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Glücklich sein in schwierigen Zeiten

Im Film Wisdom of Happiness (Weisheit des Glücks) erfahren wir, wie der Dalai Lama nach Glück strebt und wie er versucht, in schwierigen Zeiten glücklich zu leben und zum Glück anderer beizutragen. Sind wir nach dem Film weiser in unserem Glücksstreben?

Alle streben nach Glück, behaupten der Dalai Lama und auch Aristoteles. Ja klar, da kann man doch zustimmen. Aber wenn man fragt, wonach strebst du denn, wenn du nach Glück strebst, unterscheiden sich die Geister. Die einen streben nach Geld, Macht, Ansehen, nach Erfolg oder nach Liebe und guten Beziehungen, andere nach Selbstverwirklichung, einem schönen Alltag oder einer Kombination von allem.

Allerdings ist das hedonistische Paradoxon zu beachten. Danach besteht die Gefahr, dass wenn wir nach Glück streben, letztlich Unglück ernten. Oder salopp gesagt: Das Streben nach Lust führt letztlich zu Frust. Deswegen wird auch die Ansicht vertreten, Glück oder Vergnügen seien gar kein Ziel, sondern nur eine Begleiterscheinung unseres Handelns. Gelegentlich erleben wir beim Tun Glücksgefühle, manchmal nicht. Glück kommt und geht, wie die Wolken am Himmel.

Damit Glück nicht bloss eine volatile Begleiterscheinung des Handelns ist und auch nicht zu Unglück führt, braucht es beim Glücksstreben aus der Sicht des Dalai Lama Weisheit oder weise Einsichten und weise Handlungen. Erstens sei zu beachten, dass alle Menschen gleich seien, Brüder und Schwestern. Und da alle Brüder und Schwestern nach Glück streben, sei es wichtig, nicht nur auf das eigene Glück zu achten und egoistisch und abgetrennt von andern sein Glück zu suchen. Deswegen sei Mitgefühl beim Glückstreben zentral und in dieser mitfühlenden Verbundenheit mit andern sei ein blosser Egotrip bei der Glücksuche kontraproduktiv.

Mitgefühl zu kultivieren, ist einfacher gesagt als getan. Denn schliesslich erleben wir im Umgang mit andern und der Welt immer wieder mal Ärger, Hass, Neid oder Stress. Deswegen empfiehlt der Dalai Lama auszuatmen, was stresst und mit einem dankbaren Gefühl der  Verbundenheit einzuatmen. Wenn wir uns meditativ versenken, erlangen wir einen inneren Frieden, der uns im Alltag begleitet. Der Dalai Lama beginnt seinen Tag jeweils mit einer Meditation um 3 Uhr 30, seit Jahren mit einer hohen Selbstdisziplin. Durch Meditation können wir das scheinbare Getrenntsein von andern überwinden und friedliche und mitfühlende Verbundenheit mit andern und der Welt erfahren.

Der Dalai Lama zeigt im Film, wie die jahrtausendalte tibetisch-buddhistische Tradition im schwierigen 21. Jahrhundert mit Kriegen, Armut und Klimakrise dazu beitragen kann, eine friedliche und ökologische Grundhaltung zu entwickeln.

Nach der Vorpremiere vom 4. Dezember im Cameo Winterthur berichteten die Regisseurin Barbara Miller, der Fotograph und Kameramann Manuel Bauer und die Präsidentin des Stiftungsrats desTibet-Instituts in Rikon, Karma Lobsang, von ihren Erfahrungen mit dem Dalai Lama.

Die Regisseurin Barbara Miller mit dem Dalai Lama, dem Kameramann Manuel Bauer und dem Produzenten und Regisseur Philip Delaquis (vl.)

Für Barbara Miller war es wichtig, den Dalai Lama in eine möglichst direkte Verbindung mit dem Publikum zu bringen. Mit einer indischen Filmcrew konnte sie an einem Tag in den Räumlichkeiten des Dalai Lama in Dharamsala ein Interview drehen. Durch eine spezielle Aufnahmetechnik spricht der bald 90-jährige Dalai Lama auf eindrückliche und unvergessliche Weise direkt zum Zuschauer. Zwischen den Interviewaufnahmen werden Bild- und Filmmaterialien aus Archiven eingespielt, so dass auch ein Einblick in die Biografie des Dalai Lama ermöglicht wird. Naturaufnahmen mit meditativer Begleitmusik laden zum Nachdenken und Nachfühlen dessen ein, was der Dalai Lama sagt.

