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Rhythmik für Senioren

Sturzprävention sowie die Erhaltung der geistigen und körperlichen Beweglichkeit ganz allgemein besitzen für alte Menschen hohe Priorität. Mit Seniorenrhythmik lässt sich dafür leicht etwas tun.

Wenn wir spüren, dass wir nicht mehr zu den Jüngsten gehören, kommt der Moment, sich ernsthaft um körperliche und mentale Fitness zu bemühen, wenn wir nicht schon vorher regelmässig geübt haben. Im Alter geht es jedoch weniger um Ausdauer und Kondition, sondern um Beweglichkeit im umfassenden Sinne. Beweglichkeit beginnt im Kopf und bezieht den ganzen Körper ein. Nicht zuletzt sind wir auch von unseren Gefühlen bestimmt: unser Körpergefühl und unser seelisches Gleichgewicht beeinflussen unser Selbstwertgefühl.

Rhythmik für Senioren – Musik-und Bewegungsübungen für Menschen über 60 – baut auf diesen Ideen auf. Bei dieser von Emile Jaques-Dalcroze zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Genf entwickelten Musik- und Bewegungsschule handelt es sich um leichte körperliche Übungen mit mehreren Bewegungsabläufen, die rhythmisch zu improvisierter Musik ausgeführt werden. Diese Rhythmik erfasst den Menschen in seiner Ganzheit, entwickelt seine Wahrnehmungen und fördert seine geistige und  körperliche Mobilität.

Multi-Tasking im Gehirn

«Multi-Tasking» ist hier nicht im Sinne von zu vielen gleichzeitigen Sinnesreizen gemeint, die manche Leute oft an konzentrierter Arbeit hindern, sondern als Anforderung an die verschiedenen Koordinationsfunktionen im Gehirn. Während ein junger Mensch problemlos auf Unebenheiten der Strasse achten, gleichzeitig mit seiner Begleiterin diskutieren und ausserdem noch bemerken kann, dass ein tolles Auto vorbeifährt, fällt diese alltägliche gleichzeitige Wahrnehmung von Verschiedenem im Alter schwer. Ein alter Mensch konzentriert sich darauf, nicht über die Schwelle zu stolpern, und übersieht dabei, dass sein Kuchen vom Teller zu rutschen droht. Bewegungsübungen in Kombination mit Musik wirken dem entgegen, sie trainieren die Flexibilität des Gehirns.

Von Geriatern unterstützt

Prof. Reto W. Kressig (Chefarzt Akutgeriatrie, Uni Basel) hat sich intensiv mit diesen Fragen befasst und stellte fest:
–  Die Jaques-Dalcroze Rhythmik senkt bei Menschen über 60 das Sturzrisiko um 57%.
–  Stürze von alten Menschen sind die häufigste verletzungsbedingte Todesursache.
–  Jede und jeder dritte über 65-Jährige fällt mindestens einmal pro Jahr und aufgrund brüchiger Knochen oft mit fatalen Folgen.

Dem wirkt die Seniorenrhythmik der Jaques-Dalcroze-Methode entgegen. An einer Studie des Universitätsspitals Genf nahmen 134 über 65-jährige Menschen teil. Das Durchschnittsalter betrug 76 Jahre, davon 96% Frauen. Die Studie zeigte, dass die Schritte der Teilnehmenden dank der Rhythmik sicherer und ausgeglichener wurden. Die Wirkung stellte sich etwa nach drei Monaten regelmässigem Training ein. Die Bewegungskurse hatten auch einen positiven seelischen Effekt: Menschen, die Rhythmikkurse besuchten, zeigten sich weniger ängstlich.

Rhythmus macht beweglich und heiter!

Rhythmus wirkt weniger über den Intellekt, sondern über den «Muskelsinn» und das Gefühl. Er fördert die Aufnahme von Erfahrungen und unterstützt Analyse, Kombinationen und Verankerung im Gedächtnis. Wahrnehmung wird durch körperliche Bewegung umgesetzt. Dies ist das Erfolgsgeheimnis der Rhythmik für ältere Menschen. Geist und Körper werden aktiviert und als seelisch wohltuende Harmonie wahrgenommen. Deshalb kann die Rhythmik nicht mit Altersturnen oder Gedächtnistraining verglichen werden.

Rhythmische Musik «verführt» uns zu Bewegung – unwiderstehlich! Die Gefühle, von der Musik angetönt, tragen und führen uns zu Ausdrucksmöglichkeiten, wie von selbst. Diese nonverbale Art der Aufnahme regt das Gehirn an und öffnet dort «Türen», wo gesprochene Anleitungen nicht helfen. Wie die Wahrnehmung über die Ohren fördern auch die visuellen und taktilen Übungserlebnisse unser Lernen.

Seniorweb konnte mit der Zürcher Rhythmikpädagogin Gabriela Chrisman sprechen:

Als Rhythmikpädagogin beschäftigen Sie sich mit Rhythmus und Bewegung. Wie sind Sie mit der Methode Jaques-Dalcroze bekannt geworden?

G. Chrisman: Seit Jugend hatte ich einen starken Drang zu Musik und Bewegung und suchte deshalb gezielt nach einer Ausbildung, die meiner Begabung entsprach. Ich habe in Genf, später auch in New York Tanz und Musik studiert. Seitdem arbeite ich mit Tänzern und Kindern und seit Jahren auch mit Senioren. Daneben unterrichte ich auch als Rhythmik-Dozentin an den Fachhochschulen der Künste in Zürich, Bern, Luzern und Genf. Rhythmik ist ein anerkanntes Studienfach mit Bachelor- und Masterabschluss. Auch heute noch ist meine Begeisterung dafür ungebrochen. Besonders Prof. Kressig in Basel hat die Rhythmik für Senioren sehr gefördert, nachdem seine Forschungen die positiven Wirkungen belegten.

Kann auch eine 80-jährige Frau noch mit Rhythmikkursen beginnen?

Ja, sicher, solange ein Mensch noch Freude an leichten, spielerischen Bewegungen und an Musik hat, lohnt es sich anzufangen. Es sind vorwiegend Frauen, die unsere Kurse besuchen. Männer haben vielleicht den Nutzen noch nicht erkannt oder haben Hemmungen, weil sie solche Kurse früher nie besucht haben. Aber diejenigen, die sich entschlossen haben, finden es «dr Plausch».

Sind die Übungen «schwierig», d.h. muss man sie eine Weile trainieren, bis man sie beherrscht?

Überhaupt nicht! Wir üben immer auf vergnügliche Art! Es muss Spass machen, denn das Gehirn lernt besser, wenn wir dabei Freude empfinden. Ich improvisiere auf dem Klavier oder spiele CDs, wenn die Gruppe z.B. Übungen zu einem irischen Volkstanz macht. Neue Teilnehmende binde ich immer gezielt in die Gruppe ein. Niemand soll sich «verloren» fühlen.

Genügt es, einmal einen Kurs über einige Wochen oder Monate zu besuchen und dann allein zu üben?

Zu Hause zu üben, empfehlen wir immer. Aber natürlich ist das vollkommen freiwillig. Unsere Kurse sind ähnlich wie bei den Volkshochschulen organisiert: einmal pro Woche über einen Zeitraum von ungefähr 10 Wochen. Während der Schulferien finden keine Kurse statt.

Wie viele Personen besuchen durchschnittlich einen Kurs?

Im Durchschnitt ca. 10 Teilnehmende, in Basel etwas mehr, denn das Team um Prof. Kressig empfiehlt unsere Kurse regelmässig. Unsere Seniorenrhythmikkurse finden fortlaufend statt, nach einem zehnwöchigen Kursblock wird an den meisten Orten sofort einen Folgekurs angeboten. Die ersten Kurse in Basel laufen nun so seit dreieinhalb Jahren.

Wir danken Ihnen, Frau Chrisman, für Ihre Auskünfte und wünschen Ihnen weiterhin viel Freude an Ihrer Arbeit.

Auf der Webseite Seniorenrhythmik finden Sie alle Angaben zu Kursorten und Veranstaltern.

Nichts überzeugt mehr als die eigene Erfahrungsbericht. – Zu einem solchen gelangen Sie mit einem Klick.

Alle Fotos: © Gabriela Chrisman

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