StartseiteMagazinGesellschaftWo der Schweizer Franken geprägt wird

Wo der Schweizer Franken geprägt wird

Wenn es einen Betrieb in der Schweiz gibt, bei dem die Begriffe Präzision und Sicherheit zentral sind, dann ist es wohl die Eidgenössische Münzstätte Swissmint. – Ein exklusiver Blick hinter die Kulissen.

«Swissmint – sagt mir nichts! » Sagt der Taxichauffeur. «Aha, ihr wollt zur Münz…», ruft er aus, als wir ihm die Adresse nennen. Von aussen wirkt die Münzstätte Swissmint an der Bernastrasse in Bern wie ein gut gesicherter Palast. Das Gebäude, 1906 eröffnet, steht als Kulturgut von nationaler Bedeutung unter Denkmalschutz. Mit der Gründung des Bundesstaates im Jahre 1850 ging die Münzhoheit von den Kantonen an den Bund über. Mangels einer eigenen Münzstätte wurden die ersten Münzen in Frankreich geprägt. 1855 übernahm der Bund die ehemalige Prägestätte des Standes Bern als erste Eidgenössische Münzstätte. Es erstaunt nicht, dass diese kapazitätsmässig schon bald an ihre Grenzen stiess.

Nach Minuten des Wartens – wir fühlen uns beobachtet durch die überall angebrachten Kameras – werden wir abgeholt von Urs Liechti, dem kaufmännischen Leiter. Er führt uns durch den Betrieb.

Die Prägemaschine spuckt pro Minute rund 130 frisch geprägte Fünfliber aus. Bei kleineren Nominalen (zum Beispiel 5 Rappen) sind bis zu 700 Stück pro Minute möglich.

Fünfliber am laufenden Band

Von weitem klingt es wie in einem Casino. Doch im grossen Prägesaal ist heute nur gerade die Fünfliber-Prägemaschine in Betrieb. Alle anderen Münzen mit aktuellem Jahrgang seien schon gemacht und an die Schweizerische Nationalbank (SNB) ausgeliefert worden. Im vergangenen Jahr habe die SNB rund 100 Millionen Münzen bestellt, die geldmässig einen Wert von rund 60 Millionen Franken haben. In den Umlauf bringen unsere Währungshüter diese Münzen erst wenn die früheren Jahrgänge aufgebraucht sind, also nach ca. 1 – 3 Jahren.

An diesem Tag werden Fünfliber fabriziert: Einzeln werden die vorgefertigten Metallscheiben automatisch so platziert, dass der Stempel mit 180 Tonnen Druck vorne den Alphirt mit Sennechutteli und auf der Rückseite das Schweizerkreuz, den Jahrgang und den Wert einprägt. Bis vor 57 Jahren war der Fünfliber eine Silbermünze. Nachdem der Edelmetallwert aber jenen des Münzwertes überstiegen hatte, wurde 1968 die Silberlegierung zu Kupfernickel geändert. Diese Legierung wird bis heute aus drei Teilen Kupfer und einem Teil Nickel hergestellt.

Heute kommt die Herstellung eines Fünflibers auf 13 Rappen zu stehen. Interessant ist, dass die Rohlinge für das Umlaufgeld, also die runden Metallplättli, aus Südkorea stammen. Dieses Rohmaterial lagert kistenweise im Keller der Swissmint. Auf der Hand liegt indes, dass die Prägestempel – auch jene für die Sondermünzen – inhouse gefertigt werden. Die Gestaltung der virtuellen, dreidimensionalen Münzbilder erfolgt heute am Computer (3D-CAD). Auf Grund der Bilddaten wird auf einer CNC-gesteuerten Fräsmaschine das Bild auf Münzgrösse reduziert, das heisst in einen Stahlstempel gefräst. Die so erhaltene Reduktion ist eine Vorstufe zum Prägestempel.

Ein beeindruckendes Bild: Im Tresorraum hinter einer dicken Panzertüre stapeln sich die Paletten mit den neugeprägten Münzen für die Schweizerische Nationalbank.

Wie in einem Hochsicherheitstrakt

Der permanente Strom von frisch geprägten Fünffränklern, der die Behälter immer voller werden lässt, fasziniert uns. Am liebsten möchte man mit beiden Händen hineingreifen. Zum Glück fällt uns Einsteins Spruch ein, wonach man die besten Dinge im Leben nicht für Geld bekommt. Das frisch geprägte Münz wird von hier aus einige Meter weiter transportiert zur Rolliermaschine. Da werden jeweils 25 Stück zu einer Münzrolle verpackt. 40 solcher Rollen kommen jeweils in eine der grünen Kartonschachteln; von denen jede 13,51 Kilogramm wiegt.

Urs Liechti öffnet eine Panzertüre. Wow! In einem übergrossen Tresor lagern die fertigen Fünfliber palettweise und warten darauf, dass ein schwer bewaffnetes Team im Auftrag der SNB kommt, um das Bare abzuholen. Wer weiss? Ab kommendem Jahr wird die eine oder andere Münze vielleicht auch einmal in unserem Geldbeutel Station machen. Spätestens hier wird uns gewahr, dass wir uns in einem Hochsicherheitstrakt befinden.

Das Vernichtungswalzwerk hat das Leben unzähliger Münzen auf dem Gewissen.

Während die Banknoten alle paar Jahrzehnte ihr Aussehen ändern, bleibt ein Fünfliber ein Fünfliber. Oder, Herr Liechti? «Es werden immer mal wieder minime Änderungen bei der einen oder anderen Münzsorte vorgenommen, die man als Konsument nicht realisiert», sagt dieser. Zum Beispiel mussten ab 1981 – für den 1979 aus der Taufe gehobenen Kanton Jura – die Münzen mit einem Nennwert von einem halben bis zu zwei Franken mit einem zusätzlichen Stern geprägt werden.

Beim Verlassen des Maschinensaals kommen wir an der Vernichtungswalze aus dem Hause Von Roll vorüber. Hier werden drei bis vier Mal jährlich kistenweise von der SNB retournierte ausgemusterte Münzen «vernichtet», Geld, das verschmutzt, abgenutzt oder beschädigt ist. Die Münzen werden mit grossem Druck zerquetscht, so dass nichts mehr von der Prägung erkennbar ist. Danach wird das frühere Geld als Altmetall verkauft.

Jahr für Jahr werden einige Sonder- und Gedenkmünzen geprägt und in den Verkauf gebracht. Alle Fotos: Christian Roth/Bildfabrik

Gedenkmünzen als lukratives Standbeim

Wir verlassen die Umlaufgeld-Fabrikation. Und gelangen in einen Raum, wo Sonder- und Gedenkmünzen und Medaillen hergestellt werden. Dieser Zweig hat sich zu einem wichtigen Standbein entwickelt. In diesem Bereich agiert Swissmint autonom, sprich unabhängig von der SNB. Hier, so Urs Liechti, reguliere der Markt die hergestellten Mengen. Konkret bedeutet das: Swissmint bestimmt aufgrund von Einschätzungen und Erfahrungen die jeweiligen Produktionsmengen. So werden rund 100000 Silbermünzen, 4500 Gold- und 35000 Bimetallmünzen hergestellt.

Interessant ist dieses von der Kernaufgabe unabhängige Geschäft, weil Swissmint als selbständige Einheit der Eidgenössischen Finanzverwaltung damit zusätzliche Erträge generieren kann. Heuer sind es Gedenkmünzen zu den Themen Jean Tinguely und 150 Jahre Bundegericht.

Und, ganz besonders: Ab 1. Juli 2025 ist die Jubiläumsausgabe «100 Jahre 100-Franken-Vreneli» erhältlich. Es handelt sich beim 100-Franken-Vreneli von 1925 um «eine aussergewöhnliche Goldmünze, die die durch ihr kunstvolles Design und ihren symbolischen Status einen einzigartigen Platz in der Schweizer Münzgeschichte einnimmt», heisst es auf der Swissmint-Website. Im Gegensatz zu den 10- und 20-Franken-Versionen, die in deutlich höheren Stückzahlen geprägt wurden, entstand das 100-Franken Vreneli in einer limitierten Auflage von nur 5’000 Exemplaren. Damit zählt es zu der seltensten Ausgabe der Vreneli-Serie», wie Swissmint schreibt. Das Jubiläums-100-Franken-Vreneli wird um 3500 Franken zu haben sein.

Vor Jahrzehnten konnte man mit Sondermünzen noch bezahlen. Heute sind nur noch die SNB, die Post und die SBB verpflichtet, diese Münzen als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Allerdings wird davon kaum Gebrauch gemacht, umso mehr, als die Gedenkmünzen in der Regel teurer sind als der Nominalwert.

Der Produktionsprozess bei Sondermünzen ist – typisch Swissmint – mindestens so präzise und sauber wie beim Umlaufgeld. Die Metallscheiben werden gewaschen, makellos poliert, geprägt, geprüft und dann foliert. Ein Mitarbeiter ist gerade dabei, mit weissen Handschuhen die bimetallenen Enzian-Münzen zu prägen. Solche Münzen sind begehrt bei Sammlern und solchen, die Sondermünzen bei speziellen Gelegenheiten verschenken. Urs Liechti lobt die Qualität: «Unsere Erzeugnisse verbinden anspruchsvolle Gestaltung, Prägekunst und technische Perfektion zu einem edlen Stück Schweizer Kultur: echt, zeitlos und von bleibendem Wert.»

Goldvreneli mit unvergänglichem Glanz

Ja, und die Goldvreneli, Herr Liechti? Die, sagt er, seien anno 1949 hier zum letzten Mal geprägt worden. Die Gesamtauflage seit 1897 betrug 58,6 Millionen Stück. Das heisst im Klartext: Alle Goldvreneli, die heute noch «in Umlauf» sind – in Tresors, Schubladen oder sonstwo – wurden vor 1950 hergestellt. Doch gehandelt werden sie permanent: das 20er derzeit zu 508 Franken, das 10er zu 256 Franken (Kurse von 26. Juni 2025).


Münzen und Marken

1850 führte Schweizer Bundesstaat den Schweizer Franken als einheitliche Währung ein. Da damals eine geeignete Produktionsstätte fehlte, wurden die Münzen zunächst in Frankreichgeprägt. 1855 stellte der Kanton Bern eine seit 17 Jahren nicht mehr genutzte Münzstätte am Gerberngraben zur Verfügung. Dieses Gebäude erwies sich rasch als zu klein, weshalb die Direktion für Eidgenössische Bauten in den 1890er Jahren mit der Planung eines Neubaus begann.

Von 1855 bis 1930 war die Eidgenössische Münzstätte auch für die Produktion von Briefmarken zuständig. Die Verantwortung ging 1931 an die PTT-Verwaltung über, die Produktion erfolgte aber bis 1966 weiterhin in den Räumlichkeiten der Münzstätte. Bis zur Umstellung der Münzlegierung von Silber auf Kupfernickel im Jahr 1967 stellte die Münzstätte die Rondellen (Münzplatten) selbst her, gab sie dann aber aus Kapazitäts- und Rentabilitätsgründen auf. Die Herstellung der Prägewerkzeuge erfolgt weiterhin hier. Am 1. Januar 1998 erhielt die Eidgenössische Münzstätte einen neuen Status und den neuen Namen Swissmint.

Gegenwärtig beschäftigt die Swissmint etwas mehr als 20 Mitarbeitende, die meisten in der Produktion.


 

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