Vier Tanz- und Zirkuskünstlerinnen vertauschen die Rollen, stellen die bestehende Ordnung auf den Kopf. Sie sind anarchisch, wild und exquisit. Gegenwärtig präsentiert der Zürcher Artist und Choreograf Martin Zimmerman sein neues Stück «Louise» in der Schiffbauhalle des Schauspielhauses Zürich.
Für seine neue Inszenierung hat sich Martin Zimmermann von der Künstlerin Louise Bourgeois inspirieren lassen. «Unser Stück ist eine Art Gespräch mit ihr», notiert er im Programmheft. Sie sei eine ewige Forscherin an den Skulpturen, am Material und an sich selber. Und das sei Louise auch. Hier sind es vier Frauen, die allen Widrigkeiten zum Trotz tanzend absurde Rollenspiele vollführen. Und das tun sie höchst virtuos, begleitet von teils harten Beats des Zürcher Geigers und Produzenten Tobias Preisig.
Höhepunkt mit fliegenden Reifen: Marianna Sanctis als Hula-Hoop-Artistin.
Gespielt wird vor einer imposanten Hauswand einer Bruchbude mit mehreren Öffnungen, Galerie und Falltreppe. Im Bühnenraum davor mit drei Drehflächen sind etliche Objekte wie Stühle, Tische aufgereiht. Zimmermann bezeichnet sie als eigenständige Protagonisten, als gleichberechtigte Akteure. Geboten wird ein wirres Hierarchiespiel auf anarchischem Untergrund. Alle Louise-Spielenden wollen mal Chefin oder Oberhaupt sein, was aber immer wieder misslingt. Sie posieren faxenreich auf der Galerie, kriechen stehend und gebückt aus den Öffnungen hervor, fallen die Treppe herunter, präsentieren sich stolz auf den Drehbühnen, türmen Stühle auf, schleppen riesige Einkaufstaschen und Hula-Hoop-Reifen an, vollführen artistische Klettereien. Ständig in Bewegung, verkörpern sie die Suche nach neuen Möglichkeiten, Oberhand zu gewinnen.
Vier getriebene Frauen
«Louise» ist ein absurdes Spektakel voller Überraschungen. Da wird getanzt, gespielt, geschrien und in den höchsten Tönen gesungen. Die vier Tanz- und Zirkuskünstlerinnen – Marianne de Sanctis, Bérengère Bodin, Rosalba Torres Guerrero und Methinee Wongtrakoon – spielen lustvoll vier getriebene Frauen, die vom Wunsch beseelt sind, das zu werden, was sie zu sein scheinen. Und das tun sie auf tragisch-komische Art. Allen haftet das Fragile an. Magie erfüllt den Raum, als zum Schluss Marianna de Santics mit ihren kreisenden Hula-Hoop-Reifen wundersame Figuren kreiert. Köstlich auch Bérengère Bodin als Michael-Jackson-Double beim Versuch, eine Rede zu halten, aber nur wirre Töne von sich geben kann. Die Uraufführung im Schiffbau wurde mit lang anhaltendem Applaus belohnt.
Aus vier mach fünf Louise: Eine davon ist eine Puppe. Fotos: Admill Kuyler
Seit mehr als 20 Jahren erfindet, choreographiert und inszeniert Martin Zimmermann visuelles und physisches Theater ohne Worte, dessen Mischung aus zeitgenössischem Zirkus, Tanz, Theater und spektakulären Bühneninstallationen ein grosses Publikum begeistert. Seine Stücke werden weltweit aufgeführt, u.a. im BAM New York, Tokyo Metropolitan Theater, Théâtre de la Ville Paris, Barbican London, Sydney Opera House, Festival d’Avignon oder im Kunstmuseum Fondation Beyeler. Zimmermanns Bühnenbilder wurden dreimal hintereinander mit dem Swiss Design Award ausgezeichnet.
Weitere Spieldaten: 4., 5., 6., 7., 9., 10., 12., 13., 14., 15. Dezember