Ältere Menschen helfen in Familien und erfüllen sich einen Lebenstraum.
Agenturen vermitteln ältere Menschen als Au-pairs an Familien, die Hilfe suchen. Die Senioren tauchen ein in eine neue Welt. Die Familien profitieren vom Erfahrungsschatz bestandener Menschen. Sie führe keine Jobvermittlung, erklärt Michaela Hansen, sondern vermittle einen Austausch, der auf Gegenseitigkeit basiere. Eine Win-win-Situation? Seniorweb hat zwei Agenturen befragt, als erste die www.granny-aupair.com.
Michaela Hansen, Sie haben 2010 die Agentur Granny-Aupair gegründet. Was hat Sie bewogen, sich für ein solches Projekt einzusetzen? War ihr Erfolg damals schon vorhersehbar?
Mit diesem Erfolg, über den ich mich natürlich sehr freue, habe ich vor dreieinhalb Jahren wirklich nicht gerechnet. Anscheinend habe ich mit meiner Idee, Frauen über 50 als Au-pairs ins Ausland zu vermitteln, den Nagel auf den Kopf getroffen.
Als Au-pair ins Ausland zu gehen, war auch mein eigener Lebenstraum, den ich damals nicht verwirklicht habe. Wie die Reaktionen auf mein Angebot gezeigt haben, geht das offenbar ganz vielen Frauen so. Bis jetzt haben wir nämlich rund 350 Grannies in 40 Länder vermittelt!
2012 haben Sie den Preis als „Ort im Land der Ideen“ gewonnen. Haben Sie nach dem grossen Erfolg Ihr Angebot verändert oder erweitert?
Bild: Granny in England
Nach so kurzer Zeit diesen tollen Preis von der Deutschen Bundesregierung zu bekommen, war eine grosse Ehre und Bestätigung – aber auch ein grosser Ansporn, dieses spannende Projekt für eine oft vernachlässigte Generation weiterzuentwickeln. Eigentlich sind wir permanent dabei, unser Angebot zu erweitern und zu verbessern. Durch unsere zahlreichen Aktivitäten kommen immer neue Länder und Familien sowie soziale Projekte hinzu.
Wer unterstützt Sie in der Administration?
Mittlerweile sind wir ein Team von acht Frauen und einem Mann. Die individuelle, persönliche Beratung via Telefon und E-Mail ist uns sehr wichtig. Darüber hinaus wird kontinuierlich unsere Webseitewww.granny-aupair.com von einer Online-Redakteurin und einem Programmierer aktualisiert. Zurzeit arbeiten wir an einem kompletten Relaunch. Ebenso wichtig sind der Vertrieb sowie Marketing und PR, damit Granny Aupair weiter wächst.
Ihre Homepage mit den vielen Erfahrungsberichten veranschaulicht sehr lebendig, wie positiv sich Beziehungen entwickeln können. Gibt es auch negative Erfahrungen?
Bei so vielen Vermittlungen kommt das natürlich auch vor. Doch das sind eher Ausnahmen. Wir freuen uns sehr, dass die meisten Frauen, die mit Granny Aupair in ihr persönliches Abenteuer aufgebrochen sind, gute Erfahrungen gemacht haben. Einige sind so begeistert und erfüllt zurückgekehrt, dass sie zu „Wiederholungstäterinnen“ geworden und erneut zur selben Familie gereist sind oder mit Granny Aupair ein neues Land bei einer anderen Familie erkundet haben.
Bild: Granny in Namibia
Doch gerade zu Beginn der Reise gibt es manchmal Eingewöhnungsschwierigkeiten, wenn unsere Grannies von den Eindrücken aus fremder Sprache, Umgebung, Kulturkreis oder Lebensgewohnheiten der Familie übermannt werden. Doch wer offen und reflektiert mit diesen Gefühlen umgeht, der wird den anfänglichen Kulturschock rasch überwinden. Einigen wenigen Grannies hat ihre Auslandserfahrung nicht gefallen. Die Gründe hierfür – wie auch bei denen, die begeistert waren – sind sehr persönlich und subjektiv und daher nicht zu verallgemeinern.
Bei Granny Aupair begegnen sich erst einmal fremde Menschen. Trotz des vorherigen Austausches müssen die Parteien unter Umständen nach ein paar Wochen feststellen, dass sie doch nicht zusammenpassen. Das kann in menschlichen Beziehungen jeden Tag vorkommen – auch bei Granny Aupair. Und manchmal muss die Granny Au-pair sich auch eingestehen, dass sie sich mit diesem kleinen Abenteuer doch überfordert hat.
