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CS Desaster – Europa Blues

Es war ein folgenschwerer Freitag. Am Morgen ging es in Bundesbern um das Schicksal der Credit Suisse CS, um ihren Niedergang, um die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit und am Nachmittag um die Zukunft, um die Zukunft der Schweiz in ihrem Verhältnis zur Europäischen Union EU. In beiden „Geschichten“, wie Journalisten Ereignisse gerne bezeichnen, spielte und spielt eine Partei eine zentrale Rolle: die SVP.

In der Aufarbeitung des CS-Desaster ist einer entzaubert worden: alt Bundesrat Ueli Maurer, der bei seinem Abgang 2023 als einer der Besten bezeichnet wurde, selbst von der FDP-nahen NZZ. Er verharmloste die sich anbahnende Krise, in dem er den Verantwortlichen der CS auf den Leim kroch und in der Kommunikation versagte, indem er seine Kolleginnen und  Kollegen im Bundesrat im Ungewissen liess. Selbst Karin Keller-Sutter, seine Nachfolgerin im Finanzdepartement, informierte er nur ganz spärlich.

Und wenn es nun um die Zukunft der Schweiz geht, ist wiederum eine Person der SVP,  die sich schon zum Beginn des Entscheidungsprozesses um die EU-Abkommen sich der Kooperation verweigert, schon gar nicht auf das Verhandlungsergebnis eintreten will: Magdalena Martullo-Blocher. Von Vaters Gnaden wird sie als Speerspitze der SVP alles bekämpfen, was einer Annäherung an die EU dienen könnte. Mit ihr die Zuger Milliardäre Fredy Gantner, Urs Wietlisbach, die mit Präsenz und Geld das Schweizer Stimmvolk auf einen Anti-EU-Kurs trimmen wollen.

Die permanente, auch fundamentale Opposition der EU-Gegner hat die Schweiz auf den kompliziertesten Weg Richtung EU gezwungen. Eine Vollmitgliedschaft, wie sie die SP, gar die FDP vor langer Zeit einmal erwogen haben, ist in weite Ferne gerückt. Obwohl die Vollmitgliedschaft der Schweiz die direkte Mitbestimmung in der EU bringen würde, wie sie das neutrale Österreich beispielsweise auch nutzt. Jetzt schielt die FDP Richtung SVP und die SP Richtung Pierre Yves Maillard, zum Gewerkschaftschef, der das Verhandlungsergebnis kritisch sieht.

Den Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR, den das Schweizer Stimmvolk am 6. Dezember 1999  mit knapp 50,1 % ablehnte, wäre weit weniger kompliziert gewesen, weil alles in einem Pakt enthalten war, was zu regeln war. Norwegen und Liechtenstein, beide EWR-Mitglieder, sind eines los: den ständigen Streit um das Verhältnis zur EU. Und sie haben den ungehinderten Zugang zum EU-Markt mit beinahe 500 Millionen Menschen und das seit 25 Jahren, ohne Vollmitglied der EU zu sein. Wir mögen es wohl viel lieber komplizierter, mögen es wohl, dass wir jetzt noch bis 2027, bis zu einer Volksabstimmung darüber streiten, ob wir wollen oder nicht.

Bis dann wird noch viel passieren. Manchmal geht es schneller als erwartet. Und es ist schon sonderbar, dass sich bei uns rund um Bundesrat Ignazio Cassis, dem eigentlichen „EU-Verantwortlichen“ in der Landesregierung, herum eher eine melancholische Stimmung, eher ein Blues um sich greift als ein Aufbruch zu neuen Ufern.

Die einst so stolze Credit Suisse ist innert einem Jahr abgewickelt worden. Donald Trump tritt in vier Wochen seine zweite Amtszeit an. Europa wird sich wohl warm anziehen müssen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die europäischen Länder deshalb wieder näher kommen, als es aktuell den Anschein macht. Der kalte Wind aus Washington jedenfalls wird auch die Schweiz nicht verschonen, auch wenn sie sich von der EU weiter abgrenzen wird.

 

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4 Kommentare

  1. Die Beiträge von Anton Schaller sind einfach Spitze. Sie zu lesen ist interessant und lehrreich. Auch wenn ich nicht mit allem einverstanden bin, kann ich viel lernen und sein Wissensstand bewundern. Grosses Kompliment!

  2. Ich schliesse mich O. Staub an. Die Artikel von A. Schaller sind Spitze! Wenn doch nur seine cleveren Worte bezüglich EU usw. mindestens bei uns Alten für die Jungen Anklang finden würden.

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