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Das Klima im Wandel der Erdgeschichte

Mit einer neuen Dauerausstellung beschreibt das Naturhistorische Museum Bern (NMBE) die verschiedenen Klimaphasen auf unserem Planeten. Die farbenfrohe Schau setzt auf Hoffnung statt auf Ohnmacht, auf Freude am blühenden Leben auf der Erde und auf Innovationen zur Lösung der Klimakrise.

Die Ausstellung macht erlebbar, wie sehr der Mensch und seine Existenz mit der Geschichte seines Planeten verbunden sind, von den ersten Spuren des Lebens bis weit in die Zukunft. Dominieren dabei düstere Aussichten? Die Ausstellung beschönigt nichts, soll aber keine Katastrophenszenarien oder Dystopien verbreiten. Sie will zum Nachdenken und Nachforschen anregen. Denn anders als gegen historischen Naturkatastrophen, die unsere Erde immer wieder heimsuchten, können wir alle gegen die aktuelle, menschengemachte, durch fossile Brennstoffe getriebene Erderwärmung etwas tun: Es gibt zahlreiche Massnahmen, Innovationen und Visionen, mit denen wir der Klimakrise begegnen können.

Sumpfige Urwälder

Auf 630 Quadratmetern erleben die Besuchenden zahlreiche bildstarke Inszenierungen, erfahren dabei ungewohnte Zusammenhänge und schärfen den Blick auf das einzigartige «Raumschiff Erde». Dabei wird deutlich, welcher Wert Fossilien als Spuren und Zeugen des Lebens zukommt. Denn dank ihrer Erforschung wissen wir heute mehr über dem Klimawandel in der gesamten Erdgeschichte.

Vor rund 300 Millionen Jahren bedeckten sumpfige Wälder ganz Europa. Sie lieferten das Material für unermessliche Kohlevorkommen – eben jene fossile Kohle, deren Verbrennung heute riesige Mengen an CO2 freisetzt und die Erdatmosphäre erwärmt.

Beim Bau des Lötschbergtunnels stiessen die Bauleute 2004 im Granit auf Gesteinsschichten mit «verkohlten» Pflanzenresten. Schachtelhalm und Bärlapp wuchsen vor Jahrmillionen turmhoch in den Himmel. Die Überreste sind eindrückliche Zeugen einer Waldwelt, welche damals ganz Europa bedeckte.

Vulkanausbrüche, Dinosauriersterben

Vor rund 250 Millionen Jahren wurde die Atmosphäre unseres Planeten durch gigantische Vulkanausbrüche vergiftet. Der Himmel verdunkelte sich, die Temperaturen sanken. Das Wasser der Meere, Seen und Flüsse wurden zu einer lebensfeindlichen, kalten Brühe. Über 80 Prozent aller Tiere, darunter die Saurier, sowie viele Pflanzen an Land und im Meer starben aus. Die Erforschung ihrer Überreste kann heute mithelfen, Lehren für den aktuellen Klimawandel zu ziehen.

Vor 200 Millionen Jahren war die Schweiz von einem tropischen Meer bedeckt. Geschaffen wurde damals das Juragebirge mit seinen wildromantischen Landschaften. Aus Schalen und Skeletten von Meerestieren wie Ammoniten und Seesternen entstanden mächtige Ablagerungen aus Kalk. Die Nordwestschweiz ist deshalb eine bedeutende wissenschaftliche Forschungsstätte für gut erhaltene Fossilien.

Vor 66 Millionen Jahren ereignete sich auf der Erde eine kosmische Naturkatastrophe: Der Einschlag eines riesigen Meteoriten veränderte das Klima erneut und ebnete den Weg für die Entwicklung der Säugetiere. An Land, im Wasser und in der Luft wurden Lebensräume frei, welche die Entstehung neuer Arten begünstigten.

Nach und nach entwickelten sich die Vorfahren des Menschen. Vor 32 Millionen Jahren entstanden die ersten Hominiden (Menschenaffen). Man nimmt heute an, dass die Menschwerdung vor etwa 6,5 – 5,5 Millionen Jahren in Afrika begann. Vor ca. 800 000 Jahren entwickelte sich aus diesen Lebewesen der Homo erectus (ein Wesen mit aufrechtem Gang). Daraus entstand der berühmte Homo Sapiens.

Nashornschädel als Zeitzeuge

Dank tropischer Temperaturen grasten vor 20 Millionen Jahren im Berner Mittelland Nashörner in einer weiten Flussebene. Es war warm und trocken. Zwergpalmen und Nussbäume säumten die Flussufer. Als Zeitzeuge ist in der Berner NMBE-Ausstellung ein Nashornschädel ausgestellt. Auch er gibt Auskunft über das damalige Klima, die Vielfalt des Lebens und die von den Tieren verzehrten Pflanzen.

Die industrielle Revolution mit den Fabriken, dem explodierenden Einsatz von Kohle, die Erfindung der Lokomotive, des Automobils und später die Etablierung des kommerziellen Flugverkehrs sorgten in den letzten 200 Jahren erneut für eine Klimawende. Erstmals ist diese menschengemacht und nicht ausschliesslich durch Naturereignisse geprägt.

Angesichts des anhaltenden Treibhausgas-Ausstosses steigt die Erderwärmung nach wie vor an. Der weltweite Klimawandel ist neben den bewaffneten Konflikten die aktuell dominierende Herausforderung für die Menschheit. Mögliche Massnahmen sind bekannt. Sie werden von den Politverantwortlichen zerredet und von grossen Teilen der Bevölkerung verdrängt.

Die neue Dauerausstellung nimmt diesbezüglich kein Blatt vor den Mund, ohne aber die Situation zu dramatisieren. Auf einfachen Schautafeln wird gezeigt, weshalb sich der Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Erdgas lohnt. Abgesehen vom Erhalt des Klimas würden weniger krankmachende Stoffe freigesetzt. Auch wirtschaftlich würde sich ein Wandel lohnen: Solarstrom und Wind sind in vielen Ländern günstiger zu haben als Energie aus fossilen Quellen.

Umdenken müsste auch die konventionelle Landwirtschaft. Durch die Übernutzung der Ackerflächen und Wälder, durch Überdüngung der Felder und die Massentierhaltung werden unnötige Treibhausgase frei. Millionen von Kühen produzieren Methangas, das die Atmosphäre zwanzigmal stärker schädigt als Kohlendioxid. In Biogasanlagen und Biomassekraftwerken könnte stattdessen Strom erzeugt werden.

Lebenswerte Schwammstädte

Die Ausstellung schliesst in einem Raum der «Innovationen und Utopien». Gezeigt wird, wie das Leben ins Schwammstädten lebenswerter gestaltet werden könnte, weshalb nachhaltige Energien nicht teurer sind als fossile Brennstoffe, warum sich ein Umdenken beim öffentlichen und privaten Verkehr lohnt, und es nicht zu spät ist, sein ganz persönliches Verhalten zu ändern. Zum Beispiel durch eine Reduktion des Fleischverzehrs.

So begegnet das Publikum im Ausstellungsraum nicht nur fliegenden Kraftwerken und Plastik fressenden Käfern, sondern kann an Energie-Stationen auch gleich mit eigener Muskelkraft testen, was es braucht, um alternative Energie zu produzieren. Apropos: Rund ein Drittel des NMBE-Stromverbrauchs wird zukünftig von einer Solaranlage geliefert, die in den kommenden Wochen auf dem Museumsdach installiert wird.

Die Besuchenden bestimmen mit

Wichtig war den Ausstellungsmacherinnen die globale, unaufgeregte Perspektive. Die Schau sollte sich nicht nur auf Europa und die Schweiz oder ausschliesslich auf die aktuelle Diskussion über den Klimawandel fokussieren. Ausserdem wollten die Kuratorinnen das Thema auch der Sicht der Betroffenen, der Besuchenden, einbringen.

So wird die neue Dauerausstellung durch spannende Partizipationsprojekte begleitet: Unter dem Titel «Was macht das Klima mit mir?» begleitet sie zum einen ein Dutzend Menschen über viele Jahre hinweg. Die Teilnehmenden berichten auf einem virtuellen Dorfplatz in spannenden Videosequenzen, wie sie die Folgen der Erderwärmung wahrnehmen. Wie es den Personen damit geht und wie sich ihre Haltung, ihre Hoffnungen und Ängste verändern über die Jahre? Jedes Jahr sollen neue Folgen hinzukommen. Zum anderen können die Besuchenden abstimmen, welche Nachhaltigkeitsprojekte die Ausstellung unterstützen soll.

Was tun Sie gegen den Klimawandel? Diese Frage durften die Besuchenden in der ersten Woche nach der Eröffnung beantworten. Ihre Antworten platzierten sie in Form von farbigen Kugeln in grossen Zylindern. Damit bleibt sichtbar, wie bisher abgestimmt wurde. Als Seniorweb die Ausstellung besuchte, hatten die meisten Besuchenden für «die Wirtschaft neu ausrichten» gestimmt. Doch auch «unsere Abhängigkeit von der Natur sehen» erachten viele als wichtig im Kampf gegen den Klimawandel. Die Abstimmung ist nicht repräsentativ, sondern ein Spiel.

Titelbild und Fotos: NMBE/Nelly Rodriguez.

Weitere Infos sowie Daten der Veranstaltungen unter folgendem LINK:

Naturhistorisches Museum Bern

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