Welche Hilfe leisten Sie für Anbieter und Au-pairs?
Individuelle Beratung wird bei uns gross geschrieben. Jedes neue Mitglied – egal wo auf der Welt – wird von uns persönlich angerufen. Wir überprüfen jedes Profil und geben Hilfestellung bei der Suche. Ferner informieren wir unsere Mitglieder über neue Angebote via E-Mail. Angebote von Familien setzen wir auf Wunsch prominent auf die Startseite unserer Webseite. Familien, die sich nicht selber um die Suche kümmern können, unterstützen wir gern mit einem individuellen Angebot.
Sie vermitteln auch Menschen für soziale Projekte. Wie kommen Sie zu diesen Beziehungen? Wer begleitet diese Menschen?
Bild: Valérie (67) in einem Schulprojekt in Gambia
Einige der sozialen Projekte sind auf uns zugekommen, weil sie die Lebens- und Berufserfahrung von Frauen über 50 sehr schätzen. Ausserdem kümmert sich eine Granny Aupair-Mitarbeiterin ausschliesslich um dieses Thema – gewinnt neue Projekte hinzu und berät ausführlich interessierte Frauen. Die Betreuung vor Ort übernehmen dann die Projektmitarbeiter.
Es gibt heute verschiedene Agenturen, die ältere Menschen vermitteln. Wodurch zeichnet sich Granny-Aupair aus?
Unsere Philosophie ist der kulturelle Austausch. Wir bieten unternehmungslustigen, vitalen und gestandenen Frauen 50 plus die Möglichkeit, für längere Zeit ins Ausland zu gehen. Abseits vom touristischen Programm machen unsere Au-pair Omas intensive Erfahrungen in einem fremden Land. Wir verbinden weltweit Menschen, die sich sonst nie kennengelernt hätten. Aber Granny Aupair ist keine Jobvermittlung. Das Wort «Au-pair» stammt aus dem Französischen und bedeutet «auf Gegenseitigkeit». In diesem ursprünglichen Wortsinn sehen wir unsere Initiative. Als Granny leben sie wie eine Oma auf Zeit in einer Familie oder helfen in einem sozialen Projekt und sind in den Alltag einer anderen Kultur integriert. Sprachliche Barrieren, unbekannte Gepflogenheiten und Mentalitätsunterschiede gilt es zu meistern. Doch in der Herausforderung steckt auch die Chance, sich persönlich zu entwickeln und sich selbst ganz neu zu erfahren! Die wenigsten Frauen der Generation 50 plus haben in jungen Jahren die Möglichkeit dazu gehabt. Granny Aupair schliesst diese Lücke und lässt ihren unerfüllten Traum von der grossen weiten Welt Wirklichkeit werden.
Melden sich Anbieter aus der Schweiz?
Bild: Hannelore betreut Kinder in der Schweiz
Ja, wir haben schon viele Frauen in die Schweiz vermittelt, aber auch das Interesse von Schweizerinnen, die gern als Granny Au-pair ins Ausland gehen möchten, nimmt stetig zu.
Der Jahresbeitrag von € 358.80 ist relativ hoch. Setzen Sie damit das Niveau der Auftraggeber und Auftragnehmer fest?
Eigentlich ist dies, auf den gesamten Zeitraum gerechnet, mit monatlich 29,90 Euro das günstigste Angebot. In den zwölf Monaten kann man sich nämlich so oft vermitteln lassen, wie man möchte – dies nutzen gern Familien und Grannies, die immer wieder auf der Suche sind. Der Vorteil einer solchen Preisstruktur ist natürlich auch, dass sich bei Granny Aupair nur Mitglieder anmelden, die wirklich interessiert sind. Bei uns gibt es deshalb nur ernst gemeinte, seriöse und natürlich auch niveauvolle Angebote.
Oder dient der Mitgliederbeitrag im weiteren Sinne der Unterstützung von Granny-Aupair als einer sozialen Organisation?
Unsere Preisstruktur ist eine Mischkalkulation – somit können wir zum Beispiel den sozialen Projekten unseren Service kostenfrei anbieten. Des Weiteren profitieren sie auch von unserer professionellen Pressearbeit. Es gibt schon einige Fernsehbeiträge und Artikel, in denen wir die Projekte einbinden konnten.
Michaela Hansen, Agentur Granny-Aupair
http://www.youtube.com/watch?v=784MAaEgQ1I
http://www.youtube.com/watch?v=FW17IkaOec8
Alle Bilder zur Verfügung gestellt von Michaela Hansen.