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Die Nische finden

In der NZZ am Sonntag* vom 21. Januar wird Bundesrat Ueli Maurer nach seinem Rücktritt mit dem Wort zitiert: «Ich will eine Nische finden, in der ich wieder der alte Ueli sein kann – und nicht Alt-Bundesrat Maurer». Darin ist die Frage versteckt: Wer bin ich eigentlich? Es ist die uralte Frage nach der eigenen Identität. Maurer spielte jahrelang zwei bedeutende Rollen, die sich ineinander verzahnt hatten: Er war Parteipräsident der SVP und deren Bundesrat. In Rollen versieht jemand eine Position, in der er die gestellten Erwartungen erfüllt.

Als Parteipräsident amtete er als Lautsprecher von Christoph Blocher. Zugleich degradierte er Samuel Schmid zum halben Bundesrat. Das führte ihn später, selber Bundesrat geworden, in ein Dilemma. Er durfte nicht ein halber Bundesrat werden. Diesem Zwiespalt konnte er nur entgehen, in dem er immer wieder das Kollegialitätsprinzip verletzte und durchblicken liess, dass er jene Entscheidungen des Bundesrats, die seiner Partei widerstrebten, nicht teilte. So wurde er für Parteimitglieder der beste Militär- und Finanzchef der Schweiz.

Nun lässt er sich post festum in einem halbstündigen Video vernehmen und festhalten, was er früher nur durchsickern liess. Beim Tragen einer Trychler-Bluse wurde er zwar deutlich, aber er tat, als wäre es ein Scherz. Nun wird er im halbstündigen Video wieder der alte Ueli. Die Impfung während der Pandemie nannte er heisse Luft. Sie habe den Pharmafirmen hohe Milliarden beschert. «Es war von Anfang an klar, es kann gar nicht so schlimm sein, wie man es dargestellt hat». Die mediale Berichterstattung habe eine Massenhypnose erzeugt. Die wissenschaftliche Forschung verachtet er offenbar und verdrängt, dass in Bergamo das Militär die Covid-Toten mit Lastwagen in die Leichenhallen führten. Tausende von Menschen leiden noch immer unter Long-Covid. Alles heisse Luft!

In «Bezug auf den Ukraine-Russland-Krieg erkennt er medialen Einheitsbrei. «Wo man einfach Waffen liefert, dass es Tote gibt». Er flirtet mit Autoritäten. Sergei Lawrow bezeichnete er als Putins besten Aussenminister. Nie etwas gehört von Verteidigungskriegen der Eidgenossen? Es schien fast, als ob der Alt-Bundesrat Gesslers Hut grüsste, als er als Bundespräsident bei Donald Trump, bei Xi Jinping, bei Waldimir Putin einkehrte und ihnen huldigte. Er hätte gewiss bei einem Besuch in Nepal, wo Schweizer seit 60 Jahren Pionierarbeit leisten, ein nachhaltigeres Echo ausgelöst.

Die NZZ analysiert das Video des Alt- Bundesrates und findet ihn in der alten neuen Nische. Menschen tun im Alter, was sie immer schon getan haben und damit ihren Charakter formten. Nach dieser Regel handeln die meisten Menschen. War einer Hobbyfischer, dann wird er auch im Alter mit der Fischerrute am Ufer hocken. War einer Provokateur, dann bleibt er auch in neuer Nische ein solcher. War einer Bundesrat, dann bleibt er dem Stil treu, den er als Bundesrat pflegte, selbst wenn er sich ein wenig umfärbt. Die frühere Farbe lässt sich nicht weg weisseln. Diese These scheint die Analyse des Videos der NZZ-Autoren zu bestätigen. Man bleibt der, der man schon früher war.

*NZZ am Sonntag: Der Entfesselte. Von Simon Marti und Georg Humbel

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2 Kommentare

  1. Es stimmt wohl, dass wir im Kern die bleiben, die wir waren. Doch die meisten Menschen lernen im Laufe ihres Lebens dazu und die Sichtweisen können sich ändern. Bei einem lebenslangen Ruhegehalt (Rente) eines Altbundesrates von rund 250’000 Franken im Jahr, könnte man Loyalität und Diskretion gegenüber seinem früheren Arbeitgeber und seinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen im Siebnergremium erwarten. Doch seine Loyalität erschöpft sich in der Idelogie der SVP und im Aufwind rechtspopulistischer Strömungen fühlt sich Ueli Maurer heute auf sicherem Terrain und kann öffenlich sein «echtes» Gesicht zeigen.

    Nach meiner Auffassung der Rechtsstaatlichkeit, hat Herr Maurer mit seiner Zweigesichtigkeit seit seiner Wahl in den Bundesrat und als Bundespräsident, willentlich alle über seine wahre Gesinnung getäuscht. Seine aktuellen Äusserungen zeigen klar, dass er nie gewillt war, andere Meinungen und Sichtweisen zu respektieren und unsere Sozialdemokratie gemäss Verfassungsauftrag zu unterstützen und gemeinsam zu stärken. Dies sollte nach meiner Auffassung in einem Rechtsstaat Folgen haben. Ich vermute jedoch, dass wir auf eine Stellungnahme oder gar eine Rüge oder weitere Schritte und Massnahmen in dieser Sache seitens der Regierung vergeblich warten. Wachsam bleiben können und sollten wir trotzdem.

  2. Ich bin ganz Ihrer Meinung Frau Mosimann.

    Herr Maurer macht & schafft mit seinem unsäglichen, gefährlichen Gehabe nichts Gutes, im Gegenteil.
    Sich weiterentwickeln, am Bewusstsein zu arbeiten wäre doch eine bessere «Nischenvariante», statt stehenzubleiben, oder
    sogar rückwärts zu gehen. Schade

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