Im Krienser Bellpark sind die Bären los. Gemalt von der Luzernerin Tina Baegger. Die Ausstellung dauert bis 30. März 2025.
Tina Braegger (1985) ist eine konzeptuelle Malerin, die sich in ihren Arbeiten mit Fragen zu Originalität, Reproduktion, Wiederholung und Differenz auseinandersetzt. Seit 2011 erforscht sie diese Themen anhand des Motivs des „Marching Bear“, dem inoffiziellen Logo der Rockband The Grateful Dead.
Warship, 2025
Seit 2016 malt sie Variationen dieses immer gleichen Motivs in Öl auf grossformatige Leinwände, in jüngster Zeit auch auf kleinere Formate. Die Malerei von Braegger scheint auf den ersten Blick eine leicht zugängliche Position zu sein, ist aber eine der zeichentheoretisch und konzeptuell avanciertesten Positionen innerhalb der aktuellen Malerei.
Glass of water, 2025 Öl auf Leinwand
Ihre Arbeit setzt an einem Punkt vernakulärer, impulsiver Kreativität an, ohne jedoch darin vollständig aufzugehen. Braegger bietet mit ihrer motivischen Selbstbegrenzung bei gleichzeitig furchtloser, maximaler malerischer Expansion eine Möglichkeit, wie sich das Medium Malerei erneuern liesse.
Play it as it lays, 2023 Ol auf Leinwand
Nach einer ersten Zusammenarbeit mit der Künstlerin im Rahmen der Gruppenausstellung «After Bob Ross. Beauty is everywhere» (2021), richtet das Museum im Bellpark der Künstlerin nun ihre erste institutionelle Einzelausstellung in der Schweiz aus.
Ruby Tuesday, 2022 Öl auf Leinwand
Tina Braegger greift in vielen ihrer Werke auf schon vorhandenes ästhetisches Material zurück, deutet es um und setzt es in einen zeitgenössischen Kontext. Mit dieser Form der Aneignung, die auch als Appropriation Art bezeichnet wird, rückt die Person der Künstlerin zugunsten einer Idee in den Hintergrund. Braeggers Arbeiten sind Reflexionen über Idole und über das Selbstverständnis unserer Zeit.
Arschbombe OMG!, 2025 Öl auf Leinwand
Munter und forsch schreiten sie aus, ein jeder von links nach rechts, mit einem breiten Lachen für uns Betrachtenden und einer knallig bunten Bemalung aus Blumen- und Sternenmustern. Auf den ersten Blick könnte man sie sich auch als fröhliche Dekoration für ein Kinderzimmer denken, auf den zweiten wirken sie dafür vielleicht doch ein wenig zu aufgekratzt, zu psychedelisch.
The currency I hold, 2025 Öl auf Leinwand
Vorlage für diese Bären, die Braegger schon in zig Variationen auf Gemälden, Drucken, als Leuchtskulpturen, in einem Bildband und auf handgenähten Polyesterfahnen dargestellt hat, ist eine Zeichnung, die 1973 die Rückseite eines Plattencovers zierte: Bob Thomas hatte den Bären für die Rockband Grateful Dead und deren Album History of the Grateful Dead, Vol. 1 (Bear’s Choice) entworfen.
A bigger splash, 2024 Öl auf Leinwand
Der Bär gilt als eine Anspielung auf den Toningenieur Owsley «Bear» Stanley, der nicht nur das Album, sondern auch im grossen Stil LSD produzierte. Die Fangemeinde der Band, die zu den Begründern des Psychedelic Rock gehörte und von 1965 bis 1995 aktiv war, hat das euphorische Bärchen mittlerweile zahllose Male kopiert und variiert. Es ist eine Kultfigur, gewissermassen ein Repräsentant einer wilden, anarchischen Ära.
The currency I hold, 2025 Öl auf Leinwand
Mit ihren Kopien nach Kopien führt Braegger diesen Kult ad absurdum – in einer Zeit, in der man Hosen mit dem Aufdruck «Punkrock» von der Stange kaufen kann. Tina Braegger, die ihr Studium 2015 an der ECAL in Lausanne abschloss, steht mit ihrer Kunst rund um den «Marching Bear» in der Tradition einer Appropriation Art, wie sie in den 1960er-Jahren unter anderem von Elaine Sturtevant entwickelt wurde. Braegger erweitert die Frage nach Autorschaft und Kopie um die Frage nach der geistigen Vereinnahmung eines Symbols. Sie wurde 1985 in Luzern geboren; sie lebt in Berlin und Zürich. Tätigkeitsbereiche: Malerei, Grafik, Plastik.
Fotos: Josef Ritler