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Bern und Zürich verbieten Werbung auf Stadtboden

Bern und Zürich wollen keine Plakatwerbung mehr auf öffentlichem Grund. Der Kommentar des Autors: Gheits no?

Die Parlamente der beiden Städte haben ihre Regierungen beauftragt, Werbeplakate auf öffentlichem Grund zu verbieten. Die Jusos und die Alternative Liste haben diese Vorstösse knapp durchgedrückt. Ihr Argument: Werbung manipuliere, Werbung fördere den Konsumwahn, Werbung schade dem Planeten.

Früher. Litfasssäule in Berlin 1855. Beachtet durch Männer, Kind und Hund. Heute können Werber von solcher Aufmerksamkeit nur träumen.

Da spaziere ich an einem schönen Frühlingstag durch Bern. Was sehe ich an der Laupenstrasse Richtung Insel? Ich sehe ein Plakat mit einem BMW X3. Was macht das mit mir? Ich gehe heim und ordere einen BMW X3. Erst später merke ich, dass das Auto 70 000 Franken kostet. Da gehe ich an einem verregneten Freitag durch Zürich. Was sehe ich am Rennweg Richtung Lindenhof? Ich sehe ein Plakat mit einer Rolex Seamaster. Was macht das mit mir? Ich gehe heim und bestelle eine Rolex Seamaster. Erst später merke ich, dass die Uhr 14 000 Franken kostet.

So jung sind allerdings nicht mal die Jusos. So alternativ ist nicht mal die Alternative Liste. Auch die beiden Parteien wissen, dass das nicht so hopp hopp geschieht. Wenn die Zürcherinnen ein Plakat gesehen haben, kaufen sie nicht sofort eine Rolex. Und die Berner erstehen nicht tout de suite einen BMW. Sondern, so die beiden Parteien: Werbung beeinflusse verdeckt das Verhalten der Bevölkerung.

Bald. Zürich und Bern wollen solch leere Plakatsäulen. Diese steht in Magdeburg – und unter Denkmalschutz.

Unbewusste Verhaltensänderung. Das kann man sich so vorstellen: Der Werbewurm schlängelt sich unbemerkt in unsere Gehirnwindungen. Erst wenn wir zehn, hundert, tausend Rolex-Plakate gesehen haben, macht es zack. Und eine Rolex muss her. Die Plakate, so die Linken, bohren sich in unser Bewusstsein und machen uns zu Shopping-Marionetten. Mehr noch als die sozialen Medien wie Instagram, Linkedin oder Facebook würden uns Plakate zu Opfern des Konsumterrors formen.

Nicht Radio-, TV- oder Bahn- und Buswerbung brechen unsere Willenskraft. Sondern schuld sind die bös-bösen Affichen auf öffentlichem Grund. Nun haben die Hüterinnen über unsere Psyche, die Wächter über unser Innenleben, eine Tür offen gelassen.

Weiterhin. Politplakate sollen vor Wahlen und Abstimmungen auch künftig erlaubt sein. Doch: Beachtet jemand diese Plantagen, zum Beispiel in Bern 2024?

Politische Werbung soll weiterhin in Bern wie auch in Zürich gestattet sein. Denn, so meinen die Verbotsinitiantinnen, die Verheissungen der Parteien sind wichtig, um mündige Bürgerinnen und Bürger zu informieren.

Zürich ist etwas lascher als Bern. In der Limmatstadt kann das lokale Gewerbe und die Kultur mit Auflagen weiterhin werben. In Bern dürfen ausser Politikplakaten gar keine Affichen zu sehen sein. Was gilt jetzt? Sind Plakate, mit denen der Berner Gärtner Blumenerde anpreist, hinterhältige Manipulation? Sind die Plakate hingegen, mit denen Parteien Kandidatenköpfe und Parolen auf die Affichen scheffeln der demokratische Goldstandard?

Bilder: Wikimedia Commons, Freeepik, Peter Steiger

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