientiert, alltagsnah, aber auch fachlich spezialisiert und fundiert. Bei Problemen mit Sucht und Schulden werden Hilfesuchende an spezialisiertere Institutionen verwiesen.

Ein Pilotprojekt mit zwei Dutzend Familien hat 2023 ergeben, dass ein grosses Bedürfnis für solche Familienberatungen besteht. Genaue Besucherzahlen können erst nach einem oder zwei Jahren präsentiert werden. Die Burgergemeinde Bern ist bereit, das Angebot während drei Jahren voll zu finanzieren. Für die Zeit danach werden weitere Partnergemeinden vor allem in der Agglomeration Berns gesucht. Münchenbuchsee und Ittigen sind bereits Teil des Programms.

«Es sei wichtig, den gestressten Eltern Veranwortung zurückzugeben», erklärt Sonja Pihan und ergänzt: Für sie und alle SORA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei «Walk-in» ein Herzensprojekt.

Titelbild: Eine ratsuchende Mutter im Gespräch mit einer Familienberaterin. Die Kinder beschäftigen sich derweil selbst. Foto Jeroen Seyffer

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