Bundesratswahlen sind aufregend und spannend, besonders wenn sich mehrere Kandidaten zur Verfügung stellen. Die einen Parlamentarier wählen gerne den oder die, die anderen die oder den. Bei der Ersatzwahl für Viola Amherd sollte das Parlament zwischen zwei Männern entscheiden. Viele sogenannt valable Kandidatinnen und Kandidaten wurden von den Medien präsentiert und einige von der Partei angefragt. Alle Angefragten schlugen das Mandat aus. Wenn jemand nicht will, dann schiesst er eben nicht, und nicht schiessen heisst zum vorneherein gefehlt zu haben, dachte sich Nationalrat und Bauernvertreter Markus Ritter. Er wolle mit aller Kraft im VBS für Ordnung sorgen und teilte mit, bei weiteren Wahlen das Departement nicht zu wechseln. Er präsentierte sich als der Mann, der das VBS ausmisten würde.
Das Parlament verlangte nach einem zweiten Kandidaten. Also ging die Suche weiter, bis der Namensvetter von Gerhard Pfister Martin angefragt wurde. Er war in Bern eher unbekannt, aber was tut dies schon! Vor Jahren wurden der Zürcher Regierungsrat Ernst Brugger und später die Appenzeller Regierungsrätin Ruth Metzler gewählt, wenig bekannt in Bern. Und als Willi Ritschard als Nationalrat zurücktrat und Solothurner Regierungsrat geworden war, holte ihn das Parlament wieder zurück in den Bundesrat.
Nun also begann zwischen den beiden Kandidaten die Werbetour für das Amt, mit dem grossen Unterschied, dass der eine das Amt suchte und der andere vom Amt gesucht wurde. Dieser sprichwörtliche Unterschied ist uralt. Wenn das Amt den Mann oder die Frau sucht, ist die Ausgangslage unterschiedlich. Dies hatte man bei der Abwahl von Ruth Metzler gesehen, als Christoph Blocher das Amt suchte, aber das Amt nicht ihn, passierte in der Schweizergeschichte Überraschendes: Er verpasste bei der nächsten Legislaturperiode die Wiederwahl.
Irgendwie spielte auch bei der diesjährigen Ersatzwahl dieses Sprichwort eine Rolle. Ritter ging als Favorit in den Wahlkampf und er wirkte sehr ehrgeizig. Das Spielerische, das auch von einem hohen Amtsträger erwartet wird, war nicht vorhanden. Martin Pfister hingegen spürte, dass ihn das Amt suchte. Würde er nicht gewinnen, dann würde er nichts verlieren. Ihm käme die hohe Ehre zu, die Herausforderung gewagt zu haben. Er konnte locker für sich werben, verlor seinen Humor nicht und sein Charakter als redlicher Anwärter für das Bundesratsamt trat hervor. Nach einem Wort aus Goethes Faust* glaubte Ritter zu schieben und Pfister wurde geschoben. Und so stellte sich der Zuger locker und heiter den Parlamentsmitgliedern vor. Das Amt liess nicht locker – es wollte ihn zum Bundesrat haben.
Wie es sich heute bei Gesprächen erweist, hat das Parlament den Richtigen gewählt. Der Gewählte zeigt sich seiner Wahl würdig und bestand auch die vielen Interviews mit Würde. Wer auf der unteren Ebene bei einer gemeindlichen oder kantonalen Exekutive gewählt wird, macht ähnliche Erfahrungen. Wen das Amt sucht, hat meist gute Chancen, gewählt zu werden. Er fühlt sich vom Volk getragen. Die Wählerinnen und Wähler riechen den Angstschweiss dessen, der sich vordrängt. Martin Pfister aber darf mit guten Gefühlen sein schwieriges Amt antreten.
*In Goethes Faust: «Du glaubst zu schieben und wirst geschoben.» Dies sagt Mephisto beim Gang mit Faust in die Walpurgis Nacht.
Eine schöne Kolumne, Andreas Iten, wenn auch…
Dass Sie die Wahl von Martin Pfister herzlich begrüssen, ist Ihnen als ehemaliger Zuger Regierungsrat nicht zu verargen. Der Stallgeruch ist bekannt. Gott sei Dank konnte noch ein valabler Kandidat gefunden werden für das schwierige Amt VBS. Dem Oberst im Gst. vis-à-vis dem Train-Gefreiten traut man dies doch eher zu. Zudem, mit einer Partnerin aus Übersee, ist ihm ein etwas offener Blick zuzutrauen. Und so hat “Die Mitte” gerade noch die Kurve gekriegt, nachdem doch etliche Probleme innerhalb der Partei aufgetauchten. Diese Wahl muss ein Erfolg werden. Es wird sich weisen, jedenfalls haben wir mitbekommen, nicht jeder “Pfister” ist auch ein guter Bäckermeister. Aber auch nicht jeder Ritter ist ein Edelmann. Und das wären tatsächlich ein kapitaler Fehlgriff gewesen.
Herr Iten, gestatten Sie mir eine kleine Präzisierung. Ch. Blocher hat die Wiederwahl nicht verpasst, er wurde zu Recht abgewählt, das Verdikt: Unfähigkeit.