Seit einiger Zeit ist Yoga in weiten Kreisen bekannt geworden. Kann Yoga zur Gesundheit beitragen? Was bedeutet das alte Sanskrit-Wort? Ist Yoga mehr als Fitnesstraining oder ein Spiel für Junge und Schöne? Hier ein paar Erfahrungen.
Der Begriff Yoga stammt aus der alten, heute nicht mehr gebräuchlichen Sprache Sanskrit, der «Urmutter» vieler europäischer und eben auch indischer Sprachen. Er bedeutet «Joch», in dem Sinne, dass der indische Bauer seinem Ochsen bei der Feldarbeit seit eh und je ein Joch um den Hals legt, um ihn zu führen. In diesem Begriff schwingt auch die Bedeutung «Zwang» mit, was wohl die wenigsten gern hören und schon gar nicht auf sich nehmen wollen.
Ich selbst muss gestehen, dass es mir als junger Frau Mühe bereitet hatte, mich mit dem Sinn dieses Wortes auseinanderzusetzen, bis ich verstand, dass ich aus Einsicht zwar keinen Zwang auf mich nehmen müsste, aber eine gewisse Disziplin durchaus notwendig ist – nicht nur im Yoga -, um ein gesetztes Ziel zu erreichen. Mein Ziel war es – damals wie heute – Körper, Seele und Geist ins Gleichgewicht zu bringen und zu halten. Das genau lässt sich mit Yoga erreichen.
Bei Patanjali, dem «Urvater des Yoga», lesen wir:
«Nur wer die richtige Praxis über lange Zeit hinweg regelmässig und mit einer positiven Einstellung und Eifer übt, kann erfolgreich sein.»
Relief von Patanjali im Shaheedi Park, Delhi. Diese Skulptur wurde 2023 aus Abfallmaterialien hergestellt. – Ein authentisches Portrait von Patanjali gibt es nicht. Auch über sein Leben weiss man nichts. Er lebte zwischen dem 2. Jh. v.Chr. und dem 4. Jh. n.Chr. Nur seine in Versen verfasste Schrift «Yogasutra» ist überliefert. (commons.wikimedia.org)
Im Yoga verbinden sich verschiedene gleichwertige Elemente: Willen (Disziplin), geistige Einstellung, Konzentration auf Körper, Geist und Atem sowie bestimmte Körperstellungen (asana). Diese Asanas wirken auf Fotografien oder in Dokumenten aus Indien oft akrobatisch und spektakulär. Es ist nicht zu leugnen, dass seit vielen Jahrhunderten Yogis in Indien auch solche auf Sensation ausgerichteten «Verrenkungen» demonstrierten. Der Hang zu Übertreibungen und dem daraus resultierenden Ruhm macht vor Fanatikern aller Couleur keinen Halt. Gerade in den letzten Jahren, gefördert von nationalistischen Politikern wie Narendra Modi, werden Yoga-Kongresse durchgeführt, bei denen wir Tausende Übende in langen Reihen in bestimmten Asanas sehen. – Der verehrte Patanjali würde sich wohl im Grabe umdrehen. Oder wäre er stolz?
«Yoga führt dich in den gegenwärtigen Moment, den einzigen Ort, an dem das Leben existiert», sagt der legendäre Patanjali.
Der Weise spricht aus, was stets Teil der Yoga-Philosophie gewesen ist und was uns (wieder) bewusst wird: Wer alle Konzentration im Hier und Jetzt bündelt, wer volle Achtsamkeit übt, verfügt über alle Kräfte, die in ihm oder ihr verborgen sind. Durch die Übungen werden Körper, Seele und Geist belebt und gestärkt. – Das kann Yoga bewirken.
Selvarajan Yesudian (1916-1998) kam 1949 in die Schweiz und unterrichtete hier Yoga als erster. Bei ihm habe ich in den 1970-80er Jahren viele Yogastunden besucht. (mp)
Yoga «hilft» nicht unbedingt gegen einzelne Beschwerden oder Schmerzen, obwohl meine Kreuzschmerzen verschwinden, wenn ich ein paar Tage lang die entsprechenden Übungen mache, immer in Verbindung mit Konzentration und Atem. Wenn ich mich heftig geärgert habe, kann ich in einer Kombination von Bewegung und Atem meine Wut regelrecht rausschütteln. Und mit einer geeigneten Atemübung beruhigt sich mein aufgewühlter Geist ziemlich schnell – weil ich das schon oft geübt habe und weiss, worauf ich achten muss.
Wer rastet, der rostet – auch im Yoga
Mein Ziel ist stets, ein Gleichgewicht zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Mein Körper reagiert auf viele äussere und innere Reize, auf meine Gefühle und darauf, was mich beschäftigt, und umgekehrt! Trauer und Kummer machen sich nicht nur in meinen Gefühlen breit, sie beeinflussen auch meinen Körper und mein Denken. Dieses gegenseitige Ineinandergreifen (Interdependenz) war den Wissenschaftlern, Denkern und Heilkundigen in Indien und China schon seit Jahrtausenden geläufig. Yoga beruht auf diesem Wissen.
Zeichnung von Selvarajan Yesudian, die er seinen Schülerinnen und Schülern oft als Konzentrationshilfe mitgab. (mp)
Yoga braucht Geduld und Disziplin nebst der Einstellung, dass ich nicht nachlassen werde, mich darum zu bemühen, was ich im Leben als höchsten Wert betrachte. Yoga lässt mich in guten Momenten erfahren, dass in der inneren Stille alles vorhanden ist, was mein Leben ausmacht.
Wer mit Yoga beginnen möchte, sollte sich eine Lehrperson suchen, die Ihnen persönlich Vertrauen vermittelt und eine solide Ausbildung (Yoga Verband) nachweisen kann. Nicht nur das Üben, sondern auch das Lernen erfasst Körper, Seele und Geist. Bücher oder Videos taugen auch, allerdings nur als Gedächtnisstütze. Suchen Sie eher nach den traditionellen Formen wie Hatha Yoga, weniger nach modischen Formen.
Für ältere Menschen wurde eine hervorragende Variante entwickelt: Yoga auf dem Stuhl, auch Stuhlyoga (Chairyoga) genannt. Die Unterrichtenden nehmen Rücksicht auf die Einschränkungen in der Beweglichkeit älterer Menschen. Wer lange im Büro sitzen muss, ob jung oder alt, kann diese Form des Yoga in seinen Arbeitstag integrieren. – Übrigens: Seit 1. 12. 2016 ist Yoga als Immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO anerkannt.
Titelbild: Sanskrit «OM» (auch Aum geschrieben). Yogis und Yoginis murmeln es leise oder singen es laut, um sich mit ihrem Inneren zu verbinden. (Foto mp)
Selbstverständlich gibt es je nach Alter, Gesundheit und Bedürfnissen verschiedene Themen, für das sich ältere Menschen interessieren. Die Seniorweb-Redaktion bietet neu monatlich eine Themenwoche mit Beiträgen zu einem Thema an, für das sich Seniorinnen und Senioren besonders interessieren. Den Anfang macht in dieser Woche das Thema «Gesundheit». In mehreren Artikeln werden diverse gesundheitliche Aspekte näher beleuchtet. In der Februar-Themenwoche wird das Thema «Wohnen im Alter» thematisiert. (Red)
In meinen Zwanzigern, ich war damals schon berufstätige Mutter, erlernte ich die Grundkenntnisse des Hatha Yoga von einer älteren Yoga Lehrerin in wöchentlichen Gruppenkursen. Nebst den körperlichen Übungen und dem bewussten Atmen, betonte die Lehrerin immer die Disziplin des Geistes. Sie meinte, der menschliche Geist sei eben so wichtig wie der Körper. Für mich ein Lehrstück für mein weiteres Leben.
Diese Aussage und das wichtige Atmen brachten mich Jahre später zur Meditation, die ich heute noch anwende, wenn ich meine Mitte spüren will. Dem schon fast akademisch-religiösen Yoga mit einem männlichen Anführer kann ich gar nichts abgewinnen, ebenso wenig den meist von Männern geschriebenen Bücher über Yoga. Die Menschen sind verschieden und deshalb muss jede/r für sich herausfinden, was ihr/ihn im Leben eine Stütze sein kann.
Liebe Frau Mosimann
Heute gibt es
1. sehr viele Frauen, die Yoga unterrichten.
2. sehr viele Bücher, die von Yoga-kundigen Frauen geschrieben wurden.
Das Buch «Yoga für Frauen», das ich vor Jahrzehnten gekauft habe, ist leider schon lange vergriffen, deshalb habe ich es nicht erwähnt.