Kameramann des Films ist Manuel Bauer, der den Dalai Lama erstmals 1990 in Dharamsala fotografierte und ihn seither während knapp 35 Jahren fotographisch begleitet. Durch die Vertrautheit zwischen dem Dalai Lama und dem Kameramann kommt auch das Filmpublikum dem Dalai Lama sehr nahe. Der Dalai Lama sagte mal über Manuel Bauer: «Ich kenne ihn seit vielen Jahren, und er selbst hat mir gegenüber in all diesen Jahren eine grosse, tief empfundene Nähe gezeigt. Er ist für mich ein echter Freund.»

Eine Frage aus dem Publikum nach der Vorpremiere im Cameo Winterthur: «Vielleicht ist es ja möglich, individuell den Spuren des Dalai Lama zu folgen und Glück durch eine meditative Praxis des Mitgefühls zu erfahren. Aber können damit zerstörerische Strukturen, wie sie sich etwa im Kapitalismus zeigen, bekämpft werden? Treiber des Kapitalismus ist ja eine egoistische Gewinnmaximierung, welche die Ausbeutung von Menschen und irreparable Schäden in der Natur in Kauf nimmt.» Für Karma Lobsang ist der Blick des Dalai Lama auf den ganzen Planeten heilsam.  Alle Menschen auf der Erde seien gleichberechtigte Brüder und Schwestern, die untereinander im Dialog und Mitgefühl zueinander Sorge tragen sollen. Wenn eine solche Haltung und ein friedliches und wertschätzendes Mitenander sich ausbreiten, könne ein destruktiver Kapitalismus in eine menschendienliche, ökologische Wirtschaftsweise transformiert werden. Mit unserem Potential und Eigenverantwortung könnten Leiden erzeugende Systeme und Strukturen verändert werden.

Richard Gere, Hollywood-Grösse und enger Freund des Dalai Lama, hat nach den Aussagen der Regisseurin Barbara Miller als Executive Producer sein enormes Wissen in den Film Wisdom of Happiness einfliessen lassen. An der Weltpremiere des Films am Zurich Film Festival vom Oktober 2024 war Richard Gere als Stargast anwesend. Er sagt zum Film: «WISDOM OF HAPPINESS ist ein aussergewöhnlicher Film, von dem wir hoffen, dass er unser Denken und Fühlen gegenüber uns selbst und all jenen, mit denen wir diesen wundervollen Planeten teilen, tiefgreifend verändern wird.»

Der Film läuft ab 5. Dezember in vielen Kinos der Schweiz.

Trailer zum Film 

Fotos © Das Kollektiv für audiovisuelle Werke GmbH

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1 Kommentar

  1. Der Titel «Glücklichsein in schwierigen Zeiten» finde ich etwas hochgegriffen. Ich glaube auch nicht, dass Glück im Buddhismus das oberste Ziel ist. Jede:r definiert Glück anders. Der tibetische Buddhismus hat mich gelehrt, dass der Weg das Ziel ist und, dass wir uns immer wieder darum bemühen müssen um Klarheit, Geduld und Zufriedenheit in unser Leben zu bringen.

    Der Dalai Lama, als oberster Führer dieser Geisteshaltung und Lebensführung ist Inspiration und ein Vorbild für viele. Überzeugt hat mich der tibetische Buddhismus, weil er keine Ideologie ist und keine Religion sein will. Er ist lediglich das Geländer eines Weges, der an seinem Ende ein friedvolles Zusammenleben von Mensch und Natur zum Ziel hat. Deshalb finde ich den Dokumentarfilm über den Dalai Lama und seine starke Ausstrahlung wichtig, obwohl ich kein Fan des Hollywood-Schauspielers Richard Gere bin. Es sind immer die Taten die zählen oder wie es in der Bibel heisst: An ihren Taten (nicht an ihren Worten) werdet ihr sie erkennen, die Absichten der Menschen. Diese Gedanken können für unsere zukünftigen Entscheidungen hilfreich sein.